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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 5, 98

Thesen zur Zukunft des Fachreferenten


Sabine Wefers

Der vorliegende Text versteht sich als Beitrag zu einer Diskussion, die in den vergangenen Monaten um die Ausbildung und - damit zusammenhängend - das Aufgabenprofil des Höheren Dienstes geführt wurde1). Die Autorin wurde gebeten, für eine Podiumsdiskussion, die vom VDB-Landesverband Baden-Württemberg (im April 1998) veranstaltet wurde, eigene Thesen zu erarbeiten. Diese sollen im folgenden vorgestellt werden.

Das Fachreferat heute

An dieser Stelle sollen nicht alle denkbaren Aufgaben des Fachreferenten aufgeführt werden. Allerdings erscheint es für die weiteren Ausführungen wichtig, die zentralen Tätigkeitsbereiche des Höheren Dienstes in wissenschaftlichen Bibliotheken noch einmal kurz zusammenzustellen:

Das Fachreferat übermorgen

Selbstverständlich kann hier und heute kein Patentrezept dafür entwickelt werden, nach dem sich das Fachreferat zu einem "Erfolgsmodell der Zukunft" entwickeln könnte. Nur eines scheint gewiß zu sein: Weder diejenigen, die das Fachreferat in seiner überkommenen Form unverändert beibehalten wollen noch diejenigen, die sein Ende bereits als Faktum behandeln, dürften die Anforderungen der Zeit richtig gedeutet haben. Im folgenden sollen die zuvor angesprochenen Grundtätigkeiten in Hinblick auf ihre (mögliche) mehr oder minder ferne Entwicklung angesprochen werden.

Der gelehrte Bibliothekar entfernt sich immer mehr weg vom Spitzweg-Image hin zum Vermittler zwischen den Ansprüchen der Wissenschaft und dem professionellen Know-how. Insofern sollte der Fachreferent sich auf keinen Fall historisch rückwärts orientieren, sondern nach vorn schauen und sich entsprechend weiter qualifizieren. Dabei sind die oben ausgeführten Thesen bewußt mit "Das Fachreferat übermorgen" betitelt, um der Autorin den Vorwurf zu ersparen, man könne doch einem gestanden Kollegen nicht zumuten, sich derart grundlegend neu zu orientieren. Das sei doch weltfremd. Das mag im biologischen Einzelfall sogar zutreffen. Aber: Erstens ist hier eine weitergehende Qualifizierung angesprochen worden; so etwas braucht bekanntlich seine Zeit. Und zweitens läßt sich häufig sogar in der eigenen Bibliothek zeigen, daß die Flexibilität und die Professionalität gerade des Höheren Dienstes oft unterschätzt wird. Dabei liegt der viel beschworenen Unbeweglichkeit unserer Berufsgruppe vielfach schlicht das Fehlen klarer Zielvorstellungen und häufig wohl auch ein mangelndes Problembewußtsein zugrunde. Nur: Haben wir das erkannt, ist zumindest der Mangel an Problembewußtsein schon halbwegs überwunden. Und hinsichtlich der Zielvorgaben sollten wir ja wohl in der Lage sein, die Ansprüche der Zeit zu erkennen und daraus unsere Schlüsse zu ziehen. Nicht umsonst verfügen wir über ein beachtliches Kapital: eine akademische Ausbildung und die bibliothekarische Fachkenntnis. Und wir haben Freude an geistiger Arbeit. Sonst hätten wir den Beruf nämlich sicher nicht gewählt.

1) In dieser Zeitschrift erschienen in einem Heft gleich zwei Beiträge zum Thema: Jochum, Uwe: Die Situation des Höheren Dienstes, in: BIBLIOTHEKSDIENST, 32. Jg. (1998), H. 2, S. 241-247 und Oehling, Helmut: Wissenschaftlicher Bibliothekar 2000 - quo vadis?; BIBLIOTHEKSDIENST, 32. Jg. (1998), H. 2, S. 247-254.


Stand: 13.05.98
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