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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 1, 2000

Schimmelpilzbefall in Bibliotheken

Vorkommen, Gefährdungen, Bekämpfung

Bruno Klotz-Berendes

Schimmelpilzbefall ist neben Wasserschäden die größte Bedrohung für die Bestände der Bibliothek. Außerdem sind im Gegensatz zu Wasserschäden auch die Benutzer und die Mitarbeiter durch Schimmelpilzbefall gefährdet. So hat eine Studie in nordrhein-westfälischen Archiven ergeben, dass bei 32% der Archivmitarbeiter der Verdacht auf Schimmelpilzsensibilisierung gegenüber nur 10-15% Gefährdeten in der Gesamtbevölkerung besteht.1 Um dieser Gefährdung begegnen zu können, sind vor allem vorbeugende Maßnahmen zu treffen. Es ist nicht nötig und nicht sinnvoll, aufgrund dieser Untersuchung ganze Bestände mit Ethylenoxid zu begasen oder eine andere "chemische Keule" auszupacken.

An dieser Stelle soll zunächst auf das Vorkommen und die Lebensbedingungen von Schimmelpilzen, dann anschließend auf die Gesundheitsrisiken für Menschen und zum Schluss auf die Bekämpfung von Schimmelpilzbefall eingegangen werden.

Vorkommen und Lebensbedingungen von Schimmelpilzen

Das, was hier und auch von Laien allgemein als Schimmelpilz bezeichnet wird, ist eigentlich nicht genau definiert, weil es keine systematisch abgegrenzte Pilzgruppe der Schimmelpilze gibt.2 Unter Schimmelpilzen werden Pilze aus verschiedenen taxonomischen Gruppen zusammengefasst, die sehr schnell auf den Substraten ein mit dem Auge sichtbares watteartiges Mycel ("Schimmel") ausbilden, welches oft durch Fruktifikationsorgane (Sporangien, Konidien) auffallend gefärbt ist.3 Weil diese Pilze nicht in der Lage sind, ihren Kohlenstoffbedarf durch Assimilation von Kohlendioxid aus der Luft zu decken, zersetzen sie organisch gebundenen Kohlenstoff aus den Substraten, auf denen sie sich angesiedelt haben.

Die Zersetzung von organischem Material in seine anorganischen Bestandteile ist eine wichtige Aufgabe im Stoffkreislauf der Natur, aber aus der Sicht des Bibliothekars oder des Archivars im Fall der betroffenen Bücher unerwünscht.

Aufgrund der vielfältigen Bausteine in der Natur gibt es entsprechend viele Schimmelpilze. Bisher wurden ungefähr 100.000 beschrieben; es wird jedoch angenommen, dass etwa 250.000 Arten vorkommen.4 Es ist daher nicht verwunderlich, dass verschiedene Pilzarten auf Büchern wachsen können.

Bücher enthalten verschiedene organische Substanzen, wie z. B. Cellulose im Papier, Collagen im Pergament oder Stärke im Kleber, die von Schimmelpilzen als Nährmedium genutzt werden können. Heute wird angenommen, dass auf Bibliotheksmaterial weniger als 200 Arten wachsen können. Eine sehr ausführliche Zusammenstellung der Schimmelpilzarten mit dem Nährmedium (Buchbestandteil) findet sich bei Ewald.5

Um die weite Verbreitung von Schimmelpilzen zu verstehen, müssen ihr Lebenszyklus und ihre Fortpflanzung betrachtet werden.

Nach Reiß lässt sich der Lebenszyklus in sechs Phasen unterteilen:6

Bei Schimmelpilzbefall, der nicht sofort entdeckt worden ist, kann es sich also auch schon um einen Schimmelpilz handeln, der sich in der Absterbephase befindet oder auch schon so weit abgestorben ist, dass keine Keimfähigkeit mehr vorhanden ist. Dies ist bei der Bekämpfung zu berücksichtigen.

Der in der Abbildung aufgeführte Entwicklungskreislauf zeigt nur die ungeschlechtliche Fortpflanzung. Es gibt aber auch bei vielen Schimmelpilzen eine geschlechtliche Vermehrung. Da die Kenntnisse dieser Fortpflanzungsweise für das prinzipielle Verständnis nicht nötig ist, sei hier nur auf die Literatur verwiesen.

Entwicklungskreislauf eines Schimmelpilzes

Die in riesigen Mengen gebildeten Sporen sind so klein und leicht, dass sie bei besonders günstigen Wetterbedingungen durch die Luftbewegung über viele hundert Kilometer verteilt werden können.7

Die Sporen, die von den Schimmelpilzen ausgesendet werden, sind durch eine Membran vor schädlichen Einflüssen geschützt. So geschützt überstehen sie lange Trockenzeiten, Hitze, Kälte, Giftstoffe etc. Durch die in der Membran enthaltenen Farbstoffe werden sie sogar vor einer Schädigung durch UV-Strahlen bewahrt. Somit sind diese Sporen sehr widerstandsfähig und warten nur darauf, sich bei den entsprechenden Bedingungen auf einem Substrat anzusiedeln.8

Damit die Sporen auskeimen können, müssen bestimmte Umweltbedingungen (Temperatur, ph-Wert9 des Substrates, Wassergehalt des Substrates) erfüllt sein.

Die optimale Temperatur für das Gedeihen der meisten Schimmelpilze liegt zwischen 20-35 C, aber auch bei tieferen Temperaturen ist ein langsameres Auskeimen möglich.10

Die Sporen behalten ihre Keimfähigkeit auch nach Extremtemperaturen, wobei die Hitzetoleranz meist wesentlich schwächer ist als die Kältetoleranz, so dass sie nicht durch Kälte abgetötet werden können.11

Der wichtigste Faktor für die Keimung der Sporen ist die Wasseraktivität des Nährmediums. Die Wasseraktivität12 beinhaltet dabei nur das Wasser vom Gesamtwassergehalt, welches nicht an Fasern oder Salzen fest gebunden ist. Außerdem ist die Wasseraktivität von der chemischen Zusammensetzung, der Temperatur und dem ph-Wert abhängig. Die Wasseraktivität steht somit im direkten Zusammenhang mit der relativen Luftfeuchtigkeit.

Die Schimmelpilze benötigen mindestens eine relative Luftfeuchtigkeit von 60-70%, um auskeimen zu können, die genauen Bedingungen sind für die verschiedenen Schimmelpilze unterschiedlich und zudem noch von der Temperatur abhängig. Beachtenswert für die Schimmelpilzbekämpfung ist allerdings die Tatsache, dass viele Schimmelpilze bei höheren Temperaturen auch dann zu wachsen vermögen, wenn die Wasseraktivität im Nährmedium knapp unter dem unteren Grenzwert liegt.13

Auch der ph-Wert des Substrates hat einen Einfluss auf das Schimmelpilzwachstum. So bevorzugen die Schimmelpilze ein leicht saures Milieu (ph-Wert 4,5-6,5), während im alkalischen Bereich bis maximal ph-Wert 8 ein Wachstum möglich ist. Sobald aber eine Besiedlung durch Schimmelpilze stattgefunden hat, verändert sich der ph-Wert des Nährmediums durch die Ausscheidungen der Schimmelpilze, bei denen es sich häufig um organische Säuren handelt, zum sauren Bereich hin.14

Licht und die Zusammensetzung der Atmosphäre haben einen unwesentlichen Einfluss auf das Wachstum der Schimmelpilze. Ein steigender Kohlendioxidgehalt hemmt die Wachstumsgeschwindigkeit der Schimmelpilze.

Aus den Lebensbedingungen der Schimmelpilze lassen sich die Forderungen für einen vorbeugenden Bestandsschutz ableiten wie

Diese Bedingungen verhindern zwar nicht eine Kontamination mit Schimmelpilzsporen, aber das Auskeimen und damit die Schädigung der Bestände. Eine Kontamination lässt sich aufgrund der Verbreitung der Sporen gar nicht verhindern. Aber ein hoher hygienischer Standard verhindert eine übermäßige Kontamination der Bibliothek bzw. Magazine mit Sporen (s. auch vorbeugende und alternative Maßnahmen).

Gesundheitsgefährdung der Mitarbeiter und der Benutzer durch Schimmelpilze

Aufgrund der ubiquitär vorhandenen Schimmelpilzsporen kommen alle Personen, die sich in einer Bibliothek aufhalten, genauso wie auch sonst im alltäglichen Leben, mit diesen in Kontakt. Die Zahl der Schimmelpilzsporen in der Luft ist von der Temperatur, den Luftverhältnissen, der Luftfeuchtigkeit und von der Art des Pilzes abhängig.

Ob es zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung kommt oder nicht, hängt einmal von der Art des Pilzes ab und zum anderen davon, inwieweit die Person anfällig gegenüber solchen Pilzen ist. Wir unterscheiden dabei zwischen den Mykosen,15 den Mykoallergosen16 und den Mykotoxikosen.17 Darüber, ob Mykotoxine in verschimmelten Büchern vorkommen, ist bis jetzt noch nichts bekanntgeworden.

Personen, die ein sehr geschwächtes Immunsystem haben, sind besonders anfällig gegenüber Pilzen. Ob Mykosen bei Archiv- oder Bibliotheksmitarbeitern festgestellt worden sind, ist in der Literatur nicht belegt.

Die häufigste Beeinträchtigung der Menschen ist die Mykoallergose. Über den Auslösemechanismus der allergischen Reaktion durch Schimmelpilzsporen ist wenig bekannt. Bei den allergieauslösenden Substanzen handelt es sich um bestimmte Eiweißverbindungen, die teilweise auf der Oberfläche der Sporen anzutreffen sind.18

Im Vergleich zu den Pollen sind die Konzentrationen, von denen eine Allergie ausgelöst wird, bei den Schimmelpilzen höher, so dass durch eine Verringerung der Sporenkonzentration einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der Mitarbeiter vorgebeugt werden kann.19

In der Studie des Landes NRW zur Erforschung der allergischen Krankheiten von Archivmitarbeitern werden 16 Vorsorgeregeln aufgezeigt, um eine Gefährdung von Archivmitarbeitern zu minimieren, da davon ausgegangen werden muss, dass in den Magazinen mit einem erhöhten Schimmelpilzbefall und damit mit einer höheren Sporenkonzentration in der Luft gerechnet werden muss.20 Hier seien die wichtigsten wiedergegeben.

Diese Maßnahmen und die Aufklärung der Mitarbeiter über die Risiken und den Umgang mit schimmelpilzbefallenem Bibliotheksmaterial können nur die Gefahren minimieren. Ein vollständiger Ausschluss der Sporen ist für eine Bibliothek utopisch und auch nicht nötig, denn eine Bibliothek ist kein Operationssaal.

Schimmelpilzbekämpfung

Sofern ein Schimmelpilzbefall festgestellt worden ist, muss zunächst die Ursache ermittelt werden, damit entsprechende Maßnahmen getroffen werden können. Die Ermittlung und die Beseitigung der Ursachen sind deshalb so wichtig, weil ansonsten die Behandlung der befallenen Bestände sinnlos ist.

Wenn es sich nicht um einen Befall nach einem Wasserschaden handelt, sind eine genaue Kontrolle des Raumklimas an mehreren Orten und eine Analyse der Schadensorte nötig.

Die befallenen Bibliotheksmaterialien sind sofort zu separieren und in einem trockenen und kühlen Raum aufzubewahren, wenn die Bestände nicht eingefroren werden sollen. Auch hier ist das Einfrieren der Bestände bei größeren Schäden sinnvoll, weil dadurch das Wachstum der Pilze und damit die weitere Schädigung der Bücher verhindert werden.

Die in der Praxis bisher angewandten Methoden lassen sich in chemische und in physikalische Behandlungen unterteilen. Bei den chemischen Methoden wird zwischen den in gelöster Form angewendeten Chemikalien und den gasförmigen unterschieden.21

Die Anwendungen dieser Methoden und der Chemikalien sind nicht für die Schimmelpilzbekämpfung auf Bibliotheksmaterial entwickelt worden, sondern kommen aus anderen Bereichen wie der Landwirtschaft oder der Holzkonservierung.

Nach einer Studie des Bundesamtes für Materialprüfung (BAM)22 zeigte sich, dass die meisten der verwendeten Chemikalien keine Wirkung auf die untersuchten Pilzstämme oder gravierende Auswirkungen auf die behandelten Objekte hatten. Nur Ethylenoxid und o-Phenylphenol waren in der Lage, die Pilzstämme abzutöten.23 Die Ergebnisse der BAM-Studie stehen im Widerspruch zu anderen Untersuchungen.24 Um die Unsicherheiten und Unklarheiten über die Wirksamkeit der bei den verschiedenen Methoden eingesetzten Chemikalien und die durch diese ausgelösten Schädigungen von Bibliotheksmaterialien zu beseitigen, plant das Deutsche Bibliotheksinstitut entsprechende Fortbildungsveranstaltungen.

Von den physikalischen Methoden ist die Gammastrahlung intensiver untersucht und auch mit Erfolg bei schimmelpilzbefallenem Bibliotheksgut eingesetzt worden.25 Die Bedenken gegen diese Methode resultieren aus den bisher nicht genauer untersuchten längerfristigen Beeinträchtigungen der Papiereigenschaften.26 Bei der Gammabestrahlung entstehen Radikale, die auch noch nach der Bestrahlung durch Reaktion z. B. mit der Cellulose die Papiereigenschaften negativ verändern können.

Die mit am häufigsten verwendete Methode, um große Mengen von Büchern zu sterilisieren, ist die Begasung mit Ethylenoxid.27

Bei Ethylenoxid handelt es sich um ein hochreaktives und explosionsfähiges Gas, welches im Klinikbereich zur Kaltsterilisation von temperaturempfindlichen Geräten eingesetzt wird und eine Grundchemikalie in der industriellen organischen Chemie ist.28

Chemische Strukturformel von Ethylenoxid C2H4O

Grundlage der hohen Reaktionsfähigkeit ist die Ringspannung in der Molekülstruktur, die die unterschiedlichsten Reaktionen mit verschiedenen chemischen Gruppen (z. B. Hydroxyl-, Aminogruppen etc.) ermöglicht. Die Reaktion mit den Aminogruppen ist auch für die insektizide, fungizide und viruzide Wirkung verantwortlich. Da diese Reaktion auch beim Menschen möglich ist, ist die Wirkung von Ethylenoxid beim Menschen mutagen, teratogen, karzinogen. Die Resorption erfolgt nicht nur über die Lunge, sondern auch über die Haut, was häufig viel gefährlicher ist, weil es nicht bemerkt wird. Aufgrund dieser Gefährlichkeit ist der Umgang mit dieser Substanz als sehr problematisch zu bezeichnen,29 und der Gesetzgeber hat entsprechende Regelungen für den Umgang mit derartigen Substanzen erlassen.30

Bei der Begasung werden die Bücher entweder mit reinem Ethylenoxid oder, was heute häufiger angewendet wird, in einer Verdünnung mit Kohlendioxid (10 - 90%) behandelt. Aufgrund der großen Gefahren für den Menschen sind die Programme, mit denen die Sterilisatoren gefahren werden, nicht oder nur in sehr geringem Maße veränderbar. Dies ist für Operationsbestecke auch nicht nötig, da das Material auch nicht in dem Maße mit Ethylenoxid reagiert. Selbst wenn nach einiger Zeit dort eine Materialermüdung auftreten sollte, wird das Operationsbesteck weggeworfen und durch ein neues ersetzt. Diese Philosophie ist auf die Bücher nicht übertragbar und somit die Anwendung dieser Methode sehr bedenklich.

Aus chemischer Sicht ist eine alkylierende Reaktion mit allen frei verfügbaren Wasserstoffatomen an den Amino-, Hydroxyl- und Carboxylgruppen zu erwarten. Diese Reaktionen verändern die Struktur und Eigenschaften der behandelten Medien.31 Durch die hohe Feuchtigkeit während der Begasung, die nötig ist, um auch die Schimmelpilzsporen abzutöten,32 findet als Nebenreaktion die Bildung von Glykol33 statt. Dies ist als Nährmedium für Schimmelpilze viel besser geeignet als die Cellulosefasern, so dass für einen Wiederbefall günstigere Bedingungen vorliegen.

Sollte die Reaktion von Ethylenoxid mit freien Chloriden zu Ethylenchlorhydrin möglich sein, wie in Untersuchungsergebnissen34 aus den USA berichtet worden ist, ist vor der Methode nur zu warnen. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit, dass die Reaktion unter den Bedingungen der Begasung stattfindet, sind Zweifel angebracht.35 Ethylenchlorhydrin ist kein Gas, sondern eine Flüssigkeit, die in ihrer Giftigkeit die des Ethylenoxids übertrifft.

Nach der Begasung müssen die Bücher noch eine gewisse Zeit auslüften, damit die Reste an Ethylenoxid ausgasen. Anschließend müssen alle Bücher noch gesäubert werden, da auch die abgetöteten Schimmelpilzsporen und die Mycele noch allergen sind. Diese Arbeiten müssen natürlich wieder unter einer reinen Werkbank durchgeführt werden.

Vorbeugende und alternative Maßnahmen

Als vorbeugende Maßnahme und auch als Mitarbeiterschutz ist die Reinhaltung der Magazine zu betrachten. Um die Anzahl und die Lebensfähigkeit von Pilzsporen festzustellen, gibt es verschiedene Methoden;36 eine relativ neue ist der aus der Lebensmittelindustrie stammende Bio-Counter, der auf der Bio-Lumineszenz-Basis arbeitet.37 Da es für die Magazinräume noch keine Standards gibt, wurden in den Niederlanden die Standards der Lebensmittelindustrie übernommen. Nach einer gründlichen Anfangsreinigung in einem "Testarchiv" konnte der Standard ohne Probleme gehalten werden, wenn der Fußboden nur alle zwei Monate gereinigt wurde. Auf den Regalen war auch nach einem Jahr ein Überschreiten des gesetzten Grenzwertes nicht zu beobachten. Allerdings waren auch die lufttechnischen Anlagen für die Minimierung der Staubbelastung renoviert worden.38 Für die Bibliotheken ist die Kenntnis der genauen Schimmelpilzart nicht so wichtig wie die Gesamtbelastung durch die Sporen. Die Bestimmung der Gesamtkeimzahl ist auch kostengünstiger als die Identifizierung der einzelnen Schimmelpilze.

Generell gilt, dass verschmutztes Bibliotheksgut anfälliger für Schimmelpilze oder für Schädlingsbefall ist als sauberes. Die Ursachen hierfür sind, dass die Schimmelpilzsporen sich an die Staubpartikel heften können und auch den Staub, der in der Hauptsache aus organischem Material besteht, als Nahrungsquelle nutzen können. Deshalb sollten Bücher oder Archivalien gereinigt werden, wenn die Keimzahl über den gesetzten Standard steigt. Mit Hilfe von Staubsaugern, die mit einem Mikrobenfilter ausgestattet sind, lassen sich Bücher oder Archivalien einfach und schnell reinigen.

Weil die Bücher ohnehin nach der Begasung oder Bestrahlung einzeln Seite für Seite gesäubert werden müssen, können die Kosten für die Begasung durch sinnvolles Planen eingespart werden.

Nach Fuchs lassen sich 95% der schimmelpilzbefallenen Bücher mit Hilfe von einfachen Maßnahmen erfolgreich behandeln. Das befallene Material wird zuerst von den übrigen Beständen separiert und in einem Raum untergebracht, der sehr gut gelüftet und einfach zu reinigen ist. In diesem Raum werden die Bücher getrocknet, um den Schimmelpilzen die Lebensgrundlagen zu entziehen. Der Trocknungsprozess könnte durch Maßnahmen wie die Vakuumtrocknung beschleunigt werden. Mit Hilfe dieser Technik wird erreicht, dass das Wasser entfernt wird, das die Schimmelpilze in ihrem Mycel speichern können. Nach dieser Trocknungsphase werden die Bücher unter einer reinen Werkbank gesäubert und anschließend wieder in das Magazin gestellt oder weiteren Restaurierungsmaßnahmen zugeleitet.

Sollte sich das Schimmelpilzwachstum auf diese Weise nicht eindämmen lassen, führt kein Weg an einer chemischen oder physikalischen Maßnahme vorbei, dabei reicht es aus, den Schimmelpilz zu töten. Die Sporen müssen nicht mit abgetötet werden, da sie während der Reinigung zum größten Teil entfernt werden. Weil die Sporen nicht mit abgetötet werden müssen, können die Behandlungsmethoden weniger drastisch und damit für das Buch schonender gewählt werden.

Um es noch einmal zu betonen, das Ergebnis einer Behandlung gegen Schimmelpilze muss kein steriles Buch sein. Dieses ist deshalb unsinnig, weil die Bedingungen in der Bibliothek ebenfalls nicht steril sind.

1 Neuheuser, Hanns Peter: Gesundheitsvorsorge gegen Schimmelpilz-Kontamination in Archiv, Bibliothek, Museum und Verwaltung. Problematik, Empfehlungen, künftige Aufgaben. In: Bibliothek. Forschung und Praxis, 20 (1996), H. 2, S. 194-215.

2 Reiß, Jürgen: Schimmelpilze. Lebensweise, Nutzen, Schaden, Bekämpfung. Berlin u.a. (Springer) 1986. S. 1.

3 Definition von Schimmelpilz aus dem Lexikon der Biologie - Allgemeine Biologie. Pflanzen • Tiere. Freiburg u.a. (Herder) 1983.

4 Elixmann, J. H.: Schimmelpilze in Archiven. Probleme bei der Sanierung und Prävention. In: Arbeitsblätter des Arbeitskreises Nordrhein-Westfälischer Papierrestauratoren, 1991, S. 44-52.

5 Ewald, Gustav: Mikroorganismen als Schädlinge in Bibliotheken und Archiven. In: Bibliothek und Wissenschaft, 5 (1966), S. 13-112. Zusammenstellung auf den S. 104-112.

6 Reiß, Jürgen (1986) a.a.O.: S. 32.

7 Reiß, Jürgen (1986) a.a.O.: S. 30.

8 Ewald, Gustav (1966) S. 26.

9 Der ph-Wert ist der negative dekadische Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration. Bei ph-Werten kleiner als sieben handelt es sich um eine saure Lösung, während es sich bei ph-Werten größer als sieben um basische (alkalische) Lösungen handelt. Latscha, Hans P.; Klein, Helmut A.: Chemie - Basiswissen 1. Anorganische Chemie. 2. Aufl. Berlin u.a. (Springer) 1984. S. 223.

10 Eine Tabelle mit den Kardinaltemperaturen wichtiger Schimmelpilze findet sich bei Reiß, Jürgen (1986) a.a.O.: S. 34-35.

11 Dittrich, Helmut H.: Bakterien Hefen Schimmelpilze. Stuttgart (Franckh) 1959. S. 70.

12 Man definiert die Wasseraktivität als Quotient des Wasserdampfdruckes im Substrat und des Sättigungsdruckes des reinen Wassers bei derselben Temperatur.

13 Reiß, Jürgen (1986) a.a.O.: S. 40.

14 Dittrich, Helmut H. (1959) a.a.O.: S. 68.

15 Bei der Mykose handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die durch Pilze bei Menschen hervorgerufen wird. Mykosen treten vor allem an der Haut, der Lunge und an den Schleimhäuten des Mundes und der Speiseröhre auf, wenn sie durch externe Pilze hervorgerufen wurden. Die in Europa vorkommenden Keime sind nicht obligat pathogen, sondern meist nur für geschwächte Menschen gefährlich. Lexikon der Biologie (1983). Stichwort: Mykosen.

16 Allergie, die durch Sporen oder Teile von Schimmelpilzen ausgelöst wird.

17 Mykotoxikosen sind aus pilzbefallenen Nahrungsmitteln hervorgerufene häufig tödlich verlaufende Vergiftungen bei Menschen. Besonders toxisch sind die Aflatoxine, die in verschimmelten Lebensmitteln vorkommen können. Lexikon der Biologie (1983) Stichwort Mykotoxikosen und Mykotoxine.

18 Reiß, Jürgen (1986) a.a.O.: S. 140.

19 Schata, Martin; Winkens, Andreas: Schimmelpilzbelastung in Archiven. Aus: John, Hartmut; Rheinland / Archiv- und Museumsamt (Hrsg.): Dem "Zahn der Zeit" entrissen! Neue Forschungen und Verfahren zur Schädlingsbekämpfung im Museum. Köln (Rheinland-Verl.) 1997. (=Publikationen der Abteilung Museumsberatung / Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Archiv und Museumsamt. 2) S. 11-22.

20 Neuheuser, Hanns Peter (1996): S. 201-206.

21 Eine ausführliche Liste der verwendeten Chemikalien findet sich bei Holtz, Christiane (1996), Fuchs, Robert (1997) und bei Nyberg, Sandra: The invasion of the giant spore. URL: http://palimpsest.standford.edu/byauth/nyberg/spore.html. Bei den dort aufgeführten Chemikalien finden sich auch Hinweise auf das Gefährdungspotential der Chemikalien. Dieses ist aber aufgrund der heutigen Erkenntnisse zum Teil nicht mehr aktuell, weil heute viel besser die Ursachen und Wirkungen in Zusammenhang gebracht werden können als früher. Außerdem sind die Menschen heute viel sensibler gegenüber Umwelt- und Gesundheitsrisiken von Chemikalien geworden. Ob dieser Einsatz unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Mitarbeiter und der Bibliotheksbestände heute noch gerechtfertigt ist, würde eine eigene Arbeit über die Schimmelpilzbekämpfung erfordern. Es wird daher dringend geraten, sich bei der Anwendung der Mittel, die aus einer älteren Literaturstelle entnommen wurden, mit einem Restaurator und mit einem Chemiker in Verbindung zu setzen, um mit diesem die Gefährlichkeit der Substanzen und die Wirksamkeit zu besprechen.

22 Ergebnisse der Studie wurden bei Fuchs, Robert (1997) veröffentlicht.

23 Fuchs, Robert (1997): S. 64.

24 Ein Vergleich und die Diskussion dieser unterschiedlichen Ergebnisse sind im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich.

25 Mann, Jörg: Untersuchungen zur Anwendung von Ethylenoxid und Gamma-Strahlung bei der Bekämpfung papierschädigender Pilze: ein wichtiger Schritt zur Rettung wertvoller Altbestände an Büchern der Universitätsbibliothek zu Leipzig. Leipzig, Univ., Diss. A, 1991; Guiomar Carneiro Tomazello, Maria; Wiendl, Frederico Maximiliano: The applicability of gamma radiation to the control of fungi in naturally contaminated paper In: Restaurator, 16 (1995), H. 2, S. 93-99; Bors, J.; Kühn, W.; Bardon, A.: Untersuchungen zur Möglichkeit der Bekämpfung papierzerstörender Pilze durch Gammastrahlen. In: Das Papier, 22 (1968), H. 4, S. 180-185; Mann, Jörg; Wildfuhr, Wolfgang; Langguth, Helmut; Teichert, Eleonore: Gammastrahlen zur Schimmelbekämpfung bei Büchern. In: Restauro, 98 (1992), H. 2, S. 114-119.

26 Horáková, Hana; Martinek, Frantisek: Disinfection of archive documents by ionizing radiation. In: Restaurator, 6 (1984), S. 205-215.

27 Ballard, Mary W.; Baer, Norbert S.: Ethylene oxide fumigation: results and risk assessment In: Restaurator, 7 (1986), H. 4, S. 143-168; Kübler, Thomas; Vogels, Nikolaus: Ethylenoxid-Sterilisation zur Bestandserhaltung von Archivalien. Eine ausführliche Darstellung am Beispiel des Stadtarchivs Dresden. In: ABI-Technik, 15 (1995), H. 4, S. 435-437.

28 Weissermel, Klaus; Arpe, Hans-Jürgen: Industrielle organische Chemie. 4., überarb. und erw. Aufl. Weinheim u.a. (VCH) 1994. S. 156.

29 Benke, Rainer: Mikroorganismen und Gefahrstoffe am Arbeitsplatz: Vorsorgemaßnahmen. Aus: John, Hartmut; Rheinland / Archiv- und Museumsamt (Hrsg.): Dem "Zahn der Zeit" entrissen! Neue Forschungen und Verfahren zur Schädlingsbekämpfung im Museum. Köln (Rheinland-Verl.) 1997. (=Publikationen der Abteilung Museumsberatung / Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Archiv und Museumsamt. 2) S. 23-30.

30 Die gesetzliche Grundlage ist das Chemikaliengesetz. Abgeleitet aus diesem Gesetz ist die Gefahrstoffverordnung, die weitere Einzelheiten regelt. Aus der Gefahrstoffverordnung ergeben sich die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS), die den Stand der sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen und hygienischen Anforderungen an Gefahrstoffe wiedergeben.

31 Fuchs, Robert (1997): S. 70; Kowalik, Romuald: Microbiodeterioration of Library Materials Part 1. In: Restaurator, 4 (1980), S. 99-114; Microbiodeterioration of Library Materials Part 2. In: Restaurator, 6 (1984), S. 61-115.

32 Mann, Jörg (1991): S. 37.

33 Der korrekte chemische Name lautet: 1,2-Ethandiol

34 Kaldewey, Olaf: Ethylenoxid (ETO) - Untersuchungsergebnisse aus den USA, die Anlass zum Nachdenken geben. In: Restauro, 1988, H. 3, S. 159.

35 Eine genauere Diskussion ist hier nicht möglich, weil die Ergebnisse nicht ausführlich publiziert worden sind und nur aufgrund einer allgemeinen Mitteilung das Ergebnis bekanntgegeben worden ist.

36 Petersen, Karin: Methoden zum Nachweis mikrobieller Besiedlung von Kulturgut. Aus: John, Hartmut; Rheinland / Archiv- und Museumsamt (Hrsg.): Dem "Zahn der Zeit" entrissen! Neue Forschungen und Verfahren zur Schädlingsbekämpfung im Museum. Köln (Rheinland-Verl.) 1997. (=Publikationen der Abteilung Museumsberatung / Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Archiv und Museumsamt. 2) S. 91-96.

37 Steemers, Ted: Befall von Papier und Pergament. Aus: John, Hartmut; Rheinland / Archiv- und Museumsamt (Hrsg.): Dem "Zahn der Zeit" entrissen! Neue Forschungen und Verfahren zur Schädlingsbekämpfung im Museum. Köln (Rheinland-Verl.) 1997. (= Publikationen der Abteilung Museumsberatung / Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Archiv und Museumsamt. 2) S. 38-46.

38 Steemers, Ted (1997): S.42.


Stand: 05.01.2000
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