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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 2000

66. IFLA General Conference in Jerusalem

Veranstaltungen der Division IV Bibliographic Control

Friedrich Geißelmann, Magda Heiner-Freiling, Christel Hengel-Dittrich, Reinhard Rinn und Werner Stephan

 

Vom 13. bis 18. August 2000 fand in Jerusalem die General Conference der IFLA unter dem Motto "Information for cooperation: creating the global library of the future" statt. Die Veranstaltung war von der IFLA und dem örtlichen Organisationskomitee gut organisiert. Die Beteiligung litt etwas unter der fast vollständigen Abwesenheit von Vertretern aus arabischen Staaten. Auch die deutsche Beteiligung ließ wieder zu wünschen übrig. Offensichtlich wird die Arbeit in einer internationalen Organisation bei uns geringer eingeschätzt als etwa in Frankreich oder den nordischen Staaten.

Wie in den Vorjahren soll hier über die Veranstaltungen der Division Bibliographic Control berichtet werden.1 Diese sind von großem Gewicht, da die Arbeit der Division mit ihren Sektionen Bibliography, Cataloguing, Classification and Indexing einen der Schwerpunkte der IFLA darstellt, in dem vor allem echte Entscheidungen fallen und nicht nur ein unverbindlicher Meinungsaustausch gepflegt wird. Die Tätigkeit der Division wird ergänzt durch das Core Programme "Universal Bibliographic Control and International MARC (UBCIM)".2 Dieses Programm verfügt über ein Büro bei der Deutschen Bibliothek Frankfurt unter Leitung von Marie-France Plassard.

Die Konferenzen der IFLA sind wichtige Arbeitsinstrumente für die internationale Kooperation im Bereich der Erschließung, für die Annäherung der nationalen Regelwerke und Standards, für Besprechungen kleinerer Arbeitsgruppen und für die internationale Präsentation von Projekten des Datenaustauschs. Die Arbeit findet zum einen in internen Veranstaltungen der Sektionen und deren Arbeitsgruppen statt, zum anderen in öffentlichen Veranstaltungen und auf Workshops. Das Programm ist sehr reichhaltig und das Niveau der Beratungen sehr hoch.

Die Referate werden in der Zwischenzeit fast alle im Internet (IFLANET) http://www.ifla.org veröffentlicht. Daneben werden sie auf CD-ROM und auf Papier verbreitet.

 

Section on Bibliography

Die Sektion befasst sich mit Inhalt, Aufbau, Produktion, Verteilung und Erhaltung von bibliographischen Informationen. Hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, gilt das Interesse dabei Nationalbibliographien. Dies zeigt sich in der Regel auch in dem Vortragsprogramm auf den jährlichen Konferenzen. Ein weiteres Hauptanliegen ist außerdem, die Bedeutung der Disziplin "Bibliographie" gegenüber der Berufsöffentlichkeit in allen Bibliothekstypen, gegenüber Verlegern, Händlern und natürlich gegenüber den Nutzern, herauszustellen. In Jerusalem wurden zwei größere Veranstaltungen von der Sektion angeboten, die sich mit diesen Themen befassten.

 

Veranstaltungen

Die Sektion hat in einer offenen Veranstaltung einen Ausschnitt aus dem Arbeitsspektrum vorgestellt, der sich diesmal mit den (national)bibliographischen Problemen eher kleiner Staaten befasste. Folgende Themen wurden angeboten:

Die lebhafte und interessante Diskussion zeigte deutlich, wie wichtig gerade in den Ländern, in denen die Buchproduktion (noch) nicht so groß ist, bzw. wo sich aufgrund der historischen oder politischen Situation neue nationalbibliographische Agenturen bilden, Kooperationsmodelle sind.

Ergänzend hat die Sektion in Zusammenarbeit mit der Sektion für Aus- und Weiterbildung einen halbtägigen Workshop mit dem Thema : "Teaching bibliography today in primary and continuing professional education of librarians" veranstaltet. Ausgehend von Vorträgen von Retha Snyman (Südafrika), Mona Madsen (Dänemark) und John McIlwaine (Großbritannien) wurden unter anderem folgende Sachverhalte angesprochen: Welche Rolle spielen heute Bibliographien in der Ausbildung? Wie vermitteln Ausbildungseinrichtungen die "besten" Methoden des Suchens und Nutzens bibliographischer Information, wenn sich doch ständig die Werkzeuge in Format, Struktur und anderen Details ändern? Macht es überhaupt noch Sinn, zwischen Suchen nach der bibliographischen Information und dem Dokument selbst zu unterscheiden? Ist die traditionelle Einteilung für Werke der bibliographischen Auskunft (Wörterbücher, Kataloge, Bibliographien usw.), bezogen auf heutige Veröffentlichungsmethoden überhaupt noch sinnvoll? Wie vermitteln, im Sinne des lebenslangen Lernens, bibliothekarische und dokumentarische Aus- und Fortbildungsstätten innovative Techniken und Inhalte?

Die anfangs stockende, aber später lebhafte bis erregte Diskussion zeigte, dass hier offensichtlich einige Punkte berührt wurden, die einer weiteren Klärung und Diskussion bedürfen. Die Sektion für Bibliographie wird dem Rechnung tragen und schon auf der nächsten Konferenz in Boston einen Vortrag zu diesem Thema in ihrem "Open Forum" anbieten. Des Weiteren soll dieses Thema auch im nächsten "Medium Term Programme" weiterverfolgt werden. Auch für den Workshop stehen Vorträge und Übersetzungen im IFLANET online zur Verfügung.

 

Arbeitsprogramm

Die eigentlichen Arbeitsgebiete der Sektion sind in einem sogenannten Medium Term Programme festgelegt, das in der Regel eine Laufzeit von vier Jahren hat. Das aktuelle gilt für die Zeit von 1998 bis 2001. Daraus abgeleitet wird ein Arbeitsprogramm, das jeweils für zwei Jahre die Grundlage für einzelne Aktionen und Projekte festschreibt. Sowohl das Medium Term Programme als auch der Action Plan 2000-2001 sind, ebenso wie ein jährlicher Arbeitsbericht, der die wesentlichen Arbeitsergebnisse beschreibt und zusammenfasst, im IFLANET nachzulesen.

Besondere Schwerpunkte in den Arbeitsprogrammen werden in der Regel durch Arbeitsgruppen bearbeitet. Im Augenblick arbeiten die Mitglieder des Standing Committee in mehreren eigenständigen sowie in einigen Projekten mit, die in Kooperation mit anderen Sektionen der Division of Bibliographic Control stattfinden. Wie überhaupt nicht nur die Kooperation mit den anderen Sektionen innerhalb der Division als ausgezeichnet bezeichnet werden kann, sondern auch mit den Sektionen für Information und Technologie und der Sektion für Nationalbibliotheken.

Mit besonderer Aufmerksamkeit befasste sich die Sektion für Bibliographie in ihrem jetzigen Arbeitsprogramm mit den Resultaten und Empfehlungen der International Conference on National Bibliographic Services (INCBS). Dabei wurden Schwerpunkte herausgearbeitet, durch die die Ergebnisse der Konferenz weiter verfolgt und gefördert werden sollen.

Eine kleine Arbeitsgruppe hat den Auftrag, 1) nationalbibliographische Agenturen zu identifizieren, die besonders wirkungsvoll die Kriterien erfüllen, die in den Empfehlungen der ICNBS genannt werden und 2) solche Bibliographien zu benennen, die effektiver sein könnten, wenn sie konformer zu den Regeln erstellt würden. Dies auch mit der Absicht, Wege aufzuzeigen, wie durch freiwillige Kooperationen vorhandene Ressourcen besser ausgenutzt werden können. Das Projekt wird dieses Jahr durch die IFLA gefördert, der für Jerusalem erstellte Zwischenbericht ist online verfügbar. Im nächsten Jahr sollen die Ergebnisse Grundlage für einen Workshop sein.

Mitglieder der Sektion arbeiten im Projekt "Functional Requirements for Bibliographic Records" http://www.ifla.org/VIIs13/frbr/frbr.htm mit, um zusammen mit Mitgliedern der Sektionen für Katalogisierung und für Nationalbibliotheken eine Handreichung zu erstellen, die die Mindestanforderung für eine Basistitelaufnahme für nationalbibliographische Dienstleistungen beschreibt.

Weitere Aufgaben des Aktionsplans 2000- 2001 sind beispielsweise: die Entwicklung einer Strategie, um Verleger zu Kooperationen bei der Nutzung von Metadaten für den Nachweis elektronischer Dokumente anzuregen; die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zusammen mit der Sektion für Klassifikation und Indexierung zur Untersuchung von "Subject gateways", die Mitarbeit an Richtlinien, die nationalbibliographischen Agenturen bei der Entscheidung helfen, welche elektronischen Quellen in den Bibliographien verzeichnet werden sollen. Dazu wurde vom "Standing Committee" beschlossen, durch Mitglieder zwei frühere Studien der Sektion – Ross Bournes "National Bibliographic Agencies and the Book Trade" and Robert Holleys "Results of a Survey on Bibliographic Control and National Bibliography" – wieder aufzugreifen, zu überprüfen und wenn notwendig anzupassen.

 

Weitere Planungen

Aus den beschriebenen Aufgabenfeldern heraus ergeben sich fast notwendig die Themen für die nächsten Konferenzen. So wird die Sektion in Boston neben dem "Open Forum" versuchen, wieder einen Workshop mit dem oben beschriebenen Inhalt zu organisieren. Darüber hinaus sollen weitere Punkte in das Arbeitsprogramm aufgenommen werden; wie etwa: Multilinguale Wörterbücher und Probleme des "Global Publishing".

Insgesamt kann man sagen, dass die Konferenz in Jerusalem sehr erfolgreich für die Sektion war. Leider konzentriert sich die Arbeit fast ausschließlich auf die Mitglieder des "Standing Committee". Wünschenswert wäre es, wenn sich weitere der 111 Mitglieder der Sektion auch an der aktiven Sacharbeit beteiligen würden. Insbesondere im Hinblick auf die Definition neuer Aufgabenfelder ist es notwendig, dass eine ausreichende "Rückmeldung" zu den Inhalten durch interessierte Kollegen erfolgt. Wenn sich jemand dafür interessiert, aktiv an der Sacharbeit teilzunehmen, bietet das nächste Jahr dafür eine günstige Gelegenheit. Turnusmäßig finden 2001 nämlich Neuwahlen zum "Standing Committee" statt, und der deutsche Vertreter scheidet nach acht Jahren Zugehörigkeit satzungsgemäß aus. Nähere Informationen zur Nominierungsprozedur gibt der Vorsitzende des Nationalen IFLA-Kommittees.

 

Section on Cataloguing

Das Schwergewicht der Arbeit der Section liegt auf der Erarbeitung bzw. internationalen Angleichung von Strukturen, Regeln und Arbeitsverfahren mit dem Ziel, die Möglichkeiten für eine internationale Kooperation im Katalogisierungsbereich zu verbessern. Entsprechend ist sie vermutlich diejenige Section, die die meisten Arbeitsgruppen mit konkreten Aufgaben aus dem o. g. Bereich im Einsatz hat.

In den beiden Sitzungen des Standing Committee wurden eher Routinegeschäfte abgewickelt sowie die (Zwischen-)Berichte der einzelnen Arbeitsgruppen entgegengenommen und verabschiedet. Es wurden keine Erweiterungen oder Änderungen in der Arbeit dieser Gruppen beschlossen; der Bericht der Arbeitsgruppe FSCH (Form and Structure of Corporate Headings) wurde jedoch als Abschlussbericht entgegengenommen und die Arbeit der Gruppe damit beendet. Das mittelfristige Arbeitsprogramm wurde aktualisiert, aber keine wesentlichen neuen Punkte aufgenommen.

 

Arbeitsgruppe Revision der ISBD-S

Eine der wichtigsten und, je nach Ergebnis, möglicherweise folgenreichsten Entwicklungen ist in der Revision der ISBD(S) und ihren Folgevorhaben zu sehen. Darüber ist in der Vergangenheit öfter berichtet worden. Die Tatsache, dass die Arbeit relativ langsam vorangeht, liegt sicherlich an der generellen "Geschwindigkeit" internationaler Arbeit, aber auch und vor allem daran, dass versucht wird, die diversen Prozesse nationaler und internationaler Regelwerksrevisionen (ISBD-S, AACR2, ISSN, RAK) einzubeziehen und aufeinander abzustimmen, um am Ende möglichst einheitliche Lösungen zu finden - wenigstens bei den Problemen, die für eine internationale Kooperation essentiell sind.

Die Sitzung der Arbeitsgruppe in Jerusalem war aus den oben angedeuteten Gründen relativ kurz, hatte jedoch eine gewisse strategische Bedeutung: Es wurde nämlich entschieden, dass die weitere Entwicklung des IST-Konzepts von der eigentlichen ISBD-S-Revision abgetrennt und separat weiterverfolgt werden soll (Internationaler Standard-Titel für Zeitschriften als Ersatz für den entsprechenden Uniform Title der AACR2 und den Key Title des ISSN-Systems; Näheres vgl. frühere Berichte). Der Grund für diese Entscheidung liegt darin, dass trotz eines eigentlich vielversprechenden und relativ weit gediehenen Ansatzes zur Einigung die erforderliche Konzessionsbereitschaft doch (noch?) nicht in ausreichendem Umfang vorhanden ist und aufgrund der zahlreichen, noch zu klärenden Probleme eine weitere Verfolgung dieses Konzepts im Rahmen der ISBD(S)-Revision diese, und damit auch die Entscheidung zahlreicher anderer wichtiger Revisionspunkte, wesentlich verzögert hätte. Die Entscheidung ist trotzdem sehr zu bedauern, da die Gefahr nicht auszuschließen ist, dass dadurch eine einmalige Chance zur internationalen Harmonisierung von grundlegenden Katalogisierungsregeln für Zeitschriften und damit auch zur engen internationalen Kooperation in der Zeitschriftenkatalogisierung ungenutzt bleiben wird.

Neben dieser vielleicht einmal "historischen" Entscheidung wurden auch, teilweise grundlegende, Einzelfragen behandelt; zu einigen hatte der ISBD(S)-Redakteur schriftliche Unterlagen als Tischvorlagen mitgebracht:

Die Arbeitsgruppe hält vom 12. - 14. November im Vorfeld der "Conference on Bibliographic Control in the New Millenium" in der Library of Congress ein "Meeting of Serials Experts" ab, bei dem ihre Vertreter zusammen mit den maßgeblichen Vertretern der AACR2-Seite und des ISSN-Systems die wesentlichen noch divergierenden Punkte zwischen ISBD(S), AACR2 und ISSN behandeln und vereinheitlichen sollen. Danach soll ein kompletter Text-Entwurf der revidierten ISBD(S) hergestellt und weltweit zur Stellungnahme bekannt gegeben werden. Nach Behandlung der Reaktionen soll der endgültige Text zur IFLA Konferenz 2001 in Boston vorgelegt werden.

 

Arbeitsgruppe Form and Structure of Corporate Headings

Auch über diese schon länger existierende Arbeitsgruppe ist in den Konferenzberichten berichtet worden. Der Vorsitzende legte zur Konferenz in Jerusalem einen Bericht vor, der in Details redigiert und als Abschlussbericht akzeptiert wurde. Er besteht entsprechend dem Arbeitsauftrag aus einer nach bestimmten Kriterien angeordneten Sammlung von Beispielen, die die unterschiedlichen Strukturen von Ansetzungsformen nach AACR2, RAK, RICA (Italien), AFNOR (Frankreich) usw. aufsammeln soll. Dies dient als eine Vorarbeit für die FRANAR-Arbeitsgruppe (s. unten), die u. a. auf dieser Basis an Möglichkeiten der internationalen Kooperation im Bereich von Körperschaftsnormdaten wie auch weiterer Normdaten weiter arbeiten wird. Der Abschlussbericht der FSCH-Gruppe soll im IFLANET publiziert werden.

 

Arbeitsgruppe Guidelines for Authority and Reference Entries Revision (GARR)

Die Zielsetzung dieser bereits seit längerem existierenden Arbeitsgruppe ist die Aufstellung internationaler Leitlinien zur Gestaltung von Ansetzungs- und Verweisungsformen in Personen-, Körperschafts- und (Einheits-) Titel-Normdaten. Vor der Konferenz in Jerusalem war ein Entwurf vorgelegt worden, und per E-Mail waren die Stellungnahmen der Arbeitsgruppen-Mitglieder eingeholt worden. Der Entwurf wurde in Jerusalem in zwei Sitzungen der Arbeitsgruppe abschließend beraten und redaktionell überarbeitet.

Die "Guidelines" beziehen sich in ihrem Hauptteil im Wesentlichen auf das Display von Ansetzungs- und Verweisungsformen von Normdaten und konzentrieren sich dabei stark auf die Darstellung in Listen- und Kartenkatalogen. Sie bieten hierfür einen sehr nützlichen Apparat von Begriffsdefinitionen.

Einer der Diskussionspunkte in Jerusalem betraf die Frage, ob die enthaltenen Beispiele durchgehend mit Unimarc-Tags versehen werden sollten. Man einigte sich auf den Mittelweg, die jeweilige Darstellung in Unimarc den einzelnen Kapiteln voranzustellen, aber nicht alle Einzelbeispiele in Unimarc abzubilden, dies vor dem Hintergrund, dass die Normdaten-Darstellung in Unimarc noch nicht abschließend festgelegt ist. Nach Einarbeitung der beschlossenen Änderungen werden die "Guidelines" dem Standing Committee der Section on Cataloguing vorgelegt und mit dessen Zustimmung im Iflanet zur Stellungnahme publiziert werden. Die Arbeit der Arbeitsgruppe ist damit abgeschlossen.

 

Arbeitsgruppe FRANAR (Functional Requirements and Numbering of Authority Records)

Die Arbeitsgruppe FRANAR wurde 1999 als UBCIM-Arbeitsgruppe der Section on Cataloguing auf der IFLA-Konferenz in Bangkok gegründet. Ihre Aufgaben bestehen in der Weiterentwicklung der "Functional Requirements for Bibliographic Records (FRBR)" für Normdaten sowie in einer Prüfung der Möglichkeiten, die ein einheitliches internationales Nummernsystem für Normdaten bieten könnte. Schließlich gehört es zum Arbeitsauftrag von FRANAR, im Namen der IFLA mit weiteren an Normdaten interessierten Gruppen Kontakt aufzunehmen und zusammenzuarbeiten.

Die FRBR sind ein objektorientiertes konzeptionelles Modell für die bibliographische Erschließung, das von der IFLA unterstützt wird und bei der anstehenden Überarbeitung der ISBDs als Orientierungsgrundlage verwendet werden soll. Ausgehend von den Informationsanforderungen der Bibliotheksbenutzer werden darin die Entitäten sowie ihre Attribute und Relationen definiert, die in bibliographischen Nachweissystemen zu berücksichtigen sind. Als bibliographische Entitäten sind "Work", "Expression", "Manifestation" und "Item" ausgewiesen, zusätzlich Entitäten für Personen und Körperschaften, d. h. die Akteure, die die bibliographischen Einheiten kreiert oder veranlasst oder dazu beigetragen haben. Darüber hinaus werden Veranstaltungen, Geographika und Sachbegriffe als Entitäten berücksichtigt.

Die FRANAR-Gruppe hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Es sollen Wege gefunden werden, wie ausgehend von einem gemeinsamen konzeptionellen FRBR-Modell mit Hilfe eines gemeinsamen Nummernsystems die Voraussetzungen für eine gemeinsam genutzte virtuelle internationale Normdatei mit verteilter Datenhaltung geschaffen werden können.

Beginnend mit Normdaten für Personen, sollen Normdaten für Körperschaften und Veranstaltungen sowie für Werktitel der Ebenen "Work" und "Expression" einbezogen werden. Normdaten für Geographika und Sachbegriffe bleiben zunächst ausgeklammert.

In dem Jahr nach der IFLA-Konferenz in Bangkok konzentrierte sich die Arbeit gemäß dem in Bangkok aufgestellten Arbeitsplan auf die Erstellung und Vereinbarung eines konzeptionellen Modells. Barbara Tillett legte schriftlich einen Entwurf vor, und per E-Mail wurden Stellungnahmen ausgetauscht. In Jerusalem wurden die Kernergebnisse vorgestellt und nochmals bestätigt. Wichtigster Punkt dabei ist, dass FRANAR bewusst darauf verzichtet, eine international einheitliche Ansetzungsform herbeiführen zu wollen. Stattdessen soll die Möglichkeit geschaffen werden, im selben Datensatz unterschiedliche Ansetzungsformen nebeneinander anzugeben und zu verwalten und für die jeweiligen Anwendungen die jeweils zutreffende Ansetzungsform als Displayform einzusteuern. In gleicher Weise sollen in ein und demselben Datensatz nebeneinander die Normdaten-Nummern unterschiedlicher Normdateien angegeben werden können. Durch die Gleichsetzung der Nummern soll erreicht werden, dass derselbe Datensatz für alle beteiligten Normdateien gilt und verwendet werden kann. Das vereinbarte Modell trägt stark die Züge des deutschen PND-Modells, in dem ja schon mit parallelen Ansetzungsformen und Nummernkreisen gearbeitet wird.

Eine wesentliche Voraussetzung für eine künftige gemeinsame Nutzung von Normdatensätzen ist das Zusammenführen der in den einzelnen Normdateien existierenden parallelen Datensätze für identische Entitäten. In Jerusalem wurde über zwei Entwicklungen hierzu berichtet. Glenn Patton berichtete über ein von OCLC entwickeltes automatisches Verfahren zur Zusammenführung von Personennormdaten. Dabei werden Personennormdaten unterschiedlicher Provenienz zusammengeführt, wenn sie in Titelsätzen verwendet sind, auf die dasselbe Tableau sachlicher Merkmale zutrifft. Die für den Abgleich herangezogenen sachlichen Merkmale werden anhand der Häufigkeitsverteilung der zutreffenden Resultate korrigiert. Das Verfahren wurde bei der Zusammenführung von Personendaten aus WorldCat mit den Personendaten der Name Authorities des NACO-Files mit gutem Erfolg angewendet.

Christel Hengel berichtete über die Ergebnisse des Pilotprojektes zur Zusammenführung von PND- und LoC-NA-Datensätzen, das Die Deutsche Bibliothek in Kooperation mit der Library of Congress und den PND-Partnern durchführte. Das dabei angewendete intellektuelle Verfahren, beide Normdateien im Rahmen der laufenden Arbeit zu verknüpfen, erwies sich als zu zeitaufwendig, um als Standardverfahren angewendet zu werden, und müsste deshalb mit geeigneten automatischen Verfahren kombiniert werden. An anderer Stelle wird ausführlicher dazu berichtet werden.

Im zurückliegenden Jahr hatte sich die Gruppe zusätzlich mit den internationalen Standard-Nummernsystemen ISAN und ISWC beschäftigt und über E-Mail Stellungnahmen ausgetauscht. ISAN bzw. ISWC sind Standard-Nummern für die Titel von audiovisuellen Werkexpressionen bzw. für die Werktitel von Musikalien. Eine Erweiterung auf andere Materialien ist durchaus angestrebt. Beide Systeme liegen mittlerweile als ISO Draft Standards vor. Die FRANAR-Gruppe stellte fest, dass die Definitionen und Zuschnitte in dem Draft vielfach mit den in Bibliotheken gebräuchlichen inkongruent sind. Die Übernahme als internationale Normdatennummern steht, so wurde in Jerusalem nochmals bestätigt, nicht zur Diskussion. Die Entwicklung soll aber weiter verfolgt werden und der Dialog mit den dahinterstehenden Gruppen, insbesondere EDITEUR, fortgeführt werden.

Im kommenden Jahr soll das konzeptionelle Grundmodell verfeinert und näher spezifiziert werden und darauf aufbauend ein Datenmodell entwickelt werden, in dem auch die Relationen zu den Titeldaten ausgeführt sind.

 

Arbeitsgruppe ISBD Review

Die Arbeitsgruppe hatte eine relativ lange Tagesordnung, die zwei Sitzungen erforderlich machte; nur einige wichtigere Punkte seien hier erwähnt:

  1. Aus einem Abgleich der ISBD(M) mit den Anforderungen des Basisniveaus der Functional Requirements waren einige Vorschläge zur Änderung der ISBD(M) hervorgegangen und weltweit zur Diskussion gestellt worden. Zahlreiche Stellungnahmen gingen dazu ein und wurden diskutiert und entschieden. Die Editorin wird eine endgültige Liste der Änderungen in der ISBD-M erstellen, die bis Ende 2000 im IFLANET publiziert werden soll; da mittelfristig weitere Änderungen nicht auszuschließen sind, soll keine offizielle neue Ausgabe der ISBD(M) erscheinen.
  2. Für kombinierte Anwendung mehrerer ISBDs bei ein- und demselben Dokument (z. B. kartographisches Material auf CD-ROM) wurden folgende Vorschläge gemacht:
    - Verwendung mehrerer Allgemeiner Materialbezeichnungen (GMD)
    - Wiederholung von ISBD-Bereichen und -Elementen
    - Anwenderspezifische Festlegung der Reihenfolge wiederholter Bereiche und Elemente in der Anzeige
    - Anwenderspezifische Festlegung, ob bei verschiedenen Materialarten für dasselbe Dokument ein oder mehrere Datensätze erfasst werden.
    Diese Fragen sollen noch im September im IFLANET zur Diskussion gestellt werden.
  3. Insbesondere in den Festlegungen für die Bereiche 3 und 5 der ISBD(ER) (Material- bzw. typspezifischer Bereich, Bereich der physischen Beschreibung) wird Änderungsbedarf gesehen, was vor allem für zwei weitere Revisionsunternehmungen gilt, die nicht von der ISBD-Arbeitsgruppe initiiert, aber von ihr begleitet werden, nämlich die Revisionen von ISBD-CM und –PM (Kartographisches Material, Noten). Beide Revisionsgruppen werden gebeten, Änderungsvorschläge für die ISBDs, die aus ihrer Arbeit erwachsen, bis März 2001 an die Review-Gruppe zu geben. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass alle im Rahmen von nationalen Regelwerksrevisionen angefallenen Anforderungen und Vorschläge zu Änderungen in den ISBDs bis März ebenfalls an die Arbeitsgruppe gegeben und in Boston im August 2001 diskutiert werden sollen. Verantwortliche Personen im Bereich von AACR und RAK sind direkt kontaktiert worden. Zur relativ kurzfristigen Behandlung solcher Änderungswünsche - die daraus resultierenden Änderungen sollen noch in die laufenden Revisionsprozesse einbezogen werden - wird für Frühjahr 2001 eine Sondersitzung der Review-Gruppe ins Auge gefasst.

Darüber hinaus kam die grundsätzliche Frage auf, ob nicht, statt nur Änderungen im Detail zu machen, die Funktionen der ISBD insgesamt und ihre Struktur vor dem Hintergrund neuer Techniken im Publikations- und Vertriebsbereich sowie neuer Anforderungen von Benutzerseite grundsätzlich überdacht und angepasst werden müssten. Dabei geht es nicht um die Abschaffung der ISBD, sondern mehr um eine Ausbalancierung ihrer auf dem Prinzip der Publikationsbeschreibung basierenden Funktionen, die heute im Vordergrund steht, mit anderen Funktionen der Katalogisierung, wie z. B. Authority Control, Bestandsnachweise, Verknüpfungen, sowie mit den Benutzererfordernissen auch hinsichtlich der Darstellung bibliographischer Daten in der Anzeige. Der Gedanke ist nicht ganz neu, aber zum ersten Mal offiziell zur Sprache gekommen. Auch haben die dahinter stehenden Überlegungen noch keine klaren Konturen gewonnen, doch wurde dieser Punkt als eine wichtige, langfristige Aufgabe angesehen. Es bleibt nun abzuwarten, ob jemand bereit und in der Lage ist, aus diesem Anstoß heraus ein konkretes Arbeitsprogramm und eine Diskussionsgrundlage zu entwickeln.

 

Anonymous classics

An der Überarbeitung des 1978 erschienenen Verzeichnisses anonymer Werke des europäischen Mittelalters und der früheren Neuzeit wird seit längerem gearbeitet. In einem ersten Schritt soll eine erste Version des europäischen Teils in IFLANET noch in diesem Jahr veröffentlicht werden. Die Bearbeitung der außereuropäischen Teile hat mit der asiatischen Literatur begonnen.

 

Guidelines for OPAC displays

Ein Entwurf dieser Empfehlungen wurde Anfang 1999 weltweit zur Diskussion gestellt und auf der letzten IFLA-Konferenz vorgestellt. Diskussionen ergaben sich über die sehr starke Orientierung an Listenkatalogen, über die zu starke Orientierung an AACRII und den LCSH, über die Bevorzugung der ISBD als Anzeigeform sowie über den Umfang der Berücksichtigung der Sacherschließung. In der Zwischenzeit ist ein neuer Entwurf erstellt, der auf einen Workshop im Oktober weiter beraten werden soll.

 

ITLA Metadata Working Group

Die Arbeitsgruppe, ebenfalls auf der IFLA-Konferenz in Bangkok gegründet, hatte im Jahr danach eine Webseite mit einem Überblick über Metadatenformate erarbeitet http://www.fis.utoronto.ca/research/faculty.meetings.htm. In Jerusalem wurde auf der Grundlage der in den FRBR zusammengestellten Benutzeranforderungen erarbeitet, welche Metadatenelemente für bibliothekarische Anwendungen unabdingbar sind, wenn die FRBR zugrundegelegt werden. Das Ergebnis deckt sich bis auf drei Elemente, die Dublin Core zusätzlich hat, mit dem Dublin Core Metadata Element Set.

Im nächsten Schritt sollen die Inhalte der einzelnen Metadatenelemente beschrieben und definiert werden. Als Vorarbeit dazu sollen die für das jeweilige Feld geltenden entsprechenden Festlegungen in anderen Metadaten-Schemes zusammengestellt werden. Hierzu sollen neun in Kanada verwendete Schemes herangezogen werden. Die eingeschlagene Vorgehensweise ähnelt stark der im europäischen Projekt DESIRE für Metadata Registries angewendeten Methode.

Die IFLA-Metadaten-Arbeitsgruppe wird die Zusammenarbeit mit der Dublin Core Metadata Initiative suchen, darin insbesondere auch mit der Libraries-Working Group. Ihre Arbeit soll im kommenden Jahr auch in die anstehende Überarbeitung der ISBDs einfließen.

Das Gewicht, das in der IFLA auf die Weiterentwicklung und Diskussion zu Metadaten gelegt wird, wird auch dadurch belegt, dass hierzu eine IFLA-Diskussionsgruppe eingerichtet wurde.

 

Open Session und Workshop

Auch die Open Session machte mit den Themen ihrer Vorträge die Praxisbezogenheit ihrer Arbeit deutlich: Drei der vier Vorträge bezogen sich, direkt oder indirekt, auf die ISBDs.

Ingrid Parent (Kanada, Chair der ISBD(S)-Arbeitsgruppe) berichtete über die Bemühungen zur Vereinheitlichung von ISBD(S), AACR2 und ISSN. Sie zeichnete den Fortgang der Revisionsarbeit bis zum derzeitigen Stand nach, begründete ausführlich die oben bereits erwähnte Abtrennung des IST-Konzepts vom eigentlichen Revisionsprozess und skizzierte den Fortgang des Projekts, bei dem sich die Teilnehmer trotz eigentlich günstiger Voraussetzungen (gleichzeitige Revision aller drei Regelwerke; allgemeiner Wille zur Vereinheitlichung) schwer tun, die wirklich substanziellen Angleichungen zu erreichen.

Der Vortrag von John Byrum (USA) zeichnete Geburt und Aufstieg der ISBDs nach und interpretierte den derzeit im Gang befindlichen allgemeinen Revisionsprozess, der vor allem auch durch das Aufkommen der neuen Publikationsformen und des Internet ausgelöst worden ist, als ihre Wiedergeburt. Man darf vermuten, dass hinter dieser Bezeichnung die Ansicht steht, dass das ISBD-Prinzip auch den neuen Herausforderungen standhalten wird. Auch wenn es vielleicht hier und da grundsätzlich bestritten wird, dürfte dies in einem gewissen Umfang seine Berechtigung haben - wenn die "ISBD-Eltern" zu den notwendigen, erforderlichenfalls auch tiefer gehenden Änderungen bereit sind.

Dass die Section mit "ihrer ISBD" nicht alleine steht, zeigte Eeva Murtomaa (Finnland) auf. Sie verglich die Grundsätze der ISBD mit entsprechenden Grundsätzen der ISAD (International Standard Archival Description) vor dem Hintergrund ihrer ähnlichen Funktionen und kam zu dem nicht ganz überraschenden Schluss, dass es weitgehende Ähnlichkeiten in den Anforderungen an die Beschreibung gibt. Im Interesse einer näheren Kooperation zwischen dem Bibliotheks- und Archivbereich, auch z. B. bei der Authority Control, solle auf eine Angleichung und gemeinsame Weiterentwicklung hingewirkt werden.

Wie in anderen Sections auch, wird traditionsgemäß jeweils über die Situation der Katalogisierung im jeweiligen IFLA-Gastland berichtet, die in diesem Falle der westlichen im Wesentlichen gleicht. Chaim Seymour hob jedoch in seinem Bericht besonders hervor, dass vier verschiedene Schriften Verwendung finden (Lateinisch, Hebräisch, Arabisch und Kyrillisch) und dass bei dem anstehenden Übergang auf eine Client-server-basierte Software der Unicode eingesetzt werden soll.

Ein Workshop der Section on Cataloguing beschäftigte sich mit Metadaten in Bibliotheken. In einem einführenden Vortrag stellte Diann Rusch-Feja Stand und Entwicklungen der Dublin Core Metadata Initiative dar. Das Dublin Core Metadata Element Set ist mittlerweile als europäisches Workshop Agreement akzeptiert und liegt auch als NISO Draft Standard vor. Die Qualifier, die eine weitere Qualifizierung der 15 Dublin Core-Elemente ermöglichen, sind seit dem Sommer 2000 als Dublin Core Recommendation verabschiedet. Der kommende 8. Dublin Core Workshop, der Anfang Oktober 2000 in Ottawa stattfinden wird, wird sich mit der Weiterentwicklung des Datenmodells beschäftigen, die Ansätze zur Registrierung von Metadaten weiterverfolgen und insbesondere auch die Diskussion zu DC Agents bzw. einem neuen Metadata Set für Personen fortsetzen.

Der Beitrag von Erik Jul zum CORC-Projekt von OCLC, in dem dieser insbesondere die Notwendigkeit zur gegenseitigen Interoperabilität und Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken im Internet betonte, wurde ergänzt durch Lois Mai Chan. Sie berichtete über die Anwendung der in CORC entwickelten Tools für die Sacherschließung und ging dabei insbesondere auf das FAST-Projekt ein, in dem ein postkoordinierter Subject Heading File aufgebaut wird, der mit den LCSH verknüpft ist, und auf die Nutzung der DDC zur Online-Recherche. Der Metadata Workshop wurde abgerundet durch drei Länderberichte zu Metadatenanwendungen aus Russland (N. Kasparova und M. Schwartsman), Deutschland (Christel Hengel) und Kanada (Lynne Howarth).

 

Section on Classification and Indexing

Die Section on Classification and Indexing, deren Standing Committee zur Zeit 19 Mitglieder aus 14 Ländern umfasst, hatte sich für die Konferenz in Jerusalem vorgenommen, die Überwindung der Grenzen zwischen Sprachen und Kulturen und den Abbau von Schranken, die verschiedene Religionen, Schriftsysteme und Sprachen für den Austausch in der Sacherschließung darstellen, von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Dafür schien der Tagungsort und das geistige Umfeld mit seinen drei Weltreligionen und einer Vielzahl von gesprochenen Sprachen und sechs unterschiedlichen Alphabeten prädestiniert. Auch wenn durch die Abwesenheit von Vertretern der arabischen Länder sicher manche wichtigen Beiträge fehlten, bemühten sich die israelischen Bibliothekare doch nach Kräften, auch diese Problematik in ihre Darstellung einzubringen.

Besondere Anerkennung gebührt dabei den Kollegen der Bibliothek der Bar Ilan Universität, die die Mehrzahl der Vorträge bei den verschiedenen Veranstaltungen übernahmen und einen interessanten Einblick in die israelische Praxis der Sacherschließung vermittelten. Da diese Bibliothek bei der Verwendung der Subject Headings der Library of Congress und der Entwicklung einer hebräischen Übertragung und Erweiterung der LCSH für die besonderen Bedürfnisse des Literaturanfalls in Israel eine führende Rolle spielt, ergaben sich viele Anknüpfungspunkte in der Diskussion mit den Vertretern der anderen Schlagwortnormdateien und Schlagwortregelwerke innerhalb der Sektion.

 

Open Session und Workshop

Bei dem offenen Programm, das die Sektion unter das Thema "Current issues in subject retrieval" gestellt hatte, wurde wie in jedem Jahr die Sacherschließungspraxis im Gastland vorgestellt, dieses Mal mit einem Referat von Elahan Adler über "Multilingual and multiscript Subject Access – the case of Israel", über die Versuche, die Grenzen zwischen den verschiedenen Sprachen der unterschiedlichen Einwanderergenerationen (ein vor der Staatsgründung entwickelter Schlagwortkatalog wäre höchstwahrscheinlich deutschsprachig ausgefallen!) zu überwinden. Die Entscheidung für die DDC als nicht sprachgebundenes Klassifikationssystem ist daher verständlich, hier wie auch bei den später z. B. in Bar Ilan verwendeten Schlagwörtern der LoC entstand aber immer ein erheblicher Bedarf an zusätzlichen Notationen, bzw. Deskriptoren für im jüdischen Kontext besonders wichtige Sachverhalte.

Hier ergaben sich Berührungspunkte mit der Arbeit an der deutschen Schlagwortnormdatei und einer künftigen deutschen DDC-Ausgabe, da der Literaturanfall zu diesen Themen in Deutschland ebenso groß ist wie in Israel; das reicht vom Chassidismus und der ostjüdischen Stetl-Kultur bis zur korrekten Ansetzung der geographischen Namen in schwierigen Ländern und zum Holocaust. Eine engere Zusammenarbeit wird hier von beiden Seiten gewünscht.

Ein weiterer interessanter und umfangreicher Beitrag befasste sich mit dem Versuch, die christliche Prägung in der Klassifikation von Religionen zu überwinden. Vanda Broughton vom University College in London stellte die neuen Ansätze der UDC (und vergleichend dazu auch bei BLISS) dar, alle Religionen mit einer einheitlichen Schlüsselung nach Prinzipien zu differenzieren, die der Begrifflichkeit von Judentum und Islam, aber auch in den nicht-monotheistischen Religionen besser entspricht und die "Christian bias" abbaut. Mit Überlegungen zur Thesaurusentwicklung in einem Spezialgebiet, das sich der streng wissenschaftlichen Terminologie entzieht und schnell weiterentwickelt, befasste sich Moshe Yitzaki (ebenfalls Bar Ilan) in einem Referat über alternative Medizin.

Ein Workshop der Sektion mit dem Thema "Crosswalks between languages, cultures and religions", moderiert von Magda Heiner-Freiling (DDB Frankfurt) und Max Naudi (BnF Paris), führte diese Diskussionen weiter. Dort gab es neben Ausführungen von David Wilk (Bar Ilan) zum Problem, die LCSH in einer anderssprachigen Umgebung zu verwenden, ein Referat von Friedrich Geißelmann (UB Regensburg) zum CARMEN-Projekt, das sich die Überwindung der Schranken zwischen Fach- und Allgemeinklassifikationen und -Thesauri zum Ziel gesetzt hat http://mathematik.uni.osnabrueck.de/projects/Carmen/. Jolande Goldberg (LoC Washington) berichtete über den Versuch, die christliche Sichtweise auch im Bereich des Rechts abzubauen, und zwar durch eine Neustrukturierung der LCC in den Fächern Kanonisches, Jüdisches und Islamisches Recht. Besondere Aufmerksamkeit fand die Vorstellung des MACS-Projekts durch Patrice Landry (Schweizerische Landesbibliothek Bern), in dem vier europäische Nationalbibliotheken an einem Linking-System zwischen den von der British Library verwendeten LCSH, dem bei der Bibliothèque nationale de France gepflegten RAMEAU und der deutschen SWD zusammenarbeiten.

 

Working groups

Wie in jedem Jahr bot der IFLA-Kongress den verschiedenen Working groups der Sektion Gelegenheit, über den Fortgang oder Abschluss ihrer Arbeiten zu berichten und sich zu Gruppensitzungen zu treffen. Als abgeschlossen kann die Arbeit der Working group on Principles underlying Subject Heading Languages gelten, die unter der Leitung von Maria Inês Lopes 1999 bei Saur ihre Arbeitsergebnisse veröffentlicht hat.

Eine Working group zur Erstellung eines Survey on Subject Heading Languages in National Bibliographies beendete ebenfalls ihre Tätigkeiten; ein Bericht von Magda Heiner-Freiling über die Ergebnisse der Umfrage wird in einem Jubiläumsband anlässlich des 100-jährigen Bestehens der LCSH erscheinen.

Eine neue Arbeitsgruppe hat sich unter Leitung von Gerhard Riesthuis (Universität Amsterdam) konstituiert und befasst sich mit "Guidelines for the establishment and development of multilingual thesauri"; hier ist für Januar 2001 ein zweitägiges Treffen in Frankfurt geplant, um eingehendere Diskussionen über Grundprinzipien und Vorgehensweise zu ermöglichen.

Abgeschlossen sind auch die Beratungen der Arbeitsgruppe über ein Datenformat für Klassifikationen. Die Ergänzungen in MARC 21 sind publiziert, das UNIMARC classification format ist abgeschlossen und wird noch in diesem Jahr in das Handbuch eingearbeitet werden http://www.ifla.org/VI/3/p1996-1/sec-uni.htm.

Die neu gegründete Working Group on Web and DL Subject Access wird zunächst einschlägige Internetressourcen sammeln, um auf dieser Basis Empfehlungen für die Weiterentwicklung zu geben.

Zu den Guidelines for Opac displays vgl. Section on Cataloguing.

 

Aktueller Stand der nationalen Sacherschließung und Pläne für Boston 2001

Bei den Sitzungen des Standing Committee gehört die Berichterstattung der einzelnen Mitglieder über den Stand der Sacherschließung und Projekte im eigenen Land zur Tagesordnung, ebenso auch eine Vorstellung der aktuellen Entwicklung in den beiden international verbreiteten Universalklassifikationen DDC und UDC durch ihre Herausgeberinnen Joan Mitchell und Ia McIlwaine. Die Pläne der deutschsprachigen Länder, die DDC zu übersetzen und breiter anzuwenden (vgl. die "Machbarkeitsstudie" http://www.ddb.de unter Fachforum), auch für die nationalbibliographische Erschließung, fanden viel Interesse und Zustimmung, die DDC http://www.oclc.org/dewey/index.htm konnte im letzten Jahr weiter an Boden gewinnen, u. a. durch eine neu erschienene italienische Ausgabe und die erste russische Übersetzung. Ein wesentlicher technischer Fortschritt ist, dass eine Web-Ausgabe für Teilnehmer des CORC-Projekts geschaffen wurde, die allerdings nur gegen eine jährliche Lizenzgebühr von US $ 500 im jeweiligen Hochschulnetz frei geschaltet werden kann.

Auch bei der UDC http://www.udcc.org sind Neuerungen zu verzeichnen, so bei einer Revision der geographischen Tafel für Großbritannien und Deutschland und der Herausgabe einer Taschenausgabe, die Anfang 2001 auch auf Deutsch (in Belgien) erscheinen soll, mit 4.000 Klassen allerdings für größere Bestände kaum von Interesse sein dürfte. Wichtig und erfreulich für die deutsche Diskussion ist die erkennbare Absicht, bei Revisionen von Sachgebieten in beiden Dezimal-Klassifikationen, u. U. sogar auch unter Einschluss der LCC, eng zusammenzuarbeiten. Für die Revision der aus europäischer Sicht besonders problematischen DDC-Klasse 340 Recht wurde überdies die Gründung einer europäischen Arbeitsgruppe der DDC-Anwender und ein gemeinsames Treffen im Vorfeld der nächstjährigen IFLA-Konferenz in Boston geplant. Auch die Entwicklung von Konkordanzen soll vorangetrieben werden. Darüber und über den Stand der UDC- und DDC-Entwicklung soll auch ein für den 17. Januar 2001 in Frankfurt geplanter Workshop informieren.

Die Sektion wird ihr offenes Programm in Boston unter das Motto "Education in knowledge organisation" stellen und sich besonders mit den Fragen der Aus- und Fortbildung in der Sacherschließung befassen. Daneben findet eine Preconference statt (vgl. unten). Willkommen sind Kollegen, die an einer Mitgliedschaft im Standing Committee interessiert sind, da die beiden deutschen Vertreter im nächsten Jahr ihre zweite und letzte Amtszeit beenden.

 

Call for Papers

Vom 14. bis 16. August 2001 findet in Dublin/Ohio eine Preconference zur 67. IFLA General Conference zum Thema "Subject retrieval in a networked world" statt. Die Konferenz wird organisiert von den Sektionen Classification and Indexing und Information Technology sowie von OCLC. Es wird gebeten, Vorschläge für Referate zu Themen wie Sprache und Kommunikation in Wissensorganisation und Retrieval, neue Retrievaltechnologien für eine vernetzte Welt, Design von Retrievalsystemen, Suchmaschinen, Klassifikationen und Thesauri in einer vernetzten Umgebung oder zu verwandten Themen vorzulegen. Die Vorschläge mit Abstracts bis zu 500 Worten sollen bis zum 1. 11. 2000 an die Vorsitzende des Planungsausschusses Ia C. McIlwaine gesandt werden i.mcilwaine@ucl.ac.uk.

 

Verzeichnis der Papers der Division IV Bibliographic Control

(Die Texte sind fast alle, teilweise auch in deutscher Sprache, auf dem Rechner der IFLA zu finden http://www.ifla.org/IV/Ifla66/. Die Papers ohne Code-Nummer sind noch nicht in IFLANET (Stand Anfang September 2000), werden jedoch noch folgen.

Adler, Elhanan: Multilingual and multiscript subject access: the case of Israel. 035-130-E+F+G+S

Balikova, Marie: The national bibliogaphy of a small country in international context. 093-123-E+F+G+S

Broughton, Vanda: A new classification for the literature of religion. 034-130-E+G+S

Byrum, John D.: The birth and re-birth of the ISBDs: process and procedures for creating and revising the International Standard Bibliographic Descriptions. 118-164-E
ders.: Section on Bibliography: Review of activities 1999-2000. 047-96-E+F

Calabresi, Maria Patrizia: Two national central libraries in Italy: bibliographic co-operation or competition? 066-123-E+F+S

Elazar, David H.: The making of a classification scheme for libraries of Judaica. 080-174(WS)-E

Geißelmann, Friedrich: The cataloging of electronic publications; Ways out of heterogenity.

Goldberg, Jolande: Classification of religion in LCC.

Harroch, Meira: The importance of leaflets as an historical source and the difficulties in cataloguing them. 077-174(WS)-E

Hoffman, Gita: Hebrew subject headings at Bar-Ilan University: an update. 129-174(WS)-E

Kaparova, N. und M. Shwartsman: Creation of the electronic resources Metadatabase in Russia : problems and prospects. 139-168(WS)-E

Kedar, Rochelle: Bibliographic projects and tools in Israel. 090-123-E+F+G

Landry, Patrice: The MACS project : multilingual access to subject headings (LCSH, RAMEAU, SWD).

Madsen, Mona: Teaching bibliography, bibliographic control and bibliographical competence. 144-183(WS)-E

McIlwaine, Ia C.: Section on Classification and Indexing - review of activities, 1999-2000. 036-96-E+F+G+S

McIlwaine, John: Bibliographical control : self-instruction from individualised investigestions. 133-183(WS)-E

Murtomaa, Eeva: Could this be the beginning of a beautiful friendship: a comparison of the description and access to the object of interest between the libraries and archives. 125-164-E+F+S

Parent, Ingrid: Serials standards in convergence: ISBD(S) developments. 134-1564-E+F

Seymour, Chaim: A time to build : Israeli cataloging in transition.

Snyman, Retha: Bibliographic control - is the current training still relevant? 108-183(WS)-E+F

Starr, Daniel: Cataloging artist files: one library’s approach to providing integrated access to ephemeral material. 068-165-E

Stoklasova, Bohdana: The national bibliography of a small country in international context. 093-123-E+G+F+S

Walravens, Hartmut: The future of serials - realism or utopia? 143-144-E

Wilk, David: Problems in the use of Library of Congress Subject Headings as the basis for Hebrew subject headings in the Bar-Ilan University Library. 131-181(WS)-E

Yitzhaki, Moshe: A draft version of a consolidated thesaurus for the rapidly growing field of alternative medicine. 049-130-E+F+G+S

 

1 Vgl. zuletzt Bibliotheksdienst 33 (1999), H. 11, S. 1885 ff; außerdem http://www.ddb.de/service/index.htm

2 http://www.ifla.org/VI/3/ubcim.htm


Stand: 10.10.2000
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