17
Höhepunkte
DA IST ZUM BEISPIEL DIE SACHE MIT DEN „LARGER
PLACES“.
Weil es in den USA üblich ist, eine Städtebe-
zeichnung durch den Zusatz des Bundesstaates zu präzisieren
– „
Washington (D.C.)“ –, ist dies dort auch bei der bibliogra-
fischen Erschließung Usus. Übertragen ins Deutsche hieße
das, dass die Ortsbezeichnung für Köln immer „Köln (Nord-
rhein-Westfalen)“ lauten müsste. Ist das sinnvoll? Über solche
Fragen haben rund 40 Kolleginnen und Kollegen aus der
Deutschen Nationalbibliothek sowie anderen Bibliotheken,
Verbünden und Institutionen 2013 intensiv gebrütet. Sechs
Mal sind die Mitglieder der Arbeitsgruppe RDA im großen
Sitzungssaal zusammengekommen, um Punkt für Punkt zu
klären, ob und wie sich jede einzelne Regel des neuen, an
einigen Stellen (noch) anglo-amerikanisch geprägten Erschlie-
ßungsstandards „Resource Description and Access” (RDA)
im deutschsprachigen Raum anwenden lässt. Eine Kärrner-
arbeit, aber eben notwendiger Teil des großen Rades, das die
Deutsche Nationalbibliothek momentan dreht.
Im Mai 2012 hat der Standardisierungsausschuss beschlossen,
das hierzulande seit den 1970er-Jahren geltende Regelwerk
„
Regeln für die alphabetische Katalogisierung“ (RAK) durch
den internationalen Erschließungsstandard RDA abzulösen.
Dahinter verbirgt sich nichts Geringeres als die Ambition,
die bibliografische Praxis in die globalisierte und digitalisier-
te Welt zu überführen. Traditionell verfügen Bibliotheken je
nach Land meist über eigene Erschließungsregeln. Das klapp-
te gut, so lange sie für sich arbeiteten. Effizient war es nie,
weil es den Austausch von Datensätzen erschwerte und jedes
Buch weltweit mehrfach erschlossen werden muss. Daher sind
seit vielen Jahren Bestrebungen im Gang, internationale Stan-
dards für die technischen Formate, die Normdaten und auch
die Erschließungsregeln zu übernehmen. Hinzu kommt das
Problem der „Datenstruktur“: Die bisherigen Datensätze sind
nur bedingt internettauglich. Den eigentlichen „Trumpf“ der
RDA sehen Kenner darin, dass die nach diesem Standard
erzeugten Informationen den Anforderungen des Semantic
Web und von Linked Data entsprechen. Die Vision: Künftig
sollen die Daten problemlos ins World Wide Web eingespeist
und dort vernetzt werden können. Für ihre Verwendbarkeit
wäre das ein Quantensprung, weltweit könnten Benutzer Me-
dien aller Art deutlich leichter finden, auswählen und den
Zugang zu ihnen erhalten.
In diesem globalen Projekt ist die hiesige Bibliotheks-Com-
munity unter den nicht-englischsprachigen diejenige, die die
Herausforderung am konsequentesten angeht – unter Feder-
führung der Deutschen Nationalbibliothek. Diese sitzt an
entscheidenden Stellen in nationalen wie internationalen
Gremien: vom deutschen Standardisierungsausschuss über
die European RDA Interest Group (EURIG) bis hin zum
Joint Steering Commitee for Development of RDA (JSC).
Seit August 2013 ist sie auch als erste nicht-anglo-amerika-
nische Institution Mitglied im Committee of Principals, der
höchsten Instanz für die strategische Entwicklung der RDA.
Auf allen Ebenen bringen ihre Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter ihre Expertise in den Prozess ein. Um die Akzeptanz
für „das Neue“ zu fördern, setzt die DNB dabei bewusst
auf einen kooperativen Ansatz. Das ambitionierte Ziel: Ende
2015
soll der Umstieg in Deutschland, Österreich und der
deutschsprachigen Schweiz vollzogen sein.
Auf diesem Weg wurden 2013 erhebliche Strecken gemeis-
tert. Im Mai wurde die deutsche Übersetzung in der Online-
Version der RDA – dem RDA-Toolkit – freigeschaltet, im Juli
ist der deutsche Text in gedruckter Form erschienen. Im Sep-
tember lag ein Großteil der erforderlichen Anpassungen für
die Gemeinsame Normdatei zur Abstimmung vor. Außer-
dem wurde der Praxistest begonnen, sind Vorbereitungen für
die Implementierung getroffen und ist ein Konzept für die
Schulung all derer erarbeitet, die das Regelwerk anwenden
werden. Am prägendsten war jedoch die oben beschriebene
Ausarbeitung der Anwendungsregeln für den deutschsprachi-
gen Raum, bei dem sich viele Partner über eine Fülle von
Detailfragen verständigen müssen – und ihre Ergebnisse mit
dem übergreifenden internationalen Prozess der Weiterent-
wicklung der RDA abstimmen müssen. Doch selbst dieser
Berg war Ende 2013 nahezu bewältigt. Und auch bei der
Frage der „Larger Places“ ist man einen Schritt weiter: Die
Arbeitsgruppe RDA hat beim JSC einen Änderungsantrag
eingereicht, die Regel so zu ändern, dass „Nordrhein-West-
falen“ kein zwingender Zusatz der Ortsbezeichnung „Köln“
ist, sondern als eigenes Datenelement erfasst werden kann.
Das große Rad – es dreht sich.
The German National Library is currently leading efforts to
introduce the new Resource Description and Access (RDA)
standard in the German-speaking countries. Significant progress
was made in 2013. In May the German translation of the code
was released as part of the online version of RDA – the RDA
toolkit. A printed version followed in July. In August 2013
the DNB became the first non-Anglo-American member of
the Committee of Principals. The majority of the necessary ad-
justments to the Integrated Authority File (GND) were present-
ed for approval in September. The practical test phase was also
launched, the roll-out was prepared and training programmes
elaborated. The most significant developments, however, were
the joint creation and adaptation of application rules for the
German-speaking countries.