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Hans Peter Thun
Eine Einführung in das Bibliothekswesen der Bundesrepublik Deutschland
DEUTSCHES BIBLIOTHEKSINSTITUT
1998


2.2 Wissenschaftliche Bibliotheken

Universitäts- und Hochschulbibliotheken

Im Hochschulbereich sind vor allem die Universitätsbibliotheken zu nennen. Es gibt in Deutschland 78 Universitäten, die innerhalb ihrer Bibliothekssysteme insgesamt 790 Einzelbibliotheken unterhalten. Die neuesten Daten aus der Deutschen Bibliotheksstatistik finden Sie hier.

Unterhaltsträger sind im allgemeinen die jeweiligen Länder. Ihre Aufgabe ist die Versorgung der Hochschule für Lehre und Forschung, sie sind aber immer auch öffentliche Einrichtungen mit allgemeinem Zugang.

Entsprechend der unterschiedlichen Größe der Universitäten und darüber hinaus unterschiedlicher Ausstattung durch ihre Träger, findet sich auch hier eine größere Spannbreite von Qualität und Ausstattung. Der größte Buchbestand der Bibliothek der Humboldt-Universität, Berlin, beträgt mit über 5 Millionen das Zwanzigfache der kleinsten universitären Einrichtung, der im Aufbau befindlichen Viadrina in Frankfurt/Oder. Der dementsprechend wenig aussagende Bestandsdurchschnitt bei diesen Bibliotheken liegt bei 1,4 Millionen Bänden, bei 0,5 Millionen Entleihungen und einer Ausgabe von 3,8 Millionen DM für die Erwerbung. Es gibt insgesamt 8.000 Personalstellen in diesem Bereich, also durchschnittlich etwas mehr als 100 pro Bibliothekssystem.

Der Vergleich zwischen der Zahl der Universitäten und der der Bibliotheken deutet bereits an, daß Universitätsbibliotheken nicht immer in Gestalt einer einzelnen, solitären Einrichtung auftreten.

Man unterscheidet generell zwischen dem "einschichtigen" Bibliothekssystem, das vor allem die moderneren Nachkriegsgründungen repräsentieren, die ab Mitte der 60er Jahre mit ihren etwa 25 neuen Universitäten errichtet wurden. Auch wenn die Bestände ggf. dezentral in Teilbibliotheken aufgestellt sind, werden hier doch alle Teile des Bibliothekssystems unter einer einheitlichen Leitung organisatorisch zusammengefaßt. Teil- und Institutsbibliotheken sind nicht autonom. Hierbei gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Formen: Ein dezentrales System mit einer Zentrale, die auch zentrale Dienste übernimmt und zugeordneten Bereichsbibliotheken oder eine konsequent zentrale Form, bei der auch die Aufstellung der Bestände zentral organisiert ist.

Das "zweischichtige" System ist das der alten Universitäten. Hier gibt es neben der großen Universitätsbibliothek eine Vielzahl organisatorisch weitgehend selbständiger Teil-, Instituts-, Seminar- und Studienbibliotheken, deren Bestände oft nicht einmal katalogmäßig zentral nachweisbar sind. Solche sehr aufwendigen Systeme werden im Laufe der Zeit durch zentralisierende Maßnahmen, wie Zentralkataloge, Erwerbungskoordinierung und Zusammenfassung kleiner Einheiten zu Fachbibliotheken effektiver zu gestalten sein.

Die zentralen Universitätsbibliotheken sind heute durchgängig über EDV verwaltet, wenn auch mit unterschiedlichem Grad der Umsetzung, weisen zunehmend ihre Bestände auch online und in OPACs nach und bieten CD-ROM-Netze an. Sie sind integraler Bestandteil des deutschen Informationswesens, in regionale Katalogisierungs- und Nachweisverbünde eingebunden, und die Informationsbeschaffung für persönliche und institutionelle Nutzer über Datenbankverbindungen ist dort selbstverständlich. Die in den Bibliotheken verwendete Software für die Verwaltung der Bestände ist vielfältig. Neben Eigenentwicklungen sind kommerzielle Produkte, wie DOBIS oder URICA im Einsatz, aber auch Weiterentwicklungen und Abwandlungen, bei denen schwer noch von Kompatibilität mit ursprünglich gleichnamigen Produkten gesprochen werden kann, die in anderen Bibliotheken benutzt werden.

Neben den Universitätsbibliotheken gibt es noch 177 sonstige Hochschulbibliotheken mit , insbesondere an Fachhochschulen, von denen in den letzten Jahren mehr als 20 in den neuen Bundesländern gegründet wurden. Sie sind in der Regel zentrale Einrichtungen, also einschichtige Bibliothekssysteme mit allerdings teilweise weit verstreuten Teilbibliotheken. Diese sonstigen Hochschulbibliotheken bilden eine Gruppe von immerhin 376 Einzelbibliotheken und repräsentieren einen Medienbestand von 16,5 Millionen Bänden und ein Personal von 1.270 Stellen


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