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Hans Peter Thun
Eine Einführung in das Bibliothekswesen der Bundesrepublik Deutschland
DEUTSCHES BIBLIOTHEKSINSTITUT
1998


2.2. Wissenschaftliche Bibliotheken

Regionalbibliotheken

Es gibt in Deutschland eine besondere Art von wissenschaftlichen Bibliotheken, die bisweilen ein wenig wie Fremdkörper im logischen System wirken, weil sie nicht immer in ihrer Funktion so deutlich sind wie etwa Spezialbibliotheken, Hochschulbibliotheken oder eine Nationalbibliothek: Die Regionalbibliotheken.

Sie tragen meist die Bezeichnung "Landesbibliothek" oder "Staatsbibliothek", entweder allein oder in der Kombination mit anderen Bezeichnungen und verstecken sich auch unter der Bezeichnung "Stadtbibliothek", sind darunter aber heute nicht mehr erkennbar, seit der Terminus "Bücherei" im Öffentlichen Bibliothekswesen allgemein durch "Bibliothek" ersetzt wurde und der Begriff "Stadtbibliothek" damit zum Gattungsbegriff der meisten Öffentlichen Bibliotheken wurde.

Wir zählen in Deutschland 38 Regionalbibliotheken mit 19,2 Millionen Bänden Bestand in 46 Einzelbibliotheken. Neueste statistische Daten finden Sie hier. Sie sind wissenschaftliche Universalbibliotheken und stehen i.d.R. in der Trägerschaft der Länder als ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten, in denen sie oft als Fürsten- und Hofbibliotheken oder Stadtbibliotheken fungierten, mit wertvollen Altbeständen.

Sie haben aber meistens heute keine deutlich definierbare Zielgruppe mehr, und so ist es im Laufe der Geschichte durchaus schon vorgekommen, daß sie anderen Einrichtungen einverleibt wurden, wurden auch bisweilen wissenschaftliche Zentralbibliotheken öffentlicher Bibliothekssysteme oder überstanden die Zeitläufte, weil man ihnen neue Funktionen zuordnete, wie z.B. die Beteiligung an der Hochschulversorgung, die Archivbibliothek für das regionale Pflichtexemplar, regionalbibliographische Funktionen, Führen des regionalen Zentralkatalogs, Sammlung von Nachlässen usw., oder weil sie sich durch besonderen Einfallsreichtum ihrer Leiter zu überregional beachteten Stätten spezieller Forschung und Sammlung entwickelten, wie etwa die Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Entsprechend ihren Beständen steht ihre Rolle im Informationssystem hinter der der Fachbibliotheken und Hochschulbibliotheken zurück; nur eine Landesbibliothek ist in den deutschen Plan der Sondersammelgebiete eingebunden. Ihre durchweg sehr wertvollen Bestände machen sie aber zu unverzichtbaren Einrichtungen und dürften wohl vor allem auch die Garanten für ihr Fortbestehen sein.


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