Die neue deutsche Rechtschreibung kann sich bei der alphabetischen Katalogisierung auf die Ansetzung von Sachtiteln und Körperschaftsnamen sowie auf die gesamte bibliographische Beschreibung auswirken. Regeln für die Behandlung verschiedener Schreibweisen sind in den RAK bereits vorhanden. Die deutschsprachigen Beispiele in den RAK-WB und RAK-ÖB beziehen sich auf die Änderungen aus Anlaß der deutschen Rechtschreibreform von 1901. Einige dieser Bestimmungen sind unverändert auch bei künftig zu erwartenden Fällen anwendbar, andere müssen geändert werden, um eine optimale Suche in Online-Katalogen zu gewährleisten.
Zu unterscheiden sind folgende Fälle:
a) Die Schreibweise bei bestimmten Buchstaben hat sich geändert.
b) Es gelten neue Bestimmungen für Zusammen- bzw. Getrenntschreibung.
c) Es gibt alternative Schreibweisen bei den Fällen a) und b).
Für die bibliographische Beschreibung gilt gemäß § 117,1: "Schreibung und Orthographie der Vorlage werden in der bibliographischen Beschreibung im allgemeinen beibehalten."
Die Ausnahme in § 117,2 lautet: "Druckfehler und typographische Besonderheiten werden jedoch außer in Sachtiteln, Personen- und Körperschaftsnamen ohne Kennzeichnung berichtigt bzw. in der heute üblichen Schreibweise wiedergegeben."
Bei typographischen Besonderheiten (z.B. "AE" für "Ä" oder "ss" für "ß") in neuen Drucken war diese Vorschrift schon bislang unzweckmäßig, bedeutet sie doch, dass z.B. ein vorliegender Sachtitel "GEFAESSCHIRURGIE" eigentlich als "Gefaesschirurgie" wiedergegeben werden müsste, woran sich kaum jemand gehalten hat. Die Ausnahmeregel soll deshalb folgendermaßen lauten: "Typographische Besonderheiten werden jedoch in der heute üblichen Schreibweise wiedergegeben. Druckfehler werden außer in Sachtiteln, Personen- und Körperschaftsnamen ohne Kennzeichnung berichtigt." (Die Sonderbestimmung für alte Drucke im folgenden Absatz soll unverändert erhalten bleiben.) Mit dieser Änderung ist die Wiedergabe als "Gefäßchirurgie" auch nach den RAK korrekt.
Wird nach den neuen Rechtschreibregeln "ß" durch "ss" ersetzt, so werden durchgehend in Großbuchstaben geschriebene Wörter wie "KONGRESS" nicht mehr als "Kongreß", sondern als "Kongress" wiedergegeben.
Für die Ansetzung von Sachtiteln und Körperschaftsnamen gilt § 205,1, Abs. 1 (der RAK-WB): "Wörter, deren Schreibweise bei einzelnen Buchstaben schwankt, und Wörter, die in sprachlich leicht voneinander abweichenden Formen auftreten, werden im allgemeinen bei Sachtiteln in der Form der Vorlage und bei Namen von Körperschaften in der von der Körperschaft gebrauchten offiziellen Form angesetzt."
In den RAK-ÖB fehlt die Aussage "im allgemeinen", was bedeutet, daß es dazu keine Ausnahme gibt. (Deshalb fehlt in den RAK-ÖB § 205,1, Abs. 2.)
In den RAK-WB ist die Ausnahme im folgenden Absatz (RAK-WB § 205,1, Abs. 2) festgelegt: "Die betreffenden Wörter werden jedoch unter einer (in der Regel der neuesten) Form vereinheitlicht, wenn sich bei ein und demselben Sachtitel oder ein und derselben Körperschaft die Schreib- oder Sprachform gewandelt hat. Die Schreibweise von Personennamen und geographischen Namen, die in Sachtiteln und Körperschaftsnamen, bzw. als Körperschaftsnamen vorkommen, darf nur bei ein und demselben Sachtitel oder ein und derselben Körperschaft vereinheitlicht werden."
Änderungen bei ein und demselben Sachtitel können bei verschiedenen Bänden mehrbändiger begrenzter Werke oder fortlaufender Sammelwerke (z. B. "Biologisches Centralblatt" bzw. "Biologisches Zentralblatt") sowie bei verschiedenen Ausgaben bzw. Auflagen ein- und mehrbändiger begrenzter Werke (z.B. "Critik der reinen Vernunft" bzw. "Kritik der reinen Vernunft") vorkommen. Die von der Vorlage abweichenden Ansetzungsformen werden entweder gemäß § 129 in den Hauptsachtitel eingefügt oder gemäß § 130 Bestandteil eines Ansetzungssachtitels.
Bei Sachtitelwerken wird gemäß § 714,1,c (RAK-WB) eine Nebeneintragung unter der von der Ansetzung abweichenden Form des Hauptsachtitels gemacht, wenn dieser an ordnungswichtiger Stelle Wörter mit schwankender oder gewandelter Schreibweise enthält.
Bei Körperschaftsnamen wird gemäß § 411,1 (RAK-WB und RAK-ÖB) verwiesen: "Weicht ein Körperschaftsname von der gültigen Rechtschreibung ab, so wird von dem Namen in der gültigen Rechtschreibung verwiesen, wenn die Abweichungen an ordnungswichtiger Stelle stehen (vgl. § 205,1). Bei mehreren gültigen Rechtschreibformen wird von der nicht berücksichtigten Form verwiesen."
Die genannten Regelungen sind ausreichend für Listenkataloge, nicht aber für Online-Kataloge. In diesen sind sowohl für die Stichwortsuche, als auch für die String- oder Phrasensuche nach Sachtiteln aller Art (Ansetzungssachtitel, Hauptsachtitel, Parallelsachtitel, Nebensachtitel, Einheitssachtitel, "weitere Sachtitel") zusätzlich zu den neuen auch die alten Schreibformen zu erfassen, zum Beispiel "Eisschnelllauf" und "Eisschnellauf".
Im MAB-Format stehen dafür die wiederholbaren Felder 670 "Sachtitel in abweichender Orthographie" und 675 "Stichwörter in abweichender Orthographie" zur Verfügung. Anstelle der Erfassung von Stichwörtern im Einzelfall sollten in den Indizes Wortlisten mit Verknüpfungen zwischen den abweichenden Schreibweisen hinterlegt werden, wenn dies mit der verwendeten Software erreicht werden kann.
Die Zusammen- bzw. Getrenntschreibung in der bibliographischen Beschreibung richtet sich nach § 117,4, Abs. 2, Satz 1: "Im allgemeinen werden Spatien der Vorlage gemäß den Ansetzungsbestimmungen behandelt und Bindestriche ohne Kenntlichmachung ergänzt oder weggelassen." In Verbindung mit § 131,3 muß also bisher der Sachtitel "Jean de La Fontaine und seine Fabeln" in der Form "Jean de LaFontaine und seine Fabeln" wiedergegeben und gemäß § 314 auch so angesetzt werden. Die Wiedergabe in dieser Form verstößt gegen die ISBD und die damit identische Ansetzung verhindert bei korrekter vorlagegemäßer Eingabe den Sucherfolg im Online-Katalog.
Da derselbe Effekt bei allen Wortzusammensetzungen (Komposita) auftreten kann, ist es dringend notwendig, die §§ 204, 208 und 314,3 dahingehend zu ändern, dass die Ansetzung weitestgehend der Vorlage entspricht. In diesem Sinne hat die Expertengruppe RAK auf ihrer Sitzung vom 26. - 28. November 1996 mit allgemeinem Konsens eine Vorentscheidung getroffen, die allerdings noch von der künftig zuständigen Regelwerkskonferenz gebilligt werden muß.
Die Ergänzung von Bindestrichen soll nur noch im Deutschen vorgenommen werden und außerdem sollen durch eine Neudefinition des Ordnungswortes im § 804 durch Bindestrich verbundene Bestandteile zusammengesetzter Wörter jeweils als eigene Ordnungswörter gelten. In Online-Katalogen können bei entsprechender Programmierung mit Bindestrich geschriebene Komposita sowohl unter ihren einzelnen Bestandteilen als auch unter dem ganzen Kompositum gesucht werden; bei der Katalogisierung wird durch die vorlagegemäße Ansetzung viel Rechercheaufwand gespart.
Die wesentlichen Aussagen der angesprochenen Paragraphen sollen folgendermaßen lauten:
§ 204
1. Im Deutschen werden Wortzusammensetzungen, deren Teile nach der geltenden Rechtschreibung entweder in ununterbrochener Buchstabenfolge geschrieben oder durch Bindestriche verbunden werden, mit Bindestrichen angesetzt, wenn ihre Teile in vorliegenden Sachtiteln oder in offiziellen Namen von Körperschaften unverbunden nebeneinander stehen.
2. Wortzusammensetzungen in fremdsprachigen Sachtiteln und fremdsprachigen Körperschaftsnamen werden bei Sachtiteln vorlagegemäß und bei Körperschaften dem offiziellen Namen entprechend in ununterbrochener Buchstabenfolge, mit Bindestrichen verbunden oder als unverbundene Wörter angesetzt.
3. Sind verschiedene Schreibweisen zulässig oder üblich, so wird die Form des vorliegenden Sachtitels bzw. die des offiziellen Körperschaftsnamens übernommen.
§ 208
2. Für die Schreibung geographischer Namen, die in Sachtiteln und in Namen von Körperschaften bzw. als Körperschaften vorkommen, in ununterbrochener Buchstabenfolge bzw. mit oder ohne Bindestrich gelten die Bestimmungen von § 204.
3. entfällt.
§ 314
3. Präfixe gelten als eigene Ordnungswörter, es sei denn, daß sie mit dem folgenden Namensbestandteil in ununterbrochener Buchstabenfolge geschrieben sind.
§ 804
1. Ein Ordnungswort (OW) besteht aus einem oder mehreren Ordnungselementen. Alle Einzelbuchstaben und Buchstabenfolgen, die vorn und hinten entweder durch ein Spatium (Zwischenraum), einen Bindestrich oder durch den Beginn bzw. das Ende ihrer Ordnungsgruppe (vgl. § 806) begrenzt sind, bilden je ein Ordnungswort.
Für eine möglichst breite Diskussion seien die vorgeschlagenen Änderungen hier vorab mitgeteilt.