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Bibliotheksdienst Heft 2, 1996

25 Jahre Zeitschriftendatenbank (ZDB)

Erreichtes und Bewährtes; Ausblick
Günter Franzmeier, Peter Gruber

1. Erreichtes

Vor genau 25 Jahren, datiert auf den 1. Februar 1971, erschien erstmals der "Entwurf eines Ablochschemas [sic] zur Datenerfassung für Gesamtzeitschriftenverzeichnisse", heute besser bekannt unter dem Namen "ZETA", der sich in späteren Auflagen durchsetzte. Obwohl es seinerzeit weder den Namen "Zeitschriftendatenbank" noch ein Verbundsystem im heutigen Sinne gab, ist es wohl legitim, von diesem Datum als dem Entstehungsdatum der ZDB auszugehen. Denn dieser "Entwurf ..." beschrieb schon damals präzise das Datenmodell und das Format bis hin zu den einzelnen Feldern und Indikatoren (in der ZDB traditionellerweise "Relatoren" genannt), von denen die ZDB bis heute bestimmt wird. Insbesondere gilt dies im Hinblick auf die darin dargestellte Mehrdateienstruktur und die Vorkehrung, in beliebiger Anzahl separate Lokaldatensätze für die Bestandsangaben der einzelnen Bibliotheken mit einem bibliographischen Datensatz verknüpfen zu können, ein zukunftsweisendes und seinerzeit noch nirgends sonst eingesetztes Datenmodell. (Im übrigen gab es 1971 durchaus schon erste Daten in diesem Format, wenngleich überwiegend Körperschaftsaufnahmen, mit denen die Titelaufnahmen anschließend verknüpft werden sollten und bald danach verknüpft wurden. Man sieht, auch die Wiege der GKD hat u. a. hier gestanden.)

Es kann und soll an dieser Stelle jetzt nicht die ganze Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der ZDB ausgebreitet werden; zumal es dazu erst kürzlich eine zusammenfassende Darstellung in dem Sammelband "Zeitschriften in deutschen Bibliotheken" 1) gegeben hat. Stattdessen soll das Schwergewicht auf das in den letzten zehn Jahren Erreichte gelegt werden, anknüpfend an den Bericht, den G. Schlitt vor genau zehn Jahren über die ZDB und deren damalige "Perspektiven" gegeben hat.2)

Die Zeitschriftendatenbank weist als überregionales Verbundsystem Titel und Bestandsangaben von Zeitschriften, zeitschriftenartigen Reihen und Zeitungen (sowie in beschränktem Umfang auch Schriftenreihen) aus mehr als 3.500 deutschen und einigen ausländischen Bibliotheken in einer weitgehend einheitlichen, standardisierten und dublettenfreien Form nach. Sie enthält inzwischen (Ende 1995) rund 820.000 Titel und 3,5 Millionen Besitznachweise und wird von fast allen größeren und vielen kleineren deutschen Bibliotheken gebend wie nehmend genutzt. Auf Grund dieser Eigenschaften sowie der bewährten und unverzichtbaren Steuerung und Pflege der Datenbank durch eine Zentralredaktion kann die ZDB heute mit Fug und Recht als eine nationale bibliothekarische "Normdatei" bezeichnet werden. In erster Linie gilt dies für die bibliographischen Daten, d. h. für die Titelaufnahmen und die mit ihnen verknüpften Körperschaftsaufnahmen (die zusammen mit den Körperschaftsdaten Der Deutschen Bibliothek und der anderen Verbundsysteme eine eigene Normdatei darstellen: die GKD). Zugleich ist die ZDB die zentrale Instanz für den Standortnachweis aller Periodika in deutschen Bibliotheken. Die Daten der ZDB bilden auch die Grundlage des Dienstes DBI-LINK. Dieses Online-Nachweis- und Bestellsystem bietet eine schnelle und abgesicherte Beschaffung von Kopien von Zeitschriften-Beiträgen aus den deutschen Bibliotheken.

Grundlage der ZDB-Entwicklung der letzten zehn Jahre war der schon erwähnte, 1985 vom Steuerungsgremium der ZDB (heute: ... für Normdateien) verabschiedete, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützte und Anfang 1986 von G. Schlitt in der ZfBB dargestellte ZDB-Perspektivplan. Dieser Plan wurde bestimmt von der damals elementaren Aufgabenstellung, das Offline-System durch einen Online-Verbund zu ersetzen und dafür sowohl die geeignete Software zu finden bzw. zu entwickeln als auch diesem Online-Verbund die Akzeptanz in den Regionen zu sichern. Gerade das letztere war Mitte der 80er Jahre durchaus problembeladen, da einige Regionen teils Probleme hatten, die Kosten einer ständigen Telekommunikation mit einer Datenbank in Berlin zu finanzieren; teils meinten, das Arbeiten in einem anderen, einem zweiten System, das eine unterschiedliche Oberfläche und weitergehende Regeln und Konventionen gegenüber dem regionalen Monographien-Verbundsystem aufwies, ihren Bibliothekaren nicht zumuten zu können. Beide Probleme haben sich dann relativ schnell gelöst: das Problem mit den Telekommunikationskosten durch günstige Datex-P- bzw. WIN-Tarife; das Problem mit dem Arbeiten in unterschiedlichen Systemen mit unterschiedlicher Oberfläche zunächst dadurch, daß es sich als durchaus möglich und praktikabel erwies, die fortlaufenden Sammelwerke von anderen, nicht mit den Monographien befaßten, dafür speziell mit der ZDB vertrauten Katalogisierern bearbeiten zu lassen. Geblieben und als Aufgabe für die nahe und mittelfristige Zukunft zu akzeptieren sind dennoch zweifellos die beiden Desiderate a) ein Online-Arbeiten in der ZDB ohne fühlbaren Systemwechsel und unter der vertrauten Oberfläche des eigenen Systems zu ermöglichen oder, solange dies nicht möglich ist, doch wenigstens per PC-Programm die Wandlung aus dem ZDB-Format in das eigene Format anstoßen zu können, und b) auf jeden Fall die in die ZDB eingegebenen Daten unverzüglich auch im eigenen Verbundsystem verfügbar zu haben und nicht auf eine Offline-Lieferung im MAB-Format warten zu müssen.

Der zweite Schwerpunkt des Perspektivplans von 1985 lag bei der Frage des inhaltlichen Ausbaus der ZDB. Ausgehend von den damals bereits in der ZDB nachgewiesenen 400.000 Titeln wurde zunächst für den - damals bestenfalls absehbaren - Zeitraum 1985-1990/91 ein Zugang von weiteren rund 190.000 für die ZDB neuen Titelaufnahmen von bereits in den Bibliotheken vorhandenen Titeln und von zusätzlich ca. 6.000 Aufnahmen jährlich von neuen und geänderten Titeln geschätzt. Diese Schätzung hat sich als durchaus realistisch erwiesen: Ende 1991 hatte die ZDB tatsächlich 616.000 Titelaufnahmen.

Zu den Prioritäten, die damals festgelegt wurden und die sich naturgemäß ganz auf die alten Bundesländer bezogen, kann rückblickend festgestellt werden, daß, wie seinerzeit gefordert,

Eine neue Situation ist für die ZDB dadurch eingetreten, daß ab 1990 auch die Bibliotheken der neuen Bundesländer an die ZDB herangeführt werden mußten und erfolgreich herangeführt werden konnten, wenngleich hier die Hauptmenge der erforderlichen Arbeit derzeit noch zu leisten ist. Das Erbringen dieser Leistungen ist aber ausschließlich eine Frage der Zeit.

Zur Verfügbarkeit und zu den Produkten der ZDB soll kurz darauf hingewiesen werden, daß

Zur Struktur und Organisation

Die ZDB ist eine Gemeinschaftsaufgabe der Staatsbibliothek zu Berlin (SBB) und des Deutschen Bibliotheksinstituts (DBI) in Zusammenarbeit mit den ca. 100 direkt am Verbund teilnehmenden Bibliotheken. Die beiden als "zentrale Einrichtungen" des Verbundes bezeichneten Institutionen SBB und DBI sowie die beteiligten Bibliotheken - institutionell vertreten in der "Arbeitsgemeinschaft der Datenbankteilnehmer (AGDBT)" - arbeiten auf der Basis eines Mitte der 70er Jahre unter der Federführung der Deutschen Forschungsgemeinschaft schriftlich fixierten "Strukturkonzepts" zusammen. Dem DBI kommt dabei die Aufgabe zu, das Rechenzentrum zu betreiben, die Systementwicklung und -pflege durchzuführen, die Daten zu verwalten sowie Kataloge und andere Ausgaben zu erstellen. Der Staatsbibliothek obliegt die bibliographische Betreuung und Pflege der Titel- und Körperschaftsdaten in entsprechenden zentralen Redaktionen. Gemeinsam werden von beiden Institutionen die Aufgaben bei der Weiterentwicklung und die Planung zukünftiger Vorhaben wahrgenommen. Für grundsätzliche Fragen der ZDB ist das "Steuerungsgremium" zuständig, in dem seit langem neben der SBB, dem DBI und der AGDBT auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Die Deutsche Bibliothek und die Bayerische Staatsbibliothek vertreten sind. (Seit der Ausweitung der Zuständigkeiten dieses Gremiums auf weitere Normdateien und der entsprechenden Umbenennung in "Steuerungsgremium für Normdateien" im Jahre 1991 sind noch weitere Institutionen und Gremium darin vertreten.)

Von Anfang an ist die ZDB insgesamt und sind sowohl ihre zentralen Einrichtungen als auch zahllose am ZDB-Verbund teilnehmende Bibliotheken von der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermutigt, begleitet und in ganz außergewöhnlichem Umfang finanziell unterstützt worden. Dies gilt insbesondere für die Beschaffung von Hard- und Software im DBI, für den Aufbau der Zentralredaktionen in der SBB und für die Rekatalogisierung und Eingabe von vielen hunderttausend Titeln und Besitznachweisen der zentralen Fachbibliotheken und der SSG-Bibliotheken in die Datenbank.

De facto wurde der Verbund überwiegend dadurch zusammengehalten, daß

2. Bewährtes

Bewährt hat sich vor allem die einheitliche, dublettenfreie und nicht zuletzt zu diesem Zweck ausschließlich online zu führende (Katalogisierungs-)Datenbank, in die Neuaufnahmen nur von entsprechend geschulten Fachkräften in den ZDB-Verbundbibliotheken eingegeben werden und die von einer Zentralredaktion betreut und verwaltet wird, die allein berechtigt ist, nachträgliche Änderungen und Ergänzungen an den bibliographischen Daten vorzunehmen.

Die Erfahrung und der Erfolg sprechen ebenso für dieses Verfahren wie die besonderen Anforderungen bei dem Nachweis fortlaufender Sammelwerke, wo häufig über die RAK-WB hinausgehende Festlegungen getroffen werden müssen, z. B. bei der Abgrenzung von Titelfassungen angesichts kleinerer oder größerer Titeländerungen, Abgrenzungen, die entscheidend sind für die Zuordnung bestimmter Bände/Jahrgänge einer Zeitschrift zu bestimmten Titel-Datensätzen. Hier noch weit stärker als bei den Monographien wird auch in der Zukunft und selbst unter stark veränderten technischen Bedingungen ein nachträgliches Zusammenführen von Daten, die primär in anderen, fremden Systemen und damit in unterschiedlicher Umgebung entstanden sind, im Endeffekt keine brauchbaren Ergebnisse erzielen.

Nicht nur wegen der zuvor genannten korrekten Zuordnung der Bände zu den Titelfassungen, sondern vor allem auch aus Gründen der Aktualität und Zuverlässigkeit der Nachweise für Leihverkehr und Dokumentlieferung gilt das Prinzip der Online-Eingabe und -Pflege auch für die zusammenfassenden Bestandsangaben der ZDB. Hier waren zwar in der Vergangenheit gelegentlich Kompromisse unvermeidlich; und auch heute und in Zukunft wird es nicht ganz vermeidbar sein, Bestandsangaben teils auf der Basis nachträglicher Batch-Lieferungen einzugeben und zu aktualisieren, insbesondere bei den sog. Indirektmeldern, aber im Zuge der nachträglichen Anbindung einer ganzen Region wie jetzt der bayerischen an die ZDB gelegentlich auch von anderen Verbundteilnehmern. Nur am Rande erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang, daß die Bestandsangabe vor allem bei neu in die ZDB eingeflossenen Titeln, wie z. B. jetzt bei den bayerischen Titeln, unentbehrlich zur Identifizierung von Doppelaufnahmen ist und deshalb keinesfall erst mit größerer Verzögerung nachgeliefert werden darf.

Unbedingt erhalten bleiben muß auch die in der ZDB traditionellerweise über die reine Katalog- bzw. Nachweisfunktion hinausgehende bibliographische Komponente. Es wäre kurzsichtig, der immer wieder einmal aufkommenden Tendenz nachzugeben, den einzigen Zweck der ZDB in einer möglichst sparsamen, stromlinienförmigen "finding list" für Leihverkehrs-Recherchen zu sehen und die "Beschreibung" des bibliographischen Objektes und, was bei den fortlaufenden Sammelwerken gegenüber den Monographien noch entscheidend hinzukommt, seines "Lebenslaufes", gering zu schätzen, als l'art pour l'art einzustufen. Denn dieser Lebens- bzw. Erscheinungsverlauf ist nicht nur, wie schon ausgeführt, häufig entscheidend für die korrekte Zuordnung der Bände und deshalb durchaus leihverkehrsrelevant; die Aufnahmen der ZDB stellen überdies für die deutschen und deutschsprachigen Periodica aller Zeiten zugleich die einzige umfassende retrospektive Nationalbibliographie dar.

3. Ausblick

Zehn Jahre nach dem eingangs erwähnten ZDB-Perspektivplan von 1985 ergab sich erneut die Notwendigkeit einer Bilanz und zugleich eines Blickes in die nahe und mittelfristige Zukunft der ZDB. DBI und SBB haben zu diesem Zwecke im Jahre 1995 erneut einen ZDB-Perspektivplan erstellt und diesen zunächst dem Steuerungsgremium für Normdateien und danach dem Bibliotheksausschuß der Deutschen Forschungsgemeinschaft vorgelegt. Da dieser Perspektivplan derzeit noch in einigen Punkten näher auszuführen ist, hier zur Information einige der wichtigsten darin angesprochenen Themen:

1) Zeitschriften in deutschen Bibliotheken : Bestand, Erwerbung, Erschließung, Benutzung / Hrsg. von der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz unter der Leitung von Hartmut Walravens. - München u.a. : Saur, 1995. - VIII, 371 S. - (Bibliothekspraxis ; 35)

2) Schlitt, Gerhard : Perspektiven der Zeitschriftendatenbank (ZDB) in Berlin. ZfBB 33 (1986) H. 2. S. 71-90.


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