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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 5, 97

Fünfter Round Table Fortbildung im DBI


Edeltraud Frankenstein

Alljährlich lädt das DBI zum Thema Fortbildung zu einem Rund-Tisch-Gespräch ein. Am 30. und 31. Januar dieses Jahres kamen zu diesem Gespräch 15 Kolleginnen und Kollegen aus bibliothekarischen Einrichtungen und Verbänden, die aktiv Fortbildung anbieten und betreiben.

Im ersten Teil des Round Table wurde das Fortbildungsjahr 1996 eingeschätzt und ein Ausblick auf Planungsvorhaben bibliothekarischer Fortbildung 1997 gegeben.

1996 führte das DBI 40 Veranstaltungen mit 818 Teilnehmern durch. Die meistbesuchten Veranstaltungen waren Computersoftware in ÖB, Planung und Durchführung von Konversionsprojekten und die vier Internet-Seminare. Dagegen mußten wegen zu geringer Teilnahme "Französisch für Bibliothekare" und das einwöchige Seminar zur Öffentlichkeitsarbeit ausfallen.

Erstmalig wurden alle Fortbildungen des DBI mit einem Fragebogen evaluiert. Der Rücklauf der ausgefüllten Fragebogen von 60 - 100 % je Seminar gewährleistet eine aussagefähige Auswertung. Hauptproblem bei der Mehrzahl der Veranstaltungen war die zu knappe Zeit. Erfreulich, daß die Erwartungen der Teilnehmer bei fast allen Veranstaltungen erfüllt werden konnten. Den Referenten wurden überwiegend gute bis sehr gute Kompetenz und dem DBI bei der Mehrzahl der Veranstaltungen gute Organisation bescheinigt. Kenntnis von den Veranstaltungen erhielten 47 % der Teilnehmer aus dem Bibliotheksdienst, 28 % durch Hinweise von Kollegen und 17 % aus "Fit durch Fortbildung". Über die Hälfte, 54 % der Teilnehmer, nehmen im Jahr öfter an Fortbildung teil, 18 % nur einmal und 22 % weniger als einmal im Jahr. Die Wunschliste nach Fortbildung reicht von Internet-Nutzung in Bibliotheken über RAK-Seminare, Arbeit mit neuen Medien (vom Bestandsangebot bis zu Rechtsfragen), Neue Steuerungsmodelle, Managementfragen (von der Mitarbeiterführung bis zum eigenen Zeitmanagement) bis zu Fragen der Bestandspräsentation und des Leihverkehrs, letzteres Thema vor allem unter dem Aspekt der neuen Medien.

Das Hochschulbibliothekszentrum des Landes NRW berichtete über sein 1996 erstmalig landesweit durchgeführtes Fortbildungsprogramm. Mit 25 Zwei-Tages-Kursen für die Beschäftigten der Hochschulbibliotheken und der bibliothekarischen Zentraleinrichtungen sowie 5 zweitägigen Veranstaltungen für die ÖB des Landes NRW wurde es erfolgreich umgesetzt. Wie geplant, wurden freie Kapazitäten auch von Teilnehmern aus anderen Bundesländern genutzt.

Ein Diskussionspunkt waren Fragen des Kostenrahmens für eine Fortbildung. Dabei wurde festgehalten, daß Honorare frei mit den Referenten zu vereinbaren sind, da es keine rechtlichen Regelungen dafür gibt.

Fortbildungsfragen 1997

Für das Jahr 1997 plant das DBI 43 Veranstaltungen mit einem breiten Themenspektrum. Es werden auch in diesem Jahr vom DBI einige Veranstaltungen der Verbände und Vereine unterstützt. Hauptsächlich sind es Veranstaltungen zur Kommunikation und zu den neuen Medien, die sonst nicht zu realisieren wären. Voraussetzung für eine Beteiligung des DBI ist, daß die Veranstaltungen bundesweit geöffnet werden.

Wie im letzten Jahr hat das DBI von den eigenen Mitarbeitern ein für 1997 gültiges Referenten- und Themenangebot "Fortbildung direkt" für Bibliothekseinrichtungen, die Fortbildung in ihrem Bereich organisieren, erarbeitet. Das Faltblatt ist beim Bereich Fortbildung erhältlich. Alle Angebote des Beratungsdienstes Fortbildung sind auch über das Internet-Angebot des DBI abzurufen.

Die Freie Universität Berlin, Referat Weiterbildung beginnt in diesem Jahr, neben ihrem umfangreichen Seminarangebot, den dritten Lehrgang zur Qualifizierung Berliner Bibliotheksangestellter zu Assistenten an Bibliotheken. Ein Kurs dauert zwei Jahre, mit 450 Stunden und zwei je zweiwöchigen Praktika. Im Februar 1997 schließen 22 Teilnehmer, die seit 1995 den ersten Kurs absolviert haben, mit einer Abschlußprüfung ihre Qualifizierung ab.

Bei der Diskussion um neue Fortbildungsformen wurde eingeschätzt, daß es im Bereich des Bibliothekswesens wenig neue Entwicklungen gibt. So wurde vorgeschlagen, daß 1998 vom DBI eine Veranstaltung über neue Aspekte und Formen von Fortbildung organisiert werden sollte.

Als Anregung Fortbildung zukünftig besser zu planen und zu koordinieren, wurde das Konzept "Fortbildung im Verein Deutscher Bibliothekare e.V. (VDB)" vorgestellt.

Der VdDB bemüht sich um Professionalisierung seiner Fortbildungen. So soll ein Referentenpool eingerichtet und in der einwöchigen Fortbildungsveranstaltung des VdDB im Sommer der erste Versuch unternommen werden, den Nutzen von Fortbildung zu ermitteln. Die Teilnehmer sollen aufgefordert werden, während des Seminars aufzuschreiben, was sie aus der Fortbildung in ihrer Arbeit umsetzen wollen und zwei Monate später einschätzen, was sie wirklich umgesetzt haben.

Zur Frage der Fortbildungsthemen wurde darauf hingewiesen, daß auch im wissenschaftlichen Bibliothekswesen Fragen der Verwaltungsreform immer mehr eine Rolle spielen und damit auch Fortbildungsbedarf z. B. zu Fragen des Leitbildes besteht. Bei den ÖB gibt es noch immer keine Fortbildung zum Thema neuer Betriebsformen, wie Vereine, Stiftung oder Kulturbetriebe.

Koordinierung bibliothekarischer Fortbildung auf Bundes- und Länderebene

Entsprechend dem Vorschlag der Teilnehmer des vorjährigen Round Tables hat die BDB im September 1996 mit den Bibliotheksreferenten der Länder eine angeregte Korrespondenz zur bibliothekarischen Fortbildung geführt.

Ausgangspunkt des Briefes an die Bibliotheksreferenten der Länder war die Bitte, die Fragen der bibliothekarischen Fortbildung wieder einmal grundsätzlich zu behandeln, konzeptionelle Überlegungen für das Land zu entwickeln um zu einer besseren Nutzung vorhandener Mittel und Ressourcen zu kommen.

Geantwortet haben die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen. Alle Länder stimmen dem Anliegen des Briefes zu, deutlich zeigte sich, daß in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen eine Konzeption für die bibliothekarische Fortbildung besteht.

Bei der Frage der Koordinierung von bibliothekarischer Fortbildung landes- und bundesweit wurde als ein gutes Beispiel das auf freiwilliger Basis arbeitende Koordinierungsgremium in Baden-Württemberg vorgestellt. Das Gremium besteht aus den wichtigsten Fortbildungsanbietern des Landes, trifft sich einmal jährlich und stimmt die Programme für die bibliothekarische Fortbildung ab.

Es wurde vorgeschlagen, daß die BDB mit den Ländern, die 1996 nicht geantwortet haben, noch einmal Kontakt aufnimmt. Der DBV sollte außerdem mit dem VBB initiieren, daß auf Länderebene zwischen den Vereinen und Verbänden zukünftig kontinuierlich Absprachen zur Koordinierung von Fortbildung im Bibliothekswesen getroffen werden.

Die Fragen zur Koordinierung bibliothekarischer Fortbildung bundes- und landesweit sollen Hauptthema des Round Tables 1998 werden.

Das postgraduale Fernstudium Bibliothekswissenschaft an der Humboldt-Universität

Das Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin berichtete vom derzeitigen Stand des postgradualen Fernstudiums, das mit dem universitären Zertifikat "Wissenschaftliche Bibliothekarin/Wissenschaftlicher Bibliothekar" abschließen wird.

26 Studierende werden im Oktober 1997 das Fernstudium mit einer Abschlußarbeit und mündlichen und schriftlichen Prüfungen abschließen.

Im Oktober 1996 konnten aus 160 Bewerbern 30 Studierende in die 2. Matrikel aufgenommen werden, fast alle Studenten sind in einer Bibliothek beschäftigt.

Da die Fördermittel für das Fernstudienprojekt nur bis 1998 zur Verfügung stehen, wird derzeitig entschieden, unter welchen Bedingungen 1997 immatrikuliert werden kann. Das Institut bemüht sich intensiv zusammen mit der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur um die Fortführung des Studienganges, da nach wie vor eine hohe Zahl von Bewerbungen vorliegt.

Es ist vorgesehen, den universitären Studiengang Bibliothekswissenschaft außerhalb der Beamtenausbildung auch im Direktstudium an der Humboldt-Universität anzubieten. Außerdem gibt es den Wunsch, daß das Institut für die Direktstudenten der Präsenzuniversität Koblenz den Studiengang Bibliothekswissenschaft als Magisterzweitfach im Fernstudium anbietet.

Das Projekt New Book Economy

Im zweiten Teil des Rund-Tisch-Gespräches informierte das DBI über das Projekt New Book Economy im Rahmen der europäischen Gemeinschaftsinitiative ADAPT. Das Projekt soll dazu beitragen, daß Arbeitsplätze in der Buchbranche erhalten bzw. neue Arbeitsplätze geschaffen werden und die Arbeitnehmer ihr Wissen an die neue Technik anpassen. Am Projekt beteiligt sind die Länder Italien, Niederlande und Deutschland. Einbezogen in das Projekt in Deutschland ist der Buchhandel, die Verlage und das Bibliothekswesen. Die Laufzeit des Projektes geht bis Oktober 1998. Entsprechend der Struktur des Projektes sind vorgesehen:

  1. Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen für die neue Technik
  2. Schulungen von Ausbildern und Beratern
  3. Identifikation neuer Aus- und Fortbildungsinhalte auf nationaler Ebene
Zur Umsetzung der Vorhaben im Hinblick auf die Aus- und Fortbildungsinhalte und zur Schulung von Ausbildern und Beratern werden die bibliothekarischen Fachhochschulen und die Fachstellen in starkem Maße einbezogen.

Vorgeschlagen wurde, in das Projekt den Aufbau einer Datenbank für die Fortbildung aufzunehmen. Sie sollte Fortbildungsinformationen für Fortbildner und Lernende bündeln.

Lebenslanges Lernen auch für Bibliothekare?

Als Ausgangspunkt für Überlegungen zu der Frage, ob lebenslanges Lernen auch für Bibliothekare gilt, wurde die englische Initiative "The Framework for Continuing Professional Development" vorgestellt. Die Library Association will damit einen Prozeß zur kontinuierlichen Aneignung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten jedes einzelnen Mitarbeiters in eigener Verantwortung in Gang bringen. Dazu wurde 1992 ein Fortbildungspaß eingeführt, der dem Arbeitnehmer hilft, sich selbst die Wissensvoraussetzungen für seine berufliche Entwicklung zu schaffen und dem Arbeitgeber die Möglichkeit der Unterstützung und Anerkennung der beruflichen Entwicklung seines Mitarbeiters gibt.

Mit diesem Paß soll jeder selbst überlegen, wie er sich in seinem Beruf weiterentwickeln möchte; dabei muß man selbst einschätzen, was an Wissen und Fertigkeiten fehlt, welche Maßnahmen man ergreifen kann, um das Ziel zu erreichen. Neben der fachlichen Fortbildung ist auch die Entwicklung sozialer Kompetenzen oder ganz einfach das kontinuierliche Lesen der Fachpresse eingeschlossen.

In einer heißen Debatte wurde die Frage erörtert, ob eine persönliche Checkliste zur Fortbildung auch für die Bibliothekare in Deutschland denkbar wäre und wie solch ein Prozeß in Gang gesetzt werden könnte, der dazu führt, daß Bibliothekare in Deutschland für sich diesen Stellenwert der Fortbildung erkennen. Hier wäre ein reiches Betätigungsfeld der Bibliotheksverbände und Vereine, die eine solche Initiative ins Leben rufen sollten.

Der nächste Round Table Fortbildung wurde für Anfang März 1998 in Aussicht genommen.


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