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Höhepunkte
Dadurch, dass wir das Thema so weit fassen, zeigen wir
die enorme Vielschichtigkeit des Phänomens Exil und sei-
ne Auswirkungen auf die Menschen und ihre Künste“, so
Asmus. Die Ausstellung zieht Verbindungslinien zwischen
jeweils spezifischen historischen Zusammenhängen, indem
sie Lebensdokumente, Objekte, Briefe und natürlich die
Werke von Exilierten aus eben diesen unterschiedlichen
historischen Kontexten zeigt und miteinander verknüpft.
Die „Künste“ im Exil bestehen nämlich aus mehr als den
Werken der Künstler und Künstlerinnen – auch Exponate,
die Aufschluss über die Lebens- und die Produktionsbe-
dingungen der Menschen, deren Netzwerke im Zufluchts-
land sowie ins Herkunftsland geben, gehören unmittelbar
zu den gezeigten Exponaten. „Die Ausstellung nähert sich
dem Phänomen ,Künste im Exil‘ aus zwei Richtungen
an, zum einen aus einer auf die historischen Umstände
konzentrierten, zum anderen durch eine klare Fokussie-
rung auf die Objekte“, sagt Sylvia Asmus. „Oft ermöglicht
ein vermeintlich randständiges Objekt einen zusätzlichen
Blick auf das Thema“, ergänzt sie und verweist auf eine
Preisliste für Massagen aus der Künstlerkolonie Yaddo im
US-amerikanischen Saratoga Springs.
Man soll stöbern, entdecken, flanieren – aber natürlich
auch gezielt suchen können. Dafür vereint die Website
virtuell mehrere Dutzend Archive und Museen, die Ex-
ponate digitalisiert zur Verfügung stellen. Die Ausstellung
verknüpft in kuratierten Galerien Objekte miteinander, die
nicht nur aus dem erwähnten Netzwerk von Kulturein-
richtungen stammen, sondern auch unterschiedlichsten
Kunstsparten, Material- und Medientypen zuzuordnen
sind. Den Besuchern der Ausstellung kommt dabei eine
besondere Aufgabe zu: Sie folgen keinem festgelegten Weg,
sondern legen individuelle Klickwege durch die Ausstel-
lung zurück und erschließen so eine eigene Vorstellung
von Künsten im Exil. Dabei sollen die Besucher auch
ruhig einmal an unvorhergesehenen Wegkreuzungen ab-
biegen, spontan auf einer Seite verweilen oder sich über-
raschen lassen. Sei es zum Beispiel von einem längeren
Gespräch von Herta Müller mit Liao Yiwu über ihre je-
weiligen Erfahrungen mit Repression und Exil. Oder sei
es von einem der anderen Audio- oder Videointerviews,
die das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 der Deutschen
Nationalbibliothek im Rahmen des „Zeitzeugenprojekts“
aufgesetzt hat und in dem Exilkünstler wie der Fotograf
Hans Günter Flieg oder die Malerin Agi Straus selbst zu
Wort kommen.
Auch technisch ist die Website auf dem neuesten Stand. So
passt sich ein bildschirmfüllendes sogenanntes „Responsive
Design“ dynamisch an die Größe des Bildschirms an und
präsentiert die vielfältigen Exponate auch auf mobilen Ge-
räten wie Tablet-PCs optimal. All dies hat die Deutsche Na-
tionalbibliothek selbstverständlich nicht ohne externe Hilfe
bewerkstelligt. Nach einer EU-weiten Ausschreibung erhielt
2012
die Berliner Agentur Init den Zuschlag, die Konzepti-
on, Gestaltung und technische Umsetzung der Ausstellungs-
plattform umzusetzen. Daneben unterstützte die Iglhaut +
von Grote GmbH, ein Berliner Büro für Ausstellungen, Mu-
seumsplanung und kulturelle Projekte, bei der inhaltlichen
und gestalterischen Konzeption sowie der Redaktion und
Medienproduktion.
Das Projekt ist bis Ende 2014 finanziert. Bis dahin werden
noch viele weitere Kunstwerke und Künstlerpersönlichkei-
ten die Ausstellung ergänzen, bereichern und zum virtuellen
Flanieren animieren. Und danach? „Es ist davon auszugehen,
dass es auch danach eine lebende Ausstellung bleiben wird“,
zeigt sich Sylvia Asmus zuversichtlich.
The “Arts in Exile” website went online in 2013. More than
30
research institutions, archives, museums and galleries have
joined forces to create this project network: alongside the Deutsches
Literaturarchiv Marbach – which has been involved right from the
outset – further network members include the Jewish museums in
Frankfurt, Berlin and Munich, the Bundesarchiv, the Max-Beck-
mann-Archiv, the Academy of Arts and the Gesellschaft für Exil-
forschung. The Österreichische Exilbibliothek in Vienna, the Thom-
as-Mann-Archiv in Zurich and the Schweizerische Literaturarchiv
are also involved. And naturally also the German Exile Archive
1933–1945
of the German National Library which has also been
leading the project. The overriding aim of this virtual exhibition is
to make the life and work of exiled artists and intellectuals acces-
sible – as an important and decisive part of our cultural heritage
and as a sign of remembrance and commemoration,” as the former
Federal Government Commissioner for Culture and the Media,
Bernd Neumann, emphasised during the project presentation in
the Chancellery on 18 September 2013. Neumann had launched
the project a year earlier, providing three quarters of a million
euros of funding in the first step. A further two million euros have
been invested into the digitisation of works of art by the various
participating institutions in setting up the exhibition. The result
is a website which effectively shines a spotlight on the exiles and
their work – including visual artists, photographers, writers, ar-
chitects, theatre and film directors, dancers, actors and musicians.
The main groups being honoured are the creative artists who fled
from the National Socialist dictatorship, but also emigrants from
the former GDR and contemporary exile artists who have come to
Germany in search of shelter from political persecution at home.