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Kommissionen des Deutsches Bibliotheksinstitut
Tätigkeitsberichte 1996

(3) Kommission des DBI für Benutzung und Information

Vorsitz:Dr. Gisela Herdt, Berlin
Weitere Mitglieder:Dr. Ekkehard Henschke, Leipzig
Dr. Horst Neißer, Köln
Werner Schwarz, Augsburg
Beate Straka, Stuttgart
Betreuung im DBI:Ulla Usemann-Keller
Berichterstatter im Fachbeirat:ÖB: Regine Wolf-Hauschild, Heidelberg
WB: Dr. Georg Ruppelt, Wolfenbüttel
Round table:19.02. Frankfurt/M.: Online-Auskunftsdienst
Expertengruppe:Auswahlliste Informationsbestände
Sitzungen:20./21.02. Frankfurt/M.
21./22.10. Köln
Öffentliche Veranstaltung:28.05. Erlangen, gemeinsam mit der Konferenz der Zentralkataloge
Die personelle Zusammensetzung der Kommission blieb auch im letzten Jahr der Amtsperiode unverändert.

Einer nun schon längeren Tradition entsprechend hielt die Kommission engen Kontakt zu der Konferenz der Zentralkataloge (KZK), stimmte insbesondere alle Stellungnahmen zu Leihverkehrsfragen mit ihr ab und hielt auch wieder auf dem Bibliothekartag in Erlangen eine gemeinsame öffentliche Sitzung ab. Neu in dieser Amtsperiode war der Austausch von Sitzungsprotokollen mit der bayerischen Benutzungskommission. Durch die Mitgliedschaft von Werner Schwarz in beiden Gremien war die gegenseitige Information optimal gewährleistet. Dabei waren für die DBI-Kommission die praxisnahen Arbeiten der bayerischen Kommission in bezug auf neue Techniken bei der Bestell- und Dokumentübermittlung besonders aufschlußreich.

Der Schwerpunkt der Kommissionsarbeit lag 1996 in den Bereichen Online-Auskunftsdienst, Dokumentlieferdienste außerhalb des Leihverkehrs und Internationaler Leihverkehr.

Online-Auskunftsdienst

Zu dem von der Kommission veranstalteten Round Table im Februar 1996 waren Auskunfts-Experten aus wissenschaftlichen und Öffentlichen Bibliotheken geladen. Da Praktiker hier Gelegenheit hatten, über Probleme und Defizite bei ihrer täglichen Arbeit zu sprechen und dabei Wünsche für unterstützende Maßnahmen durch das DBI zu formulieren, wurde der Round Table von den Teilnehmern allgemein als Erfolg gewertet. Es wurde der Wunsch nach weiteren Zusammenkünften dieser Art geäußert, um ein Forum für den Austausch praxisbezogener Erfahrungen zu schaffen. Auf diesem 1. Round Table der Auskunfts-Bibliothekare reichte die Zeit nicht aus, um den Komplex Online-Ordering zu erörtern, und so sollte sich damit schwerpunktmäßig der 2. Round Table befassen. Die Kommission unterstützt diesen Wunsch nachdrücklich und hofft, daß ein 2. Round Table der Auskunfts-Bibliothekare 1997 zustandekommt. Über die Ergebnisse des 1. Round Table unterrichteten zwei Teilnehmer in Kurzreferaten auf der öffentlichen Sitzung der Kommission und der KZK während des Bibliothekartages in Erlangen.

Kostenpflichtige Dokumentlieferdienste

Wie schon 1995 beschäftigte sich die Kommission auch 1996 mit dem Angebot an kostenpflichtigen Dokumentlieferdiensten. Es wurde eine Übersicht aller für deutsche Bibliotheken relevanter in- und ausländischer Dokumentlieferdienste erstellt und das Leistungsangebot im Vergleich mit den Kosten und den tatsächlich erbrachten Leistungen auf Grund der praktischen Erfahrungen der in der Kommission vertretenen Bibliotheken bewertet. Auf diesem Sektor der Benutzungsdienste sollte die Kommission auch weiterhin tätig werden. Durch Umfragen in Bibliotheken über Erfahrungen hinsichtlich Bearbeitungszeit, Erledigungsrate, Akzeptanz durch die Benutzer und Auswertung der Umfrageergebnisse kann die Kommission nützliche Hinweise über die Effizienz einzelner Dienste geben und damit die Aussagen in Werbebroschüren teilweise zurechtrücken.

Der Komplex SUBITO beschäftigte selbstverständlich auch die Kommission. Sie nahm die sich langsam wandelnden und präzisierenden Vorstellungen und Realisierungsschritte zur Kenntnis und informierte während der öffentlichen Sitzung in Erlangen über den damaligen Planungsstand.

Deutscher Leihverkehr

Thematisiert wurden Fragen der Zulassung von Bibliotheken zum Überregionalen Leihverkehr, angemessene Maßnahmen gegen Bibliotheken, die mit eigenen Leihscheinen unberechtigt am Leihverkehr teilnehmen, die Art des Postversands im Leihverkehr, d. h. die wahlweise Versendung als Paket oder Büchersendung und die Ergebnisse des Projekts Büchertransportsysteme. Diese Ergebnisse wurden 1996 teilweise bereits in die Praxis umgesetzt. Auf einer von der Projektleitung einberufenen Sitzung in Göttingen im September wurden Erfahrungsberichte über die inzwischen eingerichteten Container-Transporte per Bahn zwischen Göttingen und Regensburg und zwischen Göttingen und Saarbrücken sowie über den Container-Transport per Post zwischen Göttingen und Lüneburg gegeben. Ein Kostenvergleich zwischen dem Container-Transport und dem bisherigen traditionellen Postversand spricht sehr eindeutig für die Container-Lösung. Für die weitere Neuordnung der Transportdienste nach Maßgabe der Projektergebnisse ist es jedoch erforderlich, einen aktuellen Überblick über die Transportströme des gebenden Leihverkehrs durch eine vierwöchige Stichprobenerhebung Anfang 1997 in den Bibliotheken zu gewinnen.

Die Ergebnisse einer Umfrage unter 26 deutschen Bibliotheken über den Versand von alten Drucken bzw. von Ersatzmedien im Leihverkehr wurden im Rahmen des 2. Tübinger Symposiums in Blaubeuren im November vorgetragen und diskutiert. Auf diesem Symposium wurde unter anderem beschlossen, Initiativen zu ergreifen, um in der bevorstehenden Neufassung der Leihverkehrsordnung die Bedingungen für den Leihverkehr von alten Drucken zu aktualisieren und zu konkretisieren.

Die von der Kommission 1995 veröffentlichten Richtlinien für Nicht-Buch-Materialien im Leihverkehr stießen bezüglich der Empfehlung für Mikrofilme auf Kritik. Es zeigte sich, daß der in den Richtlinien verwendete Begriff Originalfilm mißverständlich ist, weil darunter manche den Masterfilm verstehen. Bei einer Neuauflage der Richtlinien sollte deswegen der entsprechende Passus ausführlicher gefaßt werden. Eine Fortschreibung der Richtlinien ist ohnehin wegen der Erfahrungen bei der Verleihung digitaler Medien dringend geboten.

Internationaler Leihverkehr

Im Bereich des Internationalen Leihverkehrs gab Mitte des Jahres die Mitteilung der Bibliothèque Nationale in Paris, ihre Leihverkehrsleistungen vorerst einzustellen und ab 1997 den Leihverkehr neu zu organisieren, Anlaß, sich einen Überblick über die Bestellungen deutscher Bibliotheken in Frankreich zu verschaffen. Eine Umfrage im Internet ergab, daß die Mehrzahl der deutschen Bibliotheken offenbar Monographien und auch Zeitschriften beim Centre de Prêt in Versailles und nicht auf Grund von Bestandsnachweisen gezielt bei den besitzenden Bibliotheken bestellt. Die vom Centre de Prêt verkauften Vignetten werden leider nur von einigen französischen Bibliotheken akzeptiert; andere machen unterschiedlich hohe Gebühren per Rechnung geltend. Es bleibt zu hoffen, daß die für Anfang 1997 angekündigte Neuregelung der Lenkung von Bestellungen aus dem Ausland durch die Bibliothèque Nationale die Erledigungen nicht verzögert und die zu zahlenden Gebühren kalkulierbar macht.

Für die zu erwartenden Kosten bei Online-Bestellungen oder Bestellungen auf IFLA-Leihscheinen in den USA enthält detaillierte Informationen das "Interlibrary Loan Policies Directory", herausgegeben von L. R. Morris in der Neuauflage von 1995. - In den USA laufen seit einigen Jahren sehr umfassende und gründliche Studien über die Kosten des gebenden und nehmenden Leihverkehrs, differenziert nach Ausleihe und nicht-rückgabepflichtigen Dokumenten. Da die Ergebnisse dieser Studien unter anderem auf den IFLA-Tagungen vorgetragen werden und somit eine größere Resonanz auch außerhalb der USA gegeben ist, werden sie künftig wohl auch bei der in Deutschland geführten Diskussion über die Kosten von elektronisch übermittelten Bestellungen und Dokumenten eine Rolle spielen.

Mit dem von der IFLA propagierten Voucher-System hat sich die Kommission ausführlich auf ihren beiden Sitzungen beschäftigt. Die Ende 1996 abgeschlossene Pilotphase für die Einführung von Gebührenmarken (Vouchers) als Zahlungsmittel im Internationalen Leihverkehr wurde vom IFLA Office for UAP und dem Standing Committee for Document Delivery and Interlending positiv beurteilt, obgleich die Zahl der sich weltweit an diesem neuen Zahlungssystem beteiligenden Bibliotheken noch relativ gering ist und sich deswegen das neue System in der Leihverkehrspraxis bisher zumindest in Deutschland nicht spürbar auswirkt. Die Kommission hat dennoch den deutschen Bibliotheken die Teilnahme daran empfohlen.

Nach der Vorstellung der Kommission sollten auch die Ergebnisse der Beratungen in der IFLA über die Kosten im Internationalen Leihverkehr Auswirkungen auf die Entgeltregelung der deutschen Bibliotheken im Internationalen Leihverkehr haben. Die von den deutschen Bibliotheken mehrheitlich angewandte Praxis, das nationale Schrifttum kostenlos im Internationalen Leihverkehr zur Verfügung zu stellen, ist international nicht durchsetzbar. Allerdings kann es zweckmäßig sein, daß einzelne Bibliotheken des In- und Auslandes bilaterale Absprachen über eine generell kostenlose Ausleihe bzw. Lieferung zum Verbleib treffen, wenn das reziproke Verhältnis von Geben und Nehmen im allgemeinen ausgewogen ist. Generell empfiehlt jedoch die Kommission in einem entsprechenden Antrag an die Sektion IV des DBV, für die Ausleihe eines Mediums bzw. für die Lieferung bis zu 20 Kopien eine einheitliche Gebühr von DM 15,- oder einen Voucher im Wert von zur Zeit US $ 8 zu erheben, ohne dabei zu unterscheiden, ob es sich um ein deutschsprachiges bzw. ein in Deutschland erschienenes Werk oder ein im Ausland erschienenes Werk handelt.

Auswahlliste Informationsbestände in Öffentlichen Bibliotheken

Da von der Diskettenausgabe nur wenige Exemplare gekauft wurden, empfiehlt die Kommission, die Auswahlliste nicht mehr als Diskette sondern nur noch gedruckt zu veröffentlichen, und zwar im Bibliotheksdienst oder im Bibliotheksinfo oder als Anhang zu den IFB.

Chipkarten

Die Kommission bedauert, daß das vom DBI beantragte Projekt zur Untersuchung des Einsatzes multifunktionaler Chipkarten in Bibliotheken vom BMBF zur Zeit nicht bewilligt wird. So bleibt im Augenblick nur zu hoffen, daß die an den Universitäten Trier und Würzburg laufenden Untersuchungen sowie die Projekte kommerzieller Unternehmen zum Einsatz von Chipkarten mittelfristig zu brauchbaren Ergebnissen auch für die Bibliotheken führen.

Selbstverbuchungsgeräte

Die Kommission verschaffte sich einen Überblick über die Leistungen der in Deutschland eingesetzten Produkte der Firmen 3M, Sensormatic (früher Knogo) und ALS. Alle Produkte verbinden die Ausgabeverbuchung mit der Deaktivierung und Aktivierung von Sicherungsstreifen. Das leistungsfähigste aber auch teuerste Produkt ist der in der Stadtbibliothek Köln eingesetzte Automat, der von ALS in Zusammenarbeit mit Köln entwickelt wurde. Mit diesem Gerät werden Medien ausgabe- und rückgebucht, die Sicherungsstreifen deaktiviert bzw. aktiviert und zugleich die Benutzerkonten verwaltet.

Neue Medien in der Benutzung

Die bestmögliche Art der Sicherung von AV-Medien wurde thematisiert. Die verschiedenen Lösungen in der Praxis: Trennung von Hülle und Inhalt, Safer-Rahmen, Sicherungsetikett direkt auf dem Medium haben Vor- und Nachteile bzw. sind in ihrer Langzeitwirkung nicht erprobt.

Die Ausleihe von CD-ROMs hat in Öffentlichen Bibliotheken, aber auch in wissenschaftlichen Bibliotheken beträchtlich zugenommen. Bei Unsicherheiten, ob die Ausleihe im Hinblick auf die Selbstverpflichtungserklärung der deutschen Bibliotheken rechtlich zulässig ist, können Anfragen an Herrn Dr. Neißer (StB Köln), Herrn Moeske (StuLB Dortmund) oder Herrn Kranstedt (StB Paderborn) gerichtet werden.

Angesichts des reichen Marktangebots an Interaktiver Lernsoftware besteht in Öffentlichen Bibliotheken zunehmend ein Bedarf an Hilfestellungen bei der Auswahl. Keine Bibliothek ist mehr dazu in der Lage, den gesamten Markt zu überschauen und die einzelnen, häufgig recht teuren Produkte nach allen relevanten Qualitätskriterien zu prüfen. Die Kommission ist der Meinung, daß die EKZ ihre Aufgaben um eine derartige Dienstleistung erweitern sollte.

Viele Anregungen der ÖB-Vertreter in der Kommission konnten nicht weiterverfolgt werden, weil weder in der Kommission noch im DBI Personalkapazität für die Duchführung von Untersuchungen oder auch nur zum Sammeln und Ordnen von Informationen vorhanden war. Das betrifft unter anderem: Bibliothekarische Alternativen zu Zweigstellenschließungen von ÖBs, neue Präsentationsformen und Leitsysteme in ÖBs, Ratgeber für Produktdefinitionen in ÖBs, Gebührenstrukturen in ÖBs, Hilfestellungen für den gezielten Zugriff auf bibliothekarisch relevante Informationen, die über Internet oder kommerzielle Online-Dienste zugänglich sind.

Für die nächste Amtsperiode empfiehlt die Kommission außer den bereits oben erwähnten Fortsetzungen der Arbeit in den Bereichen Online-Auskunftsdienst und Bewertung der Leistungen kommerzieller Dokumentlieferdienste folgende Aufgabenschwerpunkte:

Veröffentlichungen

Informationen zum Leihverkehr. Von Gisela Herdt und Rolf-Dieter Saevecke.

  1. Rückseite des Bestellscheins im Überregionalen Leihverkehr
  2. Kostenübernahme-Erklärung auf Bestellscheinen
  3. Maßnahmen der gebenden Bibliothek bei Nichtrückgabe von Büchern im Leihverkehr
  4. Gebührenerhöhung im gebenden Internationalen Leihverkehr
    In: Bibliotheksdienst 30 (1996) 2, S. 285 - 289
Kommission des DBI für Benutzung und Information. Sitzung in Frankfurt/Main. Von Ulla Usemann-Keller. In: Bibliotheksdienst 30 (1996), 4, S. 643 - 645

Round-table zum Online- Auskunftsdienst. Von Ulla Usemann-Keller. In: Bibliotheksdienst 30 (1996) 4, S. 705 - 706

Jahresbericht 1995 der Kommission des DBI für Benutzung und Information. Von Gisela Herdt. In: Bibliotheksdienst 30 (1996) 5, S. 886 - 890

Die Deutsche Bibliothek. Information der Kommission des DBI für Benutzung und Information und der Konferenz der Zentralkataloge. Von Gisela Herdt und Michael Dürr. In: Bibliotheksdienst 30 (1996) 8/9, S. 1513

Telefaxorder. Information der Kommission des DBI für Benutzung und Information. Von Gisela Herdt. In: Bibliotheksdienst 30 (1996) 10, S. 1724

Informationen der Kommission des DBI für Benutzung und Information. Von Gisela Herdt.

  1. Leihverkehr mit der Russischen Staatsbibliothek in Moskau
  2. Verwendung der IFLA-Gebührenmarke (Voucher) als Zahlungsmittel im Internationalen Leihverkehr
  3. Entgelte im Internationalen Leihverkehr
    In: Bibliotheksdienst 30 (1996) 12, S. 2014 - 2015
Kommission des DBI für Benutzung und Information. Letzte Arbeitsvorhaben der auslaufenden Amtsperiode. Von Ulla Usemann-Keller. In: Bibliotheksdienst 31(1997) 1, S. 31 - 35.

Dr. Gisela Herdt


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