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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 98

Die 64. IFLA General Conference in Amsterdam

Teil I

Bericht über die Veranstaltungen der Division IV Bibliographic Control

Friedrich Geißelmann

Vom 14. bis 21. August fand in Amsterdam die 64. General Conference der IFLA unter dem Motto "On Crossroads of Information and Culture" statt. Die Veranstaltung war von der IFLA und dem örtlichen Organisationskomitee gut vorbereitet worden und im Ablauf perfekt organisiert. Sie bot neben der eigentlichen Veranstaltung einen guten Einblick in das niederländische Bibliothekswesen, das insbesondere in der technischen Entwicklung zahlreiche Anregungen bietet.

Die Beteiligung deutscher Teilnehmer war erfreulicherweise in diesem Jahr deutlich größer als in den letzten Jahren. Dies liegt sicher nicht nur an der räumlichen Nähe des Tagungsorts, sondern auch an der intensiven Arbeit des IFLA-Nationalkomitees, das die Diskussion in Deutschland über die Arbeit der IFLA in jüngster Zeit deutlich forciert hat.

Während der Konferenz wurde entschieden, daß der IFLA-Kongreß 2003 in Berlin stattfinden wird. Für diese Bewerbung hatte sich das Nationalkomitee und eine Gruppe Berliner Bibliothekare intensiv eingesetzt. Ziel sollte es sein, diesen Kongreß zu nutzen, um die deutschen Aktivitäten in der IFLA dauerhaft zu verstärken.

Organisatorische Struktur und laufende Arbeit

Wie in den Vorjahren soll hier über die Veranstaltungen der Division Bibliographic Control berichtet werden. Diese sind von großem Gewicht, da die Division mit ihren Sektionen "Bibliography, Cataloguing, Classification and Indexing" einige der Schwerpunkte der Arbeit der IFLA darstellen. Ihre Tätigkeit wird ergänzt durch das core programme "Universal Bibliographic Control and International MARC (UBCIM)". Dieses Programm verfügt über ein Büro bei der Deutschen Bibliothek Frankfurt unter Leitung von Marie-France Plassard.

Dieses Büro gibt die Zeitschrift "International Cataloging and Bibliographic Control" sowie eine Vielzahl anderer Publikationen heraus. Hauptaufgabe ist die Verbesserung des Austausches bibliographischer Daten durch die Standardisierung beim Aufbau bibliographischer Verzeichnungssysteme mit besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer.

Die Konferenzen der IFLA sind die entscheidenden Arbeitsinstrumente für die internationale Kooperation im Bereich der Erschließung, für die Annäherung der nationalen Regelwerke und Standards, für Besprechung kleinerer Arbeitsgruppen und für die internationale Präsentation von Projekten des Datenaustauschs. Die Arbeit findet zum einen in internen Veranstaltungen der Sektionen statt, zum anderen in mehreren öffentlichen Veranstaltungen und auf Workshops. Das Programm ist sehr reichhaltig und das Niveau der Beratungen sehr hoch. Es ist dadurch geprägt, daß in diesem Bereich in der IFLA echte Entscheidungen fallen und nicht nur ein unverbindlicher Meinungsaustausch gepflegt wird.

Die wichtigsten laufenden Aktivitäten waren 1997/1998: die Working Group on Minimal Level Authority Record and the ISADN, die Revision der ISBD (v.a. der ISBDCER), die Vorbereitung der Katalogkonferenz in Kopenhagen und eine große Anzahl von Veranstaltungen des UBCIM-Büros.

Section on Bibliography

Aufgabe dieser Sektion ist die Verbesserung der nationalen bibliographischen Kontrolle, insbesondere auch für elektronische Publikationen, die Verbesserung des Zugangs zu bibliographischen Informationen für den Benutzer und die Verbreitung bibliographischer Kenntnisse sowohl bei Benutzern wie bei Bibliothekaren. Auch die Beziehung zwischen dem Buchhandel und den nationalbibliographischen Einrichtungen zählt zum Aufgabenbereich. Vorsitzender ist Werner Stephan, Stuttgart.

Schwerpunkt der Arbeit der Sektion war die Vorbereitung der "International Conference on National Bibliographic Services - ICNBS" in Kopenhagen 25.-29. 11. 1998 sowie die Thematik der Ablieferung und Verzeichnung elektronischer Publikationen. Um auf diesem Gebiet fundierte Vergleiche anstellen zu können, wurde eine Umfrage über die derzeitige Praxis gemacht, die auf der Kopenhagener Konferenz ausgewertet werden wird.

Ein Projekt, das praktische Verfahren der Kooperation zwischen Verlegern und Nationalbibliographischen Zentren erproben soll, ist das 1996-1999 laufende internationale Projekt BIBLINK. Hier sind erste Ergebnisse hinsichtlich des Austauschverfahrens und der Mindeststandards und der Metadaten erreicht. Dabei baut man auf Dublin Core auf und hat 18 Datenelemente definiert. Ein Prototyp des Verfahrens besteht bereits, in der Phase 2 sollen weitere Bibliotheken und Verleger einbezogen werden. Später soll der Prototyp in allen beteiligten Nationalbibliotheken installiert werden. (Weitere Informationen: http://hosted.ukoln.ac.uk/biblink).

Anne M. Hasund Langballe von der Universitätsbibliothek Oslo berichtete über ein Projekt der Katalogisierung von Internet-Zeitschriften in Norwegen 1995-1997, bei dem 299 Zeitschriften erfaßt wurden. Interessant ist die Auswertung über Quellen der Kenntnis von den Titeln, die Erhebungen über die Struktur des Marktes, aber auch über die mangelnde Stabilität dieser Zeitschriften. Von den katalogisierten Titeln sind heute 74 nicht mehr auffindbar und 53 haben vermutlich ihr Erscheinen eingestellt. Fazit ist, daß diese Publikationsform noch erheblichen Arbeitsaufwand verursacht, eine Feststellung, die man zweifellos auch aus deutschen Projekten bestätigen kann.

Im öffentlichen Programm der Section berichtete Ute Schwens über die "Statistische Auswertung nationalbibliographischer Daten". Auch hierbei handelt es sich um ein europäisches Projekt (EU und europäische Nationalbibliotheken - CoBRA). Zielsetzung ist sowohl, Daten über die Erschließungspraxis der Partner wie über die Buchproduktion zu erhalten. Die Nutzung des Projekts erfolgt über den FTP-Server der DDB (Host: ftp.ddb.de, Login: bibnet, Password: access).

Ein weiterer Bericht erfolgte über die Nationalbibliographische Situation der Niederlande (Kees van den Berg).

Als Publikation der Section ist zu nennen: Barbara L.Bell: An annotated guide to current national bibiographies. - München: Saur 1998.

Section on Classification and Indexing

Im Bereich der verbalen Erschließung wird derzeit an der Publikation "Principles underlying subject heading languages" gearbeitet. In ihr werden neun Regelwerke hinsichtlich bestimmter Grundentscheidungen verglichen. Damit werden die früher publizierten "Guidelines for subject authority and reerence entries" (München: KG Saur 1993) mit diesen Regelwerken verglichen. Eine Veröffentlichung ist für 1998 vogesehen.

Eine wesentlich breitere Basis hat der State of the Art Survey on Subject Headings. Nachdem eine frühere Umfrage zu wenig konsistente Ergebnisse erbracht hatte, wurde eine neue Arbeitsgruppe unter Leitung von Magda Heiner-Freiling, DDB eingesetzt, die auf möglichst breiter Basis die Sacherschließungssysteme international vergleichen soll. Die Antworten sind bisher umfangreich und interessant, allerdings naturgemäß formal uneinheitlich. Über die Publikation ist noch nicht entschieden, sie wird jedoch voraussichtlich nicht in konventioneller Form, sondern im IFLANET erfolgen.

Datenformate: 1995 waren im USMARC-Format for Classification Data Erweiterungen für die UDC vorgenommen worden, die auf die in der IFLA erarbeiteten Requirements for a Format for Classification Data zurückgehen. 1997 war beschlossen worden, diese Erweiterungen auch in UNIMARC zu übernehmen. Daran arbeitet derzeit eine Arbeitsgruppe.

In der öffentlichen Veranstaltung berichtete Gerhard Riesthuis über den Stand der Sacherschließung in den Niederlanden, v.a. bei PICA. Bei der niederländischen Ausgabe der Basisklassifikation sieht er Probleme in der unterschiedlichen Tiefengliederung und im großen Umfang einer Reihe von Systemstellen, die eine Nutzung in OPAC erschweren. Auch eine Einschränkung durch die Kombination mehrerer Notationen führt nicht weiter, da zumeist nur eine Notation vergeben wird. Daneben gibt es eine Schlagwortnormdatei "Gemeenschappelijke Trefwoordenthesaurus (GTT)". Diese Datei wird kooperativ weiterentwickelt. Eine stärkere Annäherung an die ISO-Normen zum Thesaurus ist beabsichtigt.

Andrew MacEwan berichtete über die Anwendung der Library of Congress Subject Headings in der British Library. 1995 wurde die Übernahme der LCSH beschlossen, um die Kosten gegenüber dem früheren System (COMPASS bzw. zuvor PRECIS) zu senken. Trotz einiger Probleme durch unterschiedlichen Sprachgebrauch und abweichende Schreibungen hat sich dies insgesamt bewährt. Die LCSH sollen weiterentwickelt werden, insbesondere im Hinblick auf Verbesserungen der Retrievalergebnisse im OPAC und auf Verbesserungen der terminologischen Kontrolle.

Magda Heiner-Freiling berichtete über das Projekt MUSE der Deutschen Bibliothek, der Bibliothèque Nationale de France, der British Library und der Schweizerischen Landesbibliothek. Hier wird für zwei kleine Fachgebiete (Sport und Theater) eine Konkordanz zwischen der SWD, RAMEAU und den LCSH geschaffen. Die bestehenden Thesauri werden nicht übersetzt, sondern nur eine Verbindung zwischen ihnen geschaffen. An einer begrenzten Zahl von Titeln sollen so die Probleme eines multilingualen Zugangs zur Sacherschließung wichtiger Nationalbibliographien geschaffen werden. Als schwierigste Frage hat sich dabei die technische Seite herausgestellt.

Workshops

Es fanden zwei Workshops zur UDC und zur französischen Ausgabe der DDC statt. Ein Workshop zur UDC bot sich für Amsterdam an, da die Niederlande in der Geschichte der UDC eine zentrale Rolle spielen. Ia McIlwaine, die Hauptherausgeberin des Master Reference File berichtete über die jüngste Geschichte und die gegenwärtigen Probleme. 1992 wurde ein neues Gremium zur Herausgabe gegründet, das UDC Consortium, das sich aus den Verlegern der verschiedenen Ausgaben zusammensetzt. Eine deutsche Ausgabe gibt es derzeit nicht. Der Master Reference File wurde als Standardversion der Klassifikation etabliert. Sie hat 61.000 Notationen, entspricht also der früheren "mittleren" Ausgabe. Berichtet wurde auch über die Revisionen der jüngsten Zeit und die künftigen Planungen.

Gerhard Riesthuis demonstrierte die Online-Version des Master Reference File. Dabei handelt es sich nicht um eine für den Benutzer geeignete Version, sondern um eine Hilfsdatei für die Katalogisierung. Es wurde auch deutlich, daß die UDC viele Spuren einer langen Geschichte trägt, die die aktuelle Anwendung erschweren. Außerdem wurde eine zweisprachige tschechisch-englische Version vorgeführt (Marie Balikova und Bohdana Stoklasova), die auf CD-ROM erschienen ist. Auch in Rußland wurde eine Online-Version erarbeitet (Yakov L. Shraiberg).

Zur DDC gab es einen allgemeinen Bericht und einen Workshop. Wie schon in den Vorjahren wurde deutlich, daß die DDC von einer sehr leistungsfähigen Organisation (LC, OCLC, Forest Press) getragen wird, die sowohl inhaltlich Weiterentwicklungen zielstrebig angeht wie die technische Entwicklung weit vorangetrieben hat. Neben der CD-ROM-Ausgabe werden Änderungen auf der Homepage der DDC http://www.oclc.org/fp verbreitet. Diskussionen werden über das Netz geführt. Interessant ist die geplante "End-user"-Version, bei der das bisherige Vokabular durch das Vokabular der erschlossenen Titel ergänzt werden soll, um den natürlichsprachigen Zugang zu verbessern. Es wird vermutet, daß die bisherige Terminologie der Bibliothekare den Zugang erschwert.

Die französische Übersetzung, zu der ein Workshop veranstaltet wurde, dient zunächst zur Freihandaufstellung im neuen Gebäude der BF, später auch für die Bibliographie. Der Workshop gab zahlreiche Anregungen, die auch für eine deutsche Übersetzung hilfreich sind. Ob dies tragfähig ist, wird ein Kolloquium bei der DDB am 19. 10. 1998 zeigen.

Verzeichnis der Papers der Division IV Bibliographic Control

(Kopien können vom DBI, Kurt-Schumacher-Damm 12-16, 13405 Berlin bezogen werden.). Ein Teil der Papiere ist über das IFLANET zugänglich: http://www.nlc-bnc.ca/ifla/IV - (http://www.nlc-bnc.ca/ifla/IV/ifla 64/64cp.htm)

Balikova, Marie, Bohdana Stoklasova und Stanislav Psolavec: Zweisprachige (Englisch-Tschechische) UDK-Normdatei auf CD-ROM. - 104-158 (WS)-G.

Beall, Julianne: French Dewey: Potential Influence on Development of the DDC.

Béguet, Bruno, Suzanne Jonguelet and Max Naudi: French translation of Dewey Decimal Classification. Assessment and perspectives from the scientific contribution by the Bibliothèque nationale de France.

Beretta, Marco: Cataloguing of manuscripts and special collections: data management and data input standards. The case of history of science and technology. - 076.154 A (WS)-E.

van den Berg, Kees: Bibliographic control in the Netherlands. - 021-141-E.

Bourdon, Françoise: Section de bibliographie - rapport d'activité 1997-1998. - 094-79-F.

Broughton, Vanda: The revision process in UDC; an examination of the systematic auxiliary of 'Point-of-View' using facet-anaytical methods. - 103-158 (WS)-E.

Byrum, John D.: ISBD(ER) project definition and process. - 061-74 (WS)-E.

Cabral, Louis: Le développement des partenariats : la réalisation de la 21e édition, en langue française, de la Classification décimale Dewey.

Couture-Lafleur, Raymonde: French translation of the Dewey Decimal Classification. The making of a CCD translation.

Giappiconi, Thierry: Acces en ligne du public et gestion des ressources documentaires, un role nouveau pour les fichiers d'autorites des agences bibliographiques nationales dans les catalogues locaux: l'experience de la bibliotheque publique de fresnes. - 085-126-F.

Gradmann, Stefan: Cataloguing vs. Metadata: old wine in new bottles? - 007-126-E.

Hasund Langballe, Anne M.: Romote access electronic serials and the national library of Norway. - 024-141-E.

Holt, Brian: Presentation of UNIMARC on the web: new fields including the one for electronic resources. - 110-161(WS)-E.

Lahary, Dominique: UNIMARC as an exchange and cataloguing format in France. - 111-161 (WS)-E.

Lichtenbergova, Edita and Bohdana Stoklasova: UNIMARC in Czech libraries. - 079-161 (WS)-E.

MacEwan, Andrew: Working with LCSH: the cost of cooperation and the achievement of access. - 033-99-E.

McIlwaine, Ia C.: The UDC at the present time. - 102-158(WS)-E.

McIlwain, Ia C.: Classification and indexing -. review of activities, 1997-98. - 119-79-E.

Manning, Ralph W.: The Anglo-American cataloguing rules and their future. - 083-126-E.

Martínez-Conde, María Luisa: ISBD(ER) and EAD: a practical case. - 066-74(WS)-E.

Matei, Dan and Peter Noerr: User benefits from a new bibliographic model: follow-up of the IFLA functional requirements study. - 084-126-E.

Murtomaa, Eeva: The impact of the functional requirements for bibliographic records. Recommendations on the ISBD(ER). - 065-74 (WS)-E.

Riesthuis, Gerhard J. A.: The UDC Master Reference File.

Riesthuis, Gerhard J.A.: GOO: Dutch national system for subject indexing. - 034-99-E.

Sandberg-Fox, Ann: Principal changes in the ISBD(ER). - 062-74 (WS)-E.

Schwens, Ute: Statistische Auswertung nationalbibliographischer Daten. - 022-141-G.

Shraiberg, Yakov L. and Ekaterina M. Zaitseva: Russian-language database of Universal Decimal Classification: creation and implementation in library automation. - 035-99-E.

Tsvetkova, Irina and Vladimir Skvortsov: Adaptation of UNIMARC als Russian Exchange Format. - 147-161 (WS)-E.

Willer, Mirna: UNIMARC/Authorities. - 063-74(WS)-E.

Witt, Maria: Cataloguing CD-roms using the ISBD(ER) rules - examples of a Franch public library (Médiathèque de la Cité des Sciences et de l'Industrie à Paris). - 136-74(WS)-E.

Witt, Maria: Division of bibliographic control: Section on cataloguing, Review of the activities: 1997/1998. - 025-79-E.

Witt, Maria: International bibliography of bibliographies in library and information science and related fields volume 2. 1979-1990. - 023-141-F.


Stand: 07.10.98
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