4   Abrechnungsverfahren: Barrieren für das
     E-Commerce

4.1   Hemmnisse

Als Hemmnis für eine schnelle Ausbreitung des Electronic Commerce werden die derzeit eingeführten und technisch/organisatorisch möglichen Verfahren zur Bezahlung von Internet-Aufträgen angesehen. Sie werfen in der Tat etliche Probleme auf, die gerade die Stärken des Internet wie globale Verfügbarkeit, schnelle Kommunikation und beliebige Zugänglichkeit berühren und massiv einschränken: Bei Bestellungen und Zahlungen über Grenzen hinweg sind unterschiedliche Währungen zu bewegen, die zudem die Vergleichbarkeit von Angeboten erschweren. Lastschrifteinzugsverfahren können nicht eingesetzt werden; auch Nachnahmen sind nicht möglich, wenn sie in fremden Währungen ausgestellt sind. Hier können allein Zahlungen über Kreditkarten eine Lösung anbieten, weil die Rechnungsbeträge jeweils zum Tageskurs in die eigene Währung umgerechnet werden. Zahlungen auf diesem Wege sind jedoch nicht in jedem Fall durchzusetzen, denn die Kreditkartenverbreitung in den USA hat noch keine Entsprechung in Deutschland und anderen europäischen Ländern gefunden. Außerdem wird vielfach Mißbrauch bei der Übermittlung der Kartennummer und der persönlichen Angaben des Käufers befürchtet.
Aus diesen Gründen bestehen viele Firmen nach wie vor auf Zahlung gegen Rechnung, auf Nachnahme (im Inland), Lieferung per Vorkasse, Bankeinzug oder Lieferung nach Bonitätsprüfung. In allen Fällen geht der Lieferant ein hohes Risiko ein, da die Unterschrift unter dem Kaufvertrag fehlt; dies wird sich erst mit Einführung einer elektronischen Signatur ändern.

 

4.2   Anforderungen an Abrechnungsverfahren und elektronisches Geld

Generell werden folgende Anforderungen an elektronische Abrechnungsverfahren gestellt:

Die Anforderungen an elektronisches Geld lauten:

 

4.3   Ungelöste Probleme

Selbst wenn alle diese Anforderungen erfüllt sind, bleiben noch Probleme offen.
Völlig ungeklärt ist in dieser elektronischen Welt die Rolle der Zentralbanken, die für die Stabilität ihrer jeweiligen Währungen verantwortlich sind. Völlig offen bleibt weiterhin die Frage, wie Kleinbeträge aus Rechnungen elektronisch beglichen werden sollen.
Dieses Problem ist hauptsächlich dort zu lösen, wo der Verkäufer das "pay-per-use"-Prinzip durchsetzen will (z.B. beim Herunterladen eines Spiels, dem Abhören eines Videos oder dem Lesen eines Artikels). Hier geht es um Beträge, die nicht höher als 1-5 Dollar liegen.
Eine Abwicklung dieser Zahlungen über die Kreditkarte scheidet aus, da die Kreditkartenunternehmen wegen der relativ hohen Risiken im Internetgeschäft hohe Provisionen bei den Verkäufern durchsetzen, die mindestens 3-5 Dollar betragen. Die dann zu zahlenden Preise würde niemand für die genannten Dienstleistungen tragen. Auch Rechnungsstellung, Einzug, Verbuchung, Mahnung etc. verursachen so hohe Kosten, daß der Einzug von Kleinbeträgen unwirtschaftlich wird.

 

4.4   Cyber-Cash

In der Fachliteratur wird als Ausweg die Einführung des "Micro payment" mit Hilfe von "cyber-cash" (elektronischem Geld) gesehen. Dabei wird ein Konto bei der Cyber-Cash-Firma mit Geld geladen; die anschließenden Transaktionen laufen dann zwischen dem Konto und dem Verkäufer ab. Bank und Kreditkartenorganisationen werden herausgehalten, so daß keine Provisionen und Gebühren fließen. Der Cyber-Cash-Betreiber gibt sich mit wesentlich geringeren Entgelten als die Kreditkartenunternehmen zufrieden, da die Konten ja vorfinanziert sind.
Dieses System wird in der Fachliteratur noch heute als das System der Zukunft gepriesen, obwohl der Betreiber der Firma, der es in USA, Großbritannien, Deutschland und Japan versuchsweise installiert hat, das Scheitern seines Projektes erklärt und bemerkenswert offen begründet hat.

Hauptgründe für dieses Scheitern waren:

  1. In vielen Fällen überstiegen die Kosten für die Identitätsprüfung und den Kundendienst die Einnahmen.

  2. Es entstand ein zu hoher Aufwand beim Laden der Konten.

  3. Zu wenige Händler akzeptierten "Cyber-Cash".

 

4.5   Mögliche Problemlösungen

Nach Meinung des Autors wird sich an dieser Problematik nichts ändern. Er empfiehlt die Abkehr vom Micro payment-Konzept und die Rückkehr zu bewährten Verfahren mit allerdings revolutionären Ausprägungen:

  1. Nicht die Informationen sollen verkauft werden, sondern das Medium, das sie transportiert. Qualitativ hochwertige Informationen sollen entgeltfrei angeboten werden; die notwendigen Einnahmen werden über Werbung erzielt. Je besser die Angebote sind, desto höher ist die Nutzung und desto mehr Geld kann über die Werbung eingespielt werden. Die Zahlungsvorgänge reduzieren sich auf wenige mit bekannten Geschäftspartnern.

  2. Die Einführung von Abonnements für die zur Frage stehenden Dienstleistungen wird nachdrücklich empfohlen. "Moreover, the guaranteed income gives the merchant much greater ability to plan, provision and grow".

  3. Schließlich wird noch darauf hingewiesen, daß inzwischen bei einige Anbietern die Nutzer nicht zahlen, sondern Geld erhalten, wenn sie über die Homepage in einzelne Angebote gehen: Sie erhöhen so die Nutzungszahl und damit den Marktwert für die Werbung.
    Diese Meinung zu den Vorteilen des Abonnements wird von einem weiteren Autor geteilt: "The best pricing models are always the flat-fee, all you can eat models ... Transaction pricing will not work on the Internet, and I don’t think it works anywhere anymore ... I’ll retire the day some one with transactives pricing "on the Internet makes a got of it."

Deutlich wird, daß das Internet schnelle, wirtschaftliche und unkomplizierte Zahlungsverfahren braucht. Die Hinweise von Steve Crocker sind hierfür besonders geeignet und stützen auch die Auffassung in dieser Studie, daß Verleger möglichst zum Abonnementsystem zurückkehren sollten.

 


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