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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 3, 2000

Wissenschaft ohne Grenzen?

Ein europäischer Forschungsraum

 

Die Europäische Kommission hat auf Initiative von Forschungskommissar Philippe Busquin eine Mitteilung verabschiedet, in der eine Strategie für eine grenzenlose Forschungspolitik in Europa auf Grundlage einer besseren Zusammenarbeit zwischen Forschern in den einzelnen Mitgliedstaaten dargelegt wird.

Kommissar Busquin und die übrigen Kommissionsmitglieder sind der Auffassung, dass das "Europäischer Forschungsraum" genannte Konzept zur gemeinsamen Nutzung von wissenschaftlichen Ressourcen in Europa führen sowie auf längere Sicht Arbeitsplätze schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken wird. Von der Politik erhofft man sich neue Anstöße für die europäische Forschung und die Industrie.

"Das 21. Jahrhundert wird ein Jahrhundert der Wissenschaft und der Technologie sein", so die Mitteilung. Jedoch die Tatsache, dass Europa seine Möglichkeiten auf diesem Gebiet noch nicht voll nutzt, gebe Anlass zur Sorge:

"Wenn die Europäer nicht gemeinsam etwas zu ihrer Verbesserung unternehmen, droht Europa ein Verlust an Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Weltwirtschaft. Damit wird sich der Abstand zu den technologisch führenden Ländern weiter vergrößern. Europa läuft Gefahr, den Entwicklungssprung zur wissensbasierten Wirtschaft nicht zu schaffen. Mehr als je zuvor erweisen sich die Aktivitäten in den Bereichen Forschung und technologische Entwicklung als die zukunftsträchtigsten."

Aus der Mitteilung geht hervor, dass die EU heute für Forschungszwecke im Durchschnitt bescheidene 1,8% seines BIP ausgibt (die USA hingegen 2,8% und Japan 2,9%), und die europäische Forschung fragmentarisch und unzureichend koordiniert erscheint, wobei das 5. FTE-Rahmenprogramm der EU nur 5,4% der europäischen Forschungsförderung darstellt und nationale Forschungsprogramme sich vorrangig mit einzelstaatlichen Themen beschäftigen.

"Die Forschungspolitik der Mitgliedstaaten und die der Union laufen parallel und sind zuwenig aufeinander abgestimmt", so die Mitteilung, die gleichzeitig warnt, dass die Situation durch die Erweiterung nicht besser wird, da "die Vision von einem Europa der 25 oder der 30 Länder in greifbare Nähe rückt, das mit den bisherigen Methoden jedoch nicht organisierbar ist."

"Die Forschungsbemühungen und -systeme der einzelnen Länder sind so schlecht koordiniert, voneinander abgeschottet und in sich geschlossen, und die rechtlichen und administrativen Regelungen so unterschiedlich, dass staatenübergreifende Investitionen in den Wissenssektor nicht ihre volle Wirkung entfalten können." Aus diesen Gründen ruft die Mitteilung zur Vernetzung der besten europäischen wissenschaftlichen Ressourcen, zur Entwicklung eines europäischen Ansatzes für große Forschungsinfrastrukturen und zur Verbesserung der Koordination und der Mobilität der Wissenschaftler auf.

In der Mitteilung werden folgende Verbesserungen empfohlen:

Die Mitteilung befürwortet außerdem engere Verbindungen zwischen den Organisationen für wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit in Europa (wie Eureka, EWS, ESA, CERN, COST usw.), wobei dies durch einen Rat aus führenden Vertretern, die sich regelmäßig treffen, erreicht werden könnte. Außerdem könnte der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission eine wichtige Rolle bei der Erstellung eines gemeinsamen wissenschaftlich-technischen Referenzsystems zugedacht werden. Die genannten Maßnahmen sollen mit Maßnahmen zur Förderung von Forschungs-Spinoffs, wie z.B. Maßnahmen zu Patenten und zum einfacheren Zugang zu Risikokapital, kombiniert werden.

Weiter heißt es in der Mitteilung: "Im Hinblick auf die Verbesserung der Auswirkung der europäischen Forschungsmaßnahmen im Bereich der Innovation sind die Relevanz und die Konsistenz der der Umsetzung öffentlicher Forschungsprogramme zugrunde liegenden Regelungen bezüglich des geistigen Eigentumsrechts ebenfalls verbesserungswürdig." Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums könnten auch in Form von Informationssystemen und Systemen zum Austausch bestmöglicher Praktiken auf diesem Gebiet erfolgen, die von nationalen und europäischen Organisationen zur Unterstützung der Forschung und Entwicklung eingerichtet werden.

Besondere Sorge macht Forschungskommissar Busquin die offensichtliche Gleichgültigkeit der Europäer gegenüber der Wissenschaft. Schulabgänger scheuen z.B. vor wissenschaftlichen Berufen zurück, und dies trotz ihrer großen Erwartungen an die Rolle, welche die Wissenschaft und Technik für ihr späteres Leben spielen wird, und der Tatsache, dass Wissenschaft und Technik 25 - 50% des Wirtschaftswachstums ausmachen. Diejenigen, die dennoch eine Wissenschaftlerlaufbahn einschlagen, bringen ihr Wissen außerhalb Europas ein und tragen so zum "Brain Drain", dem Wegzug der aussichtsreichsten europäischen wissenschaftlichen Talente, bei.

Aus in der Mitteilung enthaltenen Statistiken geht z. B. hervor, dass die Zahl der europäischen Akademiker in den USA doppelt so hoch wie die Zahl der amerikanischen Studenten vergleichbaren Niveaus in Europa ist: 50% aller europäischen Studenten, die in Amerika einem Doktorandenstudium nachgehen, bleiben für längere Zeit dort, manchmal sogar für immer.

Eine Eurobarometer-Meinungsumfrage deutet jedoch darauf hin, dass trotz dieser Hindernisse 70% aller Europäer erwarten, dass Europa bei der Gestaltung der Forschung in der Zukunft eine aktive Rolle spielen wird. Dazu müssten die Mitgliedstaaten laut Kommission über ihre Landesgrenzen hinausblicken, um ihr Forschungspotential voll zu nutzen.

Forschungskommissar Busquin ist der Meinung, dass das Rahmenprogramm weiterhin das Finanzierungsinstrument zur Umsetzung der europäischen Forschungspolitik bleiben solle. Sollte das Konzept des Europäischen Forschungsraums weiter verfolgt werden, müsse das 6. FTE-Rahmenprogramm völlig neu durchdacht werden. An erster Stelle müsse allerdings eine groß angelegte Debatte zwischen den europäischen Institutionen, Vertretern von Wissenschaft und Wirtschaft und den europäischen Bürgern stehen. Die Ergebnisse der Bewertung des Rahmenprogramms nach fünfjähriger Laufzeit und der spezifischen Programme werden ebenfalls Mitte des Jahres vorliegen und als Grundlage für die Diskussion über das 6. Rahmenprogramm und die ersten Gespräche über den gemeinsamen Forschungsbereich herangezogen.

Forschungskommissar Busquin möchte eine möglichst breite Bevölkerungsgruppe in die Debatte über die europäische Forschung einbeziehen und die Diskussion nicht nur auf die bestmögliche Umsetzung der Politik, sondern auch auf kontroverse, emotionsgeladene Fragen der Wissenschaft ausdehnen. Zur Anregung der Debatte liegt die elektronische Version der Mitteilung unter folgender Adresse vor: http://europa.eu.int/comm/research/area.html

Die Leser werden im ersten Halbjahr dieses Jahres um ihre Meinung zum Inhalt der Mitteilung gebeten, und sofern nicht um Vertraulichkeit gebeten wird, werden die Kommentare im Rahmen einer Online-Diskussion veröffentlicht.

Quelle: Europäische Kommission, Presse- und Informationsdienst (Pressemitteilung der Kommission IP/00/52 vom 18. Januar 2000 und KOM2000(6) "Mitteilung der Kommission: Hin zu einem europäischen Forschungsraum").

 


 

Portugiesischer Wissenschaftsminister besucht Forschungsausschuss des Europäischen Parlaments

Der portugiesische Minister für Wissenschaft und Technologie, Gago, präsentierte am 25. Januar 2000 dem für Forschung zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments die forschungspolitischen Schwerpunkte des portugiesischen Ratsvorsitzes für das erste Halbjahr 2000. Anschließend stellte er sich den Fragen der Abgeordneten.

Gago betonte, dass sich die europäische Forschungspolitik angesichts der Erweiterung und zunehmenden Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in anderen Politikbereichen ebenfalls weiterentwickeln müsse. Damit stellte er sich hinter den Leitgedanken der Mitteilung der Kommission "Hin zu einem europäischen Forschungsraum". Gago gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass bereits am Ende des portugiesischen Ratsvorsitzes erste Strategien zur Umsetzung dieser Initiative vorliegen könnten.

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Rede lag auf der Bedeutung der Forschung für Innovation und Wachstum in einer Wissensgesellschaft. Zum Thema "Informationsgesellschaft" kündigte Gago für den April eine ministerielle Konferenz zum Thema "Wissens- und Informationsgesellschaft" an, die auch Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und anderen gesellschaftlichen Gruppen Möglichkeit zur Diskussion bieten soll.

Ziel soll der Entwurf eines Aktionsplanes sein, der den Mitgliedstaaten als Leitfaden dient, wie sie in ihren nationalen Entwicklungs- und Beschäftigungsstrategien auf die Herausforderung der neuen technologischen und gesellschaftlichen Entwicklung begegnen können.

"Wissensgesellschaft" und "Informationsgesellschaft" waren auch in der sich anschließenden Aussprache immer wieder Thema der Fragen der Abgeordneten. Die "Demokratisierung der Informationsgesellschaft" wurde dabei ebenso hinterfragt wie die Entwicklung des elektronischen Handels in Europa.

Zum Thema "gemeinsamer Forschungsraum" wurde von Seiten der Parlamentarier der politische Wille der Mitgliedstaaten angezweifelt, ihre Forschungsprogramme zu koordinieren. Gago hielt die Einsicht in die Notwendigkeit dagegen, Europa als Forschungraum attraktiver zu machen.

Zur geplanten Identifizierung und Vernetzung von Spitzenforschungszentren, die ebenfalls im Zusammenhang mit dem europäischen Forschungsraum diskutiert werden, wurde bemängelt, dass es bisher nicht einmal Datenautobahnen für die Forschung gäbe. Kritisiert wurde aber auch die nationale Orientierung von großen Forschungseinrichtungen, die bisher keine Institutionen in europäischen Nachbarländern eröffnet hätten, obwohl dies ganz ohne politische Vorgaben möglich gewesen wäre.

Interessante Kommentare kamen von deutscher Seite: Gleich drei Abgeordnete aus den beiden großen Parteien gaben zu bedenken, ob die ständige Wiederauflage von Forschungsrahmenprogrammen nicht ein veraltetes Instrument der europäischen Forschungsförderung sei und modernere Mittel gefunden werden müssten, die auch die gesamte Abstimmungsprozedur zur Verabschiedung der Rahmenprogramme überflüssig machen würde. Gago ließ sich auf diesen Punkt nur insoweit ein, als er das Rahmenprogramm als ein Instrument unter anderen darstellte.

Quelle: KoWi

 


 

EULER

Collaboration Sought : Information exchange

EULER (EUropean Libraries and Electronic Resources in mathematical sciences) provides strictly user-oriented, integrated network-based access to mathematical publications. The EULER service intends to offer a "one-stop shopping site" for users interested in mathematics.

EULER aims to contribute to the Information Society in Europe by enabling scientists to effectively make use of existing and emerging network-based services. The prototype of an advanced academic system has been developed which integrates "for-pay" (document delivery at libraries, commercial information providers, scientific databases like MATH, commercial electronic journals) and "non-for-pay" services (library OPACs, pre-print and other Internet services and some free electronic academic journals) for mathematicians. This integration of heterogeneous and decentralized information resources, together with the high quality of the system constitute the main strengths of the EULER results. - Project URL: http://www.emis.de/projects/EULER/

Innovative Aspects:
As the market for integrated services is expected to grow in the future, EULER represents a new high quality system which integrates the relevant services in the field. The integration of all these services will generate added value for the user with a minimum of additional costs. The EULER results are reusable, scaleable and provide a basis for further development in other subject domains.

Furthermore, EULER will open up international library-related material to European mathematicians.

Collaboration Detail:
EULER services (user interface and search engine) are freely available, but there are costs for the use of single services (e.g. MATH Database).

Contact Details
Michael, Jost: Karlsruhe Zentralblatt für Mathematik, Franklinstr 11, 10587 Berlin. Tel.: (030) 39 23 00 0, Fax: (030) 39 27 00, E-Mail: jo@zblmath.fiz-karlsruhe.de


Stand: 29.02.2000
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