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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 12, 2000

Kommission des EDBI für Erwerbung und Bestandsentwicklung

Aussonderungen aus dem Bibliotheksbestand

Eine Arbeitshilfe

 

Zum Bestandsaufbau einer Bibliothek gehört neben dem Neuerwerb die kontinuierliche Aussonderung von entbehrlichem, nicht mehr benötigtem und selten genutztem oder von unbrauchbar gewordenem Schriftgut. Auf die Bedeutung der Einsparung von Magazinraum und der damit verbundenen Kostenreduzierung durch regelmäßige Aussonderungen hat der Wissenschaftsrat bereits 1986 in seinen Empfehlungen zum Magazinbedarf wissenschaftlicher Bibliotheken hingewiesen.

 

Vorschriften, Bestimmungen

Sofern landeseinheitliche Vorschriften erlassen wurden, sind sie die Grundlage für die Aussonderung von Bibliotheksgut aus dem Bibliotheksbestand. Sie regeln die Fragen der Aussonderung im jeweiligen Geltungsbereich und beziehen teilweise Fragen der Archivierung und Bestandserhaltung sowie die Behandlung von Geschenk- und Tauschliteratur ein. Eine Übersicht über aktuelle Vorschriften zur Aussonderung befindet sich im Anhang.

Bei Bibliotheksgut, das nicht auf Dauer in den Bestand aufgenommen wird oder das in kurzen Zeiträumen durch aktualisierte Ausgaben ersetzt wird (z. B. Telefon- und Kursbücher, Vorlesungsverzeichnisse, Zeitungen zur aktuellen Information, ...) kann gegebenenfalls auf eine Inventarisierung der Einzelstücke verzichtet werden. Damit erübrigen sich auch aufwendige Reinventarisierungs- und Aussonderungsarbeiten.

Jede Bibliothek hat zu prüfen, welche Vorschriften zugrunde zu legen und ob darüber hinaus besondere Bestimmungen in der zuständigen Trägereinrichtung zu berücksichtigen sind.

 

Zuständigkeiten

Für die Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Aussonderung von Bibliotheksgut vorliegen bzw. für die Feststellung der Abgabevoraussetzungen ist i.d.R. der Leiter der Bibliothek oder eine von ihm beauftragte Person zuständig. Er trägt auch die Verantwortung für die Einhaltung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen.

Die Fachkompetenz für Evaluierung des Bestandes und die Aussonderung, liegt i.d.R. beim zuständigen Fachreferat. Grundlage für Entscheidungen sind die lokalen Erwerbungsprofile und Richtlinien zum Bestandsaufbau.

 

Gegenstand der Aussonderung

Das auszusondernde Bibliotheksgut umfasst Materialien (zumeist Druckschriften oder Datenträger) aller Erwerbungsarten, das entbehrlich und/oder unbrauchbar geworden ist.

Entbehrlich ist Bibliotheksgut z. B., wenn es

Unbrauchbar ist Bibliotheksgut, wenn

Für Bibliotheksgut von besonderem Wert werden in den Vorschriften zum Teil spezielle Festlegungen und Einschränkungen zur Aussonderung getroffen, etwa im Hinblick auf Wertgrenzen oder Erscheinungsjahre und für Handschriften und Nachlässe.

Bei Aussonderungen, die auf Verluste oder Beschädigungen durch Nutzer zurückzuführen sind, ist darauf zu achten, dass die Verursacher auf der Grundlage der Benutzungsordnung der Bibliothek zu entsprechenden Ersatzleistungen verpflichtet werden.

 

Bestandsfeststellung, Abstimmung und Koordinierung

Dem unmittelbaren Aussonderungsvorgang gehen i.d.R. Ermittlungen voraus, die zur Entscheidungsfindung unerlässlich sind. Eine genaue Feststellung vorhandener Bestände ist notwendig bei Mehrfachexemplaren eines Titels und beim Vorhandensein älterer oder neuerer Auflagen. Bei interdisziplinärem Bibliotheksgut oder bei Titeln mit hoher Staffelung ist eine Abstimmung und Koordinierung zwischen den beteiligten Fächern/Fachreferaten sowie erforderlichenfalls zwischen Zentral- und Teilbibliotheken erforderlich. Vorhandene Daten zur Nutzungshäufigkeit sollten berücksichtigt werden.

Insbesondere bei Zeitschriften empfiehlt sich, in die Ermittlungen den Erscheinungsverlauf und die im jeweiligen Bibliotheksverbund und darüber hinaus vorhandenen Bestände einzubeziehen sowie das Vorhandensein elektronischer Volltexte zu berücksichtigen. Diese Daten sind wesentlich für Bewertung und Entscheidung über eine Aussonderung.

 

Aussonderungsgeschäftsgang

Um die Zuständigkeiten bei den mit der Aussonderung verbundenen Arbeitsprozessen eindeutig festzulegen und das Zusammenwirken zwischen Fachreferaten und den Bearbeitungsstationen zu regeln, kann es sinnvoll sein, den Geschäftsgang schriftlich zu formulieren. Dabei ist es zweckmäßig, alle mit dem Aussonderungsprozess verbundenen Einzelarbeitsgänge aufzuführen. Hierbei bewährt sich der Einsatz eines Laufzettels, auf dem die einzelnen Stationen mit Bearbeitungsvermerk und Signum des Bearbeiters, eventuell Datum, statistischen Angaben und gegebenenfalls Bestandshinweise aufgeführt werden können.

Die Universitätsbibliotheken Augsburg, Essen, Konstanz, Potsdam, Würzburg und Wuppertal haben der Kommission ihre Unterlagen zum Geschäftsgang zur Verfügung gestellt und sind bereit, interessierten Bibliotheken Auskunft zu geben.

Nach erfolgter Entscheidung über die Aussonderung schließen sich folgende Arbeitsgänge an:

Anbringen des Aussonderungsvermerkes im Inventarverzeichnis (ggf. mit Datum und Signum des Bearbeiters) sowohl bei konventioneller als auch bei rechnergestützter Inventarisierung.

Bereinigung aller konventionellen und EDV-gestützten Kataloge durch Ziehen der Zettel, Löschen des gesamten Eintrages, Löschen einzelner Signaturen und/oder Standortangaben sowie Korrektur bei Bestandsangaben (z. B. bei Zeitschriften, Loseblattsammlungen usw.). Dabei sind alle Kataloge des Bibliothekssystems zu berücksichtigen - Formal- und Sachkataloge, sowohl zentral als auch dezentral -, weiterhin sind Angaben in Verbundkatalogen und der Zeitschriftendatenbank zu korrigieren, sofern dies nicht automatisch erfolgt!

Entwidmung im Buch, wobei der Eigentumsstempel deutlich als ungültig gekennzeichnet werden muss, was i.d.R. durch einen "Ausgesondert"-Stempel der Bibliothek mit Datum und Signum des Bearbeiters geschieht. Das ist besonders beim Verkauf des ausgesonderten Bibliotheksgutes unverzichtbar und sollte dabei in einer ästhetisch ansprechenden Form erfolgen. Bei Exemplaren, die makuliert werden, ist es üblich, alle Seiten mit Besitzvermerken zu entfernen.

Führung von Statistiken als Arbeitsstatistik im Aussonderungsbereich, als Nachweis für die Deutsche Bibliotheksstatistik, als Grundlage für die Bestandszahlen der Bibliothek insgesamt bzw. aufgeschlüsselt nach Fächern und/oder Literaturkategorien entsprechend den statistischen Nachweisen, die lokal geführt werden.

 

Verwertung ausgesonderten Bibliotheksgutes

Einige der Vorschriften enthalten für ihren Geltungsbereich besondere Festlegungen für Abgabe und Verwertung, z. B. eine festgelegte Reihenfolge der Abgabeformen.

 

Abgabe an Bibliotheken, Erstellung von Angeboten

Angebote von ausgesondertem Bibliotheksgut sollten mit möglichst geringem Aufwand erstellt werden. Zur Erleichterung der Durchsicht empfiehlt sich eine grobe fachliche Gliederung.

Die Abgabe an Bibliotheken geschieht in der Regel kostenlos gegen Übernahme der Aufwandskosten (Transport).

 

Verkauf

In einigen Richtlinien sind verbindliche Verfahrensweisen für den Verkauf festgelegt, die es zu beachten gilt:

Beim Verkauf an ein Antiquariat kann von diesem zunächst ein Angebot erwartet werden.

Es sollte in jedem Fall angestrebt werden, dass der Verkaufserlös der Bibliothek für Neuanschaffungen zufließt. Der Verwaltungsaufwand für das gesamte Verfahren ist so gering wie möglich zu halten. Bibliotheken berichten von guten Erfolgen beim Verkauf an Studierende und sonstige Hochschulangehörige.

 

Tausch

Die Veräußerung von auszusonderndem Bibliotheksgut im Schriftentausch ist in der Regel haushaltsrechtlich zulässig.

 

Andere unentgeltliche Abgabe / Schenkung

Sofern keine Abgabe an andere Bibliotheken erfolgt oder kein Erlös durch Verkauf zu erzielen ist, kann eine unentgeltliche Abgabe erfolgen.

 

Makulierung

Ist keine andere Verwendungsart zutreffend, erfolgt eine Entsorgung als Altpapier.

 

Anhang

Bibliotheksrechtliche Vorschriften
Die Quellenangabe bezieht sich auf: Lansky, Ralph: Bibliotheksrechtliche Vorschriften - 3. Auflage, Frankfurt/M.: Klostermann (Loseblattsammlung Stand: 18. Erg. 2000) F. Aussonderung von Büchern

Bund
Richtlinie des Bundesministeriums der Justiz zur "Aussonderung entbehrlicher Druckschriften aus den Bibliotheken der Bundesjustizverwaltung" vom 10. März 1995 (Lansky Nr. 822)
Richtlinien für die Aussonderung von Schrifttum (Werke) in den Bibliotheken, Fachinformationsstellen, Fach-, Stabs- und Truppenbüchereien des Verteidigungsressorts. Fassung vom 2. Mai 1994 (Lansky Nr. 824)

Baden-Württemberg
Richtlinien für die Aussonderung von Bibliotheksgut sowie Auswahlkriterien für den Bestandszuwachs durch den Schriftentausch (Aussonderungsrichtlinien) vom 19. Mai 1998 (Lansky Nr. 828)
Aussonderung entbehrlicher Bücher und sonstiger Druckschriften aus den Büchereien der Justizbehörden (ohne Gefangenenbüchereien). Allgemeine Verfügung des Justizministeriums vom 28. Oktober 1985 mit Änderungen vom 23. Januar 1990 (Lansky Nr. 829)

Bayern
Richtlinien für die Aussonderung, Archivierung sowie Bestandserhaltung von Bibliotheksgut in den Bayerischen Staatlichen Bibliotheken vom 21. Juli 1998 (Lansky Nr. 833)
Bekanntmachung über die Aussonderung entbehrlicher Bücher. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 15. Februar 1972 (Lansky Nr. 835)

Brandenburg
Richtlinie über die Aussonderung von Bibliotheksgut, Behandlung von Buchgeschenken und Durchführung des Schriftentausches durch die Hochschulen des Landes Brandenburg vom 30. 8. 1994

Bremen
Abgabe von Bibliotheksgut der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen. Erlass des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst vom 1. März 1984

Hamburg
Abgabeordnung für Bibliotheksgut vom 2. August 1989 (Lansky Nr. 852)
Aussonderung entbehrlicher Bücher und sonstiger Druckschriften aus den Bibliotheken der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Gemeinsame Verfügung der Landesjustizverwaltung und der Arbeits- und Sozialbehörde vom 20. Mai / 8. Juni 1966 (Lansky Nr. 853)

Hessen
Abgabe von Druckschriften aus den Behördenbibliotheken an die wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes. Gemeinsamer Runderlass vom 23. November 1970 (Lansky Nr. 860)
Aussonderung und Verwertung von Druckschriften. Runderlass des Hessischen Ministers der Justiz vom 28. September 1984 mit Änderungen vom 10. Dezember 1984 (Lansky Nr. 861)

Mecklenburg-Vorpommern
Richtlinien über die Aussonderung von Bibliotheksgut, Behandlung von Buchgeschenken und Durchführung des Schriftentausches durch die Hochschulbibliotheken des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Erlass der Kultusministerin vom 7. Juli 1993 (Lansky Nr. 863)

Niedersachsen
Aussonderung entbehrlicher Bücher und sonstiger Druckschriften aus den Gerichtsbüchereien. Allgemeine Verfügung des Niedersächsischen Ministeriums der Justiz vom 3. November 1994 (Lansky Nr. 867)

Nordrhein-Westfalen
Richtlinien über die Aussonderung von Bibliotheksgut, Behandlung von Buchgeschenken und Durchführung des Schriftentausches durch die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen. Erlass des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Januar 1990 (Lansky Nr. 872)
Aussonderung entbehrlicher Bücher und sonstiger Druckschriften aus den Büchereien der Justizbehörden (ohne Gefangenenbüchereien). Allgemeine Verfügung des Justizministers vom 18. August 1975 mit Änderungen vom 21. Januar 1982 und 30. April 1986 (Lansky Nr. 878)

Rheinland-Pfalz
Aussonderung entbehrlicher Bücher und sonstiger Druckschriften aus den Büchereien der Justizbehörden (ohne Gefangenenbüchereien). Rundschreiben des Ministeriums der Justiz vom 17. März 1994 (Lansky Nr. 884)

Saarland
Aussonderung entbehrlicher Bücher und sonstiger Druckschriften aus den Büchereien der Justizbehörden. Allgemeine Verfügung des Justizministeriums Nr. 24/1967 vom 7. Oktober 1967 (Lansky Nr. 889)

Sachsen
Richtlinie über die Aussonderung von Bibliotheksgut (Aussonderungsrichtlinie). Erlass des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst in Vorbereitung.

Sachsen-Anhalt
Richtlinien für die Aussonderung, Archivierung sowie Bestandserhaltung von Bibliotheksgut in den Hochschulbibliotheken des Landes Sachsen-Anhalt. Runderlass des Kultusministeriums vom 9. März 2000 (Lansky Nr. 891)

Schleswig-Holstein
Aussonderung entbehrlicher Bücher. Allgemeine Verfügung des Justizministers vom 30. Januar 1976 (Lansky Nr. 893)

Thüringen
Richtlinie über die Abgabe von Bibliotheksgut an die Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena und andere Thüringer Bibliotheken vom 31. Januar 1996 (Lansky Nr. 896).


Stand: 15.12.2000
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