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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 2000

Die Deutsche Initiative für Netzwerkinformation (DINI)

Friederike Schimmelpfennig, Peter Schirmbacher

 

1. Grundanliegen

Der Paradigmenwechsel in der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie verlangt einen Wandel der Informationsinfrastrukturen in den Hochschulen. Die heute über das Netz mögliche Kooperation und Arbeitsteilung innerhalb und zwischen den Hochschulen setzen mehr als bisher Absprachen, Empfehlungen und Standards voraus. Arbeitsziel der Deutschen Initiative für Netzwerkinformation (DINI) ist deshalb die Verbesserung der nationalen, soweit möglich auch internationalen Zusammenarbeit aller im Informationsmanagement einer Hochschule beteiligten Partner. Die Weiterentwicklung der lokalen Infrastrukturen an den Hochschulen soll durch Impulse aus den regionalen und überregionalen Erfahrungen gefördert werden. Insbesondere geht es um die Herausarbeitung und Propagierung neuer Formen der Organisation und Kooperation zwischen den Informationsinfrastruktureinrichtungen, den Infrastruktureinrichtungen in den Fachbereichen der einzelnen Hochschulen, sowie zwischen den Hochschulen insgesamt.

Im März 1998 gab deshalb eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft der Medienzentren der Hochschulen (AMH), des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv) Sektion 4 "Wissenschaftliche Universalbibliotheken" und der Zentren für Kommunikation und Informationsverarbeitung in Lehre und Forschung e. V. (ZKI) Thesen unter dem Titel "Informationsinfrastruktur im Wandel, Herausforderungen für die Hochschulen und ihre Informations- und Kommunikationseinrichtungen" heraus http://www.tu-dresden.de/agbibrz/thesen2.htm.

In diesen Thesen werden die Situation auf dem Gebiet der Informationsdienstleister an den deutschen Hochschulen charakterisiert und die Linien einer künftigen Entwicklung aufgezeigt. In der abschließenden These 10 wird formuliert: "Eine zunehmend flächendeckende und in ihrer Leistungsfähigkeit stark ansteigende Vernetzung ermöglicht und erfordert auch eine verstärkte regionale und überregionale Zusammenarbeit der Infrastruktureinrichtungen". Diese These umsetzend wurde DINI am 22. 1. 1999 in Göttingen gegründet. Zur Zeit arbeiten in DINI mit:

Seit dem Ende des vergangenen Jahres wird DINI mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert, so dass eine Geschäftsstelle mit einer Mitarbeiterin eingerichtet werden konnte.

 

2. Ziele und Schwerpunkte

Der heutige Arbeitsplatz eines Wissenschaftlers ist auch an deutschen Hochschulen dadurch gekennzeichnet, dass ein uneingeschränkter Zugriff auf den weltweiten Wissensbestand ermöglicht werden muss. Dieses zu gewährleisten ist die Aufgabe der Informationsdienstleister an den Hochschulen. Verlangt wird somit ein umfassendes, serviceorientiertes Bibliothekssystem und der uneingeschränkte Zugriff auf elektronische Datenbanken und sonstige elektronische Informationssysteme. Die Arbeit des Wissenschaftlers ist im gewissen Sinne als ortsunabhängig zu sehen, d. h. die Leistungen müssen sowohl am Arbeitsplatz der Universität, am häuslichen Arbeitsplatz, oder bei Konferenzaufenthalten abrufbar sein. Dies alles ist jedoch nur auf der Basis der elektronischen Kommunikation möglich. Dabei geht es heute noch vielfach um textorientierte Kommunikation, wobei der Einsatz von Grafik, Video oder Audiosequenzen allerdings deutlich zunimmt.

Diesen erhöhten Anforderungen müssen die heutigen Informationsdienstleister an den Hochschulen entsprechend gerecht werden. Es ergeben sich somit neue zusätzliche Aufgaben für Bibliotheken, Medienzentren und auch Rechenzentren. So hat die Bibliothek sowohl die Erwerbung und Erschließung, wie auch die Speicherung und Bereitstellung von elektronisch vorliegenden Dokumenten zu realisieren. Das Medienzentrum, in der Vergangenheit hauptsächlich mit der Bearbeitung von analogem Videomaterial beschäftigt, ist nun gefordert, die entsprechende Unterstützung für die digital zu erarbeitenden multimedialen Lehr- und Lernmittel zu gewährleisten. Die Rechenzentren wiederum müssen die exponentiell steigenden Lasten der Nutzung des Rechnernetzes entsprechend projektieren und den Betrieb stabil organisieren. Der Zugang zu den elektronischen Informationssystemen ist zu gewährleisten, Visualisierung und Animation wissenschaftlicher Arbeitsergebnisse sind zu unterstützen, und die wissenschaftliche Kommunikation z. B. durch Computervideokonferenzen zu erweitern.

Die Notwendigkeit des gemeinsamen Wirkens bewusst zu machen, betrachtet DINI als Schwerpunkt der Arbeit. Somit lassen sich als Ziele von DINI formulieren:

Um diese verschiedenen Ziele zu erreichen, müssen ebenfalls unterschiedliche Methoden angewandt werden. DINI hat als Basis ihrer Arbeit folgende Vorgangsweisen gewählt:

 

3. Erste DINI-Jahrestagung

"Koordination, Kooperation, Synergie für die Netzwerkinformationen: Neue Formen der Zusammenarbeit von Produzenten, Nutzern und Serviceeinrichtungen" war das Thema der ersten DINI-Jahrestagung, die am 11. und 12. September 2000 in Dortmund stattfand. Mehr als 100 Vertreter von Bibliotheken, Medienzentren, Rechenzentren und der IuK-Initiative der wissenschaftlichen Fachgesellschaften fanden sich zusammen, um gemeinsam die Ergebnisse von vier DINI-Workshops, die im Verlauf des Jahres 2000 stattfanden, zu diskutieren und Rückschlüsse für die Schwerpunktsetzung der kommenden Jahre zu ziehen.

Einen der Hauptvorträge hielt Prof. Dr. Hans-Werner Ludwig, der langjährige Rektor der Universität Tübingen, der seinen Beitrag unter das Thema gestellt hatte "Nutzers Traum 2000: Anforderungen an eine integrierte Informationsumgebung aus geisteswissenschaftlicher Sicht".

Es entspricht der Grundphilosophie und der Arbeitsweise von DINI, dass sich die Dienstleistungseinrichtungen der Hochschulen an den Bedürfnissen und Anforderungen ihrer Wissenschaftler und Studierenden, also ihrer Nutzer, ausrichten. Wir diskutierten mit dem Executive Director der CNI, Clifford Lynch, der per Videokonferenz aus Washington der Tagung zugeschaltet war. Gemeinsam mit ihm und Lorcan Dempsey vom Joint Information Systems Committee aus London, einer mit DINI vergleichbaren Organisation, wurden die Möglichkeiten der internationalen Kooperation der Informationsinfrastruktureinrichtungen diskutiert und versucht, die entsprechenden Jahresprogramme abzustimmen.

In den Arbeitssitzungen "Multimedia" wurden die Ergebnisse des DINI-Workshops "Dokumentation, Erschließung und Retrieval von Multimediadokumenten" präsentiert. Die Referenten stellten einmütig eine schwierige und hochgradig heterogene Situation im Bereich der Dokumentation und Erschließung von Multimedia-Dokumenten fest. Die dringende Notwendigkeit der Adaptierung von Beschreibungsstandards und der Zusammenarbeit zu deren weiterer Entwicklung wurde erkannt. Im Rahmen der Zielsetzungen von DINI werden in diesem Bereich weitere Workshops stattfinden, bis ein best practice Modell erarbeitet werden kann.

Im Bereich Technische Infrastruktur, der aus dem Workshop "Videokonferenzsysteme" hervorging, wurden von den Referenten die Probleme der technischen Voraussetzung zur Nutzung von Videokonferenzsystemen dargestellt. Eine Demonstration der Bandbreite solcher Anwendung für verschieden Nutzerkreise verdeutlichte die Notwendigkeit der weiteren Qualitätssicherung, sowie der Entwicklung der Kompatibilität von Systemen. Dies gilt im Besonderen dann, wenn Videokonferenzsysteme im Bereich Teleteaching eingesetzt werden sollen.

In zwei der Tagung vorhergehenden Workshops wurden die Probleme der Einrichtung, Pflege, Betreuung und des Managements von öffentlichen Computerarbeitsplätzen mit Internet-Zugang an den Hochschulen diskutiert. Ein Thema, das sowohl die Bibliotheken, die Rechenzentren und Medienzentren betrifft, als auch die Fachbereiche, denn nahezu überall existieren heute solche Arbeitsplätze. Welche Aufgabenbereiche sind mit solchen Rechnern abzudecken, welche lizenzrechtlichen Aspekte sind sowohl bei der Softwareinstallation als auch bei den Recherchemöglichkeiten zu beachten und wie steuere ich die Zugangsrechte der Benutzer zu den einzelnen Ressourcen möglichst effektiv? Natürlich darf man in diesem Zusammenhang auch keine sicherheitsrelevanten Gesichtpunkte unterschätzen.

Eines der Schwerpunktthemen der gegenwärtigen Zeit ist zwangsläufig die Unterstützung des Übergangs von der traditionellen papiergebundenen Publikation und Kommunikation zu einem modernen, elektronisch basierten, effektiven Informationsmanagement in den Hochschulen. Als Ergebnis des DINI-Workshops "Elektronisches Publizieren" wurden drei aktuelle Vorgehensmodelle, wie das elektronische Publizieren und Archivieren an den deutschen Hochschulen organisiert ist, den Teilnehmern vorgestellt und vor allem darüber diskutiert, wie man diese teilweise sehr unterschiedlichen Ansätze vereinen kann und gemeinsam Empfehlungen für die Gesamtheit der deutschen Hochschulen erarbeiten kann.

Vorgestellt wurde das Projekt "Dissertationen online", das federführend durch die IuK-Initiative sich zum Ziel gesetzt hatte, die elektronische Veröffentlichung von Dissertationen an deutschen Hochschulen zu verbreiten, die rechtlichen Grundlagen für elektronische Veröffentlichungen zu erarbeiten, Anleitungen für die Promovenden herauszugeben und lokale Universitätsarchive aufzubauen. Mit der Suchmachine TheO wurde z. B. eine Möglichkeit geschaffen, in allen deutschen Dissertationsservern parallel zu suchen.

Relativ hohe Verbreitung hat in Deutschland bereits der "Online-Publikationsverbund der Universität Stuttgart (OPUS)" gefunden. Dieser Ansatz, der in erster Linie das Format pdf als Grundlage der Archivierung von elektronischen Dokumenten favorisiert, ist ausführlich beschrieben und die dortigen Empfehlungen stehen deutschlandweit zur Verfügung http://www.uni-stuttgart.de/opus/. In gleicher Weise wurde das Herangehen des elektronischen Publizierens an der Universitätsbibliothek Dortmund, wie es in dem Projekt "Eldorado" in den vergangenen Jahren erarbeitet wurde, vorgestellt.

DINI wird nun weitere Workshops zu diesem Thema mit dem Ziel organisieren, dass diese und weitere Ansätze, wie sie an deutschen Hochschulen existieren, vereinheitlicht werden oder zumindest eine Einigung zu möglichen Schnittstellen zwischen diesen Archiven realisiert wird. Wichtig in diesem Zusammenhang ist jedoch auch, dass sich die deutschen elektronischen Universitätsarchive dem internationalen Zugriff öffnen, um die Leistungen der deutschen Wissenschaftler auch auf diese Weise international besser zugreifbar zu machen und die Recherche effektiver zu gestalten.

 

4. DINI-Appell

Angeregt durch den Workshop zum elektronischen Publizieren und durch die Auseinandersetzung mit den internationalen Entwicklungen auf diesem Gebiet hat DINI auf seiner Tagung einen Appell an alle deutschen Hochschulen und Förderinstitutionen zur Implementierung der Spezifikationen der Open Archive Initiative veröffentlicht.

Der Wortlaut des DINI-Appells ist im Anschluss an diesen Beitrag zu finden.

 

5. Zur Organisation von DINI

DINI ist gegenwärtig eine Initiative, die durch Fördermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der beteiligten vier Verbände finanziell unterstützt wird.

DINI hat sich einen Vorstand gewählt, in dem aus jedem der vier Verbände zwei Vertreter arbeiten. Prof. Mittler, der Direktor der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, ist der gegenwärtige Sprecher von DINI.

Die Geschäftsstelle von DINI befindet sich am Rechenzentrum der Humboldt-Universität zu Berlin. Weitere Informationen zu DINI lassen sich einholen: www.dini21.de und über:
Prof. Dr. Elmar Mittler, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Platz der Göttinger Sieben 1, 37073 Göttingen, Tel.: (05 51) 39 52 12, Fax: (05 51) 39 52 22, E-Mail: mittler@sub.uni-goettingen.de
Dr. Peter Schirmbacher, Humboldt-Universität zu Berlin, Rechenzentrum, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, Tel.: (030) 20 93 22 61, Fax: (030) 20 93 29 59, E-Mail: schirmbacher@rz.hu-berlin.deb.uni-goettingen.de
mittler@sub.uni-goettingen.de
Friederike Schimmelpfennig, Humboldt-Universität zu Berlin, Rechenzentrum/ Geschäftsstelle DINI, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, Tel: (030) 20 93 26 61, Fax: (030) 20 93 29 59


Stand: 11.10.2000
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