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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 97

Das Deutsche Bibliotheksinstitut nach der Begutachtung durch den Wissenschaftsrat

Günter Beyersdorff

Das Deutsche Bibliotheksinstitut (DBI) wird seit seiner Gründung 1978 gemeinsam von Bund (30 %) und allen Bundesländern (70 %) finanziert. Basis für diese Finanzierung ist die "Rahmenvereinbarung Forschungsförderung", die ihrerseits auf Artikel 91b des Grundgesetzes beruht.

Das DBI ist damit eine Einrichtung unter vielen, die sich auf der sog. "Blauen Liste" befinden und über die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) gefördert und verwaltet werden.

Bund und Länder haben festgelegt, daß alle Einrichtungen der Blauen Liste alle sieben Jahre durch ein unabhängiges Gremium daraufhin überprüft werden, ob sie noch die Kriterien für eine gemeinsame Finanzierung nach Art. 91b GG erfüllen.

Mit dieser Prüfung ist der Wissenschaftsrat beauftragt worden. Dieser ist das oberste Beratungsorgan für Bund und Länder in Fragen der Wissenschaftspolitik. Sein Aufgabenspektrum ist weit gespannt. Es reicht von der Neugründung von Universitäten, der Evaluierung einzelner wissenschaftlicher Disziplinen an einzelnen Hochschulstandorten bis zur Vergabe von Mitteln nach dem Hochschulbauförderungsgesetz.

Das DBI wurde bereits 1988/89 durch den Wissenschaftsrat begutachtet. Dieser sprach sich damals für eine uneingeschränkte Weiterfinanzierung des DBI und für eine personelle Erweiterung aus. Er gab zur Organisation und Aufgabenstellung Empfehlungen, die in der Folge vom DBI nahezu vollständig umgesetzt wurden.

1991 wurde das DBI einer weiteren externen Prüfung unterzogen. Diese führte zu einer erheblichen Ausweitung seiner Aufgaben und Arbeitskapazitäten im Zuge der deutsch-deutschen Vereinigung.

1993 führte die BLK die ebenfalls für alle Institute geltende routinemäßige Prüfung im schriftlichen Verfahren durch. Auch hier kam es zu einer positiven Beurteilung und als Konsequenz zur Fortsetzung der gemeinsamen Finanzierung.

Für 1996 wurde nun (seit 1988 waren 7 Jahre verstrichen) eine weitere Begutachtung durch den Wissenschaftsrat angesetzt. Dazu bildete man eine Gutachtergruppe, die sich aus Mitgliedern des Wissenschaftsrates und zusätzlich herangezogenen Experten aus dem Bibliothekswesen zusammensetzte.

Diese Gruppe besuchte das DBI im Oktober 1996.

Im Mai 1997 wurde der Bewertungsbericht fertiggestellt. Anders als 1989 endete er jedoch nicht mit einer abschließenden Empfehlung der Gutachter.

Die Aufgabe, Empfehlungen für Konsequenzen aus diesem Gutachten zu formulieren, ist vielmehr dem "Ausschuß Blaue Liste" des Wissenschaftsrates vorbehalten, der in Sachen DBI zum ersten Male Ende Mai diesen Jahres tagte, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht zu einem Votum kam.

Dies geschah erst am 16. 9. 1997. Dem Vernehmen nach hat sich dieser Ausschuß dafür ausgesprochen, das DBI künftig nicht mehr über die Blaue Liste zu finanzieren.

Der Wortlaut des Beschlusses ist noch nicht bekannt, auch die Begründungen sind uns noch nicht zugänglich.

Eine inhaltliche Stellungnahme kann daher zur Zeit noch nicht abgegeben werden.

Zu den Folgen dieses Beschlusses hat uns die zuständige Berliner Senatsverwaltung eine Mitteilung gemacht, die hier im Auszug zitiert werden soll:

"... weisen wir nachdrücklich darauf hin, daß das o. g. Votum des Ausschusses des Wissenschaftsrates bis auf weiteres keinerlei Wirkungen auf das Institut, insbesondere auf die Finanzierung des DBI und seiner Beschäftigten hat. Vielmehr ist das o. g. Votum noch Gegenstand von intensiven und grundsätzlichen ergebnisoffenen Beratungen zunächst im Plenum des Wissenschaftsrates und anschließend in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK). Diese wird die Angelegenheit in ihren Ausschuß "Forschungsförderung" überweisen, welcher den Bund und das Sitzland zur Stellungnahme auffordern wird. Auf der Grundlage dieser Papiere wird der Ausschuß "Forschungsförderung" der BLK einen Beschlußvorschlag unterbreiten. Erst der Beschluß der BLK, der der Zustimmung der Regierungschefs von Bund und Ländern bedarf, benennt die Konsequenzen der Evaluation des DBI ...".

Dies bedeutet, daß mit einer Entscheidung über die Fortführung des DBI in der Blauen Liste erst in einem Jahr zu rechnen ist.

Dieses Jahr wird das DBI nicht tatenlos verstreichen lassen.

Es wird

  1. alle eingegangenen Verpflichtungen erfüllen und den Bibliotheken als Partner für Entwicklungen und Dienstleistungen in gewohntem Umfang zur Verfügung stehen,
  2. die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur inhaltlichen Schwerpunktbildung und zu organisatorischen Veränderungen planmäßig umsetzen,
  3. durch die Qualität seiner Arbeitsergebnisse den Nachweis für seine Bedeutung gerade in den Zeiten des Umbruchs im Bibliothekswesen erbringen.
Unterstützung ist uns dabei willkommen. Besonders wichtig ist uns Ihr Vertrauen in unsere Leistungsfähigkeit. Wir werden im Vertrauen darauf auch weiterführende Verpflichtungen eingehen und unser Angebot bedarfsgerecht ausbauen.

Besonders wichtig sind in dieser ernsten Situation Bemühungen, die den Entscheidungsträgern im Bund und in den Ländern deutlich machen, daß Bibliotheken und deren Nutzer auch künftig die Arbeitsergebnisse des DBI brauchen.

Schreiben Sie uns, den Verbänden, in denen Sie organisiert sind, den Ministerien, die für Sie zuständig sind. Äußern Sie Ihre Kritik und Ihre Verbesserungsvorschläge, denen wir uns ebensowenig verschließen werden wie den Empfehlungen des Bewertungsberichts.

Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen regelmäßig informieren.


Stand: 09.10.97
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