Renate Peters, Werner Reinhardt
Die Herbstsitzung 1997 der Kommission des DBI für Erwerbung und Bestandsentwicklung fand am 23. und 24. September 1997 in Berlin statt. Die folgenden Hauptthemen wurden behandelt:
Outsourcing
Hierzu fand am Vortag zur Kommissionssitzung am 22. September ein Informationsgespräch (Round Table) mit Teilnehmern aus dem Buchhandel und Bibliotheken statt. Eine genauere Abgrenzung bzw. Definition der bei Outsourcing vom Lieferanten zu erbringenden Mehrwertleistungen gegenüber seinem "normalen" Service ist notwendig. Die Kommission wird versuchen, hierfür Kriterien zu formulieren.
Die Angebote von Monographien- und Zeitschriftenlieferanten sind zu unterscheiden. Mögliche Dienste der Monographienlieferanten sind zum Beispiel Approval-Plans, Lieferung ohne Einzelauftrag für bestimmte Bereiche (Erscheinungsformen, Sachgebiete, Sprachkreise), Akzession, Binden, Signaturvergabe, Anbringen von Sicherheitsmerkmalen. Bei den Zeitschriftenlieferanten umfassen die Zusatzleistungen z. B. Zugangskontrolle, elektronischen Lieferschein bis hin zur regalfertigen Lieferung der Einzelhefte. Für die Mehrleistungen müssen in der Regel Umsatzgarantien gegeben oder aber vereinbarte Preisaufschläge gezahlt werden.
Vor dem Entschluß zur "Auslagerung" von Erwerbstätigkeiten sollten daher in jeder Bibliothek zunächst die eigenen, oft langjährig eingefahrenen Arbeitsabläufe einer kritischen Betrachtung unterzogen, eine Kosten-Nutzen-Analyse und nach Möglichkeit eine Kostenrechnung durchgeführt werden. Die Gründe für "Outsourcing" können von generellen Überlastungssituationen über notwendige Personalumsetzungen (z. B. Verlagerung in den Benutzungs-/Informationsbereich) bis hin zu Sondersituationen in kleineren Bibliothekseinheiten reichen.
Die mögliche Abgabe von Sachkompetenzen an die Lieferanten und die Auswirkungen auf die Gesamtbibliothek sind festzustellen. Personal- oder Betriebsrat müssen eingeschaltet werden. Im Planungsstadium sind die Mitarbeiter in der Bibliothek umfassend zu informieren und auf die Änderungen vorzubereiten.
Die Kommission verweist zum Gesamtthema auf die WWW-Quelle der Association for Library Collections and Technical Services der ALA: (http://www.ala.org/alcts/now/release.html), insbesondere auf die Ausführungen von Karen A. Wilson "Planning and Implementing an Outsourcing Program (http://www.ala.org/alcts/now outsourcing4.html) und die Bibliographie zum Thema mit Stand Juli 1997: (http://www.ala.org/alcts/now/outsourcing1.html)
Preisentwicklung und -analysen bei Zeitschriften
Die Abonnementspreisentwicklung für das Jahr 1998 wurde außer durch die Preiserhöhungen der Verlage stark durch die Kursschwäche der DM gegenüber dem US-Dollar und dem britischen Pfund bestimmt. Die Preisvorhersagen der wichtigsten Zeitschriftenagenturen lassen starke Aufschläge gegenüber dem Vorjahr, zum Teil über 20 %, erwarten. Bei Abbestellentscheidungen, wie sie wegen dieser Entwicklung für das nächste Jahr eventuell wieder verstärkt anstehen, sollten von den Agenturen oder Lieferanten Preisentwicklungsübersichten zu den Einzeltiteln erbeten werden, sofern diese nicht im Rahmen der Geschäftsbeziehungen automatisch vorgelegt werden.
Die Kommission hält folgenden Artikel zu diesem Thema für hilfreich: "Friends or Predators: Evaluating academic periodicals' price histories as a means of making subscription decisions" von Anthony W. Ferguson and Kathleen Kehoe in "Journal of Library Administration", Vol. 24, No. 1/2 (1996), pp. 73-85.
Über die Diskussionsliste ERWERB-L ist an die Kommission die Frage nach dem Umgang mit Festpreisangeboten (pauschalierte Vorauszahlungen auf Grund der Vorjahrespreise) der Agenturen herangetragen worden. Die Erfahrungen im Kreis der Universitätsbibliotheken sollen durch eine Umfrage ermittelt werden.
Elektronische Zeitschriften
Zum aktuellen Stand der Entwicklung bei Konsortiallösungen ist folgendes zu berichten:
In Nordrhein-Westfalen haben acht Universitätsbibliotheken einen Vertrag mit Elsevier geschlossen, das Projekt läuft bis zum Jahre 1999. Vier Universitäten in Berlin-Brandenburg haben eine Pilotvereinbarung mit Academic Press unterzeichnet. Springer verhandelt derzeit bezüglich des LINK-Angebotes in mehreren Bundesländern. Auch aus Bayern und dem GBV wird über Verhandlungen und Gespräche berichtet. Aus Baden-Württemberg wurde mitgeteilt, daß dort Verträge nur dann unterschrieben werden sollen, wenn für den elektronischen Zugriff keine Preisaufschläge zum gedruckten Abonnement zu zahlen sind.
Zur Information für den Abschluß von Lizenzverträgen empfiehlt die Kommission den Mustervertrag der "United Kingdom Serials Group": (http://epip.lboro.ac.uk/uksg/hi/pajisc.htm).
Vor dem Vertragsabschluß mit ausländischen Lieferanten ist die Vorlage der Vertragstexte in deutscher Übersetzung anzustreben.
Deutsche Bibliotheksstatistik
Für das Jahr 1998 beabsichtigt das DBI die technische Umsetzung der bisherigen Form auf eine UNIX-Plattform. Im Anschluß daran erfolgt eine Neukonzeption, in die auch Vorschläge etwa zur Automatisierung einfließen können. Von der Kommission gewünschte Änderungen (z. B. getrennte Erfassung von Ausgabezahlen nach Materialien, Einrichtung einer eigenen Berichtszeile für CD-ROMs und andere Datenträger) werden dem DBI unterbreitet.
Expertengruppen
Die Arbeit der Expertengruppe "Steuerratgeber" ist beendet, der Band "Umsatzsteuer: Ein Leitfaden für Erwerbungsbibliothekare" ist zur Buchmesse erschienen (dbi-materialien 160. ISBN 3-87068-960-9. 188 S. DM 26,-).
Die Expertengruppe "Bestandsaufbau II" hat etwa zwanzig Erwerbungsprofile zusammengetragen. Eine Auswahl soll in den "dbi-materialien" vorgestellt werden.
Die Einsetzung einer Expertengruppe "Etatverteilungsmodelle" ist vom Fachbeirat des DBI ausdrücklich begrüßt worden, sie soll im Frühjahr 1998 zu ihrer ersten Sitzung eingeladen werden.
Bibliothekartag 1998 in Frankfurt/Main
Die Kommission und der Ausschuß für Bibliotheksfragen des Börsenvereins werden eine gemeinsame Veranstaltung zum Thema "EDI" - voraussichtlicher Titel: "Die elektronische Kette vom Verlag bis zur Bibliothek" - der Programmkommission vorschlagen. Weiter wird wieder eine öffentliche Arbeitssitzung zu aktuellen Themen der Erwerbung stattfinden.
