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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 97

Bibliotheksranking

Ein Vergleich von Universitätsbibliotheken im Kielwasser des FOCUS-Uni-Tests

Gunter Dokter / Marcus Heidecke

1. Umfrageergebnisse

Zwischen dem 14. April (Heft 16) und dem 9. Juni (Heft 24) 1997 veröffentlichte das Nachrichtenmagazin FOCUS die Ergebnisse einer Umfrage bei "26.000 Studenten, 1.760 Professoren und 600 Personalchefs", die ihr Urteil zu 20 Studiengängen an 79 Hochschulen in Deutschland in der Form von Schulnoten abgegeben hatten. Das Endergebnis mit der Vorstellung der Gesamt- und Teilsieger erschien im FOCUS-Heft 25 vom 16. Juni 1997.

Zur Studienfachbewertung an einer Hochschule trugen - und hier wird es für uns interessant - auch die Studentennoten für einen Teilaspekt "Bibliothek" bei, mit einer je nach Bibliotheksrelevanz für das Fach unterschiedlichen Gewichtung zwischen 3 % und 7,5 %. Unter "Bibliothek" sind nach Angaben in den FOCUS-Heften die Studentenbewertungen eingeflossen für

Weiterhin abgefragte Einzelaspekte mit eigenen Noten waren Lehrpersonal, Lehrinhalt, Räume, Computer, Geräte etc. Alle Noten dieser Einzelaspekte sind in den FOCUS-Heften gesondert aufgelistet, so daß wir nicht nur die örtliche Bibliotheksnote für ein Fach ablesen sondern auch das Studentenurteil für die Gesamtheit der übrigen Aspekte (ohne die Bibliothek) errechnen können.

Auffällig ist, daß in der Mehrzahl der Fälle die Bibliotheksnote besser ausfällt als der Mittelwert der übrigen Einzelaspekte: schlechtere Bibliotheks- als Umfeldnoten gibt es bei 2-schichtigen Bibliothekssystemen nur in 15,4 % der Fälle, bei den 1-schichtigen in 23,2 % und in den neuen Bundesländern in 18,7 % der Fälle. Wenn wir nicht annehmen wollen, daß Bibliotheken eben von Natur aus meist das Beste an einer Hochschule sind, könnte ein Grund hierfür vielleicht in Folgendem zu suchen sein: wohl jeder Student hat einen Prof. oder eine Vorlesung, die ihm überhaupt nicht liegen, die aber gleichwohl mehrmals pro Woche erduldet werden müssen. Es läge nahe, daß daher Lehrpersonen und Lehrinhalte oder überlaufene Computerräume viel eher mit von Herzen kommenden, harschen Noten bedacht werden als die Bibliothek, die einfach deshalb gemäßigtere Noten aus dem Mittelfeld erhält, weil die Erfahrungen mit ihr vielleicht doch etwas sporadischer und weniger emotional geprägt ablaufen.

In den Tabellen 1a, 1b, 1c wird nun der Überblick über alle Einzelwertungen gegeben. Es handelt sich um 822 Bibliotheksnoten, gegliedert nach 2-schichtigen, nach 1-schichtigen und nach Bibliothekssystemen in neuen Bundesländern. Immer dann, wenn die Bibliotheksnote schlechter als die Note für das übrige Umfeld ausfiel, ist dies durch Fettdruck der Bibliotheksnote gekennzeichnet. Zusätzlich ist die jeweilige Fach-Durchschnittsnote errechnet und (in Klammern als d-Wert angegeben) die Differenz zwischen Bibliotheksnote und Durchschnittsnote der übrigen Aspekte ohne Bibliothek. Es gilt folgende Beziehung: Bibliotheksnote B + d = Durchschnittsnote der restlichen Aspekte, kurz Umfeldnote U genannt.

Man mag sich freuen, man mag sich ärgern, man mag sich wundern über so manche Note der eigenen oder einer anderen Bibliothek. Manches erscheint plausibel, anderes überhaupt nicht, daher die berechtigte Frage: welche Einflüsse waren denn nun bei dieser oder jener Note am Werk? Immer dann, wenn eine Note unerklärlich oder unangenehm ausfällt, anzunehmen, die Interviewpartner seien untypisch ausgewählt gewesen, dürfte kein sehr ergiebiger Erklärungsweg sein, wiewohl dies sogar im Einzelfall stimmen mag. Wir wollen aber den Zufall nicht überstrapazieren sondern davon ausgehen, daß die Befragten im allgemeinen sinnvoll auf irgendwelche bestehenden Verhältnisse reagiert haben und die generelle Tendenz der Notengebung einigermaßen die wahren Verhältnisse widerspiegelt.

Die unterschiedlichen Studienfachmittelwerte zeigen: es gibt eine Rangfolge der einzelnen Studienfächer in der Studentengunst. Tabelle 2 stellt deshalb die 20 von FOCUS untersuchten Studienfächer in der Reihenfolge ihrer Gesamtbewertung vor. (Diese Fächerabfolge liegt auch den Tab. 1a - 1c zugrunde.) Zusätzlich wird noch einmal nach den drei Bibliothekssystemen differenziert, deren Fächerrangfolge natürlich jeweils eine andere sein kann.

Die hohen d-Werte und damit schlechtere Umfeldnoten bei mehreren geisteswissenschaftlichen Fächern rühren oft her von extrem schlechten Noten beim Umfeld-Einzelaspekt "Computer", der zwar bei allen Fächern abgefragt wurde, dessen Handhabung an den Hochschulen aber nach wie vor für Geistes- und für Naturwissenschaftler sehr unterschiedlich zu sein scheint.

Einen gewissen Sonderfall stellt das Fach Informatik dar, das in der Gesamtwertung als einziges einen negativen d-Wert aufweist, d. h. die Bibliothek wird schlechter benotet als das Umfeld. Diese Bewertung geht hauptsächlich auf die 1-schichtigen Systeme zurück, bei den 2-schichtigen ist der Informatik d-Wert zwar auch sehr klein, aber noch positiv. Bei den 1-schichtigen und ihrer Bibliotheksnote für Informatik von B = 2,73 ist dagegen deutlich die Fächerreihenfolge gestört. Wie das ?

Der Benutzungsdruck kann in eindeutigen Lehrbuchsammlungsfächern wie den Natur- und Ingenieurwissenschaften oder in Jura durch große Staffelung einer kleinen Titelmenge abgefangen werden. In anderen Fächern bewirkt umgekehrt hohe Titelvielfalt bei geringster Staffelung dasselbe. Im Fach Informatik wäre große Titelvielfalt bei gleichzeitig oft hoher Staffelung vonnöten. Das kann aber auf Dauer und in der geforderten, leider nur kurz anhaltenden Aktualität in diesem Fach kaum bewerkstelligt werden. Die aktuelle Literatur ist ständig ausgeliehen und stark vorgemerkt, die am Standort verbliebenen, älteren Bestände führen bei den übrigen Interessenten zum Negativ-Eindruck "die UB hat ja nur altes Zeug". Dieses Phänomen scheint allgemeiner verbreitet zu sein; bei den Einschichtigen artikuliert sich die Unzufriedenheit jedoch am stärksten.

Ansonsten gilt: technisch-naturwissenschaftliche Fächer führen die Tabelle an, geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Fächer bilden die Nachhut. Ob dies nun heißt, daß in den technisch-naturwissenschaftlichen Fächern die Bibliotheksausstattung objektiv besser ist - oder sein kann - als in den anderen Fächern oder ob einfach nur die Studenten dieser Fachrichtungen leichter zufriedenzustellen sind, muß offen bleiben.

Nach den in Tab. 1 aufgelisteten Einzelnoten für jedes Hochschulfach und der in Tab. 2 beantworteten Frage nach dem zufriedenstellendsten Studienfach kommen wir nun zu der Frage: welche Bibliothek ist im Urteil der interviewten Studierenden die beste? Die Gesamt-Bibliotheksnote für eine Hochschule wird errechnet als Mittelwert der Bibliotheksnoten aller von FOCUS an dieser Hochschule untersuchten Fachbereiche, sie setzt sich je nach Hochschulort aus bis zu 17 Einzelfachnoten zusammen. Tabelle 3 listet in der Reihenfolge von der besten bis zur schlechtesten Note auf: Rang, Hochschule, Bibliotheksnote B, Abstand d zwischen Bibliotheks- und Umfeldnote, Anzahl der untersuchten Fachbereiche (Hochschulen mit weniger als 3 im FOCUS-Test bewerteten Fachbereichen sind der Vollständigkeit halber auch aufgeführt, in den übrigen Untersuchungen aber nicht berücksichtigt.)

TABELLE 3
Hochschulen nach Bibliotheksnoten

RangHochschuleNotedFB
1
2
3
4
5
Freiberg
Potsdam
Chemnitz-Zw.
Marburg
Magdeburg
1,37
2,14
2,18
2,21
2,23
(0,18)
(0,29)
(-0,04)
(0,06)
(0,04)
3
14
10
16
9
6
7
8
9
10
Bielefeld
Leipzig
Würzburg
München TU
Trier
2,24
2,25
2,26
2,270
2,273
(0,56)
(0,38)
(0,34)
(0,40)
(0,36)
13
15
16
10
11
11
12
13
14
15
Siegen
Konstanz
Berlin HU
Paderborn
Jena
2,273
2,29
2,33
2,40
2,427
(0,31)
(0,41)
(0,12)
(0,51)
(0,09)
10
11
15
12
15
16
17
18
19
20
München
Karlsruhe
Regensburg
Düsseldorf
Berlin TU
2,431
2,433
2,44
2,47
2,507
(0,27)
(0,36)
(0,47)
(0,54)
(0,43)
16
12
15
13
14
21
22
23
24
25
Ulm
Bayreuth
Göttingen
Stuttgart
Augsburg
2,514
2,52
2,53
2,53
2,54
(0,14)
(0,12)
(0,43)
(0,38)
(0,47)
7
10
15
15
11
26
27
28
29
30
Dortmund
Berlin FU
Passau
Eichstätt
Wuppertal
2,55
2,56
2,57
2,60
2,63
(0,36)
(0,45)
(0,11)
(0,26)
(0,38)
11
16
9
6
11
31
32
33
34
35
Clausthal-Z.
Braunschweig
Hannover
Kiel
Greifswald
2,64
2,657
2,662
2,67
2,675
(-0,66)
(0,33)
(0,37)
(0,32)
(0,06)
5
14
16
17
8
36
37
38
39
40
Bamberg
Erlangen-N.
Münster
Halle-Wittenb.
Hamburg
2,678
2,71
2,73
2,740
2,744
(0,12)
(0,37)
(0,54)
(0,06)
(0,28)
9
18
15
15
16
41
42
43
44
45
Oldenburg
Hamburg TU
Tübingen
Mainz
Köln
2,75
2,767
2,775
2,78
2,787
(-0,15)
(0,11)
(0,33)
(0,38)
(0,39)
14
3
16
15
15
46
47
48
49
50
Bremen
Mannheim
Kaiserslautern
Darmstadt
Bonn
2,794
2,80
2,80
2,829
2,833
(0,08)
(0,20)
(-0,34)
(0,25)
(0,44)
16
11
8
14
15
51
52
53
54
55
Freiburg
Kassel
Rostock
Saarbrücken
Gießen
2,833
2,84
2,86
2,88
2,89
(0,23)
(0,13)
(-0,16)
(0,22)
(0,08)
15
13
15
17
16
56
57
58
59
60
Bochum
Heidelberg
Dresden
Duisburg
Essen
2,906
2,907
2,92
2,93
2,95
(0,28)
(0,18)
(-0,10)
(-0,01)
(0,04)
16
14
17
12
12
61
62
63
64
65
Osnabrück
Frankfurt/M.
Aachen
Ilmenau
Koblenz-Land
2,98
2,99
3,04
3,23
3,44
(-0,04)
(0,44)
(0,19)
(-1,00)
(-0,30)
13
16
16
3
5

Durchschnitt nach Bibliothekssystemen
28
25
12
2-schichtige
1-schichtige
neue Bundesl.
2,68
2,64
2,45
(0,29)
(0,19)
(-0,01)
416
267
139
65insgesamt 2,62(0,20)822

weniger als 3 Fachbereiche bewertet
1
2
3
4
5
Vallendar WHU
Stuttgart-Hohenh.
Wit.-Herdecke
Oestrich-W.EBS
Hannover Med.H.
1,60
1,90
1,95
2,00
2,40
(-0,05)
(0,91)
(-0,13)
(-0,32)
(0,52)
1
2
2
1
1
6
7
8
9
10
Cottbus
Lübeck
Hamburg HWP
Weimar
Vechta
2,40
2,50
2,70
2,70
2,70
(0,05)
(0,25)
(0,22)
(0,06)
(0,05)
2
1
2
1
1
11
12
13
14
Frankfurt/Oder
Lüneburg
Flensburg
München HfP

Mittelwert

2,95
2,95
3,00
3,10

2,49

(-0,31)
(0,63)
(-0,32)
(0,70)

(0,07)

2
2
1
1

20

d
FB
= Abstand Umfeldnote-Bibliotheksnote
= Anzahl ausgewerteter Fachbereiche

(Die Durchschnittswerte nach Bibliothekssystemen in den Tabellen 2 und 3 sind nicht identisch, da im einen Fall Mittelwerte aus 20 Fachmittelwerten, im anderen Fall Mittelwerte aus 65 Hochschulmittelwerten gebildet werden.)

Anhand von Überlegungen zu den Daten der Heimatbibliothek der Autoren werden beispielhaft einige Interpretationsmöglichkeiten aufgezeigt, die bei entsprechender Abwandlung auch für andere Bibliotheken gelten. Von allen in Bochum angebotenen Studienfächern wurden im FOCUS-Test 16 untersucht. Diesen Studienfächern gehören 76 % aller Bochumer Studierenden an, von daher kann die Bochumer Note als einigermaßen repräsentativ gelten.

Bochum hat wie Heidelberg die Bibliotheksnote 2,91 bekommen, erst die 3. Dezimale in Tab. 3 entscheidet, daß Bochum vor Heidelberg auf Platz 56 liegt. (Bei Notengleichheit auch in dritter Dezimale - z. B. Trier/Siegen entscheidet der größere positive Abstand zur Umfeldnote über die Rangfolge.) Als 56. Sieger aus einem Feld von 65 Teilnehmern hervorzugehen ist nicht gerade ein Traumziel zu nennen. Woran könnte es wohl liegen, daß die eigene Bibliothek nicht besser abgeschnitten hat? Wo weicht die Beurteilung Bochumer Bibliotheksverhältnisse von glücklicheren Konkurrenten ab, wo ist sie ähnlich?

Bochum hat als 2-schichtiges System eine große, zentrale UB und eine Reihe weiterer, dezentraler Fachbibliotheken. Aus der FOCUS-Erläuterung zum Teilaspekt "Bibliothek" geht nicht hervor, wie die Verhältnisse der Zentralbibliothek oder des gesamten Bibliothekssystems inklusive Fachbibliotheken die Benotung bestimmt haben. Wir schränken also erst einmal unsere Vergleichspartner ein auf ebenfalls 2-schichtige Systeme und vergleichen dann noch einmal. Da aber nur 3 dieser Bibliotheken hinter Bochum liegen und alle anderen 24 davor, bleibt Bochum weiterhin auf den hinteren Plätzen. Mit einer Differenz von 2,91-2,68=0,23 Notenpunkten liegt Bochum eindeutig unter dem Bibliotheksdurchschnitt der 2-schichtigen Systeme. Allerdings zeigt der Vergleich des Bochumer d-Werts von 0,28 mit dem Durchschnitts-d-Wert von 0,29 der Zweischichtigen, daß für Bochum der Abstand von Bibliotheksnote und Umfeldnote keineswegs aus dem Rahmen fällt, ein erster bibliothekarischer Lichtblick also! Es werden zwar im Vergleich zu anderen Hochschulorten die Bibliotheksverhältnisse schlechter beurteilt, die übrigen Umfeldaspekte werden dies aber auch, so daß die Bewertung der Bibliothek gegenüber ihrem lokalen Umfeld in Bochum dennoch einen nahezu gleichen Abstand hat wie andernorts auch. Die in ihrem Absolutwert als schlecht empfundene Bibliotheksnote könnte also auch nur Folge einer generell negativeren Grundhaltung der Bochumer Studenten im Vergleich zu Studenten anderswo sein.

An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, näher auf die Unterschiede zwischen den einzelnen Bibliothekstypen aufmerksam zu machen. Wir unterscheiden in unseren Auswertungen zwischen neuen und alten Bundesländern und dort noch einmal zwischen 1-schichtigen und 2-schichtigen Bibliothekssystemen. Die besten Bibliotheksnoten stammen aus den neuen Bundesländern mit der zusätzlichen Besonderheit, daß der Umfeld-Notendurchschnitt dort sogar noch besser ausfällt (d-Wert negativ). Wir folgern also: entweder sind Bibliotheks- und sonstige Verhältnisse in den neuen Bundesländern allgemein deutlich besser oder die Studierenden sind dort einfach weniger verwöhnt und daher zufriedener mit allem als im alten Bundesgebiet.

An den 1-schichtigen Systemen der alten Bundesländer sind bei einer Durchschnittsnote von B=2,64 die Bibliotheksurteile mit knappen 0,04 Punkten nur unwesentlich besser als an 2-schichtigen mit B=2,68. Die Unterschiede in den d-Werten fallen mit 0,1 Punkten dagegen zweieinhalbmal so groß aus, d. h. das sonstige Umfeld wird bei den 1-schichtigen Systemen mit U=2,83 etwas besser benotet als an 2-schichtigen mit U=2,97.

Es mag an den genannten Literaturbedarfsunterschieden liegen, daß Naturwissenschaftler eher mit ihren Bibliotheken zufrieden sind als Geistes- oder Sozialwissenschaftler. Andererseits ist aber auch bekannt, daß Flugblattaktionen, Demonstrationen, Kundgebungen und andere Unzufriedenheitsäußerungen eher von sozial- und geisteswissenschaftlichen Fakultäten ausgehen als von ingenieur- und naturwissenschaftlichen. Will sagen, negativere Bewertungen können auch in fächerspezifischen Mentalitätsunterschieden begründet sein. Nach landsmannschaftlichen Unterschieden, etwa durch Auswertung nach Bundesländern, soll hier gar nicht erst gefragt werden, da diese zu den festen Rahmenbedingungen eines Ortes gehören und nicht zwecks Notenverbesserung beeinflußt werden können.

Wir haben es also möglicherweise mit unterschiedlichen Grundeinstellungen je nach Hochschulort oder Fach zu tun, wenn z. B. ein Münchner Mathematikstudent anders benotet als ein Bochumer oder ein Bochumer Physikstudent bessere Noten vergibt als sein Kommilitone aus der Anglistik.

Daß Notengebung immer etwas Subjektives ist, können wir nicht ändern. Wir haben aber die Möglichkeit, diesen Effekt hier zu berücksichtigen. Verschiedene Studenten aus verschiedenen Fächern und dazu noch aus verschiedenen Hochschulen können einfach keine einheitliche Benotungsskala haben. Ganz anders aber, wenn ein und derselbe Student seine persönliche Meinung über mehrere abgefragte Einzelaspekte auf seiner individuellen Notenskala absteckt: er ordnet die Bibliothek dort besser, schlechter oder gleich mit den anderen Aspekten ein und schafft somit eine relative Bewertung der lokalen Bibliotheksverhältnisse, gänzlich frei vom jeweiligen, subjektiven Skalennullpunkt. Damit kommt dem d-Wert als Differenz zwischen Bibliotheksnote und Umfeldnote eine unvermutet wichtige Bedeutung zu. Tabelle 4 ordnet deshalb die Daten aus Tab. 3 nach absteigenden d-Werten um. (Bei gleichem d-Wert entscheidet die bessere Bibliotheksnote.)

TABELLE 4
Hochschulen nach Abstand d zwischen Bibliotheksnote und Umfeldnote

RangHochschuleNotedFB
1
2
3
4
5
Bielefeld
Düsseldorf
Münster
Paderborn
Regensburg
2,24
2,47
2,73
2,40
2,44
(0,56)
(0,54)
(0,54)
(0,51)
(0,47)
13
13
15
12
15
6
7
8
9
10
Augsburg
Berlin FU
Bonn
Frankfurt/M.
Berlin TU
2,54
2,56
2,83
2,99
2,51
(0,47)
(0,45)
(0,44)
(0,44)
(0,43)
11
16
15
16
14
11
12
13
14
15
Göttingen
Konstanz
München TU
Köln
Leipzig
2,53
2,29
2,27
2,79
2,25
(0,43)
(0,41)
(0,40)
(0,39)
(0,38)
15
11
10
15
15
16
17
18
19
20
Stuttgart
Wuppertal
Mainz
Hannover
Erlangen-N.
2,53
2,63
2,78
2,66
2,71
(0,38)
(0,38)
(0,38)
(0,37)
(0,37)
15
11
15
16
18
21
22
23
24
25
Trier
Karlsruhe
Dortmund
Würzburg
Braunschweig
2,27
2,43
2,55
2,26
2,66
(0,36)
(0,36)
(0,36)
(0,34)
(0,33)
11
12
11
16
14
26
27
28
29
30
Tübingen
Kiel
Siegen
Potsdam
Hamburg
2,78
2,67
2,27
2,14
2,74
(0,33)
(0,32)
(0,31)
(0,29)
(0,28)
16
17
10
14
16
31
32
33
34
35
Bochum
München
Eichstätt
Darmstadt
Freiburg
2,91
2,43
2,60
2,83
2,83
(0,28)
(0,27)
(0,26)
(0,25)
(0,23)
16
16
6
14
15
36
37
38
39
40
Saarbrücken
Mannheim
Aachen
Freiberg
Heidelberg
2,88
2,80
3,04
1,37
2,91
(0,22)
(0,20)
(0,19)
(0,18)
(0,18)
17
11
16
3
14
41
42
43
44
45
Ulm
Kassel
Berlin HU
Bayreuth
Bamberg
2,51
2,84
2,33
2,52
2,68
(0,14)
(0,13)
(0,12)
(0,12)
(0,12)
7
13
15
10
9
46
47
48
49
50
Passau
Hamburg TU
Jena
Bremen
Gießen
2,57
2,77
2,43
2,79
2,89
(0,11)
(0,11)
(0,09)
(0,08)
(0,08)
9
3
15
16
16
51
52
53
54
55
Marburg
Greifswald
Halle-Wittenb.
Magdeburg
Essen
2,21
2,68
2,74
2,23
2,95
(0,06)
(0,06)
(0,06)
(0,04)
(0,04)
16
8
15
9
12
56
57
58
59
60
Duisburg
Chemnitz-Zw.
Osnabrück
Dresden
Oldenburg
2,93
2,18
2,98
2,92
2,75
(-0,01)
(-0,04)
(-0,04)
(-0,10)
(-0,15)
12
10
13
17
14
61
62
63
64
65
Rostock
Koblenz-Land.
Kaiserslautern
Clausthal-Z.
Ilmenau
2,86
3,44
2,80
2,64
3,23
(-0,16)
(-0,30)
(-0,34)
(-0,66)
(-1,00)
15
5
8
5
3

Durchschnitt nach Bibliothekssystemen
28
25
12
2-schichtige
1-schichtige
neue Bundesl.
2,68
2,64
2,45
(0,29)
(0,19)
(-0,01)
416
267
139
65insgesamt2,62(0,20)822

FB = Anzahl ausgewerteter Fachbereiche

Wir erhalten eine von Tab. 3 sehr verschiedene Rangfolge. Bochum gehört auf einmal mit Platz 31 zur oberen Tabellenhälfte und bei den Zweischichtigen hat es jetzt nur noch 18 Bibliotheken vor und dafür 9 hinter sich. Wir sehen aber auch, daß manche Hochschule sowohl mit ihrer Bibliotheksnote in Tab. 3 als auch mit ihrem d-Abstand in Tab. 4 auf hintere Plätze kommt. In diesem Fall sind wohl ernstlich Gründe für eine explizite Unzufriedenheit mit der Bibliothek zu vermuten. Da in beiden Tabellen 3 und 4 sicherlich zutreffende Verhältnisse wiedergegeben sind, könnten wir beide Informationen kombinieren, zum Beispiel indem wir beide Rangplätze addieren und daraus einen neuen "Kombi-Rangplatz" schaffen, der beide Aspekte berücksichtigt. Tabelle 5 zeigt das Ergebnis.

TABELLE 5
Kombi - Rangliste

RangHochschuleTab. 3Tab. 4Summe
1
2
3
4
5
Bielefeld
Paderborn
Düsseldorf
Leipzig
München TU
6 +
14 +
19 +
7 +
9 +
1
4
2
15
13
7
18
21
22
22
6
7
8
9
10
Regensburg
Konstanz
Berlin TU
Potsdam
Trier
18 +
12 +
20 +
2 +
10 +
5
12
10
29
21
23
24
30
31
31
11
12
13
14
15
Augsburg
Würzburg
Göttingen
Berlin FU
Siegen
25 +
8 +
23 +
27 +
11 +
6
24
11
7
28
31
32
34
34
39
16
17
18
19
20
Karlsruhe
Freiberg
Stuttgart
Münster
Wuppertal
17 +
1 +
24 +
38 +
30 +
22
39
16
3
17
39
40
40
41
47
21
22
23
24
25
München
Dortmund
Hannover
Marburg
Berlin HU
16 +
26 +
33 +
4 +
13 +
32
23
19
51
43
48
49
52
55
56
26
27
28
29
30
Braunschweig
Erlangen-N.
Bonn
Magdeburg
Köln
32 +
37 +
50 +
5 +
45 +
25
20
8
54
14
57
57
58
59
59
31
32
33
34
35
Chemnitz-Zw.
Kiel
Ulm
Eichstätt
Mainz
3 +
34 +
21 +
29 +
44 +
57
27
41
33
18
60
61
62
62
62
36
37
38
39
40
Jena
Bayreuth
Tübingen
Hamburg
Frankfurt/M.
15 +
22 +
43 +
40 +
62 +
48
44
26
30
9
63
66
69
70
71
41
42
43
44
45
Passau
Bamberg
Darmstadt
Mannheim
Freiburg
28 +
36 +
49 +
47 +
51 +
46
45
34
37
35
74
81
83
84
86
46
47
458
49
50
Greifswald
Bochum
Hamburg TU
Saarbrücken
Halle-Wittenb.
35 +
56 +
42 +
54 +
39 +
52
31
47
36
53
87
87
89
90
92
51
52
53
54
55
Kassel
Clausthal-Z.
Bremen
Heidelberg
Oldenburg
52 +
31 +
46 +
57 +
41 +
42
64
49
40
60
94
95
95
97
101
56
57
58
59
60
Aachen
Gießen
Kaiserslautern
Rostock
Duisburg
63 +
55 +
48 +
53 +
59 +
38
50
63
61
56
101
105
111
114
115
61
62
63
64
65
Essen
Dresden
Osnabrück
Koblenz-Land.
Ilmenau
60 +
58 +
61 +
65 +
64 +
55
59
58
62
65
115
117
119
127
129

Für Bochum ergibt sich auf diese Weise Rang 47, also ein Platz zwischen dem alten Rang 56 für die Bibliotheksnote B und Rang 31 für den Bibliotheksabstand. D. h. Bibliotheken mit beidemal hinteren Plätzen bleiben hinten, und Bibliotheken mit beidemal guten Plätzen bleiben vorn. Bibliotheken mit jeweils recht unterschiedlichen Rängen in den Ausgangstabellen arrangieren sich je nach Rangsumme dazwischen. Leider schleicht sich dabei eine systematische Ungerechtigkeit ein: während schlechte Bibliotheksnoten, kombiniert mit hohen d-Werten, beabsichtigterweise deutlich angehobene Plätze erhalten, gibt es bei den besonders guten Bibliotheksnoten oft nur noch mickrige d-Werte - und damit hintere Plätze in Tab. 4 - einfach weil bei spitzenmäßig bewerteter Umgebung kein großer Unterschied zur ebenfalls spitzenmäßig bewerteten Bibliothek mehr entstehen kann und diese dann in der Kombi-Rangliste zu weit nach hinten rutscht. So landen Freiberg, Potsdam, Chemnitz, Marburg und andere gute Bibliotheken in der Kombi-Tabelle sicherlich viel weiter hinten als von der tatsächlichen Bibliothekssituation her gerechtfertigt wäre.

2. Vergleich mit Bibliotheksparametern

Wodurch wird denn nun eine Bibliotheksnote nach oben oder unten getrieben? In der FOCUS-Fragestellung war genannt: Verfügbarkeit der notwendigen Literatur. Sind also schlechte Bibliotheksnoten ein Indiz für schlechte Literaturversorgung?

Anläßlich einer ähnlichen Studentenbefragung durch das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL konnte vor einigen Jahren für nordrhein-westfälische Universitätsbibliotheken eine ziemlich gute Korrelation zwischen SPIEGEL-Ranglistenposition und Bibliotheksausstattung gefunden werden.1) Was lag also näher, als die neuen FOCUS-Daten ebenfalls daraufhin zu untersuchen? Anhand der Studentenzahlen aus FOCUS und der Erwerbungsdaten aus der Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) können die von der Hochschulgröße unabhängigen Parameter "Buchzugang in Bänden je Student" und "Zahl der laufenden Zeitschriftenabonnements je Student" für einzelne Fächer ermittelt und gegen die jeweiligen Bibliotheksnoten an den Hochschulen aufgetragen werden.

Vielleicht war es etwas voreilig, gleich beim Erscheinen der Jura-Noten in FOCUS-Heft 16 die 2-schichtigen Bibliotheken nach ihren Jura-Zugängen zu untersuchen, wo nähere Überlegungen hätten vorwarnen können, daß gerade die juristischen Fachbibliotheken über in der Regel große, aber unterschiedlich restriktiv zu benutzende Bestände verfügen, so daß die sich ergebende völlig fehlende Korrelation zwischen Bibliotheksnote und Zentralbibliotheksausstattung (die allein ja aus der DBS ablesbar ist) hier zu erwarten gewesen wäre. Aber auch bei den Einschichtigen, deren gesamter Fachzugang in der Hochschule durch die DBS abgedeckt wird, fehlte jeglicher erwartete Zusammenhang mit den Jura-Noten, obwohl in allen Fällen ein 4-Jahres-Zugangsmittelwert errechnet wurde, um die jährlichen Zufallsschwankungen abzufangen.

Vielleicht war ja nur das Fach schlecht geeignet. Dieselbe Prozedur, diesmal auf das Fach Mathematik angewandt, brachte jedoch auch nicht die erhofften Resultate, weder bei Ein- noch bei Zweischichtigen. (Die Bibliotheken der neuen Bundesländer blieben bei allen Auswertungen unberücksichtigt wegen der zur Zeit noch untypischen Auf- und Ausbausituation.) Als dann auch noch bei einem dritten Fach, Physik, nichts zu holen war, meldeten sich erste Zweifel, ob die genannten, aus dem Buchzugang je Fach errechneten Parameter wohl doch nicht geeignet wären, den Aspekt "Verfügbarkeit der notwendigen Literatur" wiederzugeben.

Vielleicht ist die Untersuchung auf Einzelfachniveau schon zu differenziert, zumal beim Zusammenstellen der 4-Jahres-Mittelwerte für den Fachzugang (DBS-Tab. 22, 1992-1995) aufgefallen war, daß in der jährlichen Fachausstattung Schwankungen zwischen 5 % und 300 % auftreten können. Immerhin hatte ja auch die erwähnte, schöne Zugangskorrelation mit der SPIEGEL-Rangliste fächerübergreifend bezüglich des Gesamtzugangs bestanden.

Zufällig lagen in der Schublade noch die Ergebnisse einer anderen 3-Jahres-Auswertung (1991-1993) nach "Gesamt-Monographienzugang in Bänden je Student". Doch auch diese 3-Jahres-Mittelwerte (Anhang A) ließen bei Ein- wie bei Zweischichtigen nur durch gezieltes Wegstreichen bestimmter Bibliotheken auf dem Auswertungsdiagramm einen Zusammenhang zwischen FOCUS-Noten und Bandzugang entstehen.

ANHANG A
Jährlicher Zugang an Kauf-Monographien in Bänden/Student

(ø 1991 - 1993 lt. DBS Tab. 22)

2-schichtige Systeme
(nur Zentralbibliothek)
1-schichtige Systeme
(Gesamtsystem)
HochschuleBände/Stud.HochschuleBände/Stud.
Tübingen
Freiburg
Heidelberg
Kiel
Göttingen
1,67
1,56
1,24
1,10
0,92
Hamburg TU
Eichstätt
Bamberg
Passau
Konstanz
10,36 *
10,26 *
4,76
4,71
3,81
Frankfurt
Saarbrücken
Erlangen-N.
Marburg
Stuttgart
0,89
0,69
0,68
0,64
0,61
Bayreuth
Trier
Augsburg
Mannheim
Bremen
3,10
2,52
2,35
2,35
2,09
Darmstadt
Berlin TU
Aachen
Braunschweig
Münster
0,61
0,61
0,56
0,56
0,54
Regensburg
Kassel
Oldenburg
Paderborn
Düsseldorf
1,99
1,95
1,80
1,67
1,55
Köln
Bonn
Karlsruhe
Mainz
Gießen
0,52
0,51
0,46
0,45
0,39
Bielefeld
Siegen
Wuppertal
Ulm
Essen
1,48
1,47
1,37
1,32
1,29
Würzburg
Berlin FU
Bochum
München TU
München UB
0,37
0,36
0,32
0,24
0,22
Dortmund
Kaiserslautern
1,08
1,02
Mittelwert0,67Mittelwert (ohne *) 2,18

Der nächste Versuch ersetzte den Bandzugang/Student durch die GesamtErwerbungsausgaben/Student, Ergebnis: wieder kein Zusammenhang.

Aus der oben zitierten Untersuchung der SPIEGEL-Rangliste war bekannt, daß die Bibliotheksausstattung pro Student umso besser ist, je weniger Studenten eine Hochschule hat. Gab es folglich vielleicht einen Zusammenhang von guter oder schlechter Benotung mit dem Umstand, daß Studenten aus schnuckeligen, kleinen Unis oder aus überlaufenen Massenunis befragt wurden? Doch auch die graphische Gegenüberstellung der FOCUS-Noten zunächst mit den Absolut-Erwerbungsausgaben der Universitätsbibliotheken, dann mit den Erwerbungsausgaben für das Gesamtsystem der Zweischichtigen und zuletzt mit den nackten Studentenzahlen verlief überall negativ. Was nur könnte denn wohl als Parameter für die Literaturverfügbarkeit wichtig gewesen sein?

Der insgesamt vorhandene Bestand konnte nicht den Ausschlag gegeben haben, denn dann hätten die großen, alten Bibliotheken die besten Noten einheimsen müssen.

Vielleicht verstanden die befragten Studenten aber auch darunter: bekomme ich meine gewünschte Literatur sofort oder muß ich erst lange vormerken, weil die Bücher bereits alle entliehen sind? Um diese Möglichkeit zu testen, wurden die DBS-Angaben (1995, Tab. 8) zu Vormerkungen und Ausleihen zueinander in Beziehung gesetzt und zu jeder Hochschulbibliothek der Vormerkgrad (Anhang B) ermittelt als das Verhältnis aus Vormerkungen zu Ausleihen ohne Verlängerung.

(Hierzu eine Bemerkung am Rande: leider, leider ist diese relativ häufig in der Praxis vorkommende Frage nach (realistischen!) Ausleihzahlen einer Bibliothek aus der DBS nie ohne lästigen Zusatzaufwand zu beantworten, weil dort die entsprechenden Spalten für Entleihungen - offenbar um immer größerer Zahlen willen - leider auch Verlängerungen enthalten. Die echten Ausleihzahlen müssen erst umständlich durch Subtraktion von DBS-Tab. 8, Spalte 4 (= davon Verlängerungen) ermittelt werden. Da nicht selten ein ziemlich hoher Prozentsatz - bis zu 82 % - an Verlängerungen in diesen Entleihzahlen stecken, müßten die Ausleihspalten, vor allem für die Einschichtigen, oft eher die Überschrift "Verlängerungen inkl. Ausleihen" tragen. So manch schöne statistische Kennzahl in bibliothekarischen Veröffentlichungen, die vielleicht sogar auf die Ausleihzahlen aus der DBS-Übersichtstabelle 1 zurückgeht, wo von Verlängerungen keine Rede mehr ist, ist dadurch für den Praktiker, der damit arbeiten will, unbrauchbar geworden und taugt höchstens noch zur Augenwischerei in politischen Gremien. Schlimm wird es allerdings, wenn Mitglieder des eigenen Berufsstandes diese künstlich hochgepuschten Zahlen selber ernst zu nehmen beginnen!)

ANHANG B
Vormerkgrad in % = Vormerkungen : Ausleihen ohne Verlängerung

(1995 lt. DBS Tab. 8; Sp 6 : (Sp. 3 - Sp. 4))

UniversitätsbibliothekenV% = V : AUniversitätsbibliothekenV% = V : A
1
2
3
4
5
Marburg UB
Frankfurt/M StuUB
Gießen UB
Passau UB
Würzburg UB
(0,43)
0,63
(0,84)
0,84
0,88
34
35
36
37
38
Ulm UB
Kiel UB
Osnabrück UB
Saarbrücken UuLB
Koblenz-Landau UB
5,72
5,78
6,36
6,46
7,35
6
7
8
9
10
Magdeburg UB
Potsdam UB
Clausthal-Z. UB
Rostock UB
Darmstadt LuHSB
0,95
1,00
1,02
1,26
1,77
39
40
41
42
43
Hamburg SuUB
München UB
Berlin UBFU
Stuttgart UB
Hamburg TU
7,56
7,57
7,61
7,78
7,92
11
12
13
14
15
Bonn UuLB
Berlin HU
Greifswald UB
Dresden UB
München UBTU
1,79
1,84
1,91
2,09
2,17
44
45
46
47
48
Bielefeld UB
Dortmund UB
Düsseldorf UuLB
Göttingen UB
Mannheim UB
7,94
8,35
9,42
9,51
(10,15)
16
17
18
19
20
Regensburg UB
Leipzig UB
Halle/S UuLB
Ilmenau UB
Duisburg UB
2,43
2,51
2,57
(2,90)
3,05
49
50
51
52
53
Bamberg UB
Chemnitz UB
Köln UuStB
Freiburg UB
Oldenburg UB
10,77
11,44
11,61
12,07
12,21
21
22
23
24
25
Freiberg TU BA
Hannover UB
Augsburg UB
Eichstätt UB
Jena UuLB
3,12
(3,22)
3,25
3,30
4,20
54
55
56
57
58
Bochum UB
Heidelberg UB
Münster UuLB
Trier UB
Tübingen UB
12,63
13,51
13,55
(14,99)
(16,65)
26
27
28
29
30
Erlangen-N. UB
Mainz UB
Aachen BTH
Berlin UBTU
Braunschweig LuHSB
4,24
4,34
4,38
4,60
4,97
59
60
61
62
63
Essen UB
Siegen UB
Konstanz UB
Wuppertal UB
Paderborn UB
19,35
20,69
(21,72)
36,00
37,08
31
32
33
Bremen SuUB
Hildesheim UB
Kassel GHB
5,21
5,44
5,59
64
65
66
Karlsruhe UB
Bayreuth UB
Kaiserslautern UB
38,29
?
?
Mittelwert ohne ()7,68

( ) = kann auch größer sein, da evtl. Verlängerungen in A enthalten sind Das Ergebnis sah aus wie alle anderen Ergebnisse vorher auch: wilde Streuung der Bibliothekspunkte im Auswertungsdiagramm, keine Korrelation mit den Noten offenbar auch hier.

Nun birgt die Schublade noch weitere Bibliotheks-Ranglisten. Aus der Überlegung heraus, daß ja auch eine Rolle spielen könnte, ob ein Student seine benötigte Literatur wenigstens am Ort vorfindet oder sie erst umständlich und kostenträchtig per Fernleihe anfordern muß, wurde eine Rangliste nach dem Fremdversorgungsgrad einer Hochschule (für die Jahre 1991-1993) hervorgeholt. Als Fremdversorgungsgrad ist dabei definiert das Verhältnis von versandten Bestellungen in der nehmenden Fernleihe zur Summe aus Ausleihen (ohne Verlängerung!) und ebendiesen Fernleihbestellungen. Es gilt also: Fremdversorgungsgrad = FL-Bestellungen / (Ortsausleihen + FL-Bestellungen). Während nun sämtliche Fernleihen einer Hochschule von der jeweiligen UB für die DBS erfaßt werden, ist dies bei den Ortsleihen anders: bei den Einschichtigen umfaßt die an die DBS gemeldete Zahl zwar alle Fälle des gesamten Hochschulsystems, bei den Zweischichtigen dagegen gibt sie nur den auf die zentrale UB entfallenden und dort registrierten Teil wieder, der erheblich darunter liegen kann. Es muß also zwei unterschiedliche Kennzahlenfolgen geben, für 1-schichtige und für 2-schichtige Systeme (Anhang C). Dadurch jedoch, daß die zweischichtigen Systeme an den alten und damit in der Regel auch größeren Hochschulen vorkommen, fallen die von der Voraussetzung her unterschiedlichen Kennwerte zahlenmäßig doch wieder ähnlich aus. Die Abbildung zeigt daher die Gegenüberstellung von Fremdversorgungsgrad und FOCUS-Noten in ein und demselben Diagramm, lediglich unterschieden durch offene und geschlossene Punkte je nach Bibliothekssystem. Es soll jedem Betrachter selbst überlassen bleiben, ob er darin eine Tendenz "FL-Anteil klein - Note gut, FL-Anteil hoch - Note schlecht" erblicken möchte oder nicht. Falls ja, wäre dies die erste andeutungsmäßige Korrelation zwischen FOCUS-Noten und einem anderen ausgewiesenen Bibliotheksparameter.

ANHANG C
Fremdversorgungsgrad in %
= FL-Bestellungen : (Ortsausleihen ohne Verl. + FL-Bestellungen)

(ø 1991 - 1993 lt. DBS Tab. 11,3 und Tab. 8, 3-4)

2-schichtige Systeme1-schichtige Systeme
HochschuleF%HochschuleF%
Berlin TU
Berlin FU
München UB
Frankfurt
Freiburg
2,24
2,89
2,96
(3,34)
3,86
Dortmund
Konstanz
Bremen
Wuppertal
Mannheim
3,52
(3,94)
3,99
4,80
(5,42)
Köln
Tübingen
Heidelberg
Karlsruhe
Hamburg
4,05
4,71
5,21
5,32
5,46
Bielefeld
Düsseldorf
Essen
Siegen
Paderborn
5,54
5,83
5,99
6,23
6,48
Münster
Braunschweig
Bonn
Clausthal-Z.
Stuttgart
5,59
6,37
7,09
7,16
7,21
Hamburg TU
Augsburg
Bamberg
Kaiserslautern
Bayreuth
6,71
6,79
6,97
7,17
(7,29)
Bochum
Kiel
Saarbrücken
München TU
Aachen
7,59
7,67
8,22
8,41
8,79
Duisburg
Trier
Passau
Oldenburg
Osnabrück
7,86
8,28
8,31
9,41
(10,52)
Darmstadt
Marburg
Mainz
Gießen
Würzburg
9,92
(10,53)
11,08
(14,48)
14,65
Kassel
Koblenz-Landau
Eichstätt
Regensburg
Ulm
10,66
11,59
13,51
14,39
26,77 *
Erlangen-N.
Göttingen
15,11
15,75
Mittelwert (ohne () )7,39Mittelwert (ohne () u. *)7,70

( ) = evtl. größer, falls doch Verlängerungen in den Ortsleihen enthalten sein sollten

Es war aber noch ein weiteres, ganz anderes Beurteilungskriterium für den Bibliotheksaspekt genannt, nämlich die Öffnungszeiten. Wenn es keine (eindeutigen) bestandsabhängigen Parameter gibt, zählt dann vielleicht der Service? Auch dazu bietet die DBS Zahlen an, gleich in der ersten Übersichtstabelle mit Spalte 11: Öffnungsstunden pro Woche. Die Rangfolge für das Jahr 1995 gibt Anhang D. Daß die Öffnungszeitenrenner Bielefeld und Paderborn mit guten Gesamtnoten dastehen, ist von der Logik her beruhigend. Es gibt aber auch viele gute Noten bei weit weniger extremen Öffnungszeiten. Im Hauptfeld - zwischen 50 und 80 Öffnungsstunden/Woche regiert jedenfalls wie gehabt das Chaos.

ANHANG D
Öffnungsstunden/Woche

(1995, DBS Tab. 1,11)

Universitätsbibliothekengeöffnet
Std./Woche
Universitätsbibliothekengeöffnet
Std./Woche
1Bielefeld UB11134Ulm UB63
2Paderborn UB 9935Köln UuStB62
3Konstanz UB 8936Potsdam UB62
4Marburg UB 8437Stuttgart UB62
5Heidelberg UB 8338Tübingen UB62
6Halle/S UuLB 7939Essen UB60
7Regensburg UB 7640Mannheim UB60
8Augsburg UB 7541München UB60
9Siegen UB 7542Oldenburg UB60
10Greifswald UB 7443Bamberg UB59
11Passau UB 7444Bochum UB59
12Trier UB 7345Bremen SuUB59
13Freiberg TU BA 7146Düsseldorf UuLB59
14Jena UuLB 7147Gießen UB59
15Göttingen SuUB 7048Wuppertal UB59
16Berlin UBTU 6949Dortmund UB58
17Frankfurt/M StuUB 6950Mainz UB58
18Münster UuLB 6951Osnabrück UB57
19Dresden UB 6852Berlin UBFU55
20Duisburg UB 6853Ilmenau UB55
21Leipzig UB 6854Karlsruhe UB54
22Kiel UB 6755Darmstadt LuHSB53
23Aachen BTH 6656München UBTU52
24Bayreuth UB 6457Chemnitz UB51
25Eichstätt UB 6458Magdeburg UB51
26Erlangen-N. UB 6459Braunschweig UBTU50
27Freiburg UB 6460Kaiserslautern UB50
28Kassel GHB 6461Hamburg TU49
29Rostock UB 6462Hannover UB48
30Saarbrücken UuLB 6463Clausthal-Z. UB43
31Würzburg UB 6464Koblenz-Landau UB42
32Bonn UuLB 63
33Hamburg SuUB 63Mittelwert64

Nun weiß jeder, und die DBS schreibt es sogar vor, daß als Öffnungszeit die längsten in der Bibliothek vorkommenden Öffnungszeiten präsentiert werden. Das dürften in der Regel die Lesesaal-Öffnungszeiten sein, während die Zahl der Wochenstunden, zu denen voller Ausleihservice besteht, oft etwas bis sehr viel kleiner ausfallen kann. Dazu schweigt jedoch die DBS. Genau um diesen wichtigen Sachverhalt ging es bei einer Aufstellung der Deutschen Universitätszeitung (DUZ), die mangels aktuellerer Zusammenstellungen trotz ihres Alters von rund zehn Jahren dennoch zum Vergleich herangezogen wurde (Anhang E). Das Hauptfeld liegt erwartungsgemäß etwas niedriger bei 30 bis 50 Leihstellen-Öffnungsstunden/Woche, fällt aber sonst ähnlich undifferenziert aus wie bei den längeren Öffnungszeiten aus der DBS. Die alten Zahlen und die neuen Noten zeigen also auch wieder keinen Zusammenhang. (Bis zum Beweis des Gegenteils gehen wir davon aus, daß zwischenzeitlich gravierende Änderungen nach Menge und Größe nur in seltenen Fällen stattgefunden haben dürften.)

ANHANG E
Öffnungsstunden/Woche der Leihstellen

(lt. Dt. Universitätszeitung (1988) Heft 19, S.6 nach einer Zusammenstellung der UB Dortmund)
Quellen: Vorlesungsverzeichnisse / Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken (1987)

BibliothekStd./
Woche
BibliothekStd./
Woche
1
2
3
4
5
Bielefeld UB
Konstanz UB
Paderborn UB
Augsburg UB
Eichstätt UB
96
77,5
71,5
70
66,5
27
28
29
30
31
Mainz UB
Frankfurt/M. StuUB
Freiburg UB
Hannover UB
Münster UB
40
39,5
39
37,5
37,5
6
7
8
9
10
Stuttgart UB
Oldenburg UB
Würzburg UB
Siegen UB
Bochum UB
61,5
60
59,5
58
55
32
33
34
35
36
Tübingen UB
Passau UB
Regensburg UB
Kiel UB
München UB
37,5
36
36
35
35
11
12
13
14
15
Karlsruhe UB
Essen UB
Kaiserslautern UB
Bamberg UB
Duisburg UB
53,5
50
50
49
48,75
37
38
39
40
41
Ulm UB
Göttingen UB
Erlangen-N. UB
Mannheim UB
Giessen UB
35
34
33
33
32
16
17
18
19
20
Bayreuth UB
Berlin UBFU
Düsseldorf UB
Kassel UB
Osnabrück UB
45
45
45
45
45
42
43
44
45
46
Köln UStB
Saarbrücken UB
Aachen BTH
Trier UB
Clausthal-Z. UB
30,75
30,5
30
30
29
21
22
23
24
25
26
Bremen SuUB
Dortmund UB
Wuppertal UB
Berlin UBTU
Heidelberg UB
Hamburg SuUB
44,5
44
43,5
41,5
41,5
41
47
48
49
50
51
Bonn UB
Braunschweig UBTU
München UBTU
Marburg TU
Darmstadt LuHSB
28,5
50 2)
27,5
26,25
26
Mittelwert43,8

Was nun? Welchen Nutzen haben bundesweit erfragte Bibliotheksnoten, wenn kein erkennbarer Zusammenhang zu beeinflußbaren Bibliotheksparametern besteht?

Wir hatten bereits auf den möglichen Einfluß subjektiver Werteskalen bei den Befragten hingewiesen. Sollte dieser Einfluß so groß sein, daß er im Grunde vorhandene Korrelationen verwischt haben könnte? In Tab. 4 war der davon bereinigte Abstand zwischen Bibliotheks- und Umfeldnoten erfaßt. Vielleicht gäbe dieser eine viel bessere Korrelationsbasis ab? Also, die ganze Arbeit noch einmal von vorn: was bisher mit der Bibliotheksnote verglichen war, wird jetzt dem d-Wert gegenübergestellt. Wir können es kurz machen: die Ergebnisse sind die gleichen wie zuvor, nämlich auch keine Ergebnisse. Das Pulver ist damit erst einmal verschossen und das Feld für weitere Ideen und Spekulationen freigegeben.

Was soll der beflissene Bibliothekar nun anfangen? Die ganze, schöne Notenmatrix von Tab. 1 als reines Zufallsprodukt abzutun, widerstrebt irgendwo, dafür gibt es zu viele plausible Einzelergebnisse. Das aussichtsreichste Verfahren, schlecht benotete Verhältnisse in bessere zu verwandeln, dürfte damit beginnen, diese Einzelwertungen für die eigene Bibliothek möglichst umfassend mit Insiderkenntnissen über die lokalen Bibliotheksverhältnisse zu koppeln und nach sinnvollen Zusammenhängen Ausschau zu halten. Allerdings zeigt sich in einer für Bochum angestellten Lokalauswertung3) bereits, daß auch dann noch starke, erwartungskonträre Unerklärlichkeiten bestehen bleiben, die in keinen Zusammenhang mit bekannten Lokalverhältnissen zu bringen sind, so daß wir letztendlich doch nicht umhinkönnen, auf ein stark aleatorisches Element bei der Notenvergabe schließen zu müssen.

Als Fazit bleibt daher mehr oder weniger: wer in den Tabellen gut abgeschnitten hat, mag sich freuen und damit sogar Reklame laufen. Wer nicht, dem kann leider kein einigermaßen zuverlässiges, praktisch einsetzbares Instrument an die Hand gegeben werden, mit dem er - z. B. anhand verläßlich nachgewiesener Einflußparameter - Noten gezielt verbessern könnte.

Es sei dahingestellt, ob das Hochschulranking auf Bundes- wie auf lokaler Ebene nur für den hier durchleuchteten Bibliotheksaspekt keine konkret nutzbaren Ergebnisse erbracht hat oder ob dies auch für andere, abgefragte Aspekte gilt. Eigentlich wäre es schade, wenn der Nutzen eines solch aufwendigen Uni-Tests lediglich auf eine kurzfristige Publicity-Wirkung beschränkt bliebe.

1) Dokter, Gunter: "SPIEGEL-Rangliste und Bibliotheksausstattung in Nordrhein-Westfalen" in: MB NRW 40(1990)4, S-369-381

2) Korrektur zu Anhang E:
Die im FOCUS-Originalbeitrag enthaltene und in Heft 10 des BIBLIOTHEKSDIENST, S. 1971 übernommene Zahl für die UB Braunschweig von 27,5 Öffnungsstunden pro Woche war unzutreffend

3) Dokter, Gunter und Marcus Heidecke: "Bochumer Bibliotheksverhältnisse im Studentenurteil" in: Bibliothekszeitung der Ruhr-Universität Bochum 20(1997)3/4 (Dezember 1997)


Stand: 09.10.97
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