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Mitten im Reich der Klänge befndet sich ein Raum absoluter
Stille. Kein Mucks dringt herein und im Inneren verursacht
nichts auch nur das geringste Geräusch. Wer in der schallge-
schützten und abgedunkelten Hörkabine des Deutschen Mu-
sikarchivs in der Deutschen Nationalbibliothek auf einem
Sessel inmitten der fünf leistungsstarken Lautsprecher samt
einem Tieftöner Platz nimmt, ist akustisch alleine mit sich und
seinem Atem. Das aber ändert sich mit einem Druck auf die
Starttaste: Der volle Raumklang von Werken, die das Herz be-
gehrt, schlägt in den Bann. Was darf es sein: eine Wagner-Oper
in voller Länge, eine von Maria Callas gesungene Arie in voller
Höhe, eine Session mit Duke Ellington am Klavier oder doch
lieber ein Liveauftritt von Lady Gaga? Nahezu alles ist möglich.
Das Deutsche Musikarchiv ist das musikbibliografsche Infor-
mationszentrum Deutschlands und die zentrale Sammelstelle
für hierzulande veröfentlichte Musikwerke. Vor eineinhalb
Jahren ist es aus dem Abseits einer Villa am Berliner Stadtrand
zu seiner „Mutter“, der Deutschen Nationalbibliothek, nach
Leipzig gezogen. Dank der hiesigen Erweiterung waren Räume
im Hauptgebäude für die Mitarbeiter des Deutschen Musikar-
chivs frei geworden und es konnte unterirdisch ein Magazin ge-
schafen werden. Mit dem Umzug haben sich jedoch nicht nur
der Sitz und die räumliche Situation des Hauses verändert, auch
das Selbstverständnis hat sich gewandelt. Direktor Michael Fer-
nau drückt das so aus: „Wir wollten uns über den engen wissen-
schaftlichen Fokus hinaus einem breiteren Publikum öfnen.“
Das Deutsche Musikarchiv als erste Adresse eben nicht mehr
ausschließlich für den Händel-Forscher, sondern auch für Prof-
musiker, Musikjournalisten und Musikliebhaber aller Couleur.
Von Abba bis Zamfr:
Ein einzigartiger Bestand
Hinter dieser Öfnung, die sich vor allem mit neuen Service-
angeboten verbindet, steht weiterhin das gewichtigste Pfund
der Institution, ihr einzigartiger Bestand. Im Rahmen des
gesetzlichen Auftrages sammelt und erschließt das Deutsche
Musikarchiv seit 1970 alle Musikalien, also Noten, und alle
Tonträger, die in Deutschland erscheinen. In nüchternen
Zahlen lesen sich die archivierten Klänge so: Ende 2011
umfasste die Sammlung mehr als 950.000 Tonträger mit
vielen Millionen Stücken, Liedern und Werken. Der Groß-
teil davon sind CDs und Vinylplatten, daneben gibt es aber
auch historische Tonträger wie Klavierrollen, Walzen und
Schellackplatten, halbhistorische wie Tonbänder, Kassetten
und Videos sowie aktuelle Varianten wie Blu-rays und DVDs.
Die Sammlung erstreckt sich über sämtliche Genres von
Orchester-, Chor- und Kammer- über Volks- und
g
ALLES, WAS DAS
OHR BEGEHRT
Als akustisches Gedächtnis der Nation bewahrt das Deutsche
Musikarchiv in der Deutschen Nationalbibliothek Exemplare aller hier-
zulande veröffentlichten Klangwerke. Und als offene Institution bietet es
viele Möglichkeiten, diese zu erforschen, zu entdecken und zu erleben.
PORTRÄT: CHRISTIAN SÄLZER

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