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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 3, 97

allegro-Einsatz an der RWTH-Aachen


Edmund Wollgarten

1. Einleitung

Im Anschluß an einen Aufsatz im BIBLIOTHEKSDIENST 28.(1994), Heft 7, S. 1073 - 1082, soll in diesem Beitrag die Entwicklung des allegro-Einsatzes an der RWTH Aachen seit 1994 dargestellt werden.

An der Hochschule wird allegro sowohl in Institutsbibliotheken als auch in der Zentralbibliothek und ihren Zweigstellen genutzt. Der Einsatz des Programms in Institutsbibliotheken dient in erster Linie dem Aufbau eines zentralen Nachweises von Institutsbeständen und der Automatisierung dieser Bibliotheken. In der Zentralbibliothek und in der Medizinischen Bibliothek wird das Programm als OPAC-Instrument genutzt. Allegro wird dabei auf verschiedenen Plattformen eingesetzt: MS-DOS, UNIX (HP und SUN) und in der WWW-Anwendung plattformunabhängig. Am intensivsten wird mit allegro unter DOS in Institutsbibliotheken gearbeitet.

2. allegro-C in Institutsbibliotheken

Wie schon erwähnt, wird allegro-C in Institutsbibliotheken der RWTH vor allem zum Aufbau eines zentralen Institutskatalogs und zur Automatisierung der Bibliotheken eingesetzt. Das Programm wurde bisher an ca. 60 Institute ausgeliefert. Zwei Drittel von ihnen lieferten über 250.000 Bestandsnachweise. Diese wurden bei weitem nicht alle mit allegro erfaßt, sondern ein Großteil der Titelaufnahmen besteht aus Daten, die aus anderen Datenbanksystemen nach allegro konvertiert wurden. So wurden z. B. etwa 20.000 Datensätze des Instituts für Wirtschaftswissenschaften von BisLok und weit über 30.000 Sätze des Philosophischen Instituts von Lidos ins allegro-Format umgesetzt. Die hervorragenden Importqualitäten von allegro mit ihren weitreichenden Möglichkeiten der Datenmanipulation konnten auch bei der Konvertierung von dBase-Daten, Tinman-Aufnahmen und Datensätzen aus selbst geschriebenen Programmen unter Beweis gestellt werden. Die Möglichkeit der Datenkonversion wird vor allem von neuen allegro-Kunden gerne in Anspruch genommen, die Katalogdaten schon mit einem anderen System erfaßt hatten, weil ihnen hierdurch schon bei Beginn der Arbeit mit dem Programm eine "fertige" allegro-Datenbank geliefert wird und für die Benutzer das lästige Recherchieren in zwei verschiedenen Datenbanken (mit unterschiedlichen Oberflächen) vermieden werden kann.

2.1 Benutzeroberfläche

Die ersten Aachener Versionen von allegro-C wiesen eine einfache Benutzeroberfläche auf, die im Grunde nur ein Menüsystem darstellte, von dem aus die einzelnen allegro-Programme mit ihrerer originalen Benutzeroberfläche aufgerufen wurden. Mit dem Streben nach einer intuitiveren, an internationale Standards angelehnten Bedieneroberfläche wurden seit der 5. Aachener Version die allegro-Kernprogramme mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt. Bei der neuesten (7.) Version des "allegro-Bibliotheksprogramms der RWTH-Bibliothek" laufen die Kernprogramme auf Wunsch (je nach Einstellung durch den Anwender) völlig im Hintergrund ab, d. h. Eingabefelder und -masken, Behandlung von Suchergebnissen, System-Meldungen u.v.m. werden von Pascal-Programmen übernommen, die bei Bedarf die allegro-Kernprogramme (hauptsächlich SRCH.EXE, QRIX.EXE und UPDATE.EXE) aktivieren. Daß die originale allegro-Oberfläche nicht mehr zu sehen ist, wird dadurch erreicht, daß die Kern-Programme innerhalb einer kleinen Batchdatei aufgerufen werden, wo eine Ausgabeumleitung nach "nul" oder in eine Datei möglich ist. Auf Wunsch kann diese Ausgabeumleitung jedoch ausgeschaltet werden, sodaß der Anwender den Programmablauf verfolgen kann.

Das "Verdrängen" der Kernprogramme in den Hintergrund setzte natürlich voraus, daß eigene Oberflächen z. B. für die Recherche und für die Datenerfassung programmiert wurden. So wurde ein eigenes OPAC-Programm geschrieben, welches anhand der eingegebenen Suchanfrage eine allegro-Exportparameterdatei erzeugt, die vom Kernprogramm SRCH.EXE benutzt wird, um die entsprechenden Datensätze zu ermitteln. Dabei werden über den Index der Datenbank die Titelaufnahmen exportiert. Bei logischen Verknüpfungen von Suchwörtern wird während des Exports geprüft, ob verknüpfte Begriffe in den Datensätzen vorhanden sind. Hierdurch wird das zeitaufwendige Erzeugen mehrerer Exportdateien und das anschließende Bilden von Teil-, Schnitt- oder Gesamtmengen vermieden.

Als weiteres Projekt wurde die Programmierung eines eigenen Editors angegangen. Dieser Editor arbeitet bildschirmorientiert mit formularähnlichen Erfassungsmasken, die je nach Satztyp verschiedene Kategorien enthalten. Auch bei der nachträglichen Bearbeitung von Titelaufnahmen können diese in eine solche Maske geladen werden, um dem Anwender einen Überblick über die bereits erfaßten und die eventuell noch zu belegenden Felder zu geben. Das Speichern und Löschen der Sätze erfolgt über das allegro-Programm UPDATE.EXE.

Durch die Architektur des Aachener Programms konnte eine homogene Benutzeroberfläche geschaffen werden, welche durch Leuchtbalken, Pulldown-Menüs, Popup-Fenster usw. ein relativ modernes Gesicht hat. Erkauft wird dieser Vorteil jedoch durch längere Antwortzeiten. Vom konkurrenzlos schnellen "allegro" ist nur noch ein moderates "allegretto" übriggeblieben. Vor allem Recherchen mit großen Treffermengen dauern auf Rechnern mit langsamen Festplatten und niedrigen Taktfrequenzen oft empfindlich lange, weshalb hier die maximale Trefferzahl auf 2.000 begrenzt wurde. Zudem besteht die Möglichkeit, daß der Anwender per Option die schnelleren Kernprogramme APAC.EXE bzw. PRESTO.EXE aktiviert.

Der in Aachen beschrittene Weg war natürlich relativ aufwendig und kann durchaus kritisch betrachtet werden. Im Hinblick auf eine hohe Bedienerfreundlichkeit für das Institutspersonal, welches nicht sehr häufig mit dem Programm arbeitet und oft halbjährlich wechselt, war er nach Ansicht des Verfassers richtig.

2.2 Funktionen

Die einzelnen Funktionen seien hier nur stichpunktartig beschrieben. Eine ausführliche Dokumentation würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen.

2.2.1 OPAC

Das OPAC-Programm umfaßt drei verschiedene Recherche-Möglichkeiten: Standard-, Experten- und Registersuche. Die Suchmasken der Standard- und der Expertensuche sind ähnlich aufgebaut wie diejenigen des SISIS-OPAC der Firma Siemens-Nixdorf, der in der Zentralbibliothek eingesetzt wird. So können für die Benutzer einheitliche Suchoberflächen angeboten werden. Die Registersuche entspricht weitgehend der originalen allegro-Registersuche.

Die erzielten Suchergebnisse werden zunächst als Kurztitelliste dargestellt. Diese Kurztitelliste kann nach verschiedenen Kriterien aufsteigend und absteigend sortiert, gedruckt, auf Diskette kopiert und selektiert werden. Außerdem kann man sie mit anderen Trefferlisten logisch kombinieren. Alle Suchergebnisse einer Sitzung werden in einer Suchhistorie protokolliert. Bei der Ausgabe der Datensätze in der Vollanzeige können verschiedene Formate gewählt werden. Auch einzelne Datensätze können auf den Drucker oder auf eine Diskettendatei ausgegeben werden.

In beschränktem Umfang wurden Ausleihfunktionen in das OPAC-Programm eingebaut: Benutzer können Bücher vormerken und einen Auszug ihres Kontos erstellen lassen. Außerdem können sie Anschaffungsvorschläge per Programm unterbreiten.

2.2.2 Datenerfassung/-bearbeitung

Der unter 2.1 schon genannte Editor umfaßt alle gängigen Funktionen der Datenerfassung und -bearbeitung.

Als Besonderheit ist hier die Online-Katalogisierung zu nennen, bei der Institute (sofern sie am Hochschulnetz hängen) direkt im zentralen Institutskatalog arbeiten. So haben sie die Möglichkeit, Fremdleistungen anderer Institute zu nutzen, aber auch allegro-Daten der Zentralbibliothek und einer HBZ-Download-Datenbank (aus der HBZ-CD heruntergeladene Titelaufnahmen der letzten zehn Erscheinungsjahre) zu übernehmen. Bei der Erfassung von einbändigen Werken und Bandaufführungen reicht die Eingabe der ISBN, und das System sucht automatisch in drei verschiedenen Datenbanken nach der passenden Titelaufnahme und lädt sie in den Editor, wo dann noch die lokalen Angaben wie Signatur, Zugangsnummer usw. hinzugefügt werden. Das Abspeichern der Aufnahmen erfolgt dergestalt, daß die Datensätze sofort in die lokale Katalogdatenbank eingespielt, in der Zentralbibliothek jedoch in Zwischendateien abgespeichert werden, die am nächsten Tag oder über Nacht in den zentralen Institutskatalog eingespielt werden.

Damit das Institutspersonal möglichst viele Fremddaten übernehmen kann, wurden Importroutinen für verschiedene CD-ROM-Datenbanken erstellt. Außerdem soll das in der UB Münster entwickelte Programm Copycat installiert werden. Weiterhin wurden Importroutinen für Bildschirmabdrucke von Suchergebnissen aus Internet-Katalogen (z. B. HBZ-CD-ROM, Südwestverbund usw.) geschrieben. Das Verfahren im Prinzip:

  1. Schritt: Recherche in der Internet-Datenbank,
  2. Schritt: Ggf. Auswahl des passenden Ausgabeformates,
  3. Schritt: Erstellung eines Bildschirmabdrucks,
  4. Schritt: Konvertierung der Daten,
  5. Schritt: Hinzufügen der lokalen Angaben,
  6. Schritt: Abspeichern in der Datenbank.
Durch Installation von allegro unter Windows und unter Nutzung des Task-Managers von Windows kann so ein relativ komfortables Instrument der Fremddatennutzung über das Internet während der Erfassung mit allegro bereitgestellt werden.

Der zentrale Institutskatalog weist im Gegensatz zu den lokalen Datenbanken der einzelnen Institute Titel- und Lokalsätze auf, um eine möglichst große Datensicherheit bei der Online-Katalogisierung zu gewährleisten und um die Arbeit der Zentralredaktion bei der Zusammenführung von Titelaufnahmen zu erleichtern. Zu diesem Zweck wurde auch ein Dublettenbearbeitungsprogramm geschrieben, welches dublette Titelaufnahmen nebeneinander auf dem Bildschirm zur Bearbeitung anbietet und sie nach Bestimmung von Gewinner- und Verliereraufnahme einschließlich der Lokal- und Bandsätze automatisch, d. h. ohne manuelles Umverknüpfen, zusammenführt.

2.2.3 Ausleihe

Als Ausleihprogramm werden nicht die originalen allegro-Programme ALF oder ALFA eingesetzt, sondern auch hier gelangen eigene Programme zum Einsatz, die sich der allegro-Kernprogramme bedienen. Das Programm arbeitet mit Ausleihsätzen, die mit Benutzer-Stammsätzen und Titelsätzen verknüpft sind. Sie werden in der Katalogdatenbank gespeichert, so daß Benutzer bei der Recherche feststellen können, ob ein Buch entliehen ist.

Die Funktionen des Ausleihprogramms sind im einzelnen:

2.2.4 Erwerbung

Das Erwerbungsprogramm umfaßt Funktionen der Literaturbestellung, eine Zeitschriftenheft-Zugangskontrolle (Kardex-Funktion) und eine Buchbindeverwaltung. Alle drei Komponenten arbeiten mit dem Aachener Editor und je nach Funktion mit verschiedenen Grundeinstellungen. Separate Bestellsätze, Eingangskontrollsätze und Buchbindeeinheiten werden über die Identnummer mit den zugehörigen Titelsätzen verknüpft.

2.2.5 Datenbankmanagement

Auch die datentechnische Behandlung der einzelnen Datenbanken und der allegro-Installation erfolgen menügeführt.

Die einzelnen Funktionen:

2.2.6 Online-Handbuch

Die Produktion eines Benutzerhandbuches auf Papier wurde zugunsten eines Online-Handbuches eingestellt. Das Online-Handbuch kann über ein Inhaltsverzeichnis oder über ein Register benutzt werden. Einzelne Kapitel oder auch das ganze Handbuch können als ASCII-Text im Institut ausgedruckt werden.

Bei der Arbeit mit den verschiedenen Programmkomponenten wird über die Hilfsfunktion (<F1>) direkt auf die entsprechende Stelle im Handbuch zugegriffen. Es erscheint dann ein Hilfsfenster mit dem jeweiligen Kapitel. Vor allem bei der Datenerfassung tut diese Hilfsfunktion gute Dienste, da zu jeder Kategorie ein Auszug aus dem Regelwerk angeboten wird.

3. allegro-X in Institutsbibliotheken

Die UNIX-Version von allegro kommt in zwei Aachener Instituten zum Einsatz, und zwar auf einer SUN-Workstation und auf einer HP-Anlage. Diese Institute werden von der Zentralbibliothek nicht so intensiv betreut wie die DOS-Institute, hier wurde lediglich bei der Installation des Kernprogramms Unterstützung geleistet. Für die Betreuung der Aachener Unix-Institute wurde ein anderes Konzept erarbeitet, welches unter 4. näher erläutert wird.

4. Katalogisierung von Institutsbeständen im Internet

Bisher konnten lediglich Institute mit dem allegro-Programm versorgt werden, die auf der Basis des Betriebssystems MS-DOS arbeiten (Ausnahme s. 3.). Die meisten von ihnen arbeiten noch lokal auf ihren eigenen Systemen und katalogisieren nicht online in den zentralen Institutskatalog. Diesem Mißstand soll begegnet werden, indem eine Anwendung implementiert wird, mit der Institute über das Internet online im zentralen Institutskatalog erfassen. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen auf der Hand:

5. allegro in der Zentralbibliothek und ihren Zweigstellen

Allegro wird in der Zentralbibliothek in erster Linie als OPAC-Instrument eingesetzt. Das Programm ist hier als Ergänzung zum Haupt-OPAC der Bibliothek - dem SNI-OPAC - zu betrachten, der keine Institutsdaten enthält und (noch) nicht im Internet angeboten werden kann.

5.1 OPAC unter DOS

Um den Benutzern einen OPAC anbieten zu können, der sämtliche maschinenlesbar erfaßten Katalogdaten der Hochschule enthält, wurde ein zentraler Literaturnachweis aufgebaut, der Bücher, Zeitschriften und Serien der Hochschulbibliothek, der medizinischen Bibliothek, der medizinischen Institute und von etwa 40 nicht-medizinischen Instituten enthält. Er umfaßt annähernd 500.000 Bestandsnachweise. Die Datenbank wird mit dem unter 2.2.1 beschriebenen Programm in der Hochschulbibliothek (integriert in den CD-Manager der Firma Holthaus und Heinisch) und über das Hochschulnetz benutzt. In der medizinischen Bibliothek erfolgt die Recherche mit dem allegro-Kernprogramm APAC.EXE.

5.2 OPAC im WWW

Damit die unter 5.1 beschriebene Datenbank auch im Internet zugänglich gemacht werden kann, wurde sie von der DOS-Plattform auf eine SUN-Workstation portiert. Als Recherche-Instrument wird erstmals in Aachen der neue avanti-Server aus Braunschweig eingesetzt, wodurch äußerst kurze Antwortzeiten realisiert werden konnten. Der Server läuft relativ stabil, muß jedoch des öfteren neu gestartet werden, da die Datenbank sehr stark benutzt wird. Die Benutzeroberfläche der Anwendung wurde mit Perl programmiert.

5.3 Erwerbungs-, Kardex-, Buchbindeprogramm

Das unter 2.2.4 dargestellte Programm für Erwerbung, Zeitschriftenheft-Zugangskontrolle und Buchbindeverwaltung soll in naher Zukunft in der Verwaltung der medizinischen Bibliothek und in der Einbandstelle der Zentralbibliothek versuchsweise eingesetzt werden.

6. Fazit / Ausblick

Allegro ist in den letzten sechs Jahren zu einem festen Bestandteil der Katalogisierungs- und Recherchearbeit an der RWTH Aachen geworden. Die hohe Flexibilität und die weitreichenden Parametrierungsmöglichkeiten forderten zwar ein intensives Einarbeiten durch die Systembetreuer, gereichten der Realisierung der Ziele insgesamt jedoch sehr zum Vorteil.

In Zukunft sollen die Aktivitäten vor allem auf neue, graphische Benutzeroberflächen konzentriert und die Online-Katalogisierung über das Internet forciert werden, um die Institutsbibliotheken mit möglichst komfortablen Programmen versorgen zu können und sie auf die Katalogisierung im neuen HBZ-Verbundsystem vorzubereiten.


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