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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 7, 98

Rechtliche Grundlagen des Einsatzes einer Kreditkarte *)


Harald Müller

1. Die Kreditkarte im täglichen Zahlungsverkehr

Unser Alltag ist erfüllt mit mannigfaltigen, längst zur unreflektierten Gewohnheit herabgesunkenen Annehmlichkeiten, die alle eines gemeinsam haben: Sie finden ihren Ursprung in den USA. Wie z. B. Coca-Cola oder Levis Jeans, so stammt auch das Konzept der Kreditkarte aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dort ist sie als Zahlungsmittel weit verbreitet. Bereits 1950 gab die Firma Diners Club ihre erste Kreditkarte heraus, die ursprünglich für Geschäftsreisende gedacht war. Seitdem hat die Kreditkarte in allen Ländern der Erde Verbreitung gefunden als eine Art universelles Zahlungsmittel. Obwohl die Deutschen immer noch als Kartenmuffel verschrien sind, findet die Kreditkarte hierzulande, besonders auch unter jüngeren Personen, immer stärkere Verwendung. Sie ist längst nicht mehr ein beneidetes Privileg finanziell überdurchschnittlich leistungsfähiger Kreise der Bevölkerung, sondern sie findet sich genauso in Händen von Hausfrauen oder Studenten. Durch neue technische Ausstattung, wie Magnetstreifen und Mikroprozessoren, entwickelt sich die Kreditkarte langsam zum universell einsetzbaren Zahlungssystem für die unterschiedlichste Sachverhalte, wie etwa zur Benutzung von Automaten für Geld, Fahrkarten und Waren, zum Telefonieren oder zum Bezahlen von Rechnungen. Bei vielen Kreditinstituten gehört es mittlerweile zum Standardangebot, im Zusammenhang mit der Eröffnung eines Girokontos eine Kreditkarte anzubieten. Kreditkarten werden zunehmend auch von Organisationen vermittelt, die nicht zum Bank- und Kreditgewerbe gehören, wie z. B. vom ADAC oder von der Bahn AG. Die Kreditkarte stellt heute ein weltweit einsetzbares und akzeptiertes Universalzahlungssystem dar, das aus unserem Alltag praktisch nicht mehr wegzudenken ist.

2. Einsatzmöglichkeiten der Kreditkarte in der Bibliothek

Unter diesen Voraussetzungen kann es eigentlich nicht verwundern, daß seit einiger Zeit auch im deutschen Bibliothekswesen Stimmen laut geworden sind, die nach Einsatzmöglichkeiten für die Kreditkarte bei bibliotheksbezogenen Zahlungsvorgängen fragen. Im Frühjahr 1997 lief über die Internet-Diskussionsliste ERWERB-L eine bibliothekarische Diskussion zum Kreditkarteneinsatz. In der Zusammenfassung des Themas war zu lesen1):

Erfreulich waren drei Antworten aus Schweizer Universitätsbibliotheken, die alle über eigene Kreditkarten verfügen und diese in zwei Fällen auch für Erwerbungszwecke einsetzen (am dritten Ort werden nur Kosten bei Fernleihen aus Übersee mit der Karte beglichen). Nachfolgend Auszüge aus den Mails der beiden anderen Bibliotheken (im zweiten Fall wurde auch eine bibliotheksinterne "Anweisung zur Verwendung der Kreditkarte" übermittelt): Eine deutsche Firmenbibliothek hat folgendes mitgeteilt: Aus diesen Äußerungen lassen sich folgende Szenarien für den Einsatz einer Kreditkarte in einer Bibliothek entwerfen: Etwas unklar erscheinen die Angaben über Sondersammelgebiete. Hiermit ist wohl gemeint, daß ein Benutzer seine Zahlungen an eine Bibliothek für erhaltene Kopien per Kreditkarte abwickeln kann. Insgesamt ergibt sich für die Mehrzahl der Sachverhalte als gemeinsames Kriterium, daß die Kreditkarte für Zahlungsvorgänge mit Auslandsberührung eingesetzt wird. Von inländischen Zahlungen über Kreditkarte ist nur in einem Fall (SUBITO) die Rede. In den nachfolgenden Ausführungen soll der Tatbestand ausdrücklich nicht untersucht werden, daß nichtbibliothekarische Angehörige einer Hochschule oder eines Fachbereichs vermittels Kreditkarte zu Lasten eines Bibliotheksetats Literatur bestellen. Diese Sachverhalt hat mit der eigentlichen Rechtsproblematik des Einsatzes einer Kreditkarte durch eine Bibliothek nichts zu tun.

3. Die Rechtsnatur des Kreditkartengeschäfts allgemein

Die allgemeinen rechtlichen Grundlagen für das Kreditkartengeschäft finden sich zunächst im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Nach einhelliger juristischer Meinung handelt es sich beim Kreditkartenvertrag zwischen einem Kreditkartenunternehmen und dem Kreditkartennehmer (dem Kunden) um einen speziellen Unterfall des allgemeinen Bankvertrages, der wiederum seine Grundlage in § 675 BGB "Entgeltliche Geschäftsbesorgung" findet2). Der Bankvertrag ist ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter allgemeiner Dienstvertrag, der sehr vielfältige Tätigkeiten der Bank im Interesse ihrer Kunden zum Gegenstand haben kann. Es handelt sich dabei um ein Dauerschuldverhältnis, das den Rahmen für die zahlreichen unterschiedlichen Bankgeschäfte bildet. Inhalt dieses Bankvertrages ist die Begründung des geschäftsbesorgungsspezifischen Vertrauens- und Interessenwahrungsverhältnisses, die Bereitstellung der Geschäftseinrichtungen der Bank und die Geltung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Er stellt den Rahmen für die unterschiedlichen Bankgeschäfte dar.

Beim Kreditkartengeschäft handelt es sich um ein Finanzierungsgeschäft zwischen drei Partnern: dem Kreditkartenunternehmen, dem Händler/Dienstleister und dem Kunden. Entsprechend liegen auch drei Rechtsbeziehungen vor3). Das Kreditkartenunternehmen schiebt sich dabei als Geschäftsbesorger zwischen zwei Vertragspartner, indem es die Zahlungsverpflichtung des einen gegen den anderen abwickelt. Als der zentrale Ausgangspunkt für jedes Kreditkartengeschäft soll zunächst einmal die Natur des Rechtsverhältnisses zwischen Kreditkartenunternehmen und Kunde (= Bibliothek) dargestellt werden.

Der Kreditkartenvertrag begründet ein Dauerschuldverhältnis, demzufolge sich das Unternehmen verpflichtet, alle Finanzforderungen Dritter gegenüber dem Kunden abzuwickeln, soweit dieser die jeweilige Forderung durch seine Unterschrift bzw. telephonischen Auftrag anerkannt hat. Als Gegenleistung hat der Kunde eine jährliche Zahlung an das Kreditkartenunternehmen zu erbringen. Den gesetzlichen Rahmen hierfür stellt nach herrschender Meinung § 675 BGB. Die Einzelheiten eines solchen Kreditkartenvertrages werden durch AGB geregelt. Seit 1991 existiert ein Mustertext der Kreditwirtschaft zu AGB für Kreditkartenverträge. Juristisch interessant ist u. a., daß das Unternehmen gegenüber dem Kunden zur Erfüllungsübernahme gemäß § 329 BGB verpflichtet ist. Der Karteninhaber erhält eine monatliche Saldomitteilung, das Kartenunternehmer bucht den Betrag monatlich nachträglich vom Konto des Kunden ab. In diesem zeitlich verzögerten Saldoausgleich ist auch der Grund zu sehen, warum das System als "Kredit"karte bezeichnet wird, obwohl es sich aus juristischer Sicht gar nicht um ein echtes Kreditgeschäft handelt. Lediglich für den Fall, daß das Konto des Schuldners zum Stichtag keine ausreichende Deckung aufweist, kann zusätzlich über eine Kreditvereinbarung ein Darlehensgeschäft vorliegen. Häufig enthält der Kreditkartenvertrag noch zusätzliche Elemente wie Versicherungen, Optionen auf Eintrittskarten zu Sportveranstaltungen, Bargeldservice an Geldautomaten usw.

Auch Kreditkartenunternehmen und Dienstleister/Verkäufer regeln ihre Rechtsbeziehungen durch einen Vertrag mit Dauerschuldcharakter. Das Unternehmen verpflichtet sich, alle Geldforderungen gegenüber Kreditkarteninhabern zu begleichen. Der Dienstleister/Verkäufer verpflichtet sich gegenüber dem Kartenunternehmen, die Kreditkarte als Zahlungsmittel zu akzeptieren und ein Disagio (3 - 5 % des mit der Kreditkarte getätigten Umsatzes) an das Unternehmen zu zahlen.

Somit bleibt noch das Rechtsverhältnis zwischen Karteninhaber und Dienstleister/Verkäufer zu klären. Der Kauf- oder Dienstleistungsvertrag zwischen beiden Parteien kann außer Betracht bleiben. Nach herrschender juristischer Meinung wird beim Einsatz einer Kreditkarte als Zahlungsmittel kein besonderer Vertrag zwischen Kunde und Händler über den Einsatz der Kreditkarte geschlossen. Vielmehr bestimmt sich das Rechtsverhältnis der beiden Parteien nach dem Vertrag zwischen Dienstleister/Verkäufer und Kreditkartenunternehmen, der als Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 BGB angesehen wird. Wenn ein Kunde seine Zahlungsverbindlichkeit durch Einsatz einer Kreditkarte erfüllt, so bringt er dadurch nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur eine Verpflichtung des Kreditkartenunternehmens gegenüber dem Händler aus dem zwischen beiden geschlossenen Vertrag zum Entstehen. Der vom Karteninhaber unterschriebene Beleg gilt rechtlich als Weisung im Sinne von §§ 675, 665 BGB.

4. Bibliothekstypische Probleme des Kreditkartengebrauchs

Für den Einsatz einer Kreditkarte im Bibliotheksbereich kommen unter rechtlichen Gesichtspunkten zwei Sachverhaltsvarianten in Betracht. Entweder tritt die Bibliothek als Inhaber der Kreditkarte in Erscheinung, um eigene Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Oder ein Benutzer kann seine persönliche Kreditkarte zur Begleichung von Schulden infolge von Dienstleistungen der Bibliothek einsetzen. In beiden Fällen gilt es, jeweils zwei Rechtsverhältnisse auf ihre mögliche rechtliche Problematik hin zu untersuchen. Von grundlegender Bedeutung ist gemäß den obigen Ausführungen stets die Rechtsbeziehung Bibliothek - Kreditkartenunternehmen.

Wenn eine Bibliothek mit einem Kreditkartenunternehmen einen Vertrag zur Kreditkartennutzung abschließen möchte, so handelt es sich - wie bereits erwähnt - um einen Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB. Im Rahmen des bibliothekarischen Alltags wird eine Vielzahl von Verträgen abgeschlossen. Man denke nur an die Kaufverträge für Bücher, Zeitschriften und andere Medien. Solange sich eine Bibliothek dabei in den ihr durch haushaltsrechtliche Vorschriften gesteckten Grenzen bewegt, bestehen gegen solche Verträge keine juristischen Bedenken. Vielmehr dienen diese Verträge dazu, den durch den Unterhaltsträger vorgegebenen bibliothekarischen Auftrag in die Tat umzusetzen. Dienst- und Werkverträge gehören genauso zum bibliothekarischen Alltag wie Kauf- und Mietverträge. Auch Geschäftsbesorgungsverträge gemäß § 675 BGB sind in Bibliotheken durchaus nicht ungewöhnlich. So könnte eine Bibliothek etwa einen Vertrag über die Errichtung einer EDV-Anlage abschließen. Für Dienstreisen wird vielleicht der Service eines Reisebüros in Anspruch genommen werden. Bei einem Umzug wird die Bibliothek üblicherweise einen Spediteur beauftragen. In der Regel liegt in jedem dieser Fälle ein Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB vor. Somit stellt sich die Frage, ob es rechtliche Bedenken gegen den Abschluß eines Kreditkartenvertrages durch eine Bibliothek gibt.

a) Zahlungen über öffentliche Kassen

Öffentlich-rechtlich organisierte Bibliotheken in Trägerschaft eines Landes bzw. des Bundes sind gemäß den Vorschriften des Haushaltsrechts eindeutig verpflichtet, ihre Einnahmen und Ausgaben über öffentliche Kassen abzuwickeln (vgl. die §§ 32 HGrG, 70 BHO), z. B. über eine Universitätskasse oder Regierungshauptkasse. Deshalb unterhalten Universitäts- und Landesbibliotheken normalerweise keine Konten bei Banken oder Sparkassen. Ihr gesamter Zahlungsverkehr wird über die jeweilige Kasse abgewickelt (Kassenprinzip). Hierzu besteht ein gesetzlicher Zwang. Ein allgemeiner Bankvertrag kann von einer Universitätsbibliothek also nicht so ohne weiteres abgeschlossen werden, da die haushaltsrechtlichen Vorschriften dem entgegenstehen. Allerdings sehen die einschlägigen Gesetze Ausnahmen vom Kassenprinzip vor. So bestimmen die §§ 32 HGrG, 70 BHO, daß der zuständige Minister Ausnahmen genehmigen kann. Gleichlautende Regelungen enthalten auch die Landeshaushaltsgesetze. Deshalb sind etwa Abbuchungsaufträge zu Lasten öffentlicher Kassen zulässig4). Für den Abschluß sowohl eines allgemeinen Bankvertrages, als auch eines Kreditkartenvertrages müßte somit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen eine ausdrückliche Ermächtigung des jeweils zuständigen Finanzministers erteilt werden.

Bei den Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft sieht die Rechtslage schon etwas anders aus. Zwar sind diese Bibliotheken ebenfalls verpflichtet, ihren gesamten Zahlungsverkehr über die jeweilige kommunale Kasse abzuwickeln, wie sich z. B. aus § 78 GemO NW ergibt. Allerdings lassen die Ländergesetze Ausnahmen vom strengen Kassenprinzip zu. So bestimmt etwa § 78 Abs. 2 GemO NW, daß eine Gemeinde die Möglichkeit hat, "ihre Kassengeschäfte ... durch eine Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung zu besorgen". Ähnliche Formulierungen finden sich in den Gesetzen anderer Bundesländer. Deshalb dürfte es gängige Praxis sein, daß Kommunen und kommunale Einrichtungen die Dienste von Banken und Sparkassen auf der Grundlage eines allgemeinen Bankvertrages gemäß § 675 BGB in Anspruch nehmen5). Aus Sicht der gesetzlichen Vorschriften über kommunales Haushaltswesen besteht also kein generelles Hindernis gegen einen Kreditkartenvertrag zwischen einer Stadtbibliothek und einem Kreditkartenunternehmen.

Bibliotheken in privatrechtlicher Trägerschaft, wie die Bibliotheken von Industrieunternehmen, der Fraunhofer- oder der Max-Planck-Gesellschaft stehen nicht unter dem haushaltsrechtlichen Zwang, für ihre Zahlungsgeschäfte ausschließlich öffentliche Kassen nutzen zu müssen. Demzufolge wickeln sie ihre Zahlungen ausnahmslos über Banken und Sparkassen ab, bedienen sich also des gesetzlichen Instruments des allgemeinen Bankvertrags gemäß § 675 BGB. Grundsätzlich sind sie demnach nicht gehindert, zu Zahlungszwecken eine Kreditkarte einzusetzen.

b) Sonstige haushaltsrechtliche Fragen bei Zahlungen über Kreditkarte

Dem Einsatz einer Kreditkarte für Erwerbungszwecke einer Bibliothek könnte ferner der Grundsatz der Fälligkeit gemäß § 8 HGrG entgegenstehen. Grundsätzlich dürfen Zahlungen erst nach Erhalt des Bibliotheksmediums und seiner Rechnung, sowie deren Prüfung auf sachliche und rechnerische Richtigkeit geleistet werden, d.h. wenn, juristisch gesehen, eine fällige Forderung vorliegt6). Beim Buchkauf im Ausland per Kreditkarte ermächtigt die bestellende Bibliothek den Händler zeitgleich mit der Bestellung den nach Lieferung fälligen Kaufpreis über ihre Kreditkarte einzuziehen. Dabei kann es geschehen, daß die Geldschuld schneller vom Konto abgebucht wird, als die Lieferung in der Bibliothek eintrifft. Die Bibliothek tritt also rechnerisch gesehen in Vorleistung. Der Haushaltsgrundsatz der Fälligkeit verlangt jedoch: Erst die Ware, dann das Geld. Allerdings kennt der bibliothekarische Alltag von diesem Grundsatz einige Ausnahmen. Es entspricht z. B. der Verkehrssitte, daß Rechnungen für periodisch erscheinende Veröffentlichungen (Zeitschriften) jährlich im voraus bezahlt werden. Bei Subskriptionen wird oftmals ein Sonderpreis gewährt, wenn die Zahlung vor Erscheinen erfolgt. In diesem Fall ist die Vorauszahlung Bedingung für den günstigeren Preis und die Forderung dann auch schon vor der Lieferung fällig. Gemäß § 56 BHO dürfen Leistungen erbracht werden, "wenn dies allgemein üblich ... ist". Der monatliche Saldoausgleich ist übliche Geschäftspraxis beim Kreditkarteneinsatz. Da kann es durch lange Beförderungswege schon mal vorkommen, daß eine Lieferung erst nach Saldoausgleich erfolgt. Der haushaltsrechtliche Grundsatz der Fälligkeit verbietet somit nicht grundsätzlich den Kreditkarteneinsatz durch eine Bibliothek.

Wenn der Einsatz einer Kreditkarte zu Erwerbungszwecken dazu führt, daß etwa eine Zahlung an einen ausländischen Lieferanten zu deutlich reduzierten Kosten erfolgen kann, so steht die Kreditkartennutzung sogar unter dem haushaltsrechtlichen Gebot von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 6 HGrG. Für Überweisungen an ein ausländisches Kreditinstitut fallen derzeit noch erhebliche Kosten an; Überweisungsgebühren zwischen DM 30,- und DM 50,- sind dabei die Regel. Dies ergibt nur dann einen wirtschaftlichen Sinn, wenn die zu begleichende Geldschuld möglichst hoch ist und/oder sich aus vielen Einzelposten zusammensetzt. Die Bezahlung einer Einzelrechnung unter DM 100,- per Auslandsüberweisung muß wegen der exorbitanten Nebenkosten als Verschwendung öffentlicher Mittel angesehen werden. In einem solchen Fall führt die Zahlung über eine Kreditkarte, die ja mit 1 % der Rechnungssumme zu vergüten ist, zu einem deutlich besseren wirtschaftlichen Ergebnis. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß derartige Zahlungsvorgänge in Bibliotheken eher die Ausnahme darstellen. Auch die eingangs beschriebenen Szenarien zum Einsatz von Kreditkarten in Bibliotheken geben nicht den normalen, alltäglichen Erwerbungsvorgang wieder, sondern beschreiben Ausnahmefälle. Für den Einsatz einer Kreditkarte beim Kauf von Medien im Ausland spricht jedoch noch, daß sie innerhalb einer Bibliothek hilft, den Verwaltungsaufwand für eilige Sonderbestellungen zu reduzieren.

c) Einnahmen einer Bibliothek über Kreditkarten der Benutzer

Im Rahmen des Dokumentlieferdienstes SUBITO ist geplant, dem Besteller die Möglichkeit zu eröffnen, seine Zahlungsverpflichtung mit seiner Kreditkarte zu erfüllen. Zu diesem Zweck müssen die SUBITO-Lieferbibliotheken mit Kreditkartenunternehmen die bereits oben beschriebenen Verträge über Dauerschuldverhältnisse abschließen. Da sich eine Bibliothek dabei gegenüber dem Kartenunternehmer verpflichten muß, ein Disagio von 3 - 5 % jeder Rechnungssumme abzuführen, könnten rechtliche Bedenken gegen eine derartige Vertragsgestaltung bestehen. Eine konkrete Berechnung im Einzelfall würde jedoch gegen die AGB der Kreditunternehmen verstoßen. Nach den allgemeinen Vertragsbedingungen der Kreditkartenwirtschaft ist es nämlich dem Vertragsunternehmen (hier der Bibliothek) ausdrücklich verwehrt, dieses Disagio ihren Kunden in Rechnung zu stellen. Allgemeine Händler und Dienstleister kalkulieren deshalb ihre Preise für Waren und Dienstleistungen so, daß ein Disagio an ein Kreditkartenunternehmen praktisch auf alle Kunden umgelegt wird. Bei der Zulassung von Kreditkartenzahlung im Rahmen von SUBITO wären also die Entgelte einer Überprüfung zu unterziehen und bei ungenügender Kostendeckung zu erhöhen. Da SUBITO jedoch um Nutzerakzeptanz bemüht ist, können hier keine marktangemessenen Entgelte erhoben werden. Andererseits bietet die Akzeptanz von Kreditkartenzahlung durch eine Bibliothek handfeste Vorteile7):

5. Rechtliche und tatsächliche Lösungsmöglichkeiten

Es zeigt sich also, daß die tatsächlichen Einsatzmöglichkeiten für Kreditkarten in Bibliotheken im Moment noch beschränkt sind. Für ihren Einsatz durch Erwerbungsabteilungen von Universitäts- und Landesbibliotheken müßte der zuständige Landesfinanzminister zunächst einmal eine ausdrückliche Genehmigung erteilen. Dasselbe gilt für die Akzeptanz der Kreditkarte als Zahlungsinstrument des Benutzers.

In diesem Zusammenhang sei auf ein Schreiben des Wissenschaftsministeriums Baden-Württemberg vom Frühjahr 1997 hingewiesen, das einer Universität "die Abwicklung von Bestellungen an den Literaturservice der Universität" durch Kreditkarten gestattet, "wenn dieses Zahlungsverfahren nicht zu Einnahmeausfällen für den Landeshaushalt führt. Dies bedeutet, daß zu der Rechnungssumme von vornherein die Servicegebühren des Kreditkartenunternehmens hinzugerechnet werden müssen. Die Servicegebühr kann dabei entweder konkret berechnet oder kostendeckend pauschaliert in Ansatz gebracht werden."

Damit war der Weg frei für die Universitätsbibliothek Tübingen, Kreditkarten ihrer Benutzer als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Die Erfahrungen scheinen überaus positiv zu sein8). "Im Dienstleistungsspektrum einer modernen Universitätsbibliothek sollten daher Kreditkarten als kundenfreundlicher Service nicht fehlen."

Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß eine eigene Kreditkarte für eine Bibliothek durchaus ihre Vorteile haben kann. Für Bibliotheken in Trägerschaft von Bund oder Land gilt es dabei, das haushaltsrechtliche Kassenprinzip zu beachten; sie benötigen eine ausdrückliche ministerielle Genehmigung. Für alle anderen Bibliotheken bestehen keine rechtlichen Hindernisse. Bibliotheken als moderne Dienstleister können ihre Augen nicht vor zeitgemäßen Entwicklungen im Zahlungsverkehr verschließen. Die Kreditkarte stellt heute ein weltweit einsetzbares und akzeptiertes Universalzahlungssystem dar, das aus unserem Alltag praktisch nicht mehr wegzudenken ist.

*) Text eines Vortrages, gehalten in der öffentlichen Sitzung der DBI-Rechtskommission am 3. Juni 1998 im Rahmen des 88. Deutschen Bibliothekartages, Frankfurt am Main.

1) Werner Reinhardt: Kreditkarten im Erwerbungsgeschäft - Zusammenfassung. // In: <ERWERB-L@hbz-nrw.de > vom 20. Mai 1997; auch in: In: BIBLIOTHEKSDIENST 31 (1997) 7, S. 1299-1300.

2) § 675 BGB: Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

3) Für die folgenden Rechtsausführungen vgl. Staudinger/Martinek: Kommentar zum BGB (1995) - § 675 Rn B 59 ff.

4) Vgl. z. B. Runderlaß des Finanzministers NRW vom 14. 3. 1973. // In: SmBl. NW 1973 S. 632.

5) So unterhält die Stadt Lorsch/Hessen (Stadtkasse) Konten bei der örtlichen Sparkasse sowie einer Volksbank.

6) Vgl. Hildebert Kirchner: Bibliotheks- und Dokumentationsrecht, 1981, S. 217.

7) Vgl. Ludger Hüning: Kreditkarten in der Tübinger Dokumentlieferung. // In: BIBLIOTHEKSDIENST 32 (1998) S. 58-60.

8) Ludger Hüning, wie FN 7.


Stand: 01.07.1998
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