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Beratungsdienst Bibliotheksmanagement
Arbeitsbereich: Telearbeit/ Call Center


Call Center

1. Definition des Begriffs Call Center
2. Formen von Call Centern
3. Aufgaben von Call Centern
4. Betreiber von Call Centern
5. Beschäftigte in Call Centern
6. Einsatzpotential für Call Center im Bibliotheks- und Informationswesen
7. Ansprechpartner im EDBI für weitere Fragen zu und Information über Call Center

1. Definition des Begriffs Call Center

"Call Center sind Organisationseinheiten, deren Ziel darin besteht, einen serviceorientierten und effizienten telefonischen Dialog mit Kunden und Interessenten durch den Einsatz modernster Informations- und Telekommunikations-Technologien unter Wahrung von qualitativen und quantitativen Unternehmens- bzw. Marketing-, Kommunikations- und Vertriebszielen zu ermöglichen." (Zitat aus Henn/ Kruse/ Strawe : "Handbuch Call Center Management", 1996)

Call Center sind demnach selbständig tätige Einrichtungen/Betriebe oder Betriebsabteilungen, die als Auftragnehmer für den eigenen Betrieb oder durchaus auch für Fremdfirmen agieren und Dienstleistungen erbringen. Sie verfügen über modernste Kommunikationsanlagen, Computer und PC-Arbeitsplätze. EDV und Telekommunikation sind miteinander vernetzt. Die Erbringung der Dienstleistungen durch ein Call Center erfolgt z. Z. meist per Telefon, wird in Zukunft jedoch verstärkt auch E-Mail, Fax oder Internet einbeziehen.

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2. Formen von Call Centern

Ein wichtiges Kriterium für die Auftragsabwicklung in Call Centern ist die Unterscheidung, ob "inbound" oder "outbound" gearbeitet wird. Das ist auch wichtig für die Bestimmung des notwendigen Anforderungsprofils der Mitarbeiter.
Man unterscheidet zwei Formen von klassischen Call Centern in Bezug auf die Dienstleistungstätigkeit:

  • Inbound-Call Center
  • Outbound-Call Center

    Bei den Inbound-Call Centern rufen die Benutzer/Kunden an, d.h. die dort Angestellten nehmen die Anrufe entgegen. Hier werden Informationen des Benutzers/des Kunden aufgenommen und bearbeitet. Die sogenannten Outbound-Call Center gehen aktiver vor, denn die Mitarbeiter rufen die Kunden an. Die Einsatzmöglichkeiten der beiden Call Center Formen verdeutlichen die Unterscheidung:

    InboundOutbound
    - Hotline (Notfallservice)- Terminvereinbarung
    - Kundenbetreuung und -service (Auskunftsdienste, Infoservice) - Verkauf bzw. telefonische Vertriebsunterstützung
    - Reklamations- und Beschwerdemanagement- Markt- und Meinungsforschung
    - Auftrags-/Bestellannahme- Adreßüberprüfung
    - Support-Service- Kundenaquisition
    - Schadensbearbeitung- Abogewinnung und -betreuung

    Welche Form des Call Centers auch immer Anwendung findet, sie werden in der Wirtschaft - also auf kommerziellem Sektor -

  • als echtes Verbindungsglied von der Einrichtung/dem Betrieb zum Kunden
  • als Weiterentwicklung der klassischen Telefonzentrale zum Kundeninteraktionszentrum
  • als Marketinginstrument der Zukunft
    betrachtet .

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    3. Aufgaben von Call Centern

    Call Center können entweder auf spezielle Aufträge/Aufgaben spezialisiert sein oder ihre Aufgaben ändern sich je nach Auftragslage. Gemeinsam ist beiden der direkte Kontakt zum Kunden. Jedes Thema, jedes Produkt kann Gegenstand der Arbeit im Call Center sein. Die rasante gesellschaftliche und technische Entwicklung läßt hier breiten Raum, die Grenzen zu konventioneller Arbeit sind je nach Entwicklungsstand immer fließender geworden. Derzeit beziehen sich Call Center-Aufgaben vor allem auf folgende Arbeitsbereiche:

  • Telefonauskunft (z.B. Telefonnummern, Faxnummern, Adressen, Fahrplanauskunft )
  • Marketing und Verkauf (Kundengewinnung, Kundenpflege, Warenverkauf, Dienstleistungen)
  • Bestellannahme (z.B. Versandhauswaren, Rezepte, Bücher, Videos)
  • Beratung (sogenannte Hotlines z.B. PC-Service)
  • Reklamationsannahme (sogenanntes Beschwerdemanagement)
  • Befragungen (Soziologie, Marketinganalysen, Hitlisten für TV- oder Rundfunksender, Verlage)
  • Bank- und Versicherungsgeschäfte (Telebanking, Direktversicherung, Immobilienangebote)

    Die Liste der Aufgaben, die inzwischen von Call Centern übernommen werden, läßt sich beliebig fortsetzen. Es gibt keine Grenzen, so lange die gestellten Ziele der Einrichtungen/Betriebe in gewünschter Qualität und Quantität erfüllt werden.

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    4. Betreiber von Call Centern

    Viele Einrichtungen/Betriebe richten zur Verbesserung des Kundenservice Call Center als eine Abteilung ein. Andere Betriebe nutzen das Outsourcing. Die Gründe dafür sind sehr verschieden. Ein externer Anbieter ist u. U. billiger, weil er nicht an die Tarifstruktur des Unternehmens gebunden ist. Auch die Gründung einer völlig neuen Einrichtung (nämlich des selbständigen Call Centers) ist möglich. Sie löst nicht nur die eigenen Probleme in der Kommunikation mit dem Benutzer/Kunden. Sie schafft auch die Möglichkeit, durch Aufträge Dritter zusätzliche Einnahmen zu erzielen.
    Inzwischen ist ein großer Markt für Call Center-Dienstleistungen entstanden. Und er wächst rasant weiter, quantitativ als auch qualitativ. Kundenkontaktmanagement mittels Call Center findet verstärkt und bereits seit geraumer Zeit bei Banken, Reiseveranstaltern, Versicherungen, Automobilherstellern, Versandhäusern, Telefondienstleistern, Marketingfirmen, bei Verkehrsbetrieben u.v.a. statt. Immer mehr Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen entdecken die Einsatzmöglichkeiten der Call Center.

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    5. Beschäftigte in Call Centern

    Der Großteil der Beschäftigten in einem klassischen Call Center sind die Telefonagenten. Sie führen die Gespräche. In der Regel sind sie in Teams von ca. 10 bis 15 Mitarbeitern organisiert.
    Verantwortlich für diese Teams sind die Teamleiter (oft als Supervisor bezeichnet). Sie können ein oder mehrere Teams leiten. Wenn sie mehrere Teams leiten, hat jedes Team einen Sprecher.
    Die Koordination eines Projekts liegt beim Projektleiter oder bei einem Bereichsleiter. Je nach Größe des Call Centers gibt es Bereichsleiter inbound und Bereichsleiter outbound. Dies hängt auch davon ab, ob das Call Center als eine selbständige Einrichtung arbeitet, als Profit Center oder ob es ein Teil des Betriebes ist.
    Der Call Center Manager ist als Leiter für den Gesamtbereich verantwortlich.
    Im Personalbereich spielt die Personaleinsatzplanung und -entwicklung eine besondere Rolle. Hier werden besondere Trainer eingesetzt.
    Ein weiterer Bereich ist das technische Personal (EDV, Telekommunikation), soweit es im Call-Center vorgehalten und nicht als Dienstleistung eingekauft wird.

    Die gesamte Organisation hängt natürlich von der Größe des Call Centers ab. Es gibt Call Center, die aus wenigen Agenten bestehen und keine Organisationsstruktur benötigen. Andere haben über hundert Agenten und damit auch entsprechende Organisations- und Führungsstrukturen.

    Die Anforderungen an die Mitarbeiter im Call Center (Call Center Agents) sind nicht zu unterschätzen. Die Tätigkeiten müssen mit einem hohen Maße an geistiger Präsenz, mit entsprechendem Fachwissen und zu ca. 90 % der Arbeitszeit an Bildschirmarbeitsplätzen verrichtet werden. Die Kombination von Zuhören, Erfassen, Recherchieren der Informationen und entsprechender Gesprächsführung erfordert ein hohes Maß an Verhandlungsgeschick, Umgang mit Menschen und Entscheidungsfähigkeit. Soziale Kompetenzen spielen eine immer größere Rolle. Rund 40 % der Call Center Agents verfügen über das Abitur oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium.

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    6. Einsatzpotential für Call Center im Bibliotheks- und Informationswesen

    Call Center, Informationsservice, Kompetenzzentrum, Kommunikationszentrum, Clearingstelle, Informationsagentur - welche Bezeichnung auch immer für diese Art der Dienstleistungen benutzt wird, sie ist auch für Informationsvermittler wie Bibliotheken, Informationsbroker usw. durchaus von Interesse.

    Es gibt viele Möglichkeiten, die in Abhängigkeit von der Lage, der Einbeziehung ganzer Bibliotheksnetze und der Öffnungszeiten des Call Centers Einsatzes existieren. Die wachsende Flut von Informationen konventioneller oder digitaler Art ingesamt, der gestiegene Wert ihrer Aktualität und dessen Wissen auf unterschiedlichsten Wissensgebieten macht sachkundige Hilfe mehr als zwingend erforderlich. Ein einzelner Mensch kann diese Vielfalt von Informationen, die zum großen Teil ungeordnet und unbewertet in unserer Leben fließen, nicht mehr bewältigen. Desgleichen ist Zeit ein ebenso kostbares Gut geworden, als dass man diese für das mühsame Durchforsten der unterschiedlichen Informationshierarchien vergeuden könnte. Hier sind und werden in noch stärkeren Maße die Informations-spezialisten mit ihrer Kompetenz gefragt. Vor dem Hintergrund der bestehenden Personalprobleme einerseits und der notwendigen, verbesserten Benutzerorientierung andererseits bietet sich also ein Call Center als mögliche Lösung an.

    Beispiel 1 - Optimierung der Auskunfts- und Beratungstätigkeit in wissenschaftlichen Bibliotheken

    Die wissenschaftlichen Bibliotheken werden zunehmend an der Qualität ihrer Auskünfte für Wissenschaftler und Studenten gemessen und richten ihr Augenmerk inbesondere auf die Auskunfts- und Beratungstätigkeit. So kann der Bereich des Call Centers beispielsweise folgende Arbeiten übernehmen:

  • Auskünfte zu Benutzungsbedingungen, Schulungen, Veranstaltungen, sonstigen Terminen
  • Recherchehilfe im Katalog oder in Datenbanken einschließlich Hilfe bei der Benutzung dieser (Hotline)
  • Fernleihe oder Document Delivery (Annahme von Bestellungen, Auskünfte dazu ...)
  • Beantwortung von Internet- oder Email-Anfragen leichten Schwierigkeitsgrades
  • Weiterleitung schwierigerer Anfragen an Experten im Hause
  • Benutzerbefragungen
  • Auftragsrecherchen
  • Reklamationsbearbeitung oder -weiterleitung
  • Vermittlung an externe Partner für Auskünfte außerhalb der Bibliothek

    Beispiel 2: Auskunftsagentur/Stadtinformationszentrum für Kunden (Bürger) und Partner (Administration, Firmen, Verbände) einer Stadtbibliothek

    Auch die sich stärker herausbildende Rolle der Öffentlichen Bibliothek als Zentrum der Informationsvermittlung in einer Kommune ermöglicht in Zusammenarbeit entweder mit einem größeren Bibliotheksnetz oder mit den regionalen Einrichtungen der kommunalen Verwaltung den Call Center Einsatz, z. B. für

  • Informationsnavigation zu Bürgerinformationen, Verbraucherinformationen
  • Informationsagentur für die lokale Infrastruktur (Verwaltungen, Verbände, Sozialdienste)
  • Auskunftstätigkeit zum Bibliotheksbestand und zu den -bedingungen /Benutzungshilfe
  • Annahme von Medienbestellungen/Kopierwünschen u.a.
  • Informationsberatung/Recherchetätigkeiten für Firmen auf Abrechnungsbasis
  • Mediendidaktik oder -erziehung in Zusammenarbeit mit den Schulen/Berufsschulen oder diverser Weiterbildungseinrichtungen
  • Kombination mit dem Bürgerbüro

    Natürlich sind dies keine neuen Aufgabenfelder. Neu ist jedoch die Organisation der Arbeit unter Zuhilfenahme neuester Kommunikations- und Informationstechnologien, die Dauer der Verfügbarkeit der Dienstleistungen, die neue Qualität der Auskünfte und der Zusammenarbeit mit anderen Partnern zum Wohle des Benutzers.

    So ist unumstritten, daß solche Vorteile wie beispielsweise:

  • kürzere Wartezeiten für den Anrufer
  • Bündelung der Fachkompetenz des Personals/ Kontakt mit einem Team zur Beantwortung v. Fragen/Lösung v. Problemen
  • ständige Erreichbarkeit / Erweiterung der Öffnungs-/Leihzeiten
  • Imagegewinn für die Bibliothek/Informationsagentur
  • Integration von Search-/Datenkommunikation
  • Steigerung der Nutzung der Bibliotheksressourcen durch zufriedene Benutzer
  • Ersatz aufwendiger schriftlicher Vorgänge
  • Beschaffung der Informationen unmittelbar an der Quelle
  • Aufbau eines Vertrauensverhältnisses Informationsvermittler - Benutzer
    unmittelbar für alle Dienstleistungsnehmer sichtbar werden.

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    7. Ansprechpartner im EDBI für weitere Fragen zu und Information über Call Center:

    Dr. Michaela Mautrich
    mautrich@dbi-berlin.de
    Tel. 030/41034-430

    Ehemaliges Deutsches Bibliotheksinstitut
    Kurt-Schumacher-Damm 12-16
    D - 13405 Berlin


    Stand: 13.04.00
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