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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 97

Die 63. Council and General Conference der IFLA in Kopenhagen

Veranstaltungen der Division IV Bibliographic Control

Friedrich Geißelmann (Teil I), Monika Münnich (Teil II)

I

Vom 31. August bis 5. September 1997 fand in Kopenhagen die jährliche General Conference der IFLA statt. Sie stand unter dem allgemeinen Thema: "Libraries and information for human development". Die Veranstaltung war von der IFLA und dem örtlichen Organisationskomitee gut vorbereitet worden und im Ablauf perfekt organisiert. Sie bot neben der eigentlichen Veranstaltung einen guten Einblick in das dänische Bibliothekswesen, das nach wie vor in vieler Hinsicht ein Vorbild für das deutsche Bibliothekswesen darstellt. Die Beteiligung war mit ca. 3000 Teilnehmern sehr groß. Deutsche Bibliothekare nahmen in deutlich größerer Zahl als in der letztjährigen Konferenz in Peking teil; sie liegen in der Relation allerdings weiterhin deutlich hinter der Beteiligung beispielsweise aus Frankreich oder den Niederlanden.

Die Konferenz war in diesem Jahr mit einer Sitzung des Council verbunden. Als neue Präsidentin wurde Christine Deschamps, Bibliothèque de l'Université René Descartes, Paris, gewählt. Für das Executive Board wurde u.a. Prof. Lehmann, Frankfurt, mit der höchsten Stimmenzahl aller Kandidaten gewählt.

Das Programm bot die bei IFLA-Konferenzen gewohnte Vielfalt der Themen. Ein allgemeiner Bericht ist in der "Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie" vorgesehen. Davon unabhängig soll hier detaillierter über die Veranstaltungen der Division IV 'Bibliographic Control' berichtet werden, da diese Themen für die deutsche bibliothekarische Öffentlichkeit von hoher Relevanz sind. Internationale Entwicklungen sollten im Bereich der Erschließung wesentlich stärker als bisher beachtet und in die nationalen Regelwerke, Datenformate und Normdateien umgesetzt werden.

Organisatorische Struktur und laufende Arbeit

Die Division of Bibliographic Control besteht aus drei Sektionen: "Bibliography", "Cataloguing" und "Classification and Indexing". Darüber hinaus führt sie das IFLA Core Programme for Universal Bibliographic Control and International MARC (UBCIM) aus. Dieses Programm verfügt über ein Büro unter der Leitung von Marie-France Plassard, das (auf weitere drei Jahre) an der Deutschen Bibliothek Frankfurt eingerichtet ist. Dieses Büro gibt die Zeitschrift "International Cataloging and Bibliographic Control" sowie eine Vielzahl anderer Publikationen heraus. Hauptaufgabe ist die Verbesserung des Austausches bibliographischer Daten durch die Standardisierung beim Aufbau bibliographischer Verzeichnungssysteme mit besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer.

Die wichtigsten laufenden Aktivitäten waren 1996/1997: die Working Group on Minimal Level Authority Record and the ISADN (vgl. Teil II), die Publikation der revidierten Auflage von "Names of persons" 1996 bei KG Saur und die Vorbereitung der International Conference on National Bibliographic Services im November 1998 in Kopenhagen. Einen zentralen Schwerpunkt der Arbeit bildet UNIMARC. Das Format selbst liegt inzwischen im WWW in einer Kurzfassung vor: http://www.nlc-bnc.ca/ifla/VI/3/p1996-1/concise.htm. Die Anwendung wird vom Büro beratend und durch die Organisation von Veranstaltungen aktiv unterstützt. Das wichtigste war ein Seminar in Sankt Petersburg und Moskau im März 1997. Das Permanent UNIMARC Comittee wurde neu zusammengesetzt. Vorsitzende ist Mirna Willer, National- und Universitätsbibliothek Zagreb (vgl. auch Teil II)

Section on Bibliography

Aufgabe dieser Sektion ist die Verbesserung der nationalen bibliographischen Kontrolle, insbesondere auch für graue Literatur, die Verbesserung des Zugangs zu bibliographischen Informationen für den Benutzer und die Verbreitung bibliographischer Kenntnisse sowohl bei Benutzern wie bei Bibliothekaren. Auch die Beziehungen zwischen dem Buchhandel und den nationalbibliographischen Einrichtungen zählt zum Aufgabenbereich.

Ross Bourne referierte über eine vergleichende Studie über die Beziehungen zwischen dem Buchhandel und den nationalbibliographischen Einrichtungen. Als Hauptstreitpunkte in den verschiedenen Staaten sieht er gegenwärtig das Kopierrecht und das Pflichtexemplarrecht. Eine wichtige Aufgabe der Verbesserung der Beziehungen beider Seiten wäre die Klärung der Beziehungen zwischen den Nationalbibliographien und den jeweiligen Verzeichnissen lieferbarer Bücher. Nachdem CIP international einen Minderheitenservice darstellt, schlägt er andererseits vor, diesen Dienst zu überdenken. Hierbei wurde ihm allerdings teilweise widersprochen mit dem Hinweis auf die reale Bedeutung von CIP-Aufnahmen für die Bibliotheken und auf die vergleichbare Entwicklung der Erfassung von Metadaten. Das dänische Modell einer Kooperation Bibliotheken - Verlage wurde von Kirsten Waneck vorgestellt: die Nationalbibliographie wird nicht von der Königlichen Bibliothek Kopenhagen, sondern von dem gemischtwirtschaftlich-organisierten Dansk BiblioteksCenter erstellt. Basis ist weitgehend die freiwillige Ablieferung, in der Regel dauert es nur vier Wochen bis zur Verzeichnung.

Ein anderes Modell stellte Ross Bourne mit BIBLINK vor. Ziel dieses EU-Projekts ist ein elektronischer Datenaustausch für elektronische Dokumente zwischen Verlegern und den beteiligten Nationalbibliotheken. Es sollen CIP-Aufnahmen erstellt werden, die sowohl für die Metadaten wie für die Werbung der Verlage verwendet werden können. Die Daten sollen in verschiedenen Formaten ausgeliefert werden (Bericht: http://www.ukoln.ac.uk/BIBLINK).

Für den Bereich der Kommunikationsformate (s. auch Teil II) wurde ein Workshop veranstaltet, da dieses Thema in jüngster Zeit durch die Initiative zur Vereinheitlichung der MARC-Formate (vgl. ZfBB 1996 S. 304-307 und Bibliotheksdienst 1996 S. 1709 f) besondere Relevanz gewonnen hat. In den Berichten von Fernanda Maria Campos und Marie-France Plassard zu UNIMARC wurde deutlich, daß dieses Format zunehmend an Verbreitung gewinnt, ausgehend von Seminaren in Florenz 1991 und Luxemburg 1996. Es wird empfohlen, das Format allen europäischen Kooperationsprojekten zugrunde zu legen; neuerdings werden auch Daten von OCLC in UNIMARC angeboten. In einem EU-Projekt wurde ein allgemeiner Konverter entwickelt, der UNIMARC als zentrales Element verwendet: USEMARCON (User Controlled Generic MARC Converter ftp://ftp.bl.uk/pub/nbs/ec/usemarcon). Die Bemühungen um Vereinheitlichung der amerikanischen und des britischen MARC-Formats wurden eingehend dargestellt. Erfolgversprechend ist dies für die Angleichung der CAN/MARC an USMARC, obwohl auch hier Probleme auf Grund der Zweisprachigkeit Kanadas bestehen. Für die weitgehende Angleichung wird eine Arbeitszeit von zwei Jahren angenommen. Gegen eine Angleichung von UKMARC an USMARC gibt es hingegen drei große Hindernisse: die Unterfeldtechnik, die Generierung der Zeichensetzung durch die Software und die Behandlung der mehrbändigen Werke. Die British Library und die britischen Bibliotheken halten ihr Format hier für überlegen und wollen nicht auf USMARC übergehen, während andererseits OCLC und die RLG nicht bereit sind, UKMARC, das in diesem Punkt UNIMARC näher steht, zu übernehmen.

Ein einheitliches Format für alle Anwendungen ist also nicht zu erwarten und möglicherweise auch nicht zeitgemäß. Dies wurde auch bei den Diskussionen über die Metadatenprojekte und die Katalogisierung in SGML deutlich.

Section on Classification and Indexing

Im Bereich der verbalen Erschließung wird derzeit an der Publikation "Principles underlying subject heading languages" gearbeitet. In ihr werden neun Regelwerke hinsichtlich bestimmter Grundentscheidungen verglichen. Damit werden die früher publizierten "Guidelines for subject authority and reference entries" (München: KG Saur 1993) mit diesen Regelwerken verglichen. Eine Veröffentlichung ist für 1998 vorgesehen. Auf breiterer Basis soll mit einem "State of the art survey of subject heading systems" der gegenwärtige Stand der verbalen Erschließung dargestellt werden. Dafür wurde eine neue Arbeitsgruppe geschaffen.

Im Bereich der Klassifikation wurden Empfehlungen zu einer Erweiterung des US Format on Classification data erarbeitet, die auch in UNIMARC übernommen werden sollen.

Einen breiten Raum nahmen wiederum Berichte über die Entwicklungen der großen Klassifikationen, allen voran der DDC, ein. Deren 21. Auflage erschien 1996, die dazugehörige gekürzte Ausgabe 1997. Joan Mitchell berichtete über die laufenden und geplanten Arbeiten: das Update der CD-ROM-Ausgabe Dewey for Windows (Ende 1997), die Übersicht über die neuen und geänderten Eintragungen auf der Homepage der LoC, die Planungen für inhaltliche Änderungen, die den Vorrang der anglo-amerikanischen Themen weiter reduzieren werden, sowie die zahlreichen in Arbeit befindlichen Übersetzungen. Es zeigte sich erneut, daß diese Klassifikation organisatorisch hervorragend betreut wird und klare Vorstellungen über die Verbreitung der Information auf internationaler Ebene und die inhaltliche Weiterentwicklung bestehen. Suzanne Jouguelet berichtete über die Anwendung der DDC für die Aufstellung der Freihandbestände im Neubau der Bibliothèque Nationale de France. Hierbei handelt es sich um einen Bestand von 700.000 Bänden: Im Zusammenhang damit wird eine Übersetzung der DDC ins Französische erarbeitet und mit der Schlagwortnormdatei RAMEAU abgestimmt.

Ian McIlwaine berichtete über die Entwicklung der UDC, die neue Zusammensetzung des Editorial Board und die geplanten Änderungen in der Systematik. Sie werden in den nächsten Jahren wesentlich umfangreicher sein als früher. Barbara Tillett berichtete über die Entwicklung der LCC. Hier ist eine Online-Ausgabe im MARC-Format geplant (evtl. 1998). Die Daten sollen jedoch später in SGML umgesetzt werden.

Für den Bereich der verbalen Indexierung wurden mehrere Referate zur Gestaltung der Recherche im OPAC angeboten. Besonders interessant war ein Bericht von Andreasen und Schomaker über die Recherche in DanBib, dem dänischen Verbundkatalog. Für die Titel werden Schlagwörter aus einem kontrollierten Vokabular vergeben. Es ergeben sich jedoch Probleme durch die vom System geforderte präzise Kenntnis des Vokabulars seitens der Benutzer. Um die Trefferquote zu erhöhen und eine Suche im Umfeld von Begriffen zu ermöglichen, werden mit statistischen Verfahren verwandte oder näherungsweise identische Schlagwörter herausgefiltert und mit Verfahren der Fuzzy-Logik dem Benutzer zur Recherche angeboten. Dies führt zu deutlich verbesserten Suchergebnissen gegenüber der Recherche, die nur eindeutige Treffer anzeigt. Voraussetzung für ein solches Verfahren bleibt jedoch die intellektuelle Erschließung, die nur weiter verbessert wird.

II

IFLA Section on Cataloguing und IFLA Core Programme for Universal Bibliographic Control and International MARC (UBCIM)

IFLA Standing Committee of the Section on Cataloguing

Die Aufgabe der Section on Cataloguing ist es, Funktionen von Katalogisierungsaktivitäten aller Materialien und Medien zu analysieren. Die Sektion schlägt vor und entwickelt Katalogregeln, Richtlinien und Standards, um universellen Zugang zu und Austausch von bibliographischen und normierten Daten in allen Sprachen und Schriftarten zu ermöglichen.

Das Standing Committee (bestehend aus 20 Mitgliedern, darunter zwei Deutsche: Reinhard Rinn, DDB, und Monika Münnich) hat während der IFLA zweimal getagt, darüber hinaus hat es Arbeitssitzungen von zahlreichen bestehenden oder neuen Arbeitsgruppen gegeben.

Über folgende Arbeitsgruppen resp. Vorhaben wurde u.a. berichtet: ISBD(ER) - s.u. - und die ISBD Maintenance Group, über die Studie "Functional Requirements for Bibliographic Records" (FRBR), die auf der 2. Arbeitssitzung einstimmig angenommen wurde - s.u. - und die Revision der Anonymous Classics (Ende September beim UBCIM-Büro in der DDB erhältlich). Darüber hinaus wurde die Arbeit der Gruppe "Form and structure of Corporate Headings" diskutiert: eine Revision der Körperschaftsansetzungen wird für wichtig erachtet, doch sind Ansatz und Ziel noch nichtfestgelegt. Zunächst sollen Vergleiche mit anderen Ländern angestellt werden. Der bereits vom HBZ für die ehemalige EG-RAK erstellte Vergleich von RAK- und AACR-Ansetzungen der Körperschaftsnamen soll in diesen Vergleich einfließen.

Vorrangige Ziele der Sektion sind u.a.:

uvm.

In diesem Sinne wird es künftige Projekte bzw. die Weiterführung bestehender Projekte u.a. für folgende Programme geben: GARE (Guidelines for Authority and Reference Entries), Study of OPACs sowie Revision der ISBD(S).

Schließlich fanden Vorstandswahlen statt: Ingrid Parent (Kanada) wurde einstimmig in ihrem Amt als Vorsitzende bestätigt, Maria Witt (Frankreich) ist als Secretary Nachfolgerin ihrer französischen Kollegin Suzanne Jouguelet.

Die wichtigsten Programme und Themenkreise, über die in verschiedenen Sitzungen und Workshops der Sektion mehrfach berichtet bzw. diskutiert wurde, sollen im folgenden einzeln dargestellt werden:

*IFLA Core Programme for Universal Bibliographic Control and International MARC (UBCIM)

Das IFLA UBCIM Programme dient vorrangig der Pflege und Weiterentwicklung von Standards für die bibliographische Kontrolle auf nationaler Ebene und für den internationalen Datentausch. Schwerpunkte der Arbeit liegen auf der Normung von Namen und Titeln (Authority Control) und der Pflege und Weiterentwicklung von UNIMARC durch die Expertengruppe "Permanent UNIMARC Committee - PUC". Zur IFLA Working Group on Minimal Level Authority Record and the ISADN, die Richtlinien vorgibt, siehe untenstehenden Bericht. Neben der Arbeit dieser Gruppe auf dem Gebiet von "Authority Control" hat es insbesondere eine Revision der "Names of Persons" gegeben (bei K.G. Saur erhältich). Für November 1998 ist eine International Conference on National Bibliographic Services geplant, die an die Arbeit der Vorgängerin von 1977 anknüpfen soll. Das UBCIM Programme ist darüber hinaus an verschiedenen Projekten beteiligt, insbesondere an der Verteilung von Entwürfen zur weltweiten Revision, z.B. der ISBD(ER), der Anonymous Classics und der Functional Requirements for Bibliographic Records (einzeln siehe unten).

PUC hat im letzten Jahr insbesondere den Verknüpfungsblock von UNIMARC um neue Felder (u.a. für Unicode) erweitert, ein UNIMARC Klassifikationsformat entwickelt und UNIMARC/A revidiert. Eine Kompaktausgabe von UNIMARC ist über IFLANET erhältich.Weiteres zu UNIMARC siehe unten.

*IFLA Working Group on Minimal Level Authority Record and the ISADN

Die Arbeitsgruppe ist der Ansicht, daß normierte Daten für die gegenseitige Nutzung von vorrangiger Bedeutung sind. Sie ist darüber hinaus überzeugt, daß global einheitliche Ansetzungsformen nicht praktikabel sind, daß vielmehr die Beibehaltung von nationalen, regelbasierten Formen am besten den Nutzerbedürfnissen entspricht. Um international Normdaten zu nutzen, wird vorgeschlagen, daß jede nationalbibliographische Normbehörde ihre Normdateien über Internet zugänglich macht. Das ursprüngliche Konzept, eine International Standard Authority Data Number (ISADN) als Kennzeichnung der Daten zu nutzen, ist um mindestens fünf Jahre zurückgestellt worden, um in dieser Zeit andere technologische Konzepte zu prüfen.

Die Arbeitsgruppe hat eine Liste der wichtigsten Datenelemente für den internationalen Tausch von Normdaten entwickelt, zunächst nur Namen von Personen, Körperschaften und Kongressen sowie Einheitssachtitel. Die Arbeitsgruppe wird Empfehlungen erarbeiten für PUC, um UNIMARC/Authorities entsprechend zu ändern sowie GARE entsprechend anzupassen.

*ISBD(ER) International Standard Bibliographic Description for Electronic Resources

1994-95 hat eine Revision Group die ISBD-CF (Computer Files) insbesondere um Richtlinien für interaktive Multimedia, optische Platten etc., vor allem aber für nichtphysische Publikationsformen - Dateien im Fernzugriff - erweitert. Dieser Entwurf lag der Weltöffentlichkeit 1996 zur Stellungnahme vor und wurde schließlich im März 1997 vom IFLA Standing Committee on Cataloguing und Information Technology angenommen. Inzwischen sind die ISBD(ER) veröffentlicht (K.G. Saur, DM 98.-).

Die ISBD(ER) enthalten u.a. neue Hinweise für Informationsquellen (insbesondere für Titel und Ausgabe), Fußnoten für Systemanforderungen und Fernzugriff sind hinzugefügt worden, vor allem gibt es im Anhang zahlreiche Beispiele und einen doppelt so großen Index.

*Die öffentliche Veranstaltung der Section of Cataloguing stand unter dem Thema: "Katalogisieren für das 21. Jahrhundert".

Zunächst wurde der dänische benutzerfreundliche Gesamtkatalog DanBib vorgestellt (vgl. Teil I). Außerdem gab es einen ausführlichen Bericht über die "Functional Requirements for Bibliographic Records" sowie einen Vortrag über die Zukunft des Katalogisierens und der Katalogisierer.

*Functional Requirements for Bibliographic Records (Funktionsanforderungen für bibliographische Daten)

Der Sinn dieser umfangreichen Studie ist es, die Funktionen von bibliographischen Daten für alle Medien, Anwendungen und Nutzeraspekte in klar definierten Begriffen aufzuzeigen. Die Studie umfaßt alle Funktionen einer bibliographischen Aufnahme, d.h. beschreibende Elemente ebenso wie Eintragungen (access points), andere organisierende Elemente (klassifikatorische wie chronologische Codes) sowie Annotationen. Die Studie stellt eine Minimalanforderung an Aufnahmen, die von nationalbibliographischen Zentren erstellt werden. Die Funktionsanforderungen sollen allen Nutzungsinteressen wie Bestandsaufbau, Erwerbung, Katalogisierung, Bestandserhaltung, Aus- und Fernleihe, Auskunft und Recherche gerecht werden. Es muß betont werden, dass keine Eintragungsfunktionalitäten berücksichtigt werden.

Die Functional Requirements werden u.a. über IFLANET zur Verfügung stehen.

*"The future of cataloguing and cataloguers" (Die Zukunft des Katalogisierens und der Katalogisierer)

Michael Gorman verbindet die Frage nach der Zukunft des Katalogisierens eng mit der Frage nach der Zukunft von Lesen und Bildung und diese wiederum mit der Zukunft von Gesellschaft und Zivilisation. In der modernen Informationsgesellschaft ist Bildung von erhöhter Bedeutung. Die Verantwortung für den Nachweis und die Zugänglichkeit des aufgezeichneten Wissens liegt bei den Bibliothekaren; die Bibliothekare haben eine komplexe Architektur von biblothekarischer Kontrolle geschaffen. Diese muß der modernen Informationstechnologie angepaßt werden. Wir müssen sicherstellen, daß die elektronischen Publikationen in geeigneter Weise organisiert werden. Insbesondere für Katalogisierer ist die Zukunft brilliant und stellt eine große Herausforderung dar.

Schließlich gab es im Bereich von Katalogisierungregeln und Format zwei interessante Workshops:

1."Future of Communication Formats" Die Zukunft von Kommunikationsformaten (veranstaltet von der Section of Cataloguing zusammen mit UBCIM Core Programme)

UNIMARC und die Harmonisierung der MARC-Familien (CAN-, UK- und USMARC) waren die zentralen Themen dieses Workshops, gefolgt von Berichten über das nordische Metadatenprojekt und einem Vortrag, der SGML als Katalogisierungssprache vorschlägt. Insbesondere den beiden ersten Themen sollen an dieser Stelle einige Sätze gewidmet werden.

Thema des ersten Vortrags war "UNIMARC - The Virtual Format in the Virtual Age". UNIMARC ist als Kommunikationswerkzeug für die verschiedenen nationalen Ausprägungen von MARC-Formaten geschaffen worden. Seit 1991 wird es von einem Permanent UNIMARC Committee (PUC) unter dem Schirm von IFLA UBCIM betreut (s.o.). Insbesondere hat die EU Projekte unterstützt, die die Anwendbarkeit von UNIMARC als multinationale Datenbank untersucht hat. Das erste Pilotprojekt dieser Art war National Libraries on CD-ROM, gefolgt von einem anderen Projekt USEMARCON (User controlled Generic MARC Converter), das zum Ziel hatte, ein allgemeines Konversionswerkzeug zu entwickeln.

Die Herausforderung der Zukunft wird auch für UNIMARC in der Integration von traditionellem Bibliotheksmaterial und elektronischen Ressourcen liegen.

Im zweiten Vortrag "MARC harmonization in Canada, the United States and United Kingdom" wird die "Vision" speziell dieser drei Länder dargestellt, durch die Anpassung der bestehenden Formate bibliographische Information besser, schneller und billiger tauschen zu können. Entsprechende Bemühungen haben zum erfolgreichen Abschluß der ersten Phase im Februar dieses Jahres geführt, nämlich der Angleichung von CAN- und USMARC. Die Einbindung in die bestehenden Formate werden jedoch erst 1998 oder 1999 realisiert werden.

Eine Harmonisierung mit UKMARC ist ebenfalls begonnen; hier bleiben zunächst einige wenige grundsätzliche Unterschiede bestehen. Aus deutscher Sicht ist hier das UKMARC-Feld 248 für die Behandlung von mehrbändigen Werken von besonderer Bedeutung.

2."Authority Control: Developments and Prospects" Normierung von Eintragungen: Entwicklungen und Aussichten (veranstaltet von der Division of Bibliographic Control zusammen mit UBCIM)

Themen dieses Workshops waren das Projekt AUTHOR, der Anglo-American Authority File, die IFLA UBCIM Working Group on the Minimal Level Authority Record and the ISADN (vgl. oben) sowie die UNIMARC Authorities.

Das Projekt AUTHOR startete im März 1995 als erstes konkretes Projekt, um mit fünf Nationalbibliotheken (Belgien, Spanien, Großbritannien, Portugal und Frankreich) automatisierte Normdateien aufzubauen, die auf unterschiedlichen Katalogregeln, Formaten und Sprachen beruhen. Das Projekt ist Teil des Forums CoBRA (Computerised Bibliographic Record Actions), finanziert vom Directorate General VIII der EU-Kommission. Auf der Basis von UNIMARC/ Authorities (s.u.) sollen mit Hilfe von USEMARCON die Daten konvertiert werden. Ein Datenbank-Prototyp (OPAA - Open Public Authority Access) wird den Zugang zu fünf Datenbanken über Web oder Z39.50 simulieren. Bibliothekare (und Bibliotheken) Europas sind zu einen unmittelbar bevorstehenden Test aufgerufen.

Das Projekt AAAF (triple ay-eff!) wird von der British Library geleitet, da hier die größten Änderungen vorgenommen werden müssen. Alan Danskin (der Projektmanager) beschreibt die drei Phasen des Projekts, die Entwicklung und Implementierung, die Integration in den laufenden Prozeß sowie die retrospektive Konversion. Phase 1 wurde im März 1996 erfolgreich mit dem Laden des Name Authority File der Library of Congress abgeschlossen. Die Phase 2 begann im April dieses Jahres und hat zum Ziel, Dubletten der britischen und amerikanischen Dateien zu eliminieren. In einem kompliziert klingenden Verfahren werden die Namensätze (zunächst nur Personennamen) in den vorhandenen Datenbanken recherchiert und nach redaktioneller Prüfung in AAAF überführt. Mit der 3. Phase, die die vollständige Integration in eine einheitliche Datei zum Ziel hat, kann jedoch erst Januar 1999 begonnen werden, wenn die British Library ihr "Corporate Bibliographic System" installiert hat.

Mirna Willer, die Vorsitzende des UNIMARC Permanent Committee, stellt das Konzept des Formats für Normansetzungen von Personen, Körperschaften, Einheitssachtiteln und Schlagwörtern (UNIMARC Authorities) vor. Es wurde 1991 zum ersten Mal von der IFLA herausgegeben, basierend auf den "Guidelines for Authority and Reference Entries" (GARE). Mit Hilfe des modularen Aufbaus können funktional unterschiedliche Teile je nach Benutzeranfrage in Beziehung zueinander gesetzt werden. UNIMARC/Authorities wird in verschiedenen Länderen Europas eingesetzt; die EU hat das Format in ihrem Projekt AUTHOR (s.o.) getestet. Ergebnisse aus diesem Projekt sowie die Empfehlungen der 2. Ausgabe von GARE (s.o.) und der Anforderungskatalog der Working Group on the Minimal Level Authority Records and ISADN werden den Anstoß zur zukünftigen Entwicklung von UNIMARC/Authorities geben.

Zusammenfassend kann man feststellen, daß die Tagung zahlreiche Anregungen für eine internationale Kooperation im Bereich der Erschließung brachte. Die Entwicklungen sollten von den deutschen Bibliothekaren mehr als bisher beachtet und mitgestaltet werden.

Verzeichnis der Papers der Division IV Bibliographic Control

(Kopien können vom DBI Haus 2, Fachbibliothek, Luisenstr. 57, 10117 Berlin bezogen werden)

Ein Teil der Papiere ist über das IFLANET zugänglich: http: //www.nlc-bnc.ca/ifla/IV/ifla63/63cp.htm

Albrechtsen, Hanne (Royal School of Library and Information Science Copenhagen, Denmark): The order of catalogues: towards democratic classification and indexing in public libraries

Andreasen, Troels and Tommy Schomacker (Department of Computer Science, Intelligent Systems Laboratory, Roskilde University and Computer Department, Danish Library Centre): DanBib - a union catalogue applied for user friendly flexible querying (055-CAT-1-E)

Bell, Barbara (The College of Wooster, Ohio, USA): An Annotated Guide to Current National Bibliographies, second edition (101-BIBL-2-E)

Bourdon, Francoise und Sonja Zillhardt (Biliothèque nationale de France): AUTHOR : towards an European network for name authority data (Konferenzpapier 222-BIBL-4-F+E der IFLA in Peking)

Bourne, Ross (Chair, Section on Bibliography): IFLA Section on Bibliography: report of activities, 1996/97 (098-BIBCO-2-E)

Brisson, Roger and Ruth Carter (Hillman Library, University of Pittsburgh, Pittsburgh, Pennsylvania, USA): Cataloguing and Classification Quarterly: a web site for professional journal in librarianship (165-ELJ-3-E)

Bunn, Paul (The British Library); John D. Byrum, Jr. (Library of Congress); Ingrid Parent (National Library of Canada): The BL/LC/NLC MARC Harmonization Initiative (152-CAT-4/UBCIM(WS)-4-E)

Campos, Fernanda Maria (National Library, Portugal): Unimarc: The virtual format in the virtual age (153-CAT-5/UBCIM(WS)-5-E)

Danskin, Alan (Head of Authority Control, The British Library): The Anglo-American Authority File: implementation of phase 2

Duncan, Donna (McGill University, Montreal, Canada): Section on Classification an Indexing: Review of activities. 1996-1997 (085-BIBCO-1-E)

Gorman, Michael (Library Services, California State University, Fresno, USA): The future of cataloguing and cataloguers (103-CAT-2-E)

Green, Brian und Mark Bide (Book Industry Communication & Editeur): Unique identifiers: a brief introduction (124-UBCIM(WS)-3-E)

Hakala, Juha (Helsinki University Library, Helsinki, Finland): Nordic Metadata Projekt (154-CAT-6/UBCIM(WS)-6-E)

Jouguelet, Suzanne (Secretary of the Section): IFLA Section on cataloguing: Annual report 1996/1997 (099-BIBCO-3-E)

Jouguelet, Suzanne (Direction de l'Imprimé et de l'audiovisuel, Bibliothèque National de France, Paris, France): Des usages diversifiés pour la classification Dewey à la Bibliothèque National de France (022-CLASS-2-F) (deutsche Übersetzung: Verschiedene Anwendungsbereiche der Dewey-Klassifikation in der Bibliothèque nationale de France (022-CLASS-2-G)

Madison, Olivia M.A. (Parks Library, Iowa State University, Ames Iowa, USA): IFLA Study on the Functional Requirements for Bibliographic Records. Report (102-CAT-2-E)

Pollitt, A Steven (Centre for Database Access Research, University of Huddersfield, UK): The key role of classification and indexing in view-based searching (009-CLASS-1-E)

Tillett, Barbara (Library of Congress, Washington DC, USA): Progress Report from the IFLA UBCIM Working Group on the Minimal Level Authority Record and the ISADN (119-BIBCO-4/UBCIM(WS)-1-E)

Waneck, Kirsten (Dansk BiblioteksCenter A/S, Ballerup, Denmark): Public/private sector relationship in the production of national bibliographies: the danish model (100-BIBL-1-E)

Willer, Mirna (National and University Library, Zagreb, Croatia): UNIMARC Authorities: its concept, envisaged development and issues of the international exchange of authority records (123-BIBCO-5/UBCIM(WS)-2-E)

Außerdem aus der Section on Core Programmes:

Plassard, Marie-France (Die Deutsche Bibliothek, Germany): IFLA Core Programme for Universal Bibliographic Control and International MARC (UBCIM): Report on activities 1996-97


Stand: 09.10.97
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