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Bibliotheksdienst Heft 3, 1996

Keep it simple?
Retrospektive Katalogkonversion in einer Forschungsbibliothek - ein Erfahrungsbericht
Beate Lindenfeld, Doris Haben und Ulrich Dingler

Mit dem Einzug der EDV stand die Bibliothek des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt/Main auch vor der Aufgabe, den bislang konventionell im Kartenkatalog erschlossenen Bestand für den Zugriff im computergestützten Online-Katalog in maschinenlesbarer Form nachzuweisen. Die als "Konversion" oder "retrospektive Katalogisierung" bezeichnete Umwandlung des Zettelkatalogs in eine Datenbank wurde durch zwei Verfahren in Angriff genommen: Der historische Bestand "Alter Drucke" (16. bis 18. Jahrhundert) wurde im Haus durch Fachkräfte konvertiert, mit der Konversion der neueren Katalogdaten (19. und 20. Jahrhundert) wurde eine Fremdfirma beauftragt. Der folgende Beitrag stellt das Konversionsprojekt vor und faßt erste Erfahrungen zusammen, nachdem die Konversion des historischen Altbestands im Januar 1996 abgeschlossen werden konnte.

1. Bibliotheksprofil

Das Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte wurde 1964 gegründet mit dem Auftrag, die Geschichte der kontinentaleuropäischen nationalen Rechtssysteme zu erforschen, zu vergleichen und die europäische Rechtsentwicklung darzustellen. Die Bibliothek ist das primäre Arbeitsmittel des Instituts. Inzwischen hat sie sich darüber hinaus zu einer festen Größe in der rechtshistorischen Forschungslandschaft entwickelt.

Dem Forschungsauftrag des Instituts entsprechend werden Quellen und Literatur zu den Gebieten mittelalterlicher Jurisprudenz des lateinischen Westens und griechischen Ostens, Entstehung und Ausbreitung des gemeineuropäischen Rechts, Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur der europäischen Nationalstaaten, Geschichte des öffentlichen Rechts, insbesondere Verfassungsgeschichte, Strafrechtsgeschichte und Geschichte des Völkerrechts, sowie zur Geschichte des Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialrechts, wie auch relevante Teilgebiete anderer Disziplinen wie Geschichte, Philosophie, Theologie, Politik und Ökonomie gesammelt.

Der Sammelzeitraum umfaßt schwerpunktmäßig den Zeitraum 12. bis 19. Jahrhundert von den Anfängen der Glossatoren bis zu den nationalstaatlichen Kodifikationen des 19. Jahrhunderts, sowie das 20. Jahrhundert, sofern es Gegenstand der Forschung geworden ist oder Sekundärliteratur zu den Sachgebieten der genannten Epochen aufweist. Die Bibliothek hat somit ein zeitliches Spektrum von rund tausend Jahren zu betreuen.

Geographisch umspannt das Sammelgebiet die kontinentaleuropäischen Länder mit lateinischer Rechtstradition, also Italien, Frankreich und die Iberischen Länder, ferner das Heilige Römische Reich Deutscher Nation mit den Niederlanden und alle anderen Regionen westlicher Rechtstradition sowie Ost- und Südosteuropa, England und die skandinavischen Staaten. Entsprechend sind Deutsch, Latein und die romanischen Sprachen am stärksten vertreten; Englisch tritt in den Hintergrund.

Der Gesamtbestand beläuft sich derzeit auf ca. 200.000 Bände. Er setzt sich aus folgenden Teilbeständen zusammen:

  1. 3.000 Mikrofilme von mittelalterlichen Handschriften. Durch diese Sammlung verfügt das Institut über einen in dieser Vollständigkeit in der Welt einzigartigen Fundus an mittelalterlichen Rechtsquellen.
  2. 30.000 Bände des 15. bis 18. Jahrhunderts, überwiegend in lateinischer Sprache. Dies ist etwa die Hälfte aller in dieser Zeit erschienenen einschlägigen Titel, darunter fast alle damaligen Standardwerke.
  3. 40.000 Bände des 19. Jahrhunderts in den jeweiligen Nationalsprachen. Darunter befinden sich mehr als 500 Zeitschriften, Gesetzes- und Entscheidungssammlungen sowie Parlamentaria.
  4. 130.000 Bände des 20. Jahrhunderts. Davon sind nur 12.000 Bände in den letzten fünf Jahren erschienen.

Der jährliche Zuwachs an Neuerwerbungen beträgt ca. 8.000 Bände. Davon werden zwei Drittel antiquarisch erworben, jeder zehnte Titel ist sogar älter als 200 Jahre. Auch die Sprachen setzen sich hier analog zum Altbestand zusammen: nur jedes dritte Buch ist deutsch, bei den Fremdsprachen überwiegen die romanischen Sprachen einschließlich Spanisch und Portugiesisch und natürlich Latein.

Viele der neuerworbenen Titel haben einen Bezug zum bereits vorhandenen Bestand, entweder indem es sich um ein weiteres Werk eines Verfassers, um die Originalausgabe zu einer vorhandenen Übersetzung oder um eine mehr oder weniger stark bearbeitete Neuausgabe handelt. Für die Katalogisierung bedeutet dies, daß die Angaben im Alphabetischen Katalog überprüft und die Normierungen (Namensansetzung, Einheitssachtitel) übernommen oder angepaßt werden müssen. Auf alle Fälle muß eine einheitliche Erfassung des (Alt-) Bestandes und der Neuzugänge gewährleistet sein.

Der Bibliotheksbestand war bis zur Einführung der EDV und Retrokonversion durch konventionelle Kataloge erschlossen. Der Alphabetische Katalog stellt das zentrale - und bis 1990 das einzige - formale Nachweisinstrument dar. Dupliziert liegt er auch als Arbeitskatalog vor. Als Regelwerk dienten die PI, wobei lediglich die Ordnung nach dem Substantivum regens ersetzt wurde durch die mechanische Wortfolge. Merkmale der Katalogisierung sind die Genauigkeit der Erfassung, die durch weitgehende Regelwerkstreue und einen hohen Aufwand bei der Ermittlung der bibliographischen Daten erreicht wurde, sowie die Erschließungstiefe, und zwar auch bei unselbständig erschienenen Werken.

Daneben gibt es einen Standort-Katalog, der der systematischen Aufstellung des Bestandes entspricht, und einen Schlagwort-Katalog, sowie Kataloge, die das Material nach geographischen Begriffen und nach Personennamen erschließen. Für die Sammlung der mikroverfilmten Handschriften wurde ein Spezialkatalog angelegt.

2. Einführung der EDV in mehreren Stufen

Die erste Stufe der EDV-Einführung betraf die Erwerbungsabteilung, denn sie steht in unserer Bibliothek unter einem besonderen Zeitdruck. Sie muß schnell reagieren können: Heute kommt ein Antquariatskatalog aus dem In- oder - wie meist - aus dem Ausland, morgen müssen die Bestellungen erfolgt sein, sonst kommt ein anderer Käufer uns zuvor. Zwei Drittel der täglichen Bestellungen unterliegen diesem Termindruck! Deshalb benötigten wir ein Bibliothekssystem, das eine funktionstüchtige Erwerbungskomponente besitzt.

Im Herbst 1989 führten wir das Bibliothekssystem "SISIS" der Firma Siemens/Nixdorf mit dem Erwerbungsmodul "SIERA" in der Monographieerwerbung ein. Damit konnte der Bestell- und Erwerbungsvorgang erheblich beschleunigt werden, die verschiedenen Zetteldateien für Bestell-, Mahn- und Lieferungsvorgänge entfielen.

Zudem bauten wir auf dieser Basis eine retrievalfähige Kurztiteldatei auf, um den Benutzern die Neuerwerbungen online recherchierbar zu machen. Zu diesem Zweck wurde der bibliographische Teil der Erwerbungsdaten in das Katalogisierungsmodul "SIKIS" überspielt und in einer Datei, versehen mit Signatur und Schlagworten, gespeichert. Daneben arbeitete die Titelaufnahme konventionell weiter, da zunächst die organisatorischen und technischen Voraussetzungen zu schaffen waren für die Einführung eines Online-Katalogs. Zu den damals noch ungeklärten Voraussetzungen zählte übrigens auch, daß die Personennamen-Normdatei mit den Namen vor 1850 noch nicht vorlag, das Sonderregelwerk der RAK für Alte Drucke noch nicht erschienen war und die Reform der RAK für Online-Kataloge noch diskutiert wurde.

1992/93 erfolgte die Einführung des OPAC. Die Katalogisierung wurde jedoch nicht gleichzeitig komplett auf EDV umgestellt, sondern zunächst galt der Abbruch des Zettelkatalogs nur für Neuerwerbungen mit Erscheinungsjahr ab 1990. Die Mehrzahl der Neuzugänge - etwa neun von zehn unserer neu erworbenen Bücher sind vor 1990 erschienen - wurde weiterhin konventionell nach PI katalogisiert.

Erst nachdem das Konzept für die Altbestandskonversion feststand, schien es sinnvoll, die Katalogisierung komplett auf EDV umzustellen. Ohne auch die Altbestände im Online-Katalog verfügbar zu machen, hätte jede Alternative bedeutet, auf Dauer mit zwei Katalogen zu arbeiten oder aber den Aufwand eines doppelten Nachweises der Titel - sowohl im Online-Katalog als auch im konventionellen, zudem mit unterschiedlichen Erschließungskriterien - zu betreiben.

1994 wurde so die Katalogisierung der Neuerwerbungen komplett auf EDV umgestellt und zugleich die retrospektive Katalogkonversion in Angriff genommen.

3. Grundsätze und Zielsetzung des Konversionsprojektes

Die einfache Beschreibung einer Konversion ist die Umsetzung der konventionell vorhandenen Katalogdaten in eine maschinenlesbare Struktur. Heute ist dies für alle Bibliothekare schon lange nichts Neues mehr. Für uns aber ergaben sich aus der besonderen Erschließungstiefe unserer Bestände die Hauptanforderungen für die Retrokatalogisierung. Die Erschließungstiefe sollte soweit irgend möglich erhalten bleiben, ein Informationsverlust gegenüber dem konventionellen Katalog sollte nicht hingenommen werden müssen.

Die alphabetische Katalogisierung der Bibliothek hatte die Möglichkeiten der PI-Regeln zur Erschließung vollständig ausgeschöpft. Zusätzlich gab es in der Katalogisierung eine Reihe von "Hausregeln", die nicht der Vereinfachung dienten, sondern entwickelt wurden, um die für den Bestandsschwerpunkt der Bibliothek wichtigen Informationen zu verankern. Ein prägnantes Beispiel für diese Katalogisierungspraxis sind Traktat-Sammlungen. Diese häufig mehrbändigen Sammelwerke diverser kurzer Traktate meist verschiedener Verfasser zu juristischen Themen stammen vielfach aus dem 16. Jahrhundert. Im konventionellen Katalog unserer Bibliothek sind alle Einzeltraktate erschlossen. Dabei kann es sich pro Traktat-Sammlung leicht um bis zu 50 enthaltene Werke handeln.

Ein weiterer Grundsatz, den wir zur Grundlage der Konversion machten, ist die Umsetzung in eine RAK-konforme Struktur. Bei Planungsbeginn lagen uns die "Regeln für die Katalogisierung alter Drucke" noch nicht vor. Auch im normalen Geschäftsgang hatten wir bisher keine Erfahrung mit der Katalogisierung Alter Drucke nach RAK-WB. Bei der Frage, wie die Erschließungstiefe in einer RAK-Struktur erhalten bleiben sollte, halfen uns die vielfältigen Überlegungen zum Bereich "RAK-Online", die von Kollegen veröffentlicht worden waren.

So haben wir auch zu RAK-WB Hausregeln gebildet, um die für unsere Forschungsbibliothek nötigen Mehrinformationen retrievalfähig verankern zu können. Diese Regelungen gehen dabei von dem Prinzip aus, nicht gegen RAK-Grundsätze zu verstoßen, sondern RAK nur, wenn nötig, zu ergänzen.

Aus diesen beiden Grundsätzen - Erhalt der Informationen und Umsetzung nach RAK-WB bzw. RAK-Online - ergaben sich folgende Forderungen:

Die Umsetzung nach RAK-WB bzw. RAK-Online hieß dabei für uns, Erfassung in einer analytischen, formatgenauen Datenstruktur, identisch mit dem Schema unserer normalen EDV-Katalogisierung. Dieses Feldschema ist MAB-kompatibel. Vereinfachungen bei der Erfassung oder Zusammenfassung einzelner Titelinformationen in Sammelfeldern wollten wir nicht in Kauf nehmen.

Damit befinden wir uns auch im Rahmen der Kriterien, die die DFG bereits 1979/80 im Rahmen einer Arbeitsgruppe genannt hat und die auch Grundlage unserer Überlegungen waren:

Bei diesen Anforderungen muß bedacht werden, daß die konvertierten Titel in einen Datenpool fließen, der durch ständige Neuzugänge großer Mengen antiquarischer Literatur aus dem 16. bis 20. Jahrhundert gekennzeichnet ist. Da sich die konvertierten Altbestände nicht klar - etwa nach Erscheinungsjahren - gegenüber den durch Autopsie katalogisierten Titeln abgrenzen und unterscheiden lassen, würde eine weniger vollständige und nicht auf Konsistenz achtende Retrokonversion zu Uneinheitlichkeiten im OPAC führen.

Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen standen Entscheidungen über die tatsächliche Verfahrensweise an. Als Datengrundlage konnten wir unseren alphabetischen Arbeitskatalog nutzen.

4. Methoden der Konversion

Da die Bibliothek bisher nicht an einen Verbund angeschlossen ist und damit eine Online-Fremddatennutzung bei der Konversion nicht möglich war, standen zwei mögliche Verfahren der Retrokonversion zur Diskussion: Einmal die externe Massenkonversion durch eine Fremdfirma, zum zweiten die interne Online-Erfassung durch Fachkräfte.

Wir entschieden uns dafür, beide Verfahren parallel einzusetzen. Der Bestand "Alte Drucke" wird in hausinterner Einzelkonversion erfaßt, der Bestand ab Erscheinungsjahr 1801 per Massenkonversion durch die niederländische Firma "DMP". Der zeitliche Schnitt wurde dabei nach der heute gültigen Definition für Alte Drucke festgesetzt (vgl. auch RAK-WB); Reprints alter Drucke werden jedoch von der Fremdfirma erfaßt.

Diese Entscheidung fiel nach intensiven Vorüberlegungen, wobei uns auch der Erfahrungsaustausch mit den Konversionsabteilungen anderer Bibliotheken weiterhalf. So konnten wir nach einem sehr informativen Besuch der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel die dort gemachten Erfahrungen mit der Inhouse-Konversion für unsere Entscheidungen und unsere Vorgehensweise nutzen.

Eine Reihe von Gesichtspunkten gab für die parallele Vorgehensweise den Ausschlag. Für die interne Einzelkonversion der Alten Drucke sprachen vor allem folgende Gründe:

  1. Die komplexe Struktur der Titelaufnahmen macht die korrekte Zuordnung zu den entsprechenden Kategorien nicht leicht. Ein "intellektuelles" Verstehen der Aufnahme ist erforderlich. Ohne Sprach-, vor allem Lateinkenntnisse, und ein Verständnis der historischen Titel sind solche Aufnahmen nur schwer RAK-gerecht umzusetzen. Durch formale Kriterien, wie sie in einer Arbeitsanweisung für eine Massenkonversion nötig sind, lassen sich solche Aufnahmen nicht auffeldern.
  2. Die Verankerung unselbständiger Werke ist zum Teil nur in der bibliographischen Beschreibung selbst gegeben. Diese würden bei einer Massenkonversion nicht erkannt und dementsprechend nicht erfaßt. Dabei spielen gerade solche unselbständigen Werke in unserer Bibliothek eine maßgebliche Rolle.
  3. Zum Zeitpunkt der Entscheidung lagen uns die "Regeln für die Katalogisierung alter Drucke" noch nicht vor. Diese Regelunsicherheit hätte eine Arbeitsanweisung für eine Massenkonversion zusätzlich erschwert.

Die neueren Altbestände mit Erscheinungsjahr ab 1801 durch eine Fremdfirma außer Haus konvertieren zu lassen, schien uns dagegen vertretbar, da diese Bestände in der Regel weniger komplexe Titelaufnahmen erfordern und diese sich zudem eher durch formale Kriterien aufzuschlüsseln lassen. In der Recherche sind diese Titel gewöhnlich nicht so problematisch.

Zudem bot die Massenkonversion durch eine Fremdfirma für die neueren Bestände eine zeit- und kostengünstige Form der DV-technischen Erschließung. Dabei gingen wir davon aus, daß wir für diese Daten auf Grund der einfacheren Struktur gewisse Einschränkungen der Erfassung hinnehmen können. Und schließlich war es für diesen Bestand einfacher, bestimmte formale Kennzeichnungskriterien zu bestimmen, die ein Wiederauffinden und Nachbearbeiten der konvertierten Titel ermöglichen.

5. Erfahrungen mit der Retrokonversion "Alte Drucke"

Es wurde schon angedeutet, daß alte Drucke für die Katalogkonversion besondere Schwierigkeiten aufweisen. Bereits unter dem Gesichtspunkt der Formatumsetzung können die oft "barock" weitschweifigen und grammatisch verschlungenen Titel Hürden darstellen, die nur durch eine intelligente Konversion zu überwinden sind. Sprach- und Regelwerkskenntnisse sind hier im Grunde bereits bei der Zuordnung der Bestandteile des Sachtitels zu den betreffenden RAK-Kategorien nötig. Darüberhinaus erfordern historische Bestände einen erhöhten Normierungsaufwand. Dieser betrifft nicht nur die Normierung der Personen- und Körperschaftsnamen, sondern vor allem auch die Ansetzung von Sachtiteln und - ganz wesentlich angesichts der bei historischen Drucken anzutreffenden orthographischen Bandbreite des Titelvokabulars - eine Vereinheitlichung der Schreibweisen.

Eine mechanische Konversion auf der Grundlage einer formal zu haltenden Konversionsanweisung ohne grammatikalische Analyse kann diesen Erfordernissen nicht gerecht werden. Im Unterschied zur externen Massenkonversion zeichnet sich aus unserer Sicht die interne Einzelkonversion durch drei wesentliche Aspekte aus:

  1. Die Katalogkonversion wird von qualifizierten Bearbeitern vorgenommen, der intellektuelle Eingriff der Erfasser ist bei der Umsetzung der Katalogdaten möglich. Dadurch entfallen umfangreiche Nachbearbeitungen und Korrekturen, das "Know-how" der Bearbeiter fließt in die Konvertierung ein und verbessert die Erfassungsqualität.
  2. Bei der Erfassung stehen die Systemfunktionen des EDV-Programms online zur Verfügung. Vor allem auf Norm- und Hilfsdateien kann so bei der Konvertierung direkt zugegriffen werden. Insbesondere bei der orthographischen Normierung der Sachtitel war dies von Vorteil. Indem das Bibliothekssystem "SISIS" eine sogenannte "Synonymdatei" bereitstellt, in der schwankende Schreibweisen und alternierende Wortformen für die Stichwort-Suche zum Sachtitel unter einem Begriff zusammengefaßt werden, konnte beispielweise auf die Bildung orthographisch normierter Titel und Nebeneintragungen zum Sachtitel verzichtet werden. Entscheidend war allerdings, daß die Möglichkeit bestand, die alternativen Schreibungen direkt bei der Konversion in der Synonymdatei zu verankern.
  3. Zumindest in Ausnahmen kann das Buch "vor Ort" konsultiert werden. Grundsätzlich galt zwar auch bei der internen Konversion Autopsieverzicht. Dennoch war der Gang ins Magazin in bestimmten Fällen nötig. Fehler oder Ungenauigkeiten des Kartenkatalogs wurden so bereinigt. Unumgänglich war der Griff zum Buch bei Sammelbänden und Sammelwerken, sofern die zugehörigen Hauptaufnahmen lediglich zusammenfassend auf die Einzelaufnahmen der enthaltenen Werke verwiesen. Um die enthaltenen Schriften zu erfassen, war es in diesen Fällen einfacher, das Original in die Hand zu nehmen, als die einzelnen Titel aus den auseinanderliegenden Katalogstellen zusammenzusuchen und anhand der Katalogdaten zu erfassen.

Der Arbeitsablauf unserer Inhouse-Konversion wurde wie folgt organisiert: Die Erfassung übernahmen Fachkräfte, die in kleinen Teams (Erfassung und Korrektur) zusammenarbeiteten und je nach Schwierigkeitsgrad auf bestimmte Titelaufnahmen spezialisiert waren. Für Arbeiten am Katalog und beim Erstellen der Normdateien standen studentische Hilfskräfte zur Verfügung.

Die erste Arbeitsphase bildeten Vorarbeiten am Katalog. Die Karten wurden aus dem Arbeitskatalog gezogen und grob entsprechend dem Schwierigkeitsgrad für die Konversion nach Kriterien wie Komplexität der Aufnahme, Hierarchien, Sondertitel, unselbständige Werke und sprachliche Schwierigkeiten vorsortiert.

Anhand der Katalogkarten wurde in einem zweiten Schritt die Personennamen-Datei über den Abgleich mit der PND (Mikrofiche-Version) aufgebaut bzw. fortgeschrieben, so daß bei der Erfassung der Titeldaten auf die kontrollierten Ansetzungsformen zugegriffen werden konnte. Der dritten Phase, der eigentlichen Katalogkonversion oder Erfassung, folgte die Einzelkontrolle der konvertierten Titeldaten und eine abschließende Durchsicht bei der allgemeinen "Schlußkontrolle". Der Erfassung lagen Konversionsregeln zugrunde, die zugleich den Rohentwurf für die externe Konversionsanweisung bildeten und im Fortgang der Konvertierungsarbeiten präzisiert wurden.

Aus Sicht der Regelwerksanwendung stieß die Umsetzung der PI-Aufnahmen in das RAK-Format bei einigen Sonderformen von Titelaufnahmen auf grundsätzliche Schwierigkeiten. Dies betraf vor allem die Katalogisierung unselbständiger Werke, sodann eine Reihe von PI-Aufnahmen, die in RAK keine Entsprechung haben, zum Beispiel titellose Schriften mit fingierten Titeln und sogenannte "Sammelbände", die eine Zusammenfassung bibliographisch selbständiger Einheiten sind. Hier mußten interne Lösungen gefunden werden. Die in Sammelbänden zusammengefaßten Schriften wurden so beispielsweise einzeln erfaßt, wobei der Sammeltitel, unter dem bisher gesucht werden konnte, durch eine Nebeneintragung in den Einzelaufnahmen recherchierbar gemacht wurde. Ebenso stellte auch die Abgrenzung Verfasserwerk / Sachtitelwerk, zumal bei mehrbändigen Werken mit unterscheidbaren Anteilen verschiedener Verfasser, gegenüber der PI-Katalogisierung in Einzelfällen eine Schwierigkeit dar.

Ein Aspekt der internen Konversion ist sicherlich auch, daß im Zweifel, etwa bei Rückfragen zur Konversionsanweisung oder in Grenzfällen der Regelwerksanwendung, eine "informelle", rasche Kommunikation möglich ist. Dies läßt nach unserer praktischen Erfahrung so etwas wie einen "Learning-by-doing-Effekt" zu. So gesehen war es ein Vorteil, daß die interne Konversion der externen Massenkonversion zeitlich vorauslief. Durch die interne Konversion konnten auch Erfahrungen für die Vorgaben bei der externen Konversion gesammelt werden.

6. Vorgehensweise bei der externen Massenkonversion

Durch die Fremdfirma DMP sollte der Bestand des Erscheinungszeitraums 1801 bis 1989 konvertiert werden. Anders als bei der internen Retrokatalogisierung, die den intellektuellen Eingriff bei der Konvertierung zuläßt bzw. vorsieht, steht und fällt die externe Konversion mit einer streng formalisierten Arbeits- oder Konversionsanweisung. Diese muß die quasi "mechanische" Umsetzung der Katalogdaten ermöglichen. Zugespitzt formuliert: Nur was sich eindeutig nach formalen Kriterien umsetzen läßt, kann zuverlässig konvertiert werden.

Serien und Zeitschriften des fraglichen Zeitraums wurden von der externen Konversion ausgenommen. Mehrbändig begrenzte Werke dagegen, die wegen ihrer Hierarchien und Verknüpfungsstrukturen problematisch sind, wurden dennoch mit dem Bestand an einbändigen Monographien in die Konversion einbezogen. Für sie wurden Lösungen gefunden, die die Berücksichtigung der Stücktitel und die Verknüpfung bei Mehrfachhierarchien ermöglichten.

Die Konversionsanweisung wurde in folgenden Schritten erarbeitet. Ausgehend von der Feldstrukturtabelle, die den Rahmen bildete, wobei wir das Standardschema um einige Spezialkategorien zur Kennzeichnung der Konversionsdaten erweiterten, wurden Erfassungsmasken für einbändige Werke, Gesamtaufnahmen mehrbändig begrenzter Werke, Bandsätze und unselbständige Werk erstellt. Für Kategorien mit definiertem Wortschatz stellten wir Listen auf; dies betraf die Kategorien "Sprache", "Abrufzeichen Jahrhundert", "Dokumentenart" und "physikalische Form". Eine Konkordanz stellte zudem synoptisch die Umsetzung der "Bibliographische Notiz" aus den PI-Aufnahmen in Fußnoten-Einträge nach RAK dar.

Vor dem Hintergrund dieser Vorgaben arbeiteten wir die eigentliche Erfassungsanweisung aus. Diese enthielt zunächst allgemeine Erklärungen zur äußeren Gestalt unserer konventionellen Titelaufnahmen und stellte die wichtigsten Unterscheidungskriterien für Verfasser- und Sachtitelwerken und für ein- und mehrbändige Werke dar. Alles, was nicht durch formale Kriterien definiert werden konnte, schied freilich für eine differenzierte Anweisung aus.

In Fällen, die sich nicht formal eingrenzen ließen, stellten sich für uns jeweils folgende Alternativen:

Zu den Konversionsregeln erstellten wir eine Sammlung mit Musteraufnahmen, auf die in der Anweisung Bezug genommen wird.

Organisatorisch ging die Konversion in folgender Weise vonstatten: Zunächst mußte der Arbeitskatalog als Konversionsgrundlage für die Datenerfassung vorbereitet werden. Durch einen Abgleich mit dem Alphabetischen Katalog wurde er auf Vollständigkeit hin überprüft. Bei diesem Arbeitsgang wurden zugleich die Karten, die nicht erfaßt werden sollten, entfernt. Dies betraf neben den Verweisungen, den Serien und Zeitschriften und den noch nicht abgeschlossen vorliegenden begrenzten Werken auch schwierige Aufnahmen, die wir selbst im Haus katalogisieren wollten.

Die eigentliche Konversion begann mit einem technischen Einspieltest von 30 Musteraufnahmen. Darauf folgte ein bibliothekarischer Test mit 600 Karten, die durch DMP auf Grund der Erfassungsanweisung konvertiert wurden und sodann in unser System eingespielt wurden. In dieser Zeit standen wir mit der Firma DMP in einem intensiven Dialog, um Lücken in der Erfassungsanweisung aufzudecken und die Anweisung gegebenenfalls zu vereinfachen, bis wir den Punkt erreichten, an dem wir mit den gelieferten Daten zufrieden sein konnten.

Seit Mai 1995 erhalten wir nun laufend auf Disketten die von der Firma DMP konvertierten Daten zugeschickt. Nach dem Einspielen beginnen wir sofort mit den Nacharbeiten, wie zum Beispiel der Namensnormierung. Einige Nacharbeiten können wir jedoch erst dann vornehmen, wenn alle Daten eingespielt sind. Erst dann wird auch die externe Massenkonversion abgeschlossen sein.

7. Keep it simple!

Planung und Ablauf des Konversionsprojekts haben bereits und werden noch viel Aufwand in unserer Bibliothek erfordern. "Keep it simple!" - der Merksatz von Pat Oddy war auch Leitmotiv unserer Konversion. Wir meinen, es den Nutzern und uns auf Dauer einfach zu machen, indem wir bei der Konversion so einfach wie möglich, aber sorgfältig vorgehen. Konversion ist eine aufwendige, aber einmalige Sache!

Die Konversion der Alten Drucke ist seit Januar 1996 abgeschlossen, die der neueren Bestände wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die DV-technische Erschließung unserer Katalogdaten bietet uns nun eine kontinuierliche, einheitliche Nutzung mit allen Vorteilen eines OPAC gegenüber dem alten Zettelkatalog.


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