Menü Hierarchiestufe höher Vorherige Seite Nächste Seite

VII. Gebäudeplanung

VII.1. Grundsätze der Planung

Informationsvemittlung und Kooperation / Erweiterungsfähigkeit / Zugang / Gebäudeform, Raumaufteilung / Städtebaulicher Bezug / Umnutzung, Denkmalpflege / Kompakte Anlage / Mehrgeschossigkeit / Grundrißgestaltung / Übersichtlichkeit, Wegebeziehungen / Profilbestimmung / Nutzungsflexibilität / Raumbildung / Deckenbelastung / Feste Einbauten / Literatur

Die Planung und Ausführung eines Bibliotheksgebäudes ist nicht nur Aufgabe des Architekten, sondern auch des Bibliothekars. Von deren guter Zusammenarbeit hängt es ab, inwieweit Bibliotheksfunktionen sinnvoll in Architektur umgesetzt werden. Der Bibliothekar muß es verstehen, dem Architekten alle für die neuentstehende Bibliothek relevanten Informationen überzeugend zu vermitteln, oder auch in der Lage sein, Vorschläge des Architekten kritisch zu bewerten und ggf. Kompromißlösungen zu akzeptieren bzw. abzulehnen.

Standort und Erweiterungsfähigkeit

Zu den bereits in Kap. III.1. genannten Kriterien für den Standort kommen aus bautechnischer Sicht weitere Faktoren hinzu.

Von großer Bedeutung für den Bibliotheksbau ist seine Erweiterungsfähigkeit. Erfahrungsgemäß stoßen Bibliotheken trotz guter Planung relativ schnell an ihre räumlichen Grenzen. Deshalb ist der Standort dahingehend zu prüfen, ob eine spätere Erweiterung des Gebäudes möglich ist und welche städtebaulichen Rahmenbedingungen dabei eingehalten werden müssen. Eine Erweiterung kann sowohl die Nutzung noch freier Flächen als auch die Umnutzung angrenzender Gebäude umfassen.
zurück zum Seitenanfang
Das Bibliotheksgebäude und seine Struktur sind durch den Architekten so zu konzipieren, daß ein Erweiterungsbau ohne aufwendige Abrißarbeiten durchgeführt werden kann. Reicht das vorhandene Bauland für eine flächenmäßige Ausdehnung nicht aus, kommt auch eine vertikale Aufstockung, vorzugsweise bei ein- und zweigeschossigen Bauten, in Betracht.

Weiterhin ist zu prüfen, ob für die künftigen Nutzer der Bibliothek genügend Parkmöglichkeiten in der Nähe vorhanden oder ob Parkplätze anzulegen sind und hierfür auch die notwendigen Flächen zur Verfügung stehen. An behindertengerechte Zufahrten, Parkplätze sowie Eingänge in das Gebäude ist ebenfalls zu denken.

Baukörper

Entsprechend dem durch den Bibliothekar erarbeiteten Raumprogramm entwirft der Architekt die Gebäudeform und die Raumaufteilung im Inneren des Gebäudes. Seine Aufgabe ist es, die einzelnen Bibliotheksbereiche unter Berücksichtigung ihrer funktionalen Zusammenhänge so einzuordnen, daß sowohl für den Leser als auch für den Bibliothekar optimale Bedingungen entstehen. Alle öffentlich zugänglichen Teile der Bibliothek müssen so übersichtlich gestaltet sein, daß sich der Leser schnell und unkompliziert zurechtfindet und auf kürzestem Wege zu den Stellen gelangt, an denen er die gewünschten Informationen oder seine Literatur erhält bzw. weitere Angebote der Bibliothek in Anspruch nehmen kann.

Für die Form des Baukörpers allgemeingültige Hinweise zu geben, ist äußerst schwierig. Das neue Gebäude muß sich harmonisch in die Architektur der Stadt oder der Gemeinde einfügen, kann aber auch durch bewußte Betonung oder Herausstellung städtebauliche Akzente setzen. In jedem Falle sind geltende Bebauungsvorschriften zu beachten.
zurück zum Seitenanfang
Handelt es sich um die Umnutzung eines vorhandenen Gebäudes, müssen von vornherein Kompromisse eingegangen werden. Die Form des Baukörpers ist vorgegeben. Oftmals läßt die Baukonstruktion nur wenige Veränderungen im Innern zu. Mitunter sind denkmalpflegerische Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die den Erhalt des Charakters des Gebäudes fordern, wodurch der Handlungsspielraum des Architekten und des Bibliothekars erheblich eingeengt wird. Deshalb empfiehlt es sich, vor Übernahme eines solchen Bauwerks genau zu prüfen, ob es für Bibliothekszwecke geeignet ist und inwieweit Eingriffe in die Bausubstanz gestattet sind.

Ein kompakter Baukörper wäre ideal für eine Bibliothek, sowohl von der Zweckmäßigkeit der Funktionsabläufe als auch vom Standpunkt der Wirtschaftlichkeit betrachtet. Alle Abteilungen der Bibliothek sind auf kurzem Wege erreichbar, so daß der Raum für Bibliotheksaufgaben optimal genutzt werden kann.

Meistens wird es dem Architekten kaum gelingen, alle Funktionen auf einer Geschoßebene unterzubringen und dabei noch eine gewisse Übersichtlichkeit zu gewährleisten; er muß also eine höhere Geschoßzahl einplanen. Jede Etage erhöht jedoch den Anteil an Verkehrsfläche, wie Treppen, Aufzüge sowie technische Dienste, zu Lasten der Nutzfläche. Zu bedenken ist weiterhin: Je höher das Gebäude, desto höher der Personalbedarf für zusätzliche Informations-, Auskunfts- und Aufsichtsplätze.
zurück zum Seitenanfang
Im wesentlichen hängen die Grundrißgestaltung sowie die Höhe des Gebäudes von der im Raumprogramm geforderten Fläche ab. Diese wiederum richtet sich nach der Größe des Bibliotheksbestandes und dem Aufgabenprofil der Bibliothek. Handelt es sich um eine Umnutzung, ist die Geschoßzahl bereits vorgegeben und die Grundrisse sind sind aus bautechnischen Gründen oft nur geringfügig zu verändern. Aufgabe des Bibliothekars ist es, in enger Zusammenarbeit mit dem Architekten die bibliothekarische Bereichsgliederung mit der jeweiligen Gebäudestruktur in Übereinstimmung zu bringen. Die Aufeinanderfolge der Räume muß dem Funktionsablauf, der durch den Bibliothekar festgelegt wurde, entsprechen. In den unteren Etagen sind vorzugsweise alle Benutzerbereiche unterzubringen. Im Interesse einer kurzfristigen Literaturbereitstellung sollte das Magazin eine günstige Anbindung an diese Bereiche haben.

Die erforderliche Übersichtlichkeit im Bibliotheksgebäude, die Gestaltung der Wegebeziehungen der Leser und des Personals sowie die Bewältigung des Transports des Bibliotheksgutes mit Hilfe von Technik sind nur durch gut durchdachte Konzepte und Planungen zu realisieren.

Flexibilität

Flexibilität im Bibliotheksbau bedeutet, bereits in der Planung die Voraussetzungen zu schaffen, die es ermöglichen, sich unkompliziert veränderten Nutzerbedürfnissen und gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Flexibilität um jeden Preis wäre nicht sinnvoll, da sie zum einen nicht erforderlich ist und zum anderen die Baukosten in die Höhe treiben würde.
zurück zum Seitenanfang
Im Rahmen der Bauplanung sind Überlegungen anzustellen, welche Teile der Bibliothek auch in Zukunft ihre Funktion behalten werden, so daß das Kriterium Flexibilität in den entsprechenden Gebäudeabschnitten vernachlässigt werden kann, und welche Bereiche Veränderungen unterliegen. Das Aufgabenprofil der Bibliothek muß genau definiert sein, die Entwicklungen der nächsten Jahre sollten vorausschauend berücksichtigt werden. Die Funktionsabläufe müssen exakt bestimmt sein, um daraus die günstigste Anordnung aller Bereiche und Abteilungen im Gebäude abzuleiten.

In den großen, meist Wissenschaftlichen Bibliothen, in denen im wesentlichen die Strukturen über lange Zeit stabil bleiben, genügt es, innerhalb der Funktionsbereiche die Nutzungsflexibilität zu gewährleisten, während in den Öffentlichen Bibliotheken, die schon durch ihre Aufgabenstellung aufgefordert sind, schnell auf neue Nutzerbedürfnisse zu reagieren, das Kriterium der Flexibilität in allen Bereichen durchgesetzt werden sollte. Das bedeutet, in den großen Bibliotheken die einzelnen Gebäudeteile bautechnisch so zu konzipieren, daß spätere Veränderungen wie beispielsweise

möglich sind.
zurück zum Seitenanfang
Eine großzügige räumliche Gestaltung, wenig feste Einbauten, leichte Trennwände, eine gleichmäßige, nach den maximal auftretenden Belastungen ausgerichtete Deckenbelastung, aber raumbildende Regalanordnungen, variable Möblierung sind die wichtigsten Voraussetzungen für die Sicherung einer hohen Nutzungsflexibilität.

Während in den größeren Bibliotheken die Deckenbelastung der einzelnen Funktionsbereiche differenziert ermittelt wird, empfiehlt es sich, in den kleineren Bibliotheken eine gleichmäßig hohe Belastbarkeit in allen Räumen einzuplanen.

Zu den unumgänglichen festen Einbauten, vor allem in mehrgeschossigen Bibliotheksbauten, gehören Treppen, Aufzugsschächte, Installationskanäle und Schaltschränke. Sie bestimmen maßgeblich die Grundrißgestaltung im Gebäude mit und beeinflussen den Funktionsablauf. Ihre Lage im Gebäude sollte so optimal sein, daß ihr Standort auch bei späteren Veränderungen seine Berechtigung behält. Die Installationskanäle müssen je nach Bedarf weitere Leitungen aufnehmen können, um beispielsweise den Anschluß moderner Technik zu ermöglichen.

Roswitha Schreiber zurück zum Seitenanfang
Literatur


Zum nächsten Kapitel (VII.2.1.) Zurück zum Inhaltsverzeichnis


Seitenanfang