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Bibliotheksdienst Heft 12, 96

Kommission des DBI für Bestandserhaltung

Informationen über die Kommissionsarbeit

Ulla Usemann-Keller

Die letzte Sitzung der Amtsperiode 1994 bis 1996 fand Anfang Oktober in der Vorarlberger Landesbibliothek in Bregenz statt. Der Umbau des St. Gallusstiftes für diese Bibliothek wurde 1983 begonnen und 1993 mit der Eröffnung des Kuppel-Lesesaals in der ehemaligen Abteikirche beendet. Die Geschichte der Vorarlberger Landesbibliothek ist kurz (Gründung 1.9.1977), die Vorgeschichte ihrer Gebäude und ihrer Bestände um so länger und wechselvoller. Die Umwidmung alter Sakralbauten für eine moderne mit zeitgemäßen technischen Möglichkeiten ausgestattete Forschungs- und Studieneinrichtung scheint gelungen, wenn auch noch einige Wünsche der "Bestandserhalter" vor allem hinsichtlich der Nutzung der umfangreichen und wertvollen Altbestände offen bleiben.

Den Schwerpunkt legten die Kommissionsmitglieder bei diesem Herbsttreffen auf die Weiterbearbeitung des "Kriterienkatalogs für bestandssichernde Maßnahmen der Bibliotheken". Den Mitarbeitern in den Bibliotheken soll damit in knappster Form eine Kladde an die Hand gegeben werden, nach der Art und Umfang von Bestandsschäden erhoben werden können, um die jeweils geeignete Behandlungs- oder Sicherungsmethode auswählen zu können. Dieser Kriterienkatalog soll ebenso Grundlage für eine edv-gestützte Erfassung des Zustandes der Bestände sein wie organisatorisches Hilfsmittel für die Bewältigung der Erhaltungsmaßnahmen. Da aktive Bestandserhaltung viel Geld kostet und u.a. für die Bibliotheken Personaleinsatz bedeutet, werden durchdachte und ökonomische Geschäftsgänge erforderlich. In den Bibliotheken durchgeführte vergleichbare Schadenserfassungen ermöglichen die Erstellung von regionalen und überregionalen Planungsdaten und den sinnvollen Einsatz von Mitteln. Die Kommission wird den Kriterienkatalog im nächsten Jahr veröffentlichen.

Für den Katastrophenplan, der sich ebenso in der Bearbeitung befindet, wurden weitere "Bausteine" diskutiert. Nach bisherigen Beobachtungen ist die "Rettungsplanung" in den Bibliotheken nicht ausreichend. Für die Minimierung möglicherweise eintretender Schäden ist ein Katastrophenplan, seine Aktualität und das Vertrautsein mit ihm unerläßlich. Der von der Kommission erarbeitete Katastrophenplan bezieht die internationalen Erfahrungen ein und sieht vor, daß er um die individuellen Gegebenheiten und Daten jeder Bibliothek ergänzt wird. Nach der Fertigstellung des "Rettungsplans" plant das DBI eine Fortbildungsveranstaltung zu Erste-Hilfe-Maßnahmen.

Interessiert verfolgt die Kommission die steigende Zahl von Aufträgen an Firmen, um Bestände entsäuern (Massenkonservierung) zu lassen. Für eine Analyse der bislang gemachten Erfahrungen ist das DBI und die Kommission an Erfahrungsberichten der Bibliotheken interessiert. Wir möchten die Bibliotheken auf diesem Wege bitten, dem Institut entsprechende Kommentare zuzusenden.

Das bislang vom BMFT, jetzt BMBF geförderte Projektvorhaben zur Auslotung der "Optimalen Lagerungsbedingungen für Archiv- und Bibliotheksgut" ist noch immer nicht abgeschlossen. Über den Antrag der letzten Stufe der Untersuchung wird wiederholt und erneut mit den Mittelgebern verhandelt. Da das Zwischenergebnis bei den Wechselklima-Auswirkungen auf Papier vorwiegend die Temperaturwechsel für die Alterung verantwortlich macht, werden weitere Meßreihen erforderlich. Die Tendenz zur Alterung wurde auf physikalisch-mechanische Beanspruchung durch Materialausdehnung bei Temperaturänderung erkannt. In den nun erforderlichen Untersuchungen müssen die Materialverbünde, d.h. unterschiedliche Arten von Bibliotheksbänden einbezogen werden. Da auf Papier keine nennenswerten Einflüsse in Bezug auf Alterung durch Feuchte festgestellt wurden, müßten diese Untersuchungen nun ebenso auf Materialverbünde ausgeweitet werden, um ein Gesamtergebnis erzielen zu können.

Positiv zu vermerken ist dagegen der Beginn des von der DFG geförderten Projekts zur "Entwicklung einer Konzeption zur Sicherung der Periodika-Bestände in Deutschland", das seit 1. Oktober im DBI unter Leitung von Dr. Joachim Jaenecke (SBB-PK) bearbeitet wird. Ziel des Projektes ist es, anhand von ausgewählten Fächern die in Bibliotheken vorhandene Menge von Zeitschriften sinnvoll zu portionieren, um Prioritäten und Zuständigkeiten für eine konservatorische Behandlung festlegen zu können. Vorwiegend kommt für Zeitschriften die Verfilmung in Frage.

In dem Kontext Verfilmung sieht die Kommission noch einigen Handlungsbedarf, der das überregionale Reglement präzisiert; dazu gehören u.a. Verfilmungsabsichten, Antragstellung (z.B. fördert die DFG Verfilmungen für die Sicherung von definierten Bestandsgruppen), Nachweisfragen, Materialfragen, Verfilmungsmodalitäten, Formate, Distributionen, Konversionsmöglichkeiten, Verantwortlichkeiten, Qualitätsprüfungen.

Am Ende der Amtsperiode 1994 - 96 blickt die Kommission auf eine Fülle von Aktivitäten und auch Anfragen zurück, diese konnten individuell und gezielt bearbeitet und beantwortet werden konnten. Größere Themen wie Entscheidungshilfen für die Behandlung von schadhaftem Bibliotheksgut, Fragen der Restauratorenausbildung in Bezug auf Inhalte, Ausbildungsdauer, Eingruppierung und Zahl der Auszubildenden, Fragen der Massenentsäuerung und des Papierspaltens als den mechanisierten Part eines Restaurierungsvorhabens, Mitarbeit an Normungsvorhaben sowie Öffentlichkeitsarbeit prägten diese Zeit inhaltlich. Entwicklungen bedingen, daß alle Themen nie als "abgeschlossen behandelt" gelten können. Aufbauend wird die Kommission in neuer Besetzung ab 1997 ihre Schwerpunkte entwickeln können.

Den Mitgliedern dieser Kommissionsrunde, Dr. Yorck Haase - Darmstadt, Dr. Wolfgang Wächter - Leipzig, Dr. Harald Weigel - Bregenz, früher Hamburg, unter dem Vorsitz von Dr. Hartmut Böhrenz - SBB-PK, gilt der Dank für ihr engagiertes Wirken.

Erfahrungsberichte (auf Wunsch auch vertrauliche) zu Massenentsäuerungen erbittet das DBI an folgende Anschrift:
Deutsches Bibliotheksinstitut
z. Hd. Frau Ulla Usemann-Keller
Luisenstr. 57
10117 Berlin


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