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Bibliotheksdienst Heft 8/9, 96

Karlsruher Virtueller Katalog (KVK)
Neue Dienstleistung im World Wide Web

Uwe Dierolf, Michael Mönnich

Bibliothekskataloge und -verbünde

Seit ca. zehn Jahren katalogisieren die großen Bibliotheken in Deutschland in die gemeinsamen Datenpools der Bibliotheksverbünde. Die derzeit größten sind:

Die Verbünde enthalten umfangreiche Datenbanken mit Titelaufnahmen und Bestandsnachweisen von Büchern und Zeitschriften (Angaben aus den jeweiligen WWW-Servern, 29.7.96):

VerbundTitel Bestandsnachweise
BVB:8.000.00015.000.000
GBV:6.400.00011.000.000
HBZ:6.500.00012.000.000
SWB:4.700.00011.000.000
zusammen25.600.00049.000.000

Für eine umfassende Buchrecherche ist die Abfrage all dieser Kataloge notwendig. Da es sich bei allen um unterschiedliche EDV-Systeme handelt, ist die Nutzung auch über WWW nicht einfach. Es werden unterschiedliche Trunkierungzeichen, unterschiedliche Suchfelder und völlig unterschiedlich strukturierte Trefferlisten angeboten.

Neben den Bibliotheksverbünden bieten zahlreiche Bibliotheken selbst OPACs an, die den lokalen Bestand der Bibliothek enthalten. In Karlsruhe z. B.:

BibliothekTitel
Universitätsbibliothek:320.000
Institutskatalog der Universität:180.000
Badische Landesbibliothek:400.000

Auch hier müssen bislang zur vollständigen Recherche der lokalen Bestände mehrere Einzelkataloge durchsucht werden.

WWW-Schnittstellen

Im Laufe des letzten Jahres haben zahlreiche Bibliotheken wie auch die Mehrzahl der Verbünde ihre Systeme mit WWW-Schnittstellen ausgerüstet, die es ermöglichen, Suchanfragen über HTML-Formulare (FORMS) einzugeben und mit HTML formatierte Trefferlisten zu liefern.

Die Benutzereingaben werden im HTML-Formular eindeutigen Suchaspekten zugeordnet und an ein Programm übergeben, das aus diesen Daten eine Datenbankanfrage formuliert und die Trefferlisten aufbereitet. Hierbei sind die CGI (Common Gateway Interface)-Konventionen einzuhalten.

Konzept des Karlsruher Virtuellen Kataloges (KVK)

Das Ziel des Karlsruher Virtuellen Katalogs (KVK) war es, über eine Suchanfrage in beliebigen Katalogen zugleich suchen zu können und ein Gesamtergebnis zu erhalten.

Hierzu wurde ein CGI-Programm erstellt, das

Die Gesamttrefferliste wird kontinuierlich aufgebaut. Sobald das Ergebnis eines Zielkatalogs vollständig vorliegt, wird es formatiert und sofort angezeigt. Das CGI-Programm des KVK-Systems kommuniziert direkt mit den WWW-Servern der Zielkataloge.


Abbildung 1: Architektur des Karlsruher Virtuellen Katalogs (KVK)

Ein ähnliches Verfahren wie das KVK-System nutzt auch die Internet-Suchmaschine MetaCrawler (http://www.metacrawler.com), um Suchmaschinen wie Lycos, Alta Vista und Infoseek parallel abzufragen.

Das KVK-System ist so ausgelegt, daß für jedes WWW-Suchinterface der einzelnen Zielkataloge eine Strukturbeschreibungsdatei geführt wird, die dem CGI-Programm als Eingabe dient. Sie beschreibt sowohl den Aufbau des Suchformulars als auch den Aufbau der Trefferlisten.

Die wichtigsten Strukturelemente eines HTML-Suchformulars (FORM) sind der WWW-Server und der Name des CGI-Programms des Zielkatalogs, das die Suche durchführt. Außerdem müssen die Namen der Felder dem KVK-System bekannt sein. Die Feldnamen und -inhalte des KVK-Suchformulars werden auf die Felder des Zielkatalogs abgebildet. Hierdurch ist es möglich, für jeden Zielkatalog eine Suchanfrage in dessen Syntax zu erstellen.


Abbildung 2: Beispiel für ein Suchformular

Die Kenntnis der Struktur der Trefferliste ist Grundlage für das Erstellen einer einheitlichen Gesamttrefferliste. Die wichtigsten Grundelemente, die hierbei erkannt werden müssen, sind der Kurztitel und der zugehörige Link (bzw. URL). Der Link verweist auf das CGI-Programm des Zielkatalogs und enthält i.d.R. die Suchanfrage für die Volltitelanzeige. Hierbei wird die Technik des Parsings auf Basis regulärer Ausdrücke eingesetzt (HTML-Parsing).


Abbildung 3: Auszug aus einer Trefferliste und zugehörige reguläre Ausdrücke (R1,R2)

Derzeitige Realisierung

Über die Homepage der Universitätsbibliothek Karlsruhe

http://www.ubka.uni-karlsruhe.de

hat man Zugriff auf den Karlsruher Virtuellen Katalog, der Suchanfragen an folgende Kataloge ermöglicht:

Der Benutzer kann wählen, in welchen Katalogen gesucht werden soll; standardmäßig wird in allen recherchiert.


Abbildung 4: Suchmaske des Karlsruher Virtuellen Kataloges

Man kann also in einem Datenbestand von ca. 20 Millionen Titeln recherchieren.

Der KVK liefert Trefferlisten mit formatierten Kurztitel, von denen durch einfaches Anklicken auf die Volltitelaufnahme und die Bestandnachweise des jeweiligen Zielkatalogs umgeschaltet werden kann. Zusätzlich erzeugt der KVK eine kumulierte Liste, welche die alphabetisch sortierten Kurztitel enthält.

Das System wurde an der UB Karlsruhe in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Informatik im Rahmen einer Studienarbeit entwickelt. Es basiert auf der Skriptsprache TCL.

Virtueller Katalog als Alternative zu Normschnittstellen

Kann die bei KVK verwendete Technik eine Alternative zur Verwendung von Recherche-Schnittstellen auf Basis der normierten Protokolle SR bzw. Z39.50 (im folgenden als Normschnittstellen bezeichnet) darstellen?

Im Vergleich zu den Normschnittstellen bietet der bei KVK verfolgte Ansatz folgende Vor- und Nachteile:

Der KVK kann auch bei Systemen eingesetzt werden, die nicht über eine Normschnittstelle verfügen. Ein weiterer Vorteil liegt in der optimalen Ausnutzung der Hypertextfunktionalität des WWW durch das KVK-System. Jeder Treffer der vom KVK gelieferten Liste stellt einen Link auf einen WWW-Server des jeweiligen Zielkatalogs dar. Per Mausklick kann der Benutzer daher direkt weitere Dienste und Funktionen (Bestandsnachweis, Ausleihe, Fernleihe, Abruf von multimedialer Zusatzinformation etc.) aufrufen.

Da Änderungen in den WWW-Schnittstellen der Zielkataloge Änderungen in den zugehörigen Strukturbeschreibungsdateien nach sich ziehen, kann nur eine begrenzte Anzahl von Katalogen mit vertretbarem Pflegeaufwand angeboten werden. Bei Verwendung von Normschnittstellen tritt dieses Problem nicht auf.

Weiterentwicklung

Die Erstellung der Strukturbeschreibungsdateien eines WWW-Suchinterfaces ist nicht sehr aufwendig. Es setzt lediglich Kenntnis über die Formulierung regulärer Ausdrücke zur Strukturerkennung voraus. Daher ist das System leicht erweiterbar, so daß weitere Kataloge bzw. Verbünde (z.B DBI-VK) in den KVK aufgenommen werden können, sobald diese ein WWW-Suchinterface anbieten.

Derzeit bestehen noch folgende Probleme:


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