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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 2, 2000

RSWK - SWD-Praxisregeln 3. Auflage:
Mitteilung Nr. 2

 

Die SWD-Redaktionspartner aus den RSWK/SWD-anwendenden Bibliotheksverbünden Bibliotheksverbund Bayern, Gemeinsamer Bibliotheksverbund (Göttingen), Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen, Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg, Kunstverbund Florenz, München, Rom, Schweizerische Landesbibliothek (Bern), Südwestdeutscher Bibliotheksverbund, Verbund wissenschaftlicher Bibliotheken Österreichs, Verbund der theologischen Bibliotheken und die Deutsche Bibliothek haben sich ein erstes Mal auf ihrer Sitzung am 9. und 10. Dezember 1999 in Frankfurt am Main mit Problemfällen der 3. Auflage der Praxisregeln zu den Regeln für den Schlagwortkatalog (RSWK) und der Schlagwortnormdatei (SWD) befasst.

Dabei ergeben sich folgende Änderungen bzw. Präzisierungen an der 3. Auflage der Regeln für den Schlagwortkatalog (RSWK):

Erschließung elektronischer Publikationen       § 737a
Gemischte Dateien, Individualnamen

Die Inhaltserschließung von elektronischen Publikationen nach §737a setzt wesentlich die Kenntnis der gespeicherten Dateitypen (Programmdatei, Datendatei) und - im Falle von Programmen - die Unterscheidung zwischen Titelformulierungen mit produktdifferenzierender Wirkung (Individualnamen) und solchen, die lediglich die Funktion des Programms beschreiben, voraus.

Beiden Voraussetzungen steht entgegen, dass in der Sacherschließungspraxis zunehmend elektronische Publikationen zu erschließen sind, die unter mehr oder weniger farblosen Namen oder beschreibenden Bezeichnungen unterschiedliche Dateien integrieren, deren Typ oder zumindest deren jeweiliger Anteil (Gewicht) an der gesamten elektronischen Publikation (ohne technische Detailkenntnisse oder Hilfsmittel) nicht eindeutig erkennbar ist.

Für die Erschließung dieser neuen, in der 3. Aufl. RSWK noch nicht geregelten Erscheinungsformen von elektronischen Publikationen soll folgende Erweiterung und Präzisierung des § 737a,2,1.Satz gelten:

Besteht eine elektronische Publikation aus einer Kombination von ausführbaren und nicht ausführbaren Dateien, so werden die unterschiedlichen Typen der gespeicherten Dateien i.d.R. nicht angegeben. Die Erschließung erfolgt i.d.R. einheitlich, d.h. alle Dateien zusammenfassend durch Schlagwörter für den wesentlichen Inhalt der gesamten elektronischen Publikation.

Die Schlagwortgebung selbst erfolgt nach den Regeln für andere Bibliotheksmaterialien, d.h. insbesondere in Analogie zu Büchern vergleichbaren Inhalts ("buchnahe" Erschließung) und nach den Konventionen in den einzelnen Fachbereichen.

Der Titel einer elektronischen Publikation wird nur dann Schlagwort, wenn Sekundärliteratur zu der betreffenden elektronischen Publikation (oder allgemeiner: Software) vorliegt.

Beispiele:

Inhalt:

Weinkeller-Verwaltung [Computerdatei] : leichte und präzise Verwaltung Ihres persönlichen Weinkellers ; komfortable grafische Benutzeroberfläche ; sinnvolle Standard-Auswertungen mit Druckfunktion schon vorgefertigt ; inklusive Adressverwaltung ; ausführliches Handbuch mit Schritt-für-Schritt-Anleitung ; Einbindung von Bildern und Grafiken kinderleicht möglich (zum Beispiel eingescannte Etiketten oder Bilder des Weingutes)

SWW

s Wein ; f Ratgeber ; f CD-ROM

nicht:

SW s Wein ; s Datenverwaltung ; f Programm ; f CD-ROM

Inhalt:

ELEKTA 2000 [Elektronische Ressource] : mit DesignLab ; das gesammelte Anwender-Know-how der Elektronik auf einer interaktiven CD-ROM ; mit PC-gestützter Schaltungsentwicklung und -simulation ; mit praxisgerechten Windows-Programmen ; mit 220 interaktiven Schaltungsbeispielen ; mit interaktiven Mathematik-Programmen ; 1200 Seiten vergleichbarer Buchumfang ; mit umfangreichem Handbuch ; mit ausführlichem, deutschen PSPICE-Online-Handbuch

SWW

s Elektronik ; f CD-ROM

nicht:

SW s Elekta 2000 ; f CD-ROM

Die zuletzt genannte Regelung und die oben hervorgehobenen Probleme bei der Beurteilung der individualisierenden Unterscheidungskraft der Bezeichnung einer elektronischen Publikation (eines Software-Produkts), erfordern entgegen § 737a,4,2. Abs., 3. Aufl. RSWK, den Verzicht auf die Verwendung des Namens als Schlagwort für einzelne Programme (mit Produktname). D.h., dass ein vorliegendes Programm (Primärliteratur) generell nur mit dem einschlägigen Sachschlagwort (oder Schlagwörtern) und dem Formschlagwort Programm erschlossen wird. Der abgeänderte 2. Absatz sollte daher lauten:

Handelt es sich um ein Programm mit Produktnamen oder um mehrere Programme mit einem gemeinsamen Namen, so wird nicht der Name Schlagwort, sondern das Programm bzw. die Programme werden mit dem einschlägigen Sachschlagwort (oder Sachschlagwörtern) und dem Formschlagwort Programm erschlossen.

Beispiel:

Inhalt:

PraxWert Version 1.0 [Computerdatei] : Programm zur Verkehrsermittlung von Grundstückswerten ; mit direktem Zugriff auf die Normalherstellungskosten 1995 ; NHK 95

SWW

g Deutschland ; s Immobilienbewertung ; f Programm ; f Diskette

nicht:

SW s PraxWert 1.0 ; f Diskette

Die Verwendung von Namen wird somit auf die Erschließung von Sekundärliteratur zu Programmen und anderer Software(-produkte) reduziert. Aber auch in diesen Fällen sollen die Vorgaben der §§ 8,2 und 306a,10, 3. Aufl. RSWK über die Einschränkung von Individualnamen beachtet werden. Die Aussage über Sekundärliteratur zu Programmen in § 737a,4 muss daher ergänzt werden:

Sekundärliteratur zu Programmen ist wie folgt zu beschlagworten:
bei einzelnen Programmen (mit Namen): Name des Programms unter Beachtung der restriktiven Regelung des § 306a,10

Beispiel:

Inhalt:

LUCY, ein Programm zur Konstitutionsbestimmung aus Korrelations-NMR-Experimenten sowie Beispiele zur Identifizierung von Naturstoffen durch NMR-Spektroskopie

SWW

s Pflanzeninhaltsstoff ; s Strukturaufklärung ;
s NMR-Spektroskopie ; s Korrelationsmessung ; s Programm

nicht:

SW s LUCY<Programm>

Die Anwendung der genannten §§ 8,2 und 306a,10 auf entlegene Programme setzt im Interesse einer einheitlichen Handhabung eine oder mehrere verbindliche, bzw. allgemein akzeptierte Nachweis-Quellen voraus.

Es wird darum gebeten, hier Vorschläge zu machen, bzw. eine Auswahl aus folgender Liste zu treffen:

  1. Nur die in der Liste der Nachschlagewerke genannten Quellen

  2. Alle in einer Bibliothek verfügbaren konventionellen oder elektronischen Nachschlagewerke
  3. Zusätzlich zu 1. und/oder 2. Marktübersichten vom Typ ISIS-Report oder SoftGuide.
  4. Das Internet (bestimmte Suchmaschinen, bestimmte Mindest-Treffermengen)
  5. Zitate im Literaturverzeichnis der zu erschließenden Arbeit.

Alle anderen Regelungen des § 737a gelten unverändert weiter. Für die Anwendung des (hier erweiterten) § 737a,2 und der Erschließungsmethoden von Dateien nach § 737a,4 und § 737a,5 gilt folgende Rangfolge:

  1. § 737a,2 (gemischte Dateien oder nicht eindeutige Dateitypen)
  2. § 737a,5 (nicht ausführbare Dateien = gespeicherte Daten/Informationen)
  3. § 737a,4 (ausführbare Dateien = Programme)

Diese Rangfolge impliziert, dass das Formschlagwort Programm (bei vorliegenden Programmen) bzw. das (nichtpermutierende) Sachschlagwort Programm (bei Sekundärliteratur) nur dann vergeben werden sollte, wenn eindeutig erkennbar Programm(-e) vorliegen, bzw. Gegenstand der Darstellung sind oder wenn die Hervorhebung der Programmeigenschaft zur präzisen Inhaltsbeschreibung erforderlich ist.

Stellungnahmen hierzu werden bis zum 31. März 2000 erbeten an die Deutsche Bibliothek Frankfurt, Abt. Sacherschließung, z.H. Herrn Hans Ullrich Weidemüller, Adickesallee 1, 60322 Frankfurt, E-Mail: weidemueller@dbf.ddb.de


Stand: 26.01.2000
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