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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 97

Bibliothekarische Fort- und Weiterbildung weltweit

3rd International Conference on Continuing Professional Education in Kopenhagen

Gudrun Behm-Steidel, Barbara Jedwabski

Unter dem Titel "Human development: competencies for the twenty-first century" fand vom 27. bis 29. August 1997 als Vorkonferenz zur IFLA 1997 in der Royal School of Library and Information Science in Kopenhagen die 3rd International Conference on Continuing Professional Education statt. Veranstalter der Tagung war CPERT, der Continuing Professional Education Round Table der Sektion Education and Training der IFLA.

Mehr als 80 Personen aus 37 Ländern nahmen an den zehn teilweise parallel durchgeführten Sessions teil. Die internationale Tagung vermittelte eine Reihe von interessanten Einblicken in die unterschiedlichen nationalen Situationen des Bibliothekswesens in den jeweiligen Ländern und zeigte überraschende Übereinstimmungen bei vielen Aspekten von Fort- und Weiterbildung in Bibliotheken.

Das Thema der Konferenz war insgesamt weiter gefaßt, als es vielleicht der Begriff Fort- und Weiterbildung vermuten läßt. Behandelt wurden nicht nur Fortbildungsthemen im engeren Sinne, sondern auch daran angrenzende Bereiche wie Benutzerschulung und Train-the-trainer-Maßnahmen.

In fünf Themenblöcken wurden insgesamt 44 Vorträge und Workshops präsentiert:

Zu den Inhalten von Fortbildungsmaßnahmen

Nachdem in den letzten Jahren die meisten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen der Vermittlung von Kenntnissen im Bereich Informationstechnologie (IT) galten, zeigt sich inzwischen eine deutliche Veränderung, die sowohl in den hochindustrialisierten Ländern als auch in den Dritte-Welt-Ländern Platz greift. Nach wie vor wird im Bereich IT weiter geschult werden müssen - insbesondere gibt es hier erheblichen Bedarf in den sog. Entwicklungsländern, wie Berichte aus Asien, Afrika und Südamerika zeigten - daneben wird aber der persönlichen Qualifikation von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren immer mehr Bedeutung zugemessen. Referenten/innen aus den unterschiedlichsten Bibliothekssparten und Ländern trugen vor, daß in ihrem Bereich neben den bibliotheksfachlichen Qualifikationen auch bestimmte neue Schlüsselqualifikationen, allen voran Kommunikationsfähigkeit, Kundenorientierung und Beratungs- und Vermittlungskompetenzen erwartet und benötigt werden. Nur dann, so die einheitliche Auffassung, sind Bibliothekarinnen und Bibliothekare für ihre zukünftige Rolle in der Elektronischen Bibliothek gewappnet.

Zu den Zielgruppen von Fortbildungsmaßnahmen

Übereinstimmung herrschte in der Frage, daß das Personal in den Bibliotheken als ständige Zielgruppe für Fortbildungsmaßnahmen der unterschiedlichsten Art anzusehen ist. Verständlich, daß die Berichte aus den verschiedenen Ländern hier sehr unterschiedliche Erfahrungen widerspiegelten. Zwei Schwerpunkte waren Vorträge aus der Fortbildungsarbeit in den osteuropäischen Ländern und aus Südafrika, in denen eindrucksvoll vom Neuanfang auch in der bibliothekarischen Welt nach dem jeweiligen politischen Neuanfang im Lande berichtet wurde.

Übereinstimmender Trend war aber auch, daß die Qualifikation der Trainer und der Multiplikatoren von besonderer Bedeutung für die Qualität und Aktualität von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ist. Die kontinuierliche Veränderung der Lerninhalte (IT, Software, Schlüsselqualifikationen usw.) erfordert mehr denn je gezielte Train-the-trainer-Maßnahmen, in denen auch Kenntnisse über geeignete Lehrmethoden für Erwachsene zu vermitteln sind ("the teaching librarian").

Zu den Formen von Fortbildungsmaßnahmen

Bei den Modellen zur Fort- und Weiterbildung ist ein Trend zu Fernlehrgängen im Internet zu erkennen, es wurde von verschiedenen Bearbeitungphasen solcher Lehrgänge berichtet. Der Vorteil liegt hier vor allem in der globalen Erreichbarkeit einerseits als auch in den individuellen und interaktiven Möglichkeiten andererseits. Allerdings wurde von höherem Betreuungsaufwand gegenüber herkömmlichen Modellen auf der Seite der Dozenten/innen berichtet.

Es wird aber auch mit neuen Modellen experimentiert: So wurden die positiven Erfahrungen mit "Mentoring" und Lernpartnerschaften und dem Modell der lernenden Organisation vorgestellt.

Zur Evaluation von Fortbildungsmaßnahmen

Die Notwendigkeit der Evaluation von Fortbildungsmaßnahmen wurde in mehreren Vorträgen betont. Schließlich soll die Qualität der Maßnahme, die sich im richtigen Maß von Lerninhalten, Zielgruppen, dem erzielten Lernerfolg und der konkreten Anwendungsmöglichkeit in der Praxis ausdrückt, gewährleistet und ständig verbessert werden. Sicher spielt auch der Kostenfaktor eine Rolle, denn Fortbildungsmaßnahmen kosten Geld, stellen aber auch eine wichtige Investition in kompetentes Personal dar. Die kontinuierliche Evaluation von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wird empfohlen. Speziell zu diesem Thema fand einer der Workshops statt, in dem anhand eines Modells die verschiedenen Aspekte einzelner Fragestellungen in Fragebögen und statistische Auswertungsmöglichkeiten diskutiert wurden.

Erfahrungsaustausch

Auch der Erfahrungsaustausch - auf einer derartigen internationalen Tagung mit überschaubarem Teilnehmerkreis besonders attraktiv - kam nicht zu kurz. Die Möglichkeiten zu Gesprächen wurden in den dafür von den hervorragenden Organisatoren aus der Königlichen Bibliotheksschule vorgesehenen Pausen sowie bei Lunch und Dinner von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern intensiv genutzt, und es gab viele interessante Diskussionen und Kontakte.

Perspektiven

Der Plan, in vier bis fünf Jahren eine nächste, die 4. Weltkonferenz im Vorfeld der IFLA, zu veranstalten, wurde von den Teilnehmer/innen ausdrücklich begrüßt. In einem Fragebogen waren dazu speziell Anregungen für zukünftige Themenstellungen auf einer Konferenz abgefragt worden, die von CPERT ausgewertet werden wird. Auf der Tagung wurde auch deutlich, was bereits in einigen Referaten angesprochen wurde: Die Vielzahl und Vielfalt der verschiedenen Fortbildungsmaßnahmen wird in der Regel weder auf nationaler Ebene noch darüber hinaus koordiniert. Hier liegt noch ein großes Verbesserungspotential, das zu einem Arbeitsbereich des Round Table for Continuing Professional Education werden könnte.

Veröffentlichung

Die vollständigen Referate der Konferenz wurden von CPERT veröffentlicht und den Teilnehmer/innen zu Beginn der Konferenz zur Verfügung gestellt:

Human Development: competencies for the twenty-first century / ed. by Patricia Layzell Ward ... - München : Saur, 1997. - XII, 400 S. (IFLA publications ; 80/81) ISBN 3-598-21806-0


Stand: 07.10.97
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