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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 5, 2000

Digitale Medien in Berliner Bibliotheken

Eine Befragung zum Angebot

Heike Baumbach

 

Einleitung

Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen einer Magisterarbeit am Institut für Bibliothekswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin entstanden und von PD Dr. Jänsch und Prof. Umstätter betreut worden. Ihnen, und insbesondere den Bibliothekaren der 100 befragten Bibliotheken Berlins möchte ich an dieser Stelle für ihre freundliche Unterstützung danken und das Ergebnis der Befragung hier allgemein verfügbar machen. Die vollständige Arbeit, mit den untersuchten Bibliotheken, ist über www.informatik.hu-berlin.de/~baumbach abrufbar.

Das Angebot an Informationsmedien aus dem Internet, von CD-ROMs, aus Datenbanken oder OPACs in der Hauptstadt im ausgehenden Jahrtausend zu untersuchen, erschien sinnvoll, um eine äußerst dynamische Entwicklung der heutigen Bibliotheken transparenter zu machen. Dabei ist Berlin auf diesem Gebiet sicher nicht führend in Deutschland, es ist aber, wie man sieht, im Umbruch.

Wenn André Möller 1991 formulierte: "Der Nachweis und die Beschaffung von Literatur wird in zunehmendem Maße ein aufwendiger, langwieriger, kostspieliger Prozess, der nicht nur Forschung und Lehre behindert, sondern die Funktion der Bibliotheken selbst untergräbt, sie gleichsam zum bloßen Sammelplatz des Alten und bereits Veralteten degradiert",1 so ist zu bedenken, dass gerade die Digitalisierung diesen Prozess in einer früher kaum vorstellbaren Dimension erleichtert und verbilligt hat. Dass die Synopse über das Gesamtgebiet bei mehreren Millionen jährlich erscheinender Publikationen trotzdem schwierig ist, steht allerdings außer Frage. Bibliotheken als Dienstleistungseinrichtungen, die Informationsangebote strukturieren helfen und Verträge machen, um ihren Benutzern den Zugang zur weltweit publizierten Literatur überhaupt zu ermöglichen, stehen heute vor völlig neuen Aufgaben. In dieses Bild passt auch der etwas flapsige Satz von Bill Gates: "Wer keinen Computer zu Hause hat, kann doch in eine Bibliothek gehen - wo ist das Problem?"2

Wenn es zutrifft, dass "in den USA und Skandinavien mehr als achtzig Prozent der Bibliotheken Internet-Angebote für ihre Bürger bereitstellen",3 so müssen wir uns fragen, an welcher Stelle wir uns zur Zeit befinden.

Das Thema der vorliegenden Untersuchung ist die Nutzung elektronischer Ressourcen in den Bibliotheken Berlins, wobei die Öffentlichen mit den wissenschaftlichen Bibliotheken verglichen werden. Dabei interessiert besonders die Frage, wie die elektronischen Medien nutzbar gemacht, repräsentiert und zur Verfügung gestellt werden, insbesondere im Hinblick auf die Benutzer der Bibliotheken.

Zu diesem Zweck wurden ein Fragebogen erstellt und 100 ausgewählte Berliner Bibliotheken befragt. Die Auswahl berücksichtigte nicht nur Öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken möglichst gleichmäßig, sondern ebenso die großen und die kleinen.

 

Bibliotheken und elektronische Medien

Die Bibliothekare sehen sich seit einigen Jahrzehnten immer wieder mit neuen Techniken und Informationsmedien konfrontiert und müssen umlernen, sich fortbilden und auch ihr Angebot den veränderten Benutzerwünschen anpassen, was sich oft als schwierig erweist.

Waren es im zweiten Drittel des letzten Jahrhunderts die sogenannten Neuen Medien mit Diaserien, Mikrofilmen, Tonbändern bzw. Tonkassetten, Schallplatten und Videos, so war und ist das Bibliothekspersonal nun mit der Einführung der digitalen Medien beschäftigt. Verständlicherweise werden auch sie heute oft als neue Medien bezeichnet, was allerdings leicht zu Missverständnissen führt. Diese digitalen Medien unterscheiden sich signifikant von den noch analogen Neuen Medien bei der Einführung dieses Begriffs. Bei den digitalen Medien können die Daten leicht von einem Speichermedium auf ein anderes migrieren, während bei den analogen Medien die sogenannte Konversion höchst aufwendig ist. Daran erkennt man, wie schwierig es ist, die Möglichkeiten bei dieser Vielzahl von Informationsmedien aufgrund eigener Erfahrung richtig und professionell einzuschätzen.

Eine weitere Schwierigkeit besteht im begrenzten Etat, der eine Hemmschwelle darstellt, wenn es um das Anschaffen von technischen Geräten geht, da allgemein bekannt ist, dass solche Geräte einen kenntnisreichen Wartungsaufwand erfordern und einem sehr schnellen Alterungsprozess unterliegen.

Diese Hemmschwelle muss jedoch unbedingt überwunden werden, wenn die Bibliotheken weiterhin den ihnen zustehenden Platz in der Informationsversorgung in der Gesellschaft behalten wollen. Der ungehinderte Zugang zu Informationen ist heutzutage nicht mehr ohne das breite Spektrum an Informationsmedien zu ermöglichen.

Die Bibliotheken sollten also weiterhin die Chance nutzen und sich den Medien unserer Zeit öffnen. Der gesellschaftliche Stellenwert einer Bibliothek lässt sich durch die Nutzung von CD-ROM und Internet erheblich steigern.

Eine verbesserte Bibliotheksarbeit kommt sowohl dem Personal als auch den Benutzern zugute, die durch die Nutzung digitaler Medien schneller und zufriedenstellender bedient werden können.

Außerdem sorgt insbesondere das Angebot aktueller Informationen dafür, die Personen, die bereits Benutzer in Bibliotheken sind, zu halten, aber auch eine neue Klientel in die Bibliothek zu bringen.

Es ist jedoch für Bibliotheken keineswegs einfach, einen Internetanschluss im Hause zu installieren, geschweige denn, diesen auch den Benutzern zugänglich zu machen.

Bibliotheken verstehen sich auch heute noch zum größten Teil als nicht-kommerzielle Anbieter von Informationen. Sie erfüllen die Aufgaben der (bibliothekarischen) Literaturversorgung als staatliche, kommunale oder institutionelle Dienstleistung, während Verlage und Buchhandlungen die kommerzielle Literaturversorgung durch Herstellung und Verkauf von Literatur als privates Gewerbe betreiben. Sie verdienen Geld durch ihren Verkauf. Bibliotheken sparen Geld durch ihren sachgerechten Kauf. Bibliotheken handeln im Sinne ihrer Trägerschaft wirtschaftlich, indem sie für ihre Nutzer bedarfsgerecht Information erwerben. Das betrifft den Erwerb von Büchern und Zeitschriften ebenso wie beispielsweise den von Nutzungslizenzen bei Datenbankanbietern.

Das Internet stellt derzeit einen weiteren Informationsanbieter dar, den die Bibliotheken nutzen und auch bereitstellen sollten. Dabei stellt sich wieder einmal verstärkt das Problem des begrenzten Etats, der den Bibliotheken zur Verfügung steht, da nun einmal größtmögliche Sparsamkeit und Rationalisierung nur mit einem begrenzten Benutzerservice vereinbar sind.

Damit haben sich die Aufgaben der Bibliotheken durch die Neuen Medien nicht grundlegend verändert. Thomas Hilberer drückt das so aus: "Die Aufgabe der Bibliothekare besteht seit jeher im Sammeln, Erschließen und Bereitstellen von Informationen: Baumrinden, Papyri, Pergament, Papier, Mikrofilme und CD-ROMs – das Trägermaterial hat stets eine sekundäre Rolle gespielt. Jetzt ist eben das Internet dazugekommen."4 Dies entspricht auch der Definition der Bibliothek im "Lehrbuch der Bibliotheksverwaltung": "Die Bibliothek ist eine Einrichtung, die unter archivarischen, ökonomischen und synoptischen Gesichtspunkten publizierte Information für die Benutzer sammelt, ordnet und verfügbar macht",5 damit steht die Aufgabe der Bibliotheken in ihrer Funktionalität fest. Diese Definition schließt die Neuen Medien bis hin zu den Computerprogrammen mit ein, denn es ist von "publizierter Information" die Rede, das Trägermedium spielt dabei keine Rolle. Diese publizierte Information genießt weltweit einen weitaus größeren Schutz als beispielsweise Patente, die bei ausreichender Zahlung der Patentgebühren nur über zwanzig Jahre gesichert werden können. Darüber hinaus müssen Patentrechte für jedes Land einzeln erworben werden. Bibliothekare werden in der Wissenschaftsgesellschaft einen wichtigen Beitrag beim Schutz dieser Copyrights bzw. Urheberrechte leisten müssen.

Jedoch gerade, was das Internet im rechtlichen Sinne für Bibliotheken bedeutet, ist keine leicht zu klärende Frage, was natürlich bisher die Entwicklung der Bibliotheken in diese Richtung erheblich behindert und gehemmt hat.

Doch Mitte 1997 hat sich der Gesetzgeber notwendigerweise des Themas Internet angenommen und das sogenannte Multimedia-Gesetz (eigentlich IuKD6-Gesetz) erlassen. Dies war ganz im Sinne der Bibliotheken, denn sie sahen sich täglich aufs Neue mit der Forderung ihrer Benutzer konfrontiert, jederzeit den ungehinderten Zugang zu elektronischer Information zu ermöglichen.

Das Internet, dieses weltweite Netz von Millionen von Netzwerken und Computern, das vor einigen Jahren noch vorrangig von Wissenschaftlern und Computerspezialisten genutzt wurde, ist heute zu einem "Medium für jedermann" geworden. Es wird mittlerweile täglich von vielen Millionen Menschen sowohl privat als auch geschäftlich zu Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungszwecken genutzt. Und von den Bibliotheken wird erwartet, dass sie ihren Benutzern den ungehinderten Zugang zu elektronischer Information ermöglichen.

In einer Bibliothek kann das Internet auf vielfältige Art und Weise genutzt werden. Als Reklame für die Bibliothek, für den Träger, für qualitativ hervorragende Information, und natürlich auch als kostengünstiger Informationslieferant.

Durch die hier vorgelegte Untersuchung der Berliner Bibliotheken sollen unter anderem folgende Fragen beantwortet werden:

  1. Sind die Bibliotheken Berlins wirklich so viel schlechter mit elektronischen Medien ausgestattet, wie in der Literatur behauptet wird?
  2. Ist es wirklich der Fall, dass die wissenschaftlichen Bibliotheken besser mit elektronischen Medien ausgestattet sind als die Öffentlichen?
  3. Stellen die Bibliotheken ihre elektronischen Medien auch den Benutzern zur Verfügung oder sind sie dem Personal vorbehalten?
  4. Wie stellt sich die Dynamik dieser Informationsmedienrevolution unserer Gesellschaft dar?

In den letzten Jahren hat sich insbesondere in den Öffentlichen Bibliotheken einiges geändert. Besonders sie versuchen, sich allmählich dem Stand der Entwicklung anzupassen.

Dies zeigen unter anderem solche Veröffentlichungen wie die vom DBI zum Thema Internet in Öffentlichen Bibliotheken (1997).7 Dort heißt es, hinsichtlich der bibliothekarischen Interessen, in der Einleitung von Frank Hoppe: "[...] standen in den letzten Jahren das Video und die CD-ROM im Vordergrund der Sitzungen, so war der diesmalige Themenschwerpunkt aufgrund der brennenden Aktualität nun auf das Internet verlegt worden."

Wie Frank Hoppe weiter schreibt, trafen sich die Bibliothekare 1997 bereits zum vierten Mal, um sich, "[...] über die Anwendung und den Nutzen, aber auch die Probleme des Umganges neuer Medien in Öffentlichen Bibliotheken im Rahmen von Vorträgen zu informieren."

Auch Mailing-Listen wie zum Beispiel InetBib,8 in der Bibliothekare über die Probleme bei der Nutzung des Internet diskutieren, zeigen, dass auch bei uns in Deutschland eine Entwicklung eingesetzt hat, bei der die Öffentlichen Bibliotheken versuchen, sich dem Stand der Entwicklung anzupassen.

Die Zeitschrift Bibliotheksdienst veröffentlichte in den letzten Jahren auffällig viele Artikel, die sich mit der Nutzung elektronischer Medien in Öffentlichen Bibliotheken beschäftigen, wobei sich u.a. folgende Fragen aufdrängen: Warum wird so viel über die Entwicklung der Öffentlichen Bibliotheken und so wenig über die der wissenschaftlichen Bibliotheken in bezug auf deren Ausstattung mit elektronischen Medien veröffentlicht? Sind die wissenschaftlichen Bibliotheken schon so gut mit elektronischen Medien ausgestattet, dass über die Anschaffung solcher nicht mehr diskutiert werden muss?

 

Arbeitsmethode

Befragt wurden 100 öffentlich zugängliche Bibliotheken. Als Benutzer der Bibliotheken werden Personen definiert, die im Rahmen der regulären Öffnungszeit die Möglichkeit haben müssen, zu jeder der befragten Bibliotheken uneingeschränkten Zugang zu haben.

Um einen Vergleich von wissenschaftlichen und Öffentlichen Bibliotheken zu ermöglichen, wurden jeweils 50 Bibliotheken der beiden Kategorien ausgewählt und in der Zeit vom 17. Juni bis zum 31. August 1999 befragt.

Es wurde die etwas aufwendige Form des strukturierten persönlichen Interviews mit geschlossenen Fragen gewählt. Dabei hat sich mitunter die Reihenfolge der Fragen verändert. Es handelt sich in diesen Fällen also eher um teil-standardisierte Interviews.

Der erste Teil des Fragebogens enthält die formalen Daten, wie Name, Adresse und Art der Bibliothek (wissenschaftliche oder Öffentliche).

Der zweite Teil ist nach elektronischen Medien: Internet, Datenbanken, OPAC (intern oder extern), CD-ROM, aber auch nach Mikrofilm bzw. -fiche unterteilt.

Wurde beispielsweise auf die Filterfrage: "Haben Sie in Ihrer Bibliothek einen Internet-Zugang?" mit "Nein" geantwortet, konnte gleich die Frage nach dem nächsten elektronischen Medium gestellt werden. Wurde sie jedoch mit "Ja" beantwortet, so wurde weiter gefragt, ob der Zugang nur für das Bibliothekspersonal oder auch für die Benutzer der Bibliothek zur Verfügung steht.

Die Frage nach der jeweiligen Zugänglichkeit wurde von der Interviewerin selbst beantwortet, um die Aufstellung und die Hinweise darauf einheitlich und vergleichend bewerten zu können.

Es wurde weiterhin nach zeitlicher Begrenzung, nach Anmeldung, nach den Kosten und nach Schulungen oder Einführungen gefragt.

 

Auswertung der Fragebögen

Das folgende Diagramm (Abb. 1) zeigt den Zugang zu den elektronischen Medien aller 100 befragten Bibliotheken.

Abb. 1: Zugang zu den elektronischen Medien (alle Bibliotheken)

Wie aus Abb. 1 hervorgeht, hatte etwa Mitte des letzten Jahres knapp die Hälfte der Bibliotheken einen Internetanschluss, doch nur 19% haben Zugang zu externen zahlungspflichtigen Datenbanken. Wesentlich häufiger, und damit sicher auch beliebter sind dagegen CD-ROM-Angebote. Interessant ist im Vergleich dazu die Zahl von 39% Mikrofilm- beziehungsweise Mikroficheangeboten.

Mit einem internen OPAC können immerhin 82 Bibliotheken aufwarten, und 52 Bibliotheken haben auch Zugriff auf OPACs anderer Bibliotheken.

Der Vergleich der Öffentlichen mit den wissenschaftlichen Bibliotheken (Abb. 2) zeigt, wie weit die wissenschaftlichen Bibliotheken noch immer den Öffentlichen Bibliotheken voraus sind. Mehr als dreimal so viele wissenschaftliche Bibliotheken haben einen Internetanschluss als Öffentliche Bibliotheken.

Abb. 2: Zugang zu den elektronischen Medien (unterteilt nach Öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken)

Besonders auffällig ist jedoch der hohe Stellenwert interner OPACs bei den Öffentlichen Bibliotheken. Von diesen bieten 95% auch Zugriff auf externe OPACs, wohingegen bei den wissenschaftlichen Bibliotheken, die einen internen OPAC besitzen, nur 28% über diesen auch Zugriff auf die OPACs anderer Bibliotheken haben. Hier muss allerdings bedacht werden, dass man über das Internet ohnehin Zugang zu zahllosen OPACs anderer Bibliotheken hat.

Abb. 3: Zugang zu den elektronischen Medien überhaupt und für die Benutzer und unterteilt nach wissenschaftlichen und Öffentlichen Bibliotheken

Wie Abb. 3 zeigt, ist der Zugang für die Benutzer teilweise deutlich eingeschränkt. Weniger als die Hälfte der Bibliotheken mit Internetanschluss stellen diesen auch ihren Benutzern zur Verfügung. Entsprechendes gilt ebenso für den Zugang zu externen Datenbanken. In 40% der Bibliotheken ist auch die Nutzung des CD-ROM-Angebotes dem Personal vorbehalten.

Da der Name "Online Public Access Catalogue" genau genommen verbietet, dass dieses Instrument den Nutzern in den Bibliotheken vorenthalten wird, ist es zunächst äußerst verwunderlich, dass nicht einmal der OPAC den Benutzern in allen Bibliotheken zur Verfügung steht (intern: 83% und extern: 65%). Hier spielt zweifellos auch die Tatsache eine Rolle, dass diese digitalen Angebote immer erst vom Bibliothekspersonal eingeführt werden müssen, die Bedienung erlernt und das Angebot getestet werden muss, bevor weitere Geräte angeschafft und der Allgemeinheit angeboten werden können. So ist auch zu verstehen, dass der Zugang zu den Mikrofilm- oder Mikrofichegeräten nur in vier Bibliotheken auf den eigenen Bedarf des Bibliothekspersonals eingeschränkt ist. Diese inzwischen schon als herkömmlich zu bezeichnende Technologie wird jedoch nach Aussagen der Befragten immer weniger genutzt, da sie von den digitalen Medien zunehmend abgelöst wird, soweit sie die gleichen Informationen enthalten.

Damit geben diese Daten auch einen gewissen Hinweis auf die Umbruchsituation der Bibliotheken, die in der Untersuchung dadurch speziell berücksichtigt fand, dass nach der Planung in nächster Zeit gefragt wurde.

Abb. 4: Zugang zu den elektronischen Medien überhaupt, für Benutzer und geplant

In der Planung hat das Internet zur Zeit eindeutig Priorität, gefolgt vom CD-ROM-Einsatz, wobei etwa gleichrangig die Vervollständigung des OPAC-Angebotes angesiedelt ist. Damit kann in den nächsten Jahren davon ausgegangen werden, dass es kaum noch Bibliotheken geben wird, die mit Karteikarten arbeiten – ausgenommen zur Retrokonversion.

Die Einschätzung, wie die elektronischen Medien in den befragten Bibliotheken zu finden sind, beinhaltet Fragen wie: Ist das elektronische Medium gleich im Eingangsbereich zu sehen oder wird darauf mit Schildern, Wegweisern und/oder Papieren hingewiesen? Oder muss der Benutzer umständlich danach suchen?

Die Ergebnisse zeigen deutlich: Wenn in den Bibliotheken elektronische Medien vorhanden sind, sind diese auch recht gut zu finden. Sie werden vom Bibliothekspersonal zweckmäßigerweise meist als "Aushängeschild" für ein zeitgemäßes Angebot genutzt. Die Auffindbarkeit der Internet-, Datenbank- und CD-ROM-Angebote konnte daher meist mit 1 (sehr gut) oder 2 (gut) bewertet werden. Aber auch die OPACs, Mikrofilm- oder Mikrofichegeräte waren zum größten Teil sehr gut bis gut zu finden, jedoch gab es auch einige wenige Bibliotheken, in denen die Benutzer etwas länger suchen oder sogar fragen müssten, um zu erfahren, dass die Bibliothek in diesem Bereich ein Angebot hat.

Bezüglich der Frage, ob die Benutzer das entsprechende Medium so lange nutzen können, wie sie wollen (entsprechend den Öffnungszeiten der Bibliothek), oder ob die Benutzer jeweils nur eine bestimmte Zeit (zum Beispiel eine Stunde) das Medium nutzen dürfen, was dann eventuell mit einer Warteliste geregelt wird, ergaben, dass heute in den meisten Bibliotheken keine Zeiteinschränkungen mehr gemacht werden.

Vorrangig wird der Zugang zum Internet in 9 von 23 Fällen (= 39%), zu CD-ROMs in 5 von 40 Bibliotheken (= 13%) und zu Datenbanken in 2 von 9 Angeboten (= 22%) zeitlich eingeschränkt. Nur eine Bibliothek schränkte auch den Zugang zum OPAC ein, das liegt jedoch daran, dass dasselbe Terminal zum OPAC auch vom Personal genutzt werden muss.

Durch die meist schlechte Geräteausstattung müssen Öffentliche Bibliotheken ihren Benutzern eher eine zeitliche Begrenzung auferlegen als die wissenschaftlichen Bibliotheken. Dabei bildet das Medium CD-ROM allerdings eine Ausnahme.

Es ist feststellbar, dass die meisten Bibliotheken keine Gebühren für die Nutzung der von ihnen angebotenen elektronischen Medien erheben. Bei der Art der erhobenen Benutzungsgebühren handelt es sich größtenteils um Unkostenbeiträge für die Benutzung der Drucker.

Der letzte Punkt des Fragebogens bezog sich auf das Angebot von Benutzerschulungen. Hier zeigte sich, dass in den meisten Bibliotheken keine Schulungen angeboten werden, die den Benutzern den Umgang mit den elektronischen Medien erleichtern könnten, wobei sich die Frage stellt, ob die ad hoc-Hilfen ausreichen, weil die meisten Benutzer bereits genügend know how haben bzw. die Systeme einfach genug bedienbar sind, oder ob der Bedarf an Schulung nicht geleistet werden kann. Am wahrscheinlichsten ist allerdings, dass die Benutzer zumindest soweit mit dem Angebot der Bibliotheken zurechtkommen, dass entsprechende Schulungen nicht mehr zwingend notwendig sind.

 

Diskussion der Ergebnisse

Die Berliner Bibliotheken haben sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten zweifellos den elektronischen Medien geöffnet.

Die Bibliotheken können den Benutzern das Internet ganz selbstverständlich als Medium zur Verfügung stellen, wenn sie sich an die Gesetze halten und, insbesondere in den Öffentlichen Bibliotheken, den Jugendschutz beachten. Von rechtlicher Seite steht der Anschaffung von Internet-PCs und der Verfügbarmachung des Internetangebotes in Bibliotheken nichts im Wege.

Neben dem Zugriff auf interne OPACs ist auch der auf externe größtenteils gewährleistet, entweder, wie bei 52 Bibliotheken, über den eigenen OPAC, oder bei 47 Bibliotheken über den Internetanschluss. Ein Problem sind zweifellos weiterhin die kostenpflichtigen externen Datenbanken, wenn die Endnutzer in ihnen recherchieren wollen. Hier sind entsprechende CD-ROM-Angebote eindeutig problemloser. Mit CD-ROM-Laufwerken sind daher immerhin schon 67% ausgestattet.

Nur zehn Bibliotheken (fünf Öffentliche und fünf wissenschaftliche) haben somit überhaupt keine der gefragten elektronischen Medien in ihrem Bestand. Wobei von diesen zehn Bibliotheken die Hälfte die Anschaffung beziehungsweise Bereitstellung von elektronischen Medien plant. Wir können damit zusammenfassen, dass in Berlin geschätzte 90% der Bibliotheken digitale Medien anbieten und damit ihre Erfahrungen sammeln. Dieser Prozentsatz wird in absehbarer Zeit voraussichtlich auf 95% steigen. Eine der wissenschaftlichen Bibliotheken plant Internet- und OPAC-Anschluss, eine zweite CD-ROM- und OPAC-Angebote und eine dritte CD-ROM. Zwei Öffentliche Bibliotheken beabsichtigen, einen internen OPAC anzubieten.

Allerdings bietet zur Zeit weniger als die Hälfte der Bibliotheken mit Internet- und Datenbankzugang diese Dienste ihren Benutzern an, und auch die CD-ROM-Nutzung ist noch immer stark eingeschränkt.

Die hier durchgeführte Untersuchung bestätigt somit die Aussage von B. Meyer bezüglich kostenpflichtiger Datenbanken: "Das Recherchieren in diesen Quellen war bisher, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine Domäne der wissenschaftlichen Bibliotheken."9 Es zeigt sich nun, dass auch die wissenschaftlichen Bibliotheken mit 30% nur einen sehr begrenzten Zugang zu diesen kostenpflichtigen Datenbanken haben. Wobei sie 60% dieser Datenbanken über Informationsvermittlung anbieten.

Wenn also B. Meyer weiter sagt: "Jedoch haben immer mehr Öffentliche Bibliotheken ein starkes Interesse daran, für sich und ihre Kunden diese Informationsmöglichkeit zu nutzen", so ist dieser Anteil mit 8% noch immer gering. In erkennbarer Planung sind sie auch nicht. Allerdings planen zehn Öffentliche Bibliotheken - das entspräche einer Steigerungsrate von über 90% - demnächst die Anschaffung eines Internet-Arbeitsplatzes. Damit wird sich der Abstand zu den wissenschaftlichen Bibliotheken mit "nur" 22%iger Steigerungsrate voraussichtlich verringern. Bei den bereits weiter fortgeschrittenen CD-ROM-Arbeitsplätzen sind dagegen in den Öffentlichen Bibliotheken 25% Zunahme zu erwarten, und in den wissenschaftlichen Bibliotheken vergleichsweise 8%. Auch wenn diese Zahlen mit der angemessenen Vorsicht betrachtet werden müssen, so machen sie doch gewisse Tendenzen deutlich.

Zudem konnte bei genauerem Hinsehen festgestellt werden, dass die Öffentlichen Bibliotheken, wenn sie die elektronischen Medien Internet und Datenbanken in ihrem Bestand haben, grundsätzlich eher dazu bereit sind, diese auch ihren Benutzern zur Verfügung zu stellen, als die wissenschaftlichen. Dies dürfte allerdings nicht zuletzt daran liegen, dass Wissenschaftler schon heute weitgehend private bzw. berufliche Zugänge zu diesen Quellen haben. Um so wichtiger ist es allerdings, das Gefälle zwischen Wissenschaftlern und Laien nicht noch größer werden zu lassen, als es damit ohnehin schon ist.

Der Internetzugang wird den Benutzern in 9 von 11 Öffentlichen Bibliotheken und 14 von 36 wissenschaftlichen Bibliotheken zur Verfügung gestellt. Die kostenpflichtigen Datenbanken können in 3 von 4 Öffentlichen und in 6 von 15 wissenschaftlichen Bibliotheken von den Benutzern in Anspruch genommen werden.

Allerdings hatten die wissenschaftlichen Bibliotheken, die ihren Benutzern Internetarbeitsplätze zur Verfügung stellten, diese schon seit einiger Zeit in ihrem Angebot und dementsprechend auch meist Bibliothekspersonal, das sich darin schon länger eingearbeitet hatte und deshalb kompetent Auskunft erteilen konnte. Bei den Öffentlichen Bibliotheken wurde dagegen festgestellt, dass dort zwar teilweise die neueste und beste Ausstattung vorhanden ist, das Bibliothekspersonal aber noch nicht oder nur sehr wenig, und somit unzureichend geschult worden war.

Nach Einschätzung der EDV-Arbeitsgruppe der Staatlichen Büchereistellen NRW kann das Angebot von Internet-Arbeitsplätzen "neue Benutzerkreise, z.B. Jugendliche, die bisher keine Bibliotheksbenutzer waren, ansprechen."10

Es herrscht heute weitgehend Übereinstimmung in der Einschätzung, dass die digitalen Medien eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, die Attraktivität der Bibliotheken als Aufenthaltsort zu erhöhen.

Dabei geht es sicher nicht nur um das allgemeine Informationsangebot im Internet, sondern auch, und für die Bibliotheken insbesondere, um die Retrievalmöglichkeiten. Hans Hehl drückt dies folgendermaßen aus: "Die bibliographische Ermittlung mittels Internet gehört inzwischen [...] zur selbstverständlichen Routine oder sogar zur Notwendigkeit der täglichen Recherchearbeit einer Bibliothek."11

Die Diskussion der späten neunziger Jahre, speziell über die Bedeutung des Internet in und für die Öffentlichen Bibliotheken, ist recht einhellig. So heißt es bei S. Reuter: "Die Bereitstellung von Internet-PCs für die Benutzer ist notwendig, um den Informationsbedarf zu befriedigen. [...] Bibliotheken sollten nicht mehr abwarten. Eigeninitiative im Umgang mit neuen Informationstechniken würde ihnen in der täglichen Arbeit und im Umgang mit den Benutzern einen großen Gewinn bringen."12 Die Bibliothek "sollte offen für Veränderungen sein und damit schneller auf Kunden und ihre Umwelt reagieren können." Und in ihrer Diplomarbeit sagt dieselbe Autorin: "Bibliotheken sollten das Internet als zusätzliches Publikumsmedium verstehen, das ähnlich den traditionellen Medien Inhalte in großer Breite und verschiedener Qualität bietet. [...] Dem Auftrag der Bibliothek, Informationen allgemein öffentlich zugänglich zu machen, müssen Bibliotheken nachkommen, indem sie auch das Informationsmedium Internet zur Verfügung stellen."13

Trotzdem sollte gerade in diesem Zusammenhang erneut die Frage gestellt werden, ob Bibliotheken wirklich Kunden wie die Buchhandlungen haben, oder Benutzer von gedruckten Materialien und Nutzer von elektronischen Informationsmedien, für die sie möglichst preisgünstig das Informationsangebot sichten, erwerben und anbieten. Bibliotheken erhalten von ihren Trägern Geld für bestimmte Aufgaben. Bei wissenschaftlichen Einrichtungen wie Universitäten, Forschungsinstituten oder Industriebetrieben ist dies recht einsichtig, weil es darum geht, die horrenden Kosten für die unvermeidliche Informationsbeschaffung in erträglichen Grenzen zu halten. Bei Öffentlichen Bibliotheken ist diese Frage insofern etwas schwieriger, weil der finanzielle Nutzen einer gut informierten Nutzerschaft nicht so deutlich in den Vordergrund tritt. Abgesehen davon, dass Staat und Kommune immer weniger bereit sind, bibliothekarische Freizeitangebote zu finanzieren, weil sie die damit verbundenen Lerneffekte leicht unterschätzen, sehen sie die hohe Attraktivität von Bibliotheken für Stadt und Land immer weniger.

Die Tatsache, dass sich Bibliotheken heute im Internet weltweit präsentieren und damit in nicht unerheblichem Maße deutlich machen, welchen kulturellen und wissenschaftlichen Stand ein Land, eine Stadt oder eine Kommune hat, sollte nicht unterschätzt werden. Insbesondere die sogenannte digitale Konvergenz, die Archiv-, Bibliotheks-, Fernseh-, Kunst-, Rundfunk- oder Theaterangebote auf dasselbe binär geschriebene Multimediaangebot zurückführt und weltweit verbreiten hilft, führt zu einer besonderen Art der Globalisierung.

Wer hier ausgeschlossen wird, weil er sich keinen privaten Zugang leisten kann, weil ihm noch die Übersicht fehlt oder weil er noch nicht einmal weiß, dass es dieses Informationsangebot gibt, wird in der Wissenschaftsgesellschaft keine Chancengleichheit finden. Das Internet ist für Millionen Menschen schon heute eine selbstverständliche Informationsquelle, die dem Buch in vielen Bereichen bereits ebenbürtig bzw. überlegen ist. Für diese Millionen ergänzen sich die Medien in hervorragender Weise.

Doch es ist eine Sache, die elektronischen Medien den Benutzern in der Bibliothek zur Verfügung zu stellen, eine andere, aber überaus wichtige Sache ist die, dass das Bibliothekspersonal kompetent Auskunft erteilen kann. Die Benutzer müssen im Bibliothekspersonal professionelle Informationsexperten erkennen können. Wenn Stieglitzki und Braun für den Endnutzer die Forderung aufstellen: "Medienkompetent zu sein heißt, Informations-, Kommunikations- und Medienangebote selbstbestimmt und in sozialer Verantwortung für sich selbst anzuwenden",14 so sollten die Bibliotheken ihren Benutzern Beratung im Sinne des learning by doing anbieten, damit diese befähigt werden, die unterschiedlichen Inhalte zu bewerten und die Nutzung der verschiedenen Medien abzuwägen. Wirkliche Medienkompetenz kann nur erworben werden, wenn die verschiedenen Angebote an Informationsmedien auch verglichen werden können, wie das in Bibliotheken zunehmend geschieht. Dabei muss die Medienkompetenz für Konsumenten von der für Produzenten, wie beispielsweise Autoren es sind, unterschieden werden.

Dies setzt natürlich voraus, dass sich die Bibliotheksmitarbeiter Kenntnisse im Umgang mit diesen Medien aneignen, bevor sie über die Kenntnisse ihrer jugendlichen Benutzer nur staunen können. Wenn Vonhof auf einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung ganz treffend formulierte: "Bibliotheken müssen - orientiert an ihren Zielen und ihren Zielgruppen - den Bürgern für die Internet-Recherche ein ‚Sprungbrett‘ bieten, ein Sprungbrett, das zum Erfolg führt",15 so steht hier die Zielgruppe, die Klientel der jeweiligen Bibliothek, im Zentrum.

Wie wichtig die Fachkenntnisse zumindest einer Person bei der Einführung Neuer Medien sind, ist auch schon von Heeks in einer Studie der British Library festgestellt worden, wo es unter anderem heißt: "For example, it was no good for researchers just to understand in a general way that computers could be used for searching online databases; they needed to know what was available in their subject area, how it would be of use to them, and exactly how they could go about contacting the database. Informal seminars within departments could help to fulfill this role."16

Das Bibliothekspersonal muss die Zeit und die Möglichkeit haben, den Umgang mit dem Angebot an digitalen Medien für eine professionelle Arbeit zu erlernen, für die Erwerbung, die Katalogisierung, den Auskunftsdienst, die Verwaltung und die Benutzerbetreuung.

Die bibliothekarische Fachwelt ist sich durchaus einig, was die Aufgabe und die Rolle der Bibliotheken in der Gesellschaft und die Einführung und Nutzung der elektronischen Medien in Bibliotheken betrifft. Viele Bibliothekare sehen die Notwendigkeit der Einführung der Neuen Medien und die damit verbundenen Änderungen der Tätigkeitsbereiche als eine Chance und Herausforderung an.

Die Zugänglichkeit qualitativ hervorragender Information für die jeweiligen Benutzer stellte schon immer den Kern der bibliothekarischen Aufgabe dar. Dies ist auch weiterhin die Hauptaufgabe der Bibliotheken, die nun lediglich an die neuen Gegebenheiten angepasst werden muss. Auch Pieper wies auf dem vierten Europäischen Bielefeld Kolloquium darauf hin, dass "Die schnelle und möglichst kostengünstige Verfügbarkeit von Informationen" die "wesentliche Voraussetzung einer Informationsgesellschaft" ist.17 Bibliotheken müssen, so Pieper weiter "[...] ihre künftigen Produkte und Dienstleistungen an die Erfordernisse der Informationsgesellschaft anpassen."

Auch in diesem Bereich finden wir zur Zeit eine erhebliche Sprachverwirrung. Nach dem Siegeszug der Informationstheorie in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts und deren Auswirkungen auf die Informatik sprach man zunächst vom Informationszeitalter, dies vermischte sich alsbald mit der postindustriellen Gesellschaft zur Informationsgesellschaft, während die Politiker in den letzten Jahren immer häufiger das Wort von der Wissensgesellschaft wählen, als wäre dies eine Gesellschaft, die so viel weiß, dass sie diesen Namen verdiente. In Wirklichkeit kommt dieser Gesellschaft am ehesten der Name einer Wissenschaftsgesellschaft zu, weil sie der Wissenschaft in noch nie gekanntem Maße ihre Existenz verdankt, und weil in ihr fast 90% aller Wissenschaftler leben, die je auf dieser Erde gelebt haben. Dass diese Wissenschaftsgesellschaft zu über fünfzig Prozent ihre Existenz dem Informationszeitalter verdankt, weil allein in dieser Ära des Siegeszuges der Informationstechnologie etwa die Hälfte aller jemals geborenen Menschen zur Welt kam, sollte man dabei wohl auch nicht übersehen.

Damit müssen sich Bibliotheken weniger auf eine Informationsgesellschaft konzentrieren, als vielmehr auf eine Gesellschaft, die von Tag zu Tag mehr Wissenschaft produziert und auch produzieren muss, wenn sie überleben will. Die Zunahme des Anteils an Fachbüchern in den Öffentlichen Bibliotheken fügt sich in dieses Bild fugenlos ein.

Hilberer beklagt in diesem Zusammenhang das, was er ein informationspraktisches Paradox nennt, und das er folgendermaßen beschreibt: "In der unüberschaubaren Fülle von Informationen bleiben die, die gebraucht werden, unauffindbar"18 und Umstätter / Rehm haben 198419 den entsprechenden Sachverhalt bereits als anakolutisches Informationsdilemma bezeichnet, weil es einerseits die allgemeine Behauptung enthält, dass wir von Information überflutet werden, während wir uns gleichzeitig darüber bewusst sind, dass wir nichts, oder zumindest viel zu wenig wissen. Naisbitt wird daher auch gern und oft mit den Worten: "Wir dürsten nach Wissen und ertrinken in Informationen" zitiert.20

Es ist nicht davon auszugehen, dass dieses Problem von Informationsspezialisten gelöst werden kann, es ist aber erst recht nicht ohne sie zu bewältigen. Denn der Erwerb der Information, die wir zur Lösung unserer täglichen Probleme brauchen, ist ein Wettlauf mit der Zeit und allen unseren Konkurrenten.

Vielfach wurde bereits erkannt, dass weitere Informationsanbieter auf dem Markt sind. Sie werden nicht selten als Konkurrenz der Bibliotheken gesehen. Zwar bieten diese ihre Informationen kommerziell an, während die Bibliotheken noch immer den Anspruch haben, die Informationen weiterhin kostenlos zur Verfügung zu stellen. Sowohl im Bibliotheksbereich als auch in der Wissenschaft scheint "das grundsätzliche Verhältnis von öffentlicher Wissenschaft und kommerzieller Informationswirtschaft ... nach wie vor ungeklärt."21 Die Verfasser des Memorandums zur "Zukunft der Fachinformation"22 beschweren sich, heißt es weiter in dem Artikel, mit den Worten: "Es kann nicht sein, dass die Wissenschaft ihre eigenen Produkte von der Wirtschaft zurückkaufen muss." Damit ist aber natürlich noch nicht gesagt, wer wieviel wofür bezahlen muss. Wir sind zweifellos in einer "Übergangsphase", wie Albers in seiner Zusammenfassung der Podiumsdiskussion der dritten InetBib-Tagung bemerkt: "Demnach befindet sich die gesamte Szene zur Zeit in einer Übergangsphase, in der die alten Medien noch nicht gänzlich durch die neuen verdrängt und ersetzt werden, sondern diese vielmehr nur ergänzen, so dass es zur Zeit im Wesentlichen auf die Verbindung zwischen beiden ankommt."23 Voraussichtlich werden die digitalen Medien allerdings auch in absehbarer Zukunft nicht die alten Informationsmedien verdrängen, sie sind aber schon jetzt dabei, sie zu relativieren.

Wir stehen am Anfang einer Entwicklung, von der Needham sagt: "Noch immer ist die Informationsvernetzung etwas für Pioniere. Wir brauchen Vorkämpfer in den Bibliotheken, Leute die bereit sind, über die bisherigen Grenzen hinaus- und zusätzliche Risiken einzugehen, um die neuen Systeme zum Laufen zu bringen. Der Antrieb muss von innen kommen, aus der Überzeugung heraus, dass diese Systeme der Bibliothek und der Kommune eine unglaubliche Bereicherung bringen können."24

Vermutlich ist diese innere Überzeugung auch eine Frage des Berufsethos. Und es ist eine Frage der analytischen Fähigkeiten, die den Fragen nachgehen:

 

1 Möller, André: CD-ROM-Einsatz in Bibliotheken. München ; London ; New York ; Paris : Saur, 1991 (Bibliothekspraxis ; 30), S. 19.

2 Zitiert nach: Internet in Öffentlichen Bibliotheken – Up (to) date! [hrsg. von: Marion Sommerfeld und Susanne Thier]. - Berlin : Dt. Bibliotheksinst., 1999 (dbi–materialien ; 181), S. 5.

3 "Internettraining für Bibliotheken" [Christian Hasiewicz und Angelika Holderried] In: Buch und Bibliothek 51 (1999) 10 / 11, S. 604.

4 Hilberer, Thomas: "So lässt sich das Internet erschließen" In: Bibliotheksdienst 33 (1999) 1, S. 54 - 58.

5 Zitiert nach: Ewert, Gisela; Umstätter, Walter: Die Definition der Bibliothek. In: Bibliotheksdienst 33 (1999) 6, S. 957 – 971.

6 IuKDG = Informations- und Kommunikationsdienstegesetz

7 Internet in Öffentlichen Bibliotheken: Referate und Materialien aus einem Fortbildungsseminar des Deutschen Bibliotheksinstituts ; [Seminarleitung und Red.: Marion Sommerfeld]. – Berlin : Dt. Bibliotheksinst., 1997 (dbi–materialien ; 163)

8 InetBib = Internet in Bibliotheken: http://www.ub.uni-dortmund.de/EDV/Diskussionslisten.html

9 Meyer, Birgit: Kostenpflichtige Datenbanken aus dem Blickwinkel einer Öffentlichen Bibliothek. Vortrag auf dem Seminar "Internet in Öffentlichen Bibliotheken. Teil 3" am 8.7.1999 [nicht veröffentlicht]

10 Internet in Öffentlichen Bibliotheken: Einstieg, Zugang, Nutzen für Erstanwender [hrsg. von den Staatlichen Büchereistellen des Landes Nordrhein-Westfalen]. - 1997.

11 Hehl, Hans: Das Internet als Quelle bibliographischer Ermittlung und elektronischer Beschaffung. In: Bibliotheksdienst 31 (1997) 7, S. 1314 - 1324.

12 Reuter, Susanne: Internet in der Öffentlichen Bibliothek. In: Nachrichten für Dokumentation 49 (1998) 7, S. 421 - 424.

13 Reuter, Susanne: Einsatz des Internet in Öffentlichen Bibliotheken. Voraussetzungen, Anwendungen im bibliotheksinternen und im öffentlichen Bereich und dabei auftretende Probleme. Diplomarbeit an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (FH), Fachbereich Buch und Museum, Studiengang Bibliothekswesen ; Leipzig, 1998.

14 Stieglitzki, Stephan; Braun, Michael: Internet: das dreistufige Schulungskonzept der Bücherhalle Harburg. In: Internet. hrsg. von der Redaktion Buch und Bibliothek. – Bad Honnef: Bock + Herchen, 1997. – (BuB special), S. 107 - 110.

15 zitiert nach: Grube, Henner: Lektorieren des Internets? In: Bibliotheksdienst 31 (1997) 9, S. 1735 – 1738.

16 Heeks, Richard: Computerisation in Academic Departments. A Survey of Current Practice. – British Library Research and Development Report 5939; London : Taylor Graham, 1987.

17 Pieper, Dirk: Bibliotheken und Verlage als Träger der Informationsgesellschaft. In: Nachrichten für Dokumentation 49 (1998) 3, S. 145- 148.

18 Hilberer, Thomas: Über die Zugänglichkeit der Informationen im Internet. In: Bibliotheksdienst 33 (1999) 9, S. 1545 – 1546.

19 Umstätter, W. und Rehm, M.: Bibliothek und Evolution. Nachrichten für Dokumentation 35 (1984) 6, S. 237-249.

20 Naisbitt, John: Megatrends. New York: Warner, 1982.

21 Sietmann, Richard: Zirkelspiele II. In: c’t 23 (1999), S. 142 – 143.

22 http://www.tauss.de/bn/fachinformation-eckwerte.html

23 Albers, Christoph: Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur virtuellen Bibliothek! In: Bibliotheksdienst 32 (1998) 5, S. 933 – 939.

24 Needham, George: "Bibliotheken online!" In: Elektronische Medien in Öffentlichen Bibliotheken. Hrsg. Charlotta Flodell, Andreas Mittrowann. Gütersloh: Verl. Bertelsmann, 1997. S. 65 – 73.


Stand: 03.05.2000
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