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Höhepunkte
Am 5. April 2012 ging eine Ära zu Ende.
Seit vielen
Jahren waren die Gemeinsame Körperschaftsdatei (GKD),
die Personennamendatei (PND) und die Schlagwortnormda-
tei (SWD) sowie die Einheitssachtitel-Datei des Deutschen
Musikarchivs (DMA-EST-Datei) wichtige Arbeitsinstrumen-
te der Bibliothek. In den jeweiligen Normdateien fanden
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Erschließung
exakte Angaben, wie die Namen von Personen, Orten und
Gebäuden, Körperschaften und Kongressen anzusetzen und
mit welchen Schlagwörtern Publikationen zu versehen sind.
Die Ergebnisse dieser Arbeit ermöglichten den Nutzerinnen
und Nutzern eine erfolgreiche Recherche. Die Datensätze
wurden kooperativ mit anderen Bibliotheken erstellt und
für deren Erschließungsarbeit und für Anwender wie Archive
und Museen als Nachschlagewerke zur Verfügung gestellt.
An jenem 5. April aber wurden die vier Dateien, in denen
das Wissen und die Arbeit von Jahrzehnten gespeichert sind,
geschlossen. Ihre Zeit war abgelaufen.
Das Ende einer Ära ist oft der Anfang einer neuen. So auch in
diesem Fall. Schon vierzehn Tage später, am 19. April, lieferte
die Deutsche Nationalbibliothek die Gemeinsame Normdatei
(GND) aus: Die neue Datenbank mit knapp zehn Millionen
Einträgen enthält alle Inhalte der bislang getrennt geführten
Normdateien. Aus vier Dateien war eine geworden. Vor allem
aber wurde dadurch die bisherige Heterogenität überwunden.
Bislang wurde nämlich jede Normdatei in einem anderen
technischen Format geführt, zudem lagen ihnen unterschied-
liche Regelwerke zugrunde. Die Datensätze ließen sich nur
eingeschränkt verwenden, austauschen und verlinken. Genau
darum aber geht es in zunehmendem Maße. In der digitalen
Welt von heute sind standardisierte, vernetzbare und web-
taugliche Daten gefragt.
Also hat sich die Deutsche Nationalbibliothek als zentraler
Normdatenproduzent zusammen mit ihren Partnern vor drei
Jahren auf den Weg gemacht. In enger Kooperation mit
allen Bibliotheksverbünden des deutschsprachigen Raums,
der Zeitschriftendatenbank (ZDB) und zahlreichen weiteren
Institutionen sollte eine moderne und zukunftsweisende
Normdatei entwickelt werden. Die Aufgabe war gewaltig.
Die größte technische Herausforderung bestand darin, ein
Format zu generieren, in das sich sämtliche Informationen
der bisherigen Normdateien überführen lassen, das zusätzli-
che Informationen speichern kann und das sich zudem an
internationalen Standards orientiert. Gesucht wurde also ein
Format, das sowohl intern als auch extern funktioniert sowie
mit Vergangenheit und Zukunft gleichermaßen kommuni-
zieren kann. Die Antwort lautet MARC 21 Authority. Neu
und wegweisend sind darin die systematischen Verlinkungen
innerhalb der Normdatei zwischen verschiedenen Entitäten,
was die Erschließungsarbeit zum Teil erheblich efzienter
macht. Und für die Nutzerinnen und Nutzer verbessert es
die Recherchemöglichkeiten, da sie durch die verlinkten Da-
tensätze navigieren und zusätzliche Informationen gewinnen
können. Darüber hinaus ist durch die persistenten Identifer
der dauerhafte Zugrif auf die Normdatensätze garantiert.
Die Abweichungen in den zugrunde liegenden Regelwerken
ließen sich nicht in einem Schritt überwinden. Daher haben
die beteiligten Partner für die GND rund 100 Übergangsre-
geln erarbeitet – immer auch im Hinblick darauf, dass ein
Umstieg auf das neue internationale Regelwerk Resource De-
scription and Access (RDA) geplant ist. Mit der Zusammen-
führung der Datensätze ging außerdem der Anspruch einher,
ihre Qualität zu optimieren. Dubletten und Inkonsistenzen,
die sich im Laufe der Jahrzehnte eingeschlichen hatten, sollten
identifziert und ausgeräumt werden. Zum Teil ging das ma-
schinell. Nicht selten aber wurde über einzelne Defnitionen
oder Vorzugsbenennungen in Gremien diskutiert und schließ-
lich abgestimmt. Diese Arbeiten sind weit gediehen, werden
aber im laufenden Betrieb der GND fortgesetzt.
Tatsächlich ist die GND planmäßig zum 1. Juli 2012 in den
Regelbetrieb übergegangen. Allein das ist angesichts der Kom-
plexität der Aufgabe und der Vielzahl der beteiligten Partner
ein Erfolg. Doch auch das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Die deutschsprachigen Bibliotheken verfügen nun über ein
einheitliches und eindeutiges Datenwerk, das technisch auf
der Höhe der Zeit ist und erweiterte Nutzungsmöglichkeiten
bietet. Besser vernetzbar, transparenter, zugänglicher – die
GND bringt mit, was im Zeitalter des Web 2.0 nötig ist,
um Informationen auch über das Bibliothekswesen hinaus
darstellen, verlinken und fnden zu können. Eine neue Ära
hat begonnen.
The German National Library rolled out the newly developed Integrated
Authority File (GND) as planned on 19 April 2012. In a project lasting
three years all preconditions were created by the partners for transferring
the existing separate authority files – the Corporate Body Authority
File (GKD), the German Personal Name Authority File (PND), the
Subject Headings Authority File (SWD) and the Uniform Title File of
the German Music Archive (DMA-EST file) – into a single database.
Differences in the format and inconsistencies between the different files
were rectified as part of the transfer. The GND now provides libraries in
the German-speaking countries with an advanced reference system which
is technically state-of-the-art, offers extra use options and facilitates the
networking and searchability of information both inside and outside
the library system.