BIBLIOTHEKSDIENST Heft 9, 98
Information der Kommission des DBI für Erwerbung und Bestandsentwicklung
Vorauszahlungsrabatte bei Zeitschriften
Werner Reinhardt
Auf Anregung aus den Bibliotheken hat sich die Kommission für Erwerbung und Bestandsentwicklung mit der Frage beschäftigt, in welchem Umfang Angebote von Zeitschriftenagenturen genutzt werden, relativ frühzeitig im laufenden Haushaltsjahr Zahlungen für das Folgejahr zu leisten. Je nach Agentur wird diese Möglichkeit als "Prepayment Service", "Early Payment-Rechnung", "Vorauszahlungsrabatt", "Voraus-/Pauschalrechnungssystem", "Oneline-System" oder ähnlich bezeichnet. Den Bibliotheken werden - abhängig vom Zeitpunkt der Zahlung - unterschiedlich hohe prozentuale Einsparungen eingeräumt.
Im März 1998 wurden 91 Bibliotheken, darunter alle Universitätsbibliotheken, mit einem Fragebogen angeschrieben und um Auskunft über die Praxis vor Ort gebeten. Mit einem Rücklauf von 76 Antworten (83,5 %) war ein sehr erfreuliches Ergebnis zu verzeichnen, wofür sich die Kommission bei allen Kolleginnen und Kollegen auf diesem Wege nochmals bedankt.
Anzahl abgesandter Fragebögen Anzahl Antworten davon : Angebot wird genutzt davon : Angebot wird nicht genutzt | 91 (100 %) 76 (83,5 %) 31 (40,8 %) 45 (59,2 %)
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Nutzende Bibliotheken
Mit 31 positiven Antworten fiel die Zahl höher als erwartet aus. Als Gründe (Mehrfachkennzeichnungen waren möglich) wurden genannt:
(Erhebliche) Einsparungsmöglichkeiten | 26 (83,8 %)
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Erleichterung der Etatplanung | 13 (41,9 %)
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Erleichterung des Personaleinsatzes
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in rechnungsintensiven Monaten | 10 (32,3 %)
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Zwei Sonderverfahren sollen erwähnt werden, die vielleicht auch anderenorts einsetzbar sein könnten:
- Eine Vorauszahlung erfolgt nur für relativ wenige, aber sehr teure Zeitschriftentitel bzw. Datenbanken. Bei einer Bezahlung von bis zu zwei Jahren im voraus wurden Rabatte von 3 - 6 % für den zweiten Jahrgang gewährt. Das Verfahren wird immer dann genutzt, wenn zum Jahresende kurzfristig Gelder bereitgestellt werden, die anderweitig nicht besonders sinnvoll zu bewirtschaften sind.
- Bereits in der ersten Jahreshälfte, möglichst schon zum Ende des ersten Quartals werden Rechnungen - geordnet nach unterschiedlichen Erwerbungsfonds - für das Folgejahr ausgestellt. Pro Titel erfolgt unter Angabe der Bibliothekssignaturen die Berechnung auf einer eigenen Seite. Rabatte werden nicht gewährt, jedoch sind ggf. erforderliche Nachbelastungen bzw. Gutschriften nicht gesondert zu bearbeiten, sie werden erst auf der Vorausrechnung des Folgejahres aufgeführt und berücksichtigt. Ein Zahlungstermin ist nicht festgelegt, abhängig von der Personallage erfolgt die Anweisung des Rechnungsbetrages zumeist im dritten Quartal.
Die Frage nach den gemachten Erfahrungen und ob die Erwartungen erfüllt wurden, beantworteten zwei Bibliotheken mit NEIN, zwei mit "Im Prinzip JA" und die restlichen 27 mit einem klaren JA.
Die eindeutige Unzufriedenheit hat eine der beiden Bibliotheken bewogen, das Verfahren ab 1998 nicht mehr weiterzuführen. Gründe für die Unzufriedenheit waren: Reduzierung des eingeräumten Rabattes von Jahr zu Jahr, Probleme infolge ungenügender Berücksichtigung der Kursentwicklungen, zu späte konkrete Abrechnung pro Titel im Folgejahr, erschwerte Etatplanung.
Aus den Kommentaren der 27 zufriedenen Bibliotheken einige Auszüge:
- Das Verfahren ist dem Landesrechnungshof seit 1978 bekannt, es wurden keine expliziten Einwände erhoben.
- Ein anderer Landesrechnungshof "sieht das Verfahren nicht gern".
- Die DFG als mittelgebende Stelle hat keine Einwände gegen dieses Verfahren.
- Der erreichte Rabatt ist höher einzuschätzen als der Mehraufwand der (doppelten) Rechnungsbearbeitung und auftretende Probleme bei Statistikfragen.
Aufgrund der eingegangenen Antworten ergaben sich einige Themen, die bei 26 Bibliotheken mit einem zweiten Schreiben näher hinterfragt wurden:
- Bankbürgschaft
In vier Bibliotheken wird die Vorlage einer Bankbürgschaft gewünscht bzw. gefordert. Die Kosten hierfür tragen die Agenturen.
- Zollverfahren
Drei Bibliotheken gaben an, daß Probleme aufgetreten sind, was in einem Fall zu der Entscheidung führte, diese Titel aus dem Sonderverfahren herauszunehmen. Die beiden übrigen verwenden für die steuerliche Anmeldung die Vorjahrespreise bzw. eine zu Jahresbeginn von der Agentur gelieferte Preisübersicht für alle Abonnements. 22 Bibliotheken meldeten keine Probleme im Hinblick auf die steuerliche Abwicklung bei Lieferungen aus dem Nicht-EU-Bereich. Eine Bibliothek ließ die Frage unbeantwortet.
- Gestaltung der Vorauszahlungsrechnung
Eine Gesamtrechnung ohne Spezifizierung von Einzelbeträgen je Titel erhalten 14 Bibliotheken, wobei in zwei Fällen jedoch noch eine Aufteilung nach "Etatanteilen" bzw. "Kostenstellen" erfolgt. Die restlichen 12 Bibliotheken erhalten Rechnungen mit spezifizierten Beträgen je Zeitschriftentitel.
- Erfahrungen in Folgejahren
11 Bibliotheken haben die Erfahrung gemacht, daß die Vorauszahlungsbeträge angemessen waren, wobei in Einzelfällen die Höhe vor der Bezahlung durch die Bibliotheken (nach unten) korrigiert wurde. 7 Bibliotheken sagen aus, daß zumeist Gutschriften durch die Agenturen erfolgen mußten. 6 Bibliotheken berichten, daß zumeist Nachbelastungen erforderlich waren. 2 Bibliotheken haben keine eindeutige Aussage gemacht.
Nichtnutzende Bibliotheken
Als Gründe (Mehrfachkennzeichnungen waren auch hier möglich) wurden durch die 45 Bibliotheken genannt:
Angebot unbekannt | 5 (11,1 %)
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Fehlende Zustimmung des Unterhaltsträgers | 5 (11,1 %)
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Fehlende Zustimmung der eigenen Hochschule | 10 (22,2 %)
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Grundsätzlich dagegen | 19 (42,2 %)
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Doppelte Rechnungsbearbeitung | 10 (22,2 %)
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Sechs der 45 Bibliotheken berichten, daß sie das Verfahren zeitweilig genutzt haben. Die Beendigung erfolgte u.a.
- auf Grund des unveröffentlichten Erlasses des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung in Düsseldorf an die Hochschulen und sonstigen Einrichtungen im Geschäftsbereich des Ministeriums vom 30. Oktober 1981 (Az.: Z A 2 - 4031.40095) betreffend Vorauszahlungen beim Literaturerwerb. Hier werden derartige Zahlungen bei Zeitschriften sowie Subskriptionen und Lieferungswerken als üblich bezeichnet. Abschließend heißt es: "Von globalen Blankovorauszahlungen bitte ich ab sofort abzusehen. Kann auf sie in besonders begründeten Fällen nicht verzichtet werden, so sind sie nur nach Vereinbarung von Sicherheitsleistungen zulässig";
- auf Grund eines Monitums des zuständigen Landesrechnungshofes aus der Mitte der achtziger Jahre. Insbesondere heißt es hier im Hinblick auf die Abonnements von Zeitungen und Zeitschriften: "Beim Bezug derartiger Schriften sind Vorleistungen und daraufhin gewährte Preisermäßigungen
- (§ 56 LHO, VV Nr. 4 dazu) allgemein üblich. Zahlungen vor dem sich daraus ergebenden Fälligkeitstermin führen aber unter Berücksichtigung der vom Land zu zahlenden Kreditzinsen im Ergebnis selbst dann nicht zu einem wirtschaftlichen Vorteil für das Land, wenn dafür geringe zusätzliche Preisermäßigungen eingeräumt werden";
- auf Grund des Einwandes der Hochschulverwaltung, nach deren Darstellung es gegen das Haushaltsrecht verstößt, wenn auf diesem Weg der Agentur ein zinsloses öffentliches Darlehen gewährt wird.
Die Entscheidung des Unterhaltsträgers gegen die Anwendung des Verfahrens wurde in einem Fall durch Kopien der entsprechenden Anträge und des Bescheides dokumentiert. Aus der Entscheidung sei hier auszugsweise zitiert:
"Mit Schreiben ... legten Sie einen Vorgang zur Prüfung der haushaltsrechtlichen Zulässigkeit eines Pauschalabrechnungsverfahrens ... der Zeitschriftenagentur ... vor. Bei Inanspruchnahme dieses Vorauszahlungssystemes sollen Rabatte bis zu 3% eingeräumt werden.
... Nach Gegenüberstellung dieses Kostenvorteils mit den aus dem Landeshaushalt zu finanzierenden Kreditzinsen für die Vorauszahlungen auf die Auftragssumme verbleibt ein Kostenvorteil, der nicht einmal 1 % der Auftragssumme entspricht.
Nach Abwägung des Kostenvorteils mit einem Insolvenzrisiko des Anbieters hält es der Senator für Finanzen für nicht angezeigt, das Pauschalabrechnungsverfahren einzuführen. ..."
Die Ablehnung gegenüber dieser Vorauszahlungsmöglichkeit aus grundsätzlichen Überlegungen wurde folgendermaßen begründet:
- Derartige Vorauszahlungen gehen über den handelsüblichen Rahmen hinaus und sind daher haushaltsrechtlich nicht zulässig,
- der lokale Zinsgewinn entspricht nicht dem Verlust, den der Haushaltsträger wegen der erforderlichen Kreditaufnahme zu tragen hat,
- eine vorzeitige Netto-Kreditaufnahme des Landes wird vermieden,
- der Preisnachlaß ist nicht höher als die anteiligen Schuldzinsen, die das Land für eine entsprechende Schuldenaufnahme bezahlen müßte.
Als Einzelgründe gegen die Nutzung wurden genannt:
- mangelnde Abbestellmöglichkeiten,
- Planungsunsicherheit am Jahresbeginn,
- Probleme bei der EDV-orientierten Rechnungsbearbeitung und Inventarisierung und den dafür erforderlichen Einzelrechnungen,
- fehlende finanzielle Voraussetzungen (Etat zu gering),
- fehlende Bereitschaft auf Agenturseite, Vorausrechnungen pro Titel zu erstellen.
Abschließend noch eine Übersicht nach Bundesländern, wobei auffallend ist (ohne daß eine Erklärung dafür gegeben werden kann), daß die überwiegende Anzahl (fast 50 %) der nutzenden Bibliotheken in Baden-Württemberg und Bayern angesiedelt sind.
| Anzahl Bibl. | Nutzung ja | Nutzung nein | ohne Antwort
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Baden-Württemberg | 11 | 7 | 2 | 2
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Bayern | 12 | 8 | 4 | -
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Berlin | 4 | 1 | 3 | -
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Brandenburg | 3 | - | 2 | 1
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Bremen | 1 | - | 1 | -
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Hamburg | 3 | 1 | 2 | -
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Hessen | 6 | 1 | 4 | 1
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Mecklenburg-Vorpommern | 2 | 1 | 1 | -
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Niedersachsen | 11 | 2 | 4 | 5
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Nordrhein-Westfalen | 17 | 2 | 12 | 3
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Rheinland-Pfalz | 6 | 1 | 4 | 1
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Saarland | 1 | 1 | - | -
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Sachsen | 4 | 1 | 3 | -
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Sachsen-Anhalt | 2 | - | 1 | 1
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Schleswig-Holstein | 4 | 2 | 1 | -
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Thüringen | 4 | - | 4 | -
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Stand: 07.09.98