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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 98

Neugestaltete Bibliotheksstatistik für Spezialbibliotheken - jetzt muß sie sich bewähren


Eberhard Janke

Jede "Stimme" zählt!

Die existenzgefährdend geringe Akzeptanz der Deutschen Bibliotheksstatistik bei den Spezialbibliotheken erfordert eine grundlegende Modernisierung der DBS Teil C. Eine DBI-Expertengruppe1) hat hierzu ein Konzept und einen Neuentwurf erarbeitet, eine Testerhebung durchgeführt2) und die Änderungsvorschläge der Bibliotheken in großem Umfang in die Neufassung eingearbeitet. Damit steht den Spezialbibliotheken nun eine DBS zur Verfügung, die

ist. Noch vor Jahresende werden die neu gestalteten Erhebungsbogen für das Berichtsjahr 1998 an die Spezialbibliotheken versandt.

Alle spezialbibliothekarischen Kollegen sind aufgerufen, sich zu beteiligen, damit "ihr" Bibliothekstyp auch statistisch entsprechend seinem tatsächlichen zahlenmäßigen Anteil am Segment der Wissenschaftlichen Bibliotheken repräsentiert ist. Insbesondere sind hier die Bibliotheken in privatrechtlicher Trägerschaft angesprochen, die sich stärker als ihre öffentlich-rechtlichen Pendants in Zurückhaltung geübt haben. Alle bisher nicht gemeldeten bzw. wieder eröffneten Bibliotheken sollten sich an die DBS-Redaktion (neue Anschrift: DBI, Kurt-Schumacher-Damm 12-16, 13405 Berlin) wenden.

Um der weitverbreiteten statistischen "ABC-Verwirrung" zu begegnen, sei hier nochmals dargelegt, daß im Sinne der DBS Teil C als Spezialbibliothek eine Bibliothek gilt, deren Bestände zum größten Teil ein bestimmtes Fach oder Thema betreffen,3) die jedoch keiner Universität, Hoch- oder Fachhochschule angehört. Dabei kann es sich um eine Bibliothek handeln, die ihre Materialien und Dienstleistungen

zur Verfügung stellt. Hierbei ist es unerheblich, ob die Bibliothek nur am Ort benutzbar ist (Präsenzbibliothek) oder Entleihungen auch außer Haus möglich sind. Die Größe der übergeordneten Institution wird bei der Ersterfassung in Form von Mitarbeitergrößenklassen erfaßt.

Der Erhebungsbogen in neuem Gewand

In ihrer gestrafften Form bietet die "neue" DBS den teilnehmenden Bibliotheken die Chance, ihre Leistungen und ihren Arbeitsumfang mit vertretbarem Erhebungsaufwand intern und extern zu dokumentieren und mit anderen Bibliotheken zu vergleichen. Erleichtert wird die Teilnahme durch die ausdrücklich eingeräumte Möglichkeit, generell "ca."-Angaben zu machen (Schätzungen, Stichprobenerhebung) und sich "notfalls" auf Teilangaben zu beschränken. Die unverzichtbaren Kerndaten, die für die kompatible Zusammenführung mit den Statistikdaten der DBS-Teile A und B erforderlich sind, können durch ihre besondere Kennzeichnung (Unterstreichung, siehe unten) auf einen Blick erkannt werden.

Das Datenerhebungsformat "Wissenschaftliche Spezialbibliotheken" ist jetzt klar gegliedert in die sich von Berichtsjahr zu Berichtsjahr verändernden Daten (Bewegungsdaten) und die seltener veränderten Stammdaten. Folgende Themenkomplexe sind dabei nach Auswertung der Testerhebung (Rücklauf von 610 Bibliotheken) berücksichtigt:

SERVICE / PRODUKTE

BESTAND / RESSOURCEN STAMMDATEN Die abgefragten Einzelkategorien sind hier natürlich nur auszugsweise dargestellt. Die Fragesequenz schließt mit dem als äußerst wichtig erachteten Feld für "Ihre Anregungen und Kritik zur Weiterentwicklung der DBS Teil C". Nach Auffassung der Expertengruppe ist die DBS für Spezialbibliotheken nur überlebensfähig, wenn sie dynamisch weiterentwickelt und den sich verändernden Anforderungen und Gegebenheiten angepaßt wird. Dazu hat sie perspektivische Empfehlungen zu den Themenbereichen Datenerhebung, Elektronisierung, Auswertung und Marketing erarbeitet, die hier abschließend dargestellt werden sollen.

Datenerhebung und Elektronisierung

Bei der Diskussion der (fachlichen) Zuordnung wurde deutlich, daß die ASpB-Gliederung einer Überarbeitung bedarf, da sie einerseits historisch eher Verbandsstrukturen abbildet und dadurch formale und inhaltliche Kriterien vermischt (z. B. Kunst/Museum) und andererseits die Gruppen z. T. ungleichgewichtig besetzt sind (z. B. Medien/Publizistik).

Zur Erhöhung der "Rückmeldemotivation" wird es für erforderlich erachtet, den Bibliotheken künftig die gespeicherten Statistikdaten des Vorjahres in einer entsprechenden Rubrik mitzuteilen, um sie zur Korrektur und Fortschreibung dieser Daten zu "animieren". Anstelle des Blankobogens sollen die Bibliotheken darum einen datenbankproduzierten individuellen Fragebogen-Ausdruck ihrer Vorjahresdaten (bisheriges "Computeranschreiben" in erweiterter Form) erhalten bzw. ihre Daten im Web angezeigt bekommen. Dies ist aber erst ab Berichtsjahr 1999 nach Umstellung auf die Client/Server-Rechnerarchitektur im DBI möglich. Vorsorglich fordert schon jetzt ein Vermerk dazu auf, die Vorjahresdaten durch Eintragung (Papierausdruck) bzw. Überschreiben (Online) zu aktualisieren.

Durch entsprechende Umgestaltung des Fragenkatalogs wurden die Voraussetzungen zur Implementierung auf der DBI-Website geschaffen. Die Datenerfassungsmaske soll nun ins WWW gestellt werden, um den schrittweisen Einstieg in die Online-Erfassung zu ermöglichen. In der Papierfassung wird bereits auf die in Entwicklung befindliche alternative elektronische Eingabemöglichkeit hingewiesen (http://www.dbi-berlin/bib_wes/zdf_00.htm). Das Konzept der Expertengruppe sieht dazu einen unterschiedlichen Schreib- und Lesezugriff vor, nämlich

Die Daten könnten dann im Internet in folgender Form präsentiert werden: Auswertungskonzept und Produktgestaltung

Die Auswertung soll künftig auf zwei Ebenen erfolgen:

Aufgrund der mangelnden Akzeptanz der gedruckten Ausgabe und des hohen Herstellaufwands ist die Herausgabe des Teils C der DBS in der derzeitigen Papierform infragegestellt und soll durch elektronische Ausgabeformen ersetzt werden. Die Expertengruppe war sich jedoch einig, daß auf eine konkrete "Rückkopplung" in Form eines Produkts nicht verzichtet werden kann, da andernfalls die Beteiligung der Bibliotheken noch weiter abnehmen wird. Dem müssen "nahtlos" anschließende und attraktivere summarische Auswertungen ("Spezialbibliotheken im Überblick"), Online-Produkte und Maßnahmen zum Statistikmarketing entgegenwirken.

Statistikmarketing

Hierzu wird angeregt, das statistische Übersichtsblatt Bibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt regelmäßig bereits beim Versand der DBS-Materialien mit beizulegen und zeitgleich als Pressemitteilung, im Bibliotheksdienst und im WWW zu veröffentlichen. Dies müßte von einem Hinweis auf die mangelnde statistische Präsenz der Spezialbibliotheken und einem Appell, dies durch eigene Beteiligung zu ändern, begleitet sein.

Weitere Vorschläge für Marketing-Maßnahmen waren:

Fazit

Die Akzeptanz und der Erfolg der statistischen Erfassung von Spezialbibliotheken wird allerdings auch von statistikfremden Faktoren bestimmt, wie z. B. den Identifizierungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten, der Vielfalt der Institutionen und der teilweisen Vertraulichkeit von Daten. Kollegen aus anderen Ländern berichten von ähnlichen Erfahrungen und Ergebnissen, wie zuletzt auf der IFLA-Tagung in Amsterdam4). Auf der nächsten ASpB-Tagung in Dresden (22.-27. Februar 1999) besteht die Gelegenheit, die deutschen und britischen Ergebnisse zu vergleichen und Erfahrungen auszutauschen. Insbesondere dürfte von Interesse sein, wie dort ein offensichtlich besserer Zugriff auf privatrechtliche Institutionen realisiert wurde.

Es ist gelungen, nicht nur die Hauptaufgabe der Statistikrevision (Entwicklung, Abstimmung und Einführung eines verbesserten Erhebungsformats in den "Regelbetrieb") im Verlaufe eines Jahres zum Abschluß zu bringen, sondern darüber hinaus Perspektiven für die konkrete Weiterentwicklung der DBS zu erarbeiten. Dies war nur möglich durch das kooperative Zusammenwirken vieler Kollegen. Hierfür bedankt sich der Verfasser als Vorsitzender der DBI-Expertengruppe für die Überarbeitung der DBS Teil C bei deren Mitgliedern wie auch den Betreuern im DBI. Es waren dies Annette Schlag (Bonn), Christiane Schaper (Frankfurt am Main), Karsten Wendt (Duisburg) sowie aus dem DBI Sabine Kieslich, Helmut Rösner und Evelin Morgenstern. Ebenso gebührt Dank allen Kollegen, die durch ihre Vorschläge, Kritik und Ermutigung die Testumfrage zu einem Erfolg geführt haben.

Die neugestaltete Bibliotheksstatistik für Spezialbibliotheken liegt nun vor. Keine Bibliothek sollte es versäumen, sich dieses Instrument für ihr Management und Marketing zunutze zu machen und zur angemessenen statistischen Präsenz in der Öffentlichkeit beizutragen. Vielleicht gibt hier der Slogan der Expertengruppe den richtigen Anstoß:

Deutsche Bibliotheksstatistik - JA BITTE!

1) Deutsche Bibliotheksstatistik (DBS): Expertengruppe zur Überarbeitung der DBS/Teil C nahm ihre Arbeit auf. - In: BIBLIOTHEKSDIENST 31 (1997) 12, S. 2368-2370 + Beil.- In veränderter Fassung z. B. auch in: nfd Information 48 (1997) 6, S.46. - APBB-Mitteilungen (1997) 82, S. 72-74 + Beil. - DBS Teil C (Spezialbibliotheken). - In: Bibliothekswesen Deutschland : Daten und Zahlen / Deutsches Bibliotheksinstitut. - http://www.dbi-berlin.de/bib_wes/zdf/zdf_00.htm

2) Janke, Eberhard: Modernisierung der Deutschen Bibliotheksstatistik - 610 Spezialbibliotheken äußern ihre Meinung. - In: BIBLIOTHEKSDIENST 32 (1998) 5, S. 878-883

3) DIN EN ISO 2789 : 1995-02 Internationale Bibliotheksstatistik, Abschn. 2.1.4, bezeichnet als Spezialbibliothek eine selbständige Bibliothek, die eine Disziplin oder ein bestimmtes Wissensgebiet abdeckt oder die vorrangig einer speziellen Kategorie von Nutzern dient oder die sich in erster Linie auf eine bestimmte Dokumentart konzentriert oder die von einer Organisation getragen wird, um deren eigenen aufgabenbezogenen Zielen zu dienen.

4) Spiller, David: Spezialbibliotheksstatistik im Vereinigten Königreich: die Herausforderung, Daten in Bibliotheken am Arbeitsplatz zu sammeln und zu analysieren. - Paper of the 64th IFLA General Conference (Amsterdam, August 16-21, 1998). - Code-Nr.: 052-134-G Statistics


Stand: 07.10.98
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