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IV. Finanzierung

IV.2. Finanzierung Wissenschaftlicher Bibliotheken

Hochschulinterne Schritte / Raumprogramm, Prüfverfahren / HU-Bau / Ausstattungskosten / Prüfung durch Landesbehörden / HBFG-Verfahren / Beurteilung, Dringlichkeit

Zwischen der Entscheidung für einen Bau und dessen Ausführung liegt meist ein ziemlich weiter Weg: Die baurechtlichen Voraussetzungen sind zu klären, alle fachlichen und technischen Vorbereitungen zu treffen und - besonders wichtig - die erforderlichen Finanzmittel müssen beschafft werden. Im folgenden soll versucht werden, diesen Weg beispielhaft zu beschreiben.

Der erste Schritt auf dem Weg zur Realisierung eines Bibliotheksbaus geht in der Regel von der Bibliothek aus. Sie muß die Initiative ergreifen und - im Fall einer Universitätsbibliothek - zunächst der Hochschulverwaltung berichten. In einem diesbezüglichen Antrag wird die jeweilige bauliche Situation dargestellt und die Dringlichkeit des Bauvorhabens eingehend beschrieben, wobei bereits eine Grundkonzeption (Analyse des Ist-Zustandes, Schätzung des Gesamtflächenbedarfs) für die Lösung der baulichen Probleme entwickelt und beigefügt sein sollte.

Ausgangspunkt wird immer die dringende Notwendigkeit der Schaffung zeitgemäßer Benutzungs- und Verwaltungsformen für den Bibliotheksbetrieb sein, die ohne neue bauliche Rahmenbedingungen nicht zu realisieren sind. Dies kann so weit gehen, daß die Funktionsfähigkeit der Bibliothek betreffend innerbetriebliche Organisation und Dienstleistungsangebot für die Benutzer an ihre Grenzen gekommen ist. Eine gründliche Bedarfsermittlung - bereits mit Hilfe der anerkannten Richtwerte - und eine vorurteilsfreie Prüfung von Alternativen sind dann geboten, die zu einem Gesamtkonzept führen, das das Fundament für jede weitere Planung bildet.

Das Planungsvorhaben wird dann in jedem Fall in der Bibliothekskommission diskutiert und von dort, versehen mit einem positiven Votum, an die Hochschulleitung weitergegeben. Die Einbindung in die Strukturplanung der Hochschule ist anschließend durch Gespräche mit der Hochschulleitung und dem Senat sicherzustellen. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei das Vorhandensein eines nach Lage und Größe geeigneten Grundstücks im Landesbesitz.
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Ist auch diese Grundvoraussetzung gegeben und das Planungsvorhaben in allen Gremien positiv beschieden worden, so erfolgt in der Regel der Auftrag zur Erstellung des Raumprogramms an die Bibliothek. O.g. Grundkonzeption muß nun unter Berücksichtigung sowohl der einschlägigen Flächenstandards und Richtwerte als auch der örtlichen Gegebenheiten in enger Zusammenarbeit mit der Hochschulbauverwaltung konkretisiert, d.h. in ein die Bedürfnisse der Bibliothek widerspiegelndes Raumprogramm umgesetzt werden (s. Kap. V.). Das Raumprogramm wird von der Hochschule verabschiedet und durchläuft ein je nach Bundesland unterschiedliches, langwieriges und kompliziertes Prüfverfahren, das in jedem Fall die Genehmigung durch das zuständige Fachministerium zum Ziel hat. Wichtig ist jetzt, daß die Hochschule dem Bauvorhaben der Bibliothek eine hohe zeitliche Priorität einräumt, da die jeweilige Landesregierung alle vorgesehenen Bauprojekte noch einmal in einer Liste ordnet, und die hier eingenommene Position für das Fortschreiten des Bauvorhabens von entscheidender Bedeutung ist.

Auf die Genehmigung des Raumprogramms folgt als nächster Schritt der Auftrag, die Vorplanung zu erstellen, entweder an das Staatshochbauamt, das dann die Durchführung des Bauvorhabens übernimmt, oder an ein Architekturbüro mit ausgewiesener Erfahrung, oder aber ein Wettbewerbsverfahren wird eingeleitet (zum Planungsauftrag und zu der Vergabearten s. Kap. VI.1.).
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Der in der genannten Art und Weise ermittelte Entwurf muß für die Anmeldung zum Haushaltsplan und die Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel weiter ausgearbeitet werden, so daß die "Haushaltsunterlage Bau" (HU-Bau) vorgelegt werden kann. Bei der HU-Bau handelt es sich primär um eine Finanzierungsplanung, die der Ermittlung der Kosten und der detaillierten Festlegung von Gestaltung und Konstruktion des zu errichtenden Gebäudes dient und das Ziel hat, den Bedarf an Ausgaben und Verpflichtungsermächtigung für die einzelnen Haushaltsjahre festzulegen und dabei eine optimale Entwurfslösung für die Bauaufgabe zu finden. Sie umfaßt folgende Teile:

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Die HU-Bau wird von der Hochschulbauverwaltung in Zusammenarbeit mit dem beauftragten Architekten und den hinzugezogenen Sonderfachleuten erstellt. Verfahren und Zuständigkeiten können auch hier wie bei o.g. Genehmigungsverfahren in den Bundesländern unterschiedlich geregelt sein.

Schließlich gehört zu den Kostenberechnungen auch die Ermittlung der Austattungskosten, die einen gesonderten Teil der HU-Bau (sog. Teil III) ausmacht. Die Schätzung der Kosten für die Ersteinrichtung einer Bibliothek ist nur möglich und realistisch, wenn konkrete Preisermittlungen angestellt werden, wobei allein für das Anfordern der Angebote ein erheblicher Zeitaufwand einzukalkulieren ist.

Diese Kostenangaben sind von der Bibliothek zu erstellen und umfassen in jedem Fall die Kosten für die Ausstattung mit beweglichem Mobiliar, Textilien (z.B. Vorhänge) und bibliotheksspezifischem Arbeitsgerät. Eine besondere Stellung nimmt hierbei die Beschaffung der Bücherregalsysteme ein; hier ist die Grenze der Zuordnung zu Gesamtbaukosten bzw. Ersteinrichtung nicht immer eindeutig festgelegt, es bestehen wieder einmal von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Auffassungen. Bei fest eingebauten Magazinregalen kann man jedoch von einer Veranschlagung im Rahmen der Baukosten ausgehen. Nicht abgedeckt sind die Kosten für die EDV-Ausstattung, die völlig separat zu veranschlagen und zu beantragen sind und in der HU-Bau keine Berücksichtigung finden. Das Einrichtungsprogramm muß von der Hochschule gebilligt und zur gesonderten Genehmigung an das Fachministerium weitergeleitet werden und wird dann der HU-Bau zugefügt. Die "nutzende Verwaltung" erklärt zum Schluß ihr Einverständnis zu der Entwurfsplanung durch Unterschrift auf den Plänen und auf dem Erläuterungsbericht der HU-Bau. Änderungen oder Ergänzungen sind jetzt nicht mehr möglich.

Die HU-Bau durchläuft nun einen weiteren komplizierten Prüfvorgang durch die zuständigen Landesbehörden. In dieser Zeit sind Rückfragen und Beanstandungen zu erwarten, die generell eine Minderung der Kosten zum Ziel haben und zu einschneidenden Änderungen in Gestalt und Ausführung der ursprünglichen architektonischen Entwurfslösung führen können.
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Die bauliche Prüfung der HU-Bau erstreckt sich insbesondere auf Vollständigkeit der Bauunterlagen, Übereinstimmung mit dem genehmigten Raumprogramm, Berücksichtigung des Umweltschutzes, Wirtschaftlichkeit der Planung, Angemessenheit der Baukosten und der Baunutzungskosten, sowie auf die generelle Zielerfüllung in gestalterischer, funktionaler und technischer Sicht. Die genehmigte HU-Bau ist grundsätzlich bindend; sie ist die Grundlage für die weitere Planung und die Vorbereitung der Ausführung. Ein Nachtrag ist allerdings möglich und erforderlich, wenn eine erhebliche Abweichung z.B. durch Überschreitung der Gesamtbaukosten oder der Folgekosten zu erwarten ist. Ein Nachtrag zur HU-Bau bringt ein neues Genehmigungsverfahren mit sich, das im Falle von grundlegenden Änderungen des Entwurfs auch die Beteiligung des Nutzers mit einschließt.

Nach Abschluß dieses (letzten) Prüfvorgangs der HU-Bau wird das Bauvorhaben in die Hochbauprioritätenliste des Landes übernommen und konkret für den nächsten, jeweils mehrere Jahre umfassenden Rahmenplan des Bundes angemeldet. Dies schafft die Voraussetzung für die 50prozentige Mitfinanzierung durch den Bund nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG).

So umfaßt der 21. Rahmenplan für den Hochschulbau alle 16 Länder der Bundesrepublik Deutschland und erstreckt sich auf die Jahre 1992 bis 1995. Die Anmeldungen werden nach der im Hochschulbauförderungsgesetz vorgesehenen Regelung dem Wissenschaftsrat sowie dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft als Geschäftsstelle des Planungsausschusses zugeleitet.

Im Rahmen eines HBFG-Verfahrens wird eine Stellungnahme des Wissenschaftsrats abgegeben, die dieser unter Beteiligung seiner Arbeitsgruppe "Bibliotheken" erarbeitet. Bei der Beurteilung durch den Wissenschaftsrat spielen folgende Aspekte eine Rolle:

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Im Gespräch mit Vertretern des Landes und der Universität wird eine Stellungnahme vorbereitet, die vom Wissenschaftsrat verabschiedet werden muß. Es handelt sich um eine Gesamtbetrachtung der Rahmenbedingungen, Zielvorstellungen und Entwicklungsmöglichkeiten der jeweiligen Bibliothek, die meist mit einer Ortsbesichtigung verbunden ist. Nach Abschluß der Beratungen wird dem Bauvorhaben eine von vier Kategorien zugeteilt, die dann die Dringlichkeit der Maßnahme beurteilt:

Kategorie I: Positives Votum. Hohe zeitliche Priorität. Eine baldige Durchführung wird empfohlen. Empfehlung: Aufnahme in den nächsten Rahmenplan.
Kategorie II: Positives Votum, aber nachrangige zeitliche Priorität. Empehlung: Aufnahme in den nächsten Rahmenplan mit der Einschränkung, daß über die Freigabe des Baubeginns später entschieden wird. Die Planungskosten sind jedoch freigegeben.
Kategorie III: Zur Zeit keine Dringlichkeit des Vorhabens. Keine Aufnahme in den nächsten Rahmenplan. Eine erneute Anmeldung kann zu den kommenden Rahmenplänen stattfinden. Empfehlung: Keine Aufnahme in den nächsten Rahmenplan. Die Freigabe der Planungskosten wird im Einzelfall empfohlen.
Kategorie P: Prüfkategorie. Votum wird zurückgestellt, bis Prüfung durch den Wissenschaftsrat erfolgt. Empfehlung: Bis zur Prüfung Aufnahme in den nächsten Rahmenplan unter Vorbehalt. Die Freigabe der Planungskosten wird im Einzelfall empfohlen.
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Die Einordnung in Kategorie I gibt quasi den Startschuß für den Baubeginn, der dann auch hoffentlich bald erfolgt.

Ergebnis kann auch eine Einstufung in Kategorie II sein, verbunden mit der Aufforderung an das Land, bei Antrag auf Höherstufung des Bauvorhabens zu bestimmten Punkten Stellung zu nehmen, die beispielsweise das vorgelegte Archivierungskonzept betreffen können.

Neben dem entscheidenden Kriterium der Dringlichkeit des Bedarfs wird das zum Rahmenplan angemeldete Bauvorhaben auch nach Kostengesichtspunkten beurteilt. Die dazu herangezogenen Kostenrichtwerte werden jährlich mit der Fortschreibung des Rahmenplans überprüft und gegebenenfalls den sich ja ständig verändernden (d.h. steigenden!) Baukosten angepaßt.

Die Beschränkung dieser Darstellung auf Universitätsbibliotheken ist insofern vertretbar, als hier noch am ehesten eine "Modellablaufplanung" vorgestellt werden kann. Das kann bei Planungen für beispielsweise eine Landesbibliothek in mancher Phase etwas anders aussehen. Zentrale Projektphasen wie die Erstellung und Genehmigung des Raumprogramms, die Aufstellung der HU-Bau oder - im Hochschulbereich - die Gutachtertätigkeit des Wissenschaftsrats sind jedoch weitgehend für alle Bauvorhaben im Geltungsbereich der Staatlichen Bauverwaltungen verbindlich und in den jeweiligen Richtlinien für die Durchführung von im öffentlichen Interesse stehenden Baumaßnahmen festgeschrieben.

Barbara Schneider-Eßlinger


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