Publikationen Hierarchiestufe höher Vorherige Seite Nächste Seite

Kommissionen des Deutsches Bibliotheksinstitut
Tätigkeitsberichte 1996

(7) Kommission des DBI für Bibliotheksrecht

Vorsitzende:Gabriele Beger, Berlin
Weitere Mitglieder:Claudia Holland, Leipzig
Dr. Hans-Burkard Meyer, Ausgburg
Prof. Klaus Peters, Köln
Monika Rasche, Münster
Berichterstattung im Fachbeirat:Ulrich Moeske, Dortmund
Betreuung im DBI:Helmut Rösner
Sitzungen:27. - 28.2.1996, Köln
21. - 22.10.1996, Augsburg
Öffentliche Sitzung:29.5.1996, Bibliothekartag Erlangen

Wieder erreichten die Rechtskommission zahlreiche Anfragen aus der Bibliothekspraxis: Die Fragen betrafen u. a. die Prüfung von Benutzungsordnungen bzw. -bedingungen, das Vertragsrecht zu Abonnements und CD-ROM-Lizenzverträge, aber vor allem die Nutzung des Internets. Letztgenannte Themen werden 1997 zum Bibliothekskongreß in Dortmund ausführlich von der Rechtskommission vorgestellt.

Im Mittelpunkt der Tätigkeit standen - wie bereits im Vorjahr - bibliothekspolitische Aktivitäten zur Umsetzung der EG-Richtlinie zum Schutz von Datenbanken in das nationale Recht. 1996 wurden im Rahmen der Umsetzung insgesamt drei umfangreiche Stellungnahmen im Auftrag der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände und des Deutschen Bibliotheksverbandes erarbeitet und an das Bundesministerium für Justiz sowie an den Bundestag geleitet. In diesem Zusammenhang bekam die Rechtskommission Gelegenheit, an zwei Anhörungen im BMJ, an einer Diskussionsrunde der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn und nicht zuletzt an der Anhörung der "Enquete-Kommission Neue Medien im digitalen Umfeld" des Bundestages teilzunehmen und die Interessen der Bibliotheken sowie ihrer Bibliotheksbenutzer zu vertreten.

Anlaß war der Gesetzesentwurf eines Informations- und Kommunikations-dienste-Gesetzes (IuKDG), der die EG-Richtlinie zum Schutz von Datenbanken in deutsches Recht termingerecht zum Ende des Jahres 1997 umsetzen soll. Mit diesem Gesetz wird zugleich das Urheberrechtsgesetz geändert, indem für Datenbanken in elektronischer und nichtelektronischer Form grundsätzlich gleicher Schutz gewährt werden soll. Die sogenannte Kopierfreiheit (§ 53 UrhG) wird bei einem privaten Gebrauch (§ 53 Abs. 1) zukünftig das Kopieren nur noch aus nichtelektronischen Datenbanken gestatten; und aus elektronischen Datenbanken dürfen zum sonstigen eigenen Gebrauch (§ 53 Abs. 2 ff) kleine Teile kopiert werden bzw. wesentliche Teile, nur wenn die Herstellung der Datenbank nicht mit einer wesentlichen Investition verbunden war. Das Investieren in die Produktion von Datenbanken wird durch ein neues Leistungsschutzrecht (sui generis) in das Urheberrecht Eingang finden. Danach ist das zustimmungsfreie Kopieren von wesentlichen Teilen nur noch der Forschung und Lehre sowie dem Unterricht vorbehalten.

Die Stellungnahmen der Rechtskommission begrüßten einerseits die explizite Regelung der urheberrechtlichen Behandlung von Datenbanken, wiesen aber andererseits entschieden darauf hin, daß die Gleichbehandlung von elektronischen und nichtelektronischen Datenbanken in der Praxis zu einer zukünftigen Ungleichbehandlung von Printmedien führen wird, die durch juristische Laien nur schwer nachvollziehbar ist, aber vor allem, daß die zustimmungsfreie Kopiertätigkeit allen Bibliotheksbenutzern unabhängig von einem universitären Gebrauch möglich bleiben muß. Dabei wurde insbesondere die zunehmend wichtige Stellung der Öffentlichen Bibliotheken in unserer Informationsgesellschaft hervorgehoben und auf die Notwendigkeit, für alle Bürger Zugang zu jeder Information zu gewährleisten, verwiesen.

Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Erarbeitung von Stellungnahmen zu den Verhandlungstexten der WIPO zur gleichen Themenstellung auf inter-nationaler Ebene.

Um bei den derzeitigen mannigfaltigen Aktivitäten auf nationaler, europäischer und internationaler Plattform die Bibliotheksbelange einheitlich vertreten zu können, ist ein Höchstmaß an Abstimmung unter den Interessenvertretern notwendig. Die Rechtskommission des DBI arbeitet deshalb eng mit der BDB, dem DBV, der EBLIDA, der ECUP und anderen artverwandten Branchen zusammen.

In diesem Zusammenhang stand auch die Mitwirkung der Rechtskommission bei den Verhandlungen zu einer Vereinbarung mit dem Börsenverein zur Bund-Länder-Initiative SUBITO, die unabhängig von den unterschiedlichen Rechtspositionen - die u. a. ihren Ausdruck in dem Musterprozeß des Börsenvereins gegen die Technische Informationsbibliothek Hannover fand - den SUBITO-Testbibliotheken das elektronische Dokumentenbestell-, Speicher- und Lieferverfahren einräumen soll.

Ein völlig anderes Thema stellte die Prüfung von Bibliothekshandlungen auf eine mögliche Relevanz zum Wettbewerbsrecht dar. Durch die Sparzwänge in fast allen Kommunen werden in den Bibliotheken oft marktwirtschaftliche Tätigkeiten - wie z. B. der Verkauf von Gegenständen, Vermietung von Räumen und Flächen, die Bewirtschaftung von Lesecafes oder Bibliothekswerbung - ausgeübt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß Bibliotheken mit diesen Handlungen nicht marktbeherrschend wirken, also nicht den freien Wettbewerb beeinträchtigen und somit nicht gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Dieses Thema wurde auf dem Bibliothekartag 1996 und im Bibliotheksdienst Heft 10 dargestellt.

Über die neuen bibliotheksrechtlichen Entwicklungen und Rechtsprobleme in einzelnen bibliothekarischen Arbeitsbereichen informierte die Vorsitzende im Rahmen einer ausgedehnten Vortrags-, Lehr- und Fortbildungstätigkeit.

Veröffentlichungen

* Die Veröffentlichungen der Rechtskommission sind auch im Volltext über den WWW-Server des DBI zugänglich.

Gabriele Beger


Seitenanfang