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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 12, 98

Dokumentenlieferdienste auf dem Prüfstand:*

1.
DOD (Document Order and Delivery) - Konkurrenz oder Ergänzung


Bericht aus der UB Regensburg zum Einsatz von DBV-OSI

Albert Schröder

Überblick

Die hier vorgestellten Ergebnisse zur Dokumentlieferung mit dem DOD-System im Rahmen von SUBITO beruhen auf Erfahrungen an der Universitätsbibliothek Regensburg. Durch den regen Austausch mit anderen Anwenderbibliotheken ist bekannt, daß diese Ergebnisse in der Tendenz auch auf andere Lieferbibliotheken übertragbar sind.

Nach einer Einordnung des DOD-Systems in das Umfeld der Projekte DBV-OSI und SUBITO soll die Funktionsweise des DOD-Systems im Zusammenspiel mit Bestellungen über den Dienst SUBITO behandelt werden. Dabei werden auch einige Probleme angesprochen, die bei der Abwicklung der Bestellungen auftreten können. Abschließend werden einige Zahlen präsentiert, aus denen sich erste Trends erkennen lassen, wie der Dienst SUBITO genutzt wird und wer den Dienst SUBITO nutzt.

Einordnung des DOD-Systems in das Umfeld der Projekte DBV-OSI und SUBITO

Das Projekt DBV-OSI, DBV-OSI steht für Deutscher Bibliothekenverbund - Open Systems Interconnection, hat zum Ziel, eine offene Kommunikation zwischen Fachinformations- und Bibliothekssystemen herzustellen. Der Schwerpunkt der Hauptphase I lag auf der Recherche. In der Hauptphase II (Item order) steht die Dokumentbestellung und -lieferung im Mittelpunkt. Ein Projektziel der Hauptphase II war die Entwicklung eines DOD-Systems. DOD-System steht für Document Order-Receive and Delivery System.

Eingesetzt wird dieses DOD-System derzeit fast ausschließlich für die Erledigung der Bestellungen im Rahmen von SUBITO.

Der Dokumentlieferdienst SUBITO ist das Ergebnis einer Bund-Länder-Initiative zur Beschleunigung der Literatur- und Informationsdienste. Der Dienst SUBITO wurde am 1. Oktober 1997 als Testbetrieb mit Benutzern gestartet und am 17. November 1997 offiziell mit Presseerklärungen von BMBF und Kultusministerkonferenz eröffnet.

Es besteht jedoch keine ausschließliche Bindung zwischen DOD-System und SUBITO. Das DOD-System ist so ausgelegt, daß auch Bestellungen aus anderen Bestellsystemen über das DOD-System verarbeitet werden können. Andererseits können Lieferbibliotheken auch mit anderen Dokumentlieferstationen an SUBITO teilnehmen. So nehmen z.B. die Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen über Jason an SUBITO teil.

Das DOD-System wurde nicht von Grund auf neu entwickelt, sondern baut auf den Komponenten des TIBORDER-Systems der Technischen Informationsbibliothek Hannover auf.

Aufbau und Funktionsweise des DOD-Systems

Für den Betrieb eines DOD-Systems benötigt man als Hardware eine Workstation. Derzeit kann die DOD-Software auf UNIX-Rechnern der Fa. Sun unter Solaris und der Fa. IBM unter AIX betrieben werden. Auf dem Rechner läuft als Datenbanksystem Oracle in der Version 7 und die Software zum DOD-System.

Als eigenständiger Teil zum DOD-System gehört eine Scan-Station. Unix-Rechner und Scan-Station können räumlich getrennt untergebracht sein und müssen nur über das Netz miteinander verbunden sein. Es können auch mehrere Scan-Stationen, z.B. bei dezentraler Lage der Bestände, betrieben werden. Begrenzender Faktor ist dabei vor allem der Preis für solche Scan-Stationen. Der Preis dieser Stationen ist in letzter Zeit jedoch stark gefallen. Komplettiert wird eine Scan-Station durch einen PC, über den der Scanner angesteuert wird.

Neben technischer Ausstattung ist außerdem entsprechendes Personal nötig. Zur Bedienung der DOD-Station gibt es drei Funktionsbereiche:

  1. Die Bedienung der Scan-Station
  2. Die Bedienung der DOD-Station
  3. Die Administration der DOD-Station.
Das Aufgeben einer Bestellung in SUBITO soll hier nicht behandelt werden. Erfahrungsgemäß macht das Bestellen weniger Probleme als der Umgang mit den gelieferten Dokumenten.

Bearbeitung der Bestellung durch die DOD-Station

Unabhängig vom Bestellsystem, über das der Kunde seine Bestellung in SUBITO absetzt, wird diese Bestellung vom Bestellsystem in einem einheitlichen Format an das DOD-System der Lieferbibliothek gesandt. Die Übermittlung der Bestellung kann entweder über E-Mail oder Z39.50 erfolgen. In beiden Fällen wird die Bestellung automatisch vom DOD-System entgegengenommen und weiterverarbeitet.

Im ersten Schritt wird die Bestellung auf Vollständigkeit und korrekte Formatierung geprüft und nach erfolgreicher Prüfung als Bestellsatz in die Datenbank des DOD-Systems aufgenommen. Diese Datenbank ist das Herzstück des DOD-Systems. In dieser Datenbank sind die Daten der Bestellungen, der Kunden und der Rechnungen gespeichert. Der Bearbeitungszustand eines Bestellsatzes wird in der Datenbank mit Statusinformationen festgehalten.

Das DOD-System stellt keine einheitliches, geschlossenes Programm dar, sondern baut sich aus mehreren kleineren Programmeinheiten auf. Das Bindeglied zwischen diesen Programmteilen ist die Datenbank. Die einzelnen Programmteile fragen in regelmäßigen Abständen die Datenbank nach Datensätzen ab. Dabei werden die Bestellsätze ausgewählt, die den entsprechenden Status haben. Am Ende eines Arbeitsschrittes bekommen die bearbeiteten Datensätze einen neuen Status, der dann den nächsten Programmschritt auslöst.

Nach Aufnahme der Bestellung in die Datenbank, wird der Bestellschein gedruckt. Für diesen Arbeitsschritt soll das gerade beschriebene Funktionsprinzip erläutert werden.

Der Programmteil für den Ausdruck der Bestellscheine, durchsucht in Abständen von einigen Minuten die Datenbank nach Bestellsätzen, die laut Status noch nicht ausgedruckt wurden. Aus den Treffern wird eine Liste der Bestellungen erstellt und die Bestellscheine gedruckt. Anschließend setzt das Programm diese Bestellungen auf den Zustand "Bestellschein gedruckt".

Die bisher beschriebenen Arbeitschritte werden automatisch vom DOD-System ausgeführt. Ein Eingreifen des Bedienpersonals ist im ungestörten Betrieb nicht erforderlich. An der Universitätsbibliothek Regensburg werden die Bestellscheine zum Teil per Hauspost, zum Teil über das Teleliftsystem, aber überwiegend per Fax an die Standorte der Zeitschriftenbände gesandt.

Alle Zeitschriftenbände müssen von den dezentralen Standorten zur Scan-Station in die Zentralbibliothek gebracht werden. Das ist einer der problematischen Punkte in der Organisation des DOD-Systems.

Im Konzept des DOD-Systems ist vorgesehen, daß jeder Zeitschriftenaufsatz unabhängig vom Lieferweg eingescannt wird. Zur besseren Verteilung der Arbeit wird an der Universitätsbibliothek Regensburg von diesem Konzept abgewichen und Dokumente, die zur Postlieferung vorgesehen sind, kopiert und als Fax bestellte Dokumente mit einem Faxkopierer verschickt. Sobald das Dokument eingescannt ist, laufen bei fehlerfreiem Betrieb die restlichen Bearbeitungsvorgänge automatisch ab:

Die DOD-Station

Statusmeldungen

Über den Bearbeitungszustand einer Bestellung kann die DOD-Station Statusmeldungen verschicken. Über welche Schritte der Kunde informiert werden will, kann der Kunde bei der Bestellung festlegen. Es gibt drei Kategorien:

  1. Alle Statusmeldungen
  2. Nur im Fehlerfall
  3. Keine Statusmeldungen.
Es empfiehlt sich "Alle Statusmeldungen" anzufordern. Diese Meldungen werden in der Regel per E-Mail versandt. Einige Besipiele für diese Statusnachrichten:

Die Überwachung der Lieferfrist erfordert vom Bedienpersonal besondere Aufmerksamkeit. Leider ist im System keine Funktion integriert, die das Bedienpersonal über ablaufende Lieferfristen informiert.

Lieferarten

Die meisten Probleme ergeben sich beim Versand der Dokumente. Im folgenden sind die häufigsten Probleme in Abhängigkeit von der Lieferart zusammengestellt:

  1. Lieferart Post:
    Am wenigsten Probleme bereitet die Zustellung der Dokumente per Post.

  2. Lieferart E-Mail:
    Das größte Problem dieser Lieferart ist die Größe der E-Mail. Eine aufgenommene Seite belegt ca. 200-300 Kbyte. Die Größe der E-Mails, die empfangen werden können, ist häufig begrenzt. Bei mehr als 20 Seiten erreicht die Lieferung eine Größe, die von vielen E-Mail-Systemen abgelehnt wird. Im günstigen Fall wird die E-Mail an das DOD-System zurückgesandt. Das DOD-System registriert die abgewiesene Lieferung und startet einen neuen Lieferversuch, der ebenso scheitern muß. Jetzt kann aber das Bedienpersonal eingreifen und die Lieferung manuell auf eine andere Lieferart setzen. Im ungünstigen Fall wird die E-Mail abgelehnt, aber nicht zurückgesandt. Die Lieferbibliothek wird erst durch Nachfragen der Kunden auf das Problem aufmerksam.

  3. Lieferart FTP-Aktiv:
    Unter Lieferart FTP-Aktiv versteht man bei SUBITO, daß das DOD-System das Dokument per FTP (File-Transfer) auf einen Rechner des Kunden überträgt. Diese Möglichkeit wird nur selten genutzt, weil das einen Rechner vorraussetzt, der dauernd im Betrieb ist und auf dem für SUBITO ein Gastzugang eingerichtet wurde.

  4. Lieferart FTP-Passiv:
    Unter FTP-Passiv versteht man bei SUBITO, daß das Dokument zur Abholung auf dem Rechner des DOD-Systems bereitgestellt wird. Dem Kunden wird eine Kennung und ein Paßwort zugeteilt, mit denen er sich beim Rechner des DOD-Systems einwählen und sein Dokument herunterladen kann. Diese Variante bereitet unter den elektronischen Lieferwegen die wenigsten Probleme. Für das Laden der Datei kann der Kunde einen WWW-Browser verwenden. In der Versandt-Nachricht wird die Adresse der bereitliegenden Datei in einer für WWW-Browser geeigneten Form angegeben.

  5. Lieferart Fax:
    Fax wird nur selten genutzt, weil es die teuerste Variante ist. Auch hier kann es zu Übertragungsproblemen kommen. Besonders bei längeren Aufsätzen gibt es häufiger Probleme. Ungünstig ist, daß man das Versenden nur komplett und nicht für Teile des Auftrages wiederholen kann.
Aufgrund der Erfahrungen mit den Lieferarten lassen sich einige Richtlinien für die Auswahl der Lieferart aufstellen.

Lieferart Post ist bequem und zuverlässig. Nachteilig ist der höhere Preis durch Zuschlag fürs Porto und die Lieferdauer.

Nutzung von SUBITO

Aus dem Bestellaufkommen am DOD-System der Universitätsbibliothek Regensburg lassen sich einige Schlußfolgerungen über die Nutzung von SUBITO ziehen. Die Datengrundlage für die folgenden Zahlen stammen aus den Bestellungen der Monate April und Mai 1998.

Positiv und negativ erledigte Bestellungen:
Der Anteil der Bestellungen, die positiv erledigt wurden, liegt in Regensburg bei etwa 80 %. Bei den Bestellungen, die nicht erfüllt werden konnten, ist ein großer Anteil auf falsche bibliographische Angaben und fehlerhafte Interpretation der Bestandsangaben in der ZDB zurückzuführen.

Lieferarten:
Jeweils ein Drittel der Lieferungen erfolgte per E-Mail (33 %) und Post (34%). 16 % der Lieferungen wurde über FTP-Passiv erledigt. Auf FTP-Aktiv und Fax entfallen jeweils 7 % der Bestellungen.

Nutzergruppen:
Der überweigende Teil der Besteller sind nicht-kommerzielle Kunden im Inland (87 %). Kommerzielle Kunden haben einen Anteil von 10 %. Auslandsbesteller liegen bei 3 %.

Bestellentwicklung:
Die Zahl der Bestellungen nimmt kräftig zu. Lag die Zahl der Bestellungen im Dezember 1997 bei 222, hat sich diese Zahl im März 1998 mit 647 Bestellungen beinahe verdreifacht.

Fazit

Die Bearbeitung von SUBITO-Bestellungen über das DOD-System hat sich in Regensburg zu einem Routineverfahren entwickelt. Zu diesem Dokumentlieferdienst gibt es von den Kunden viele positive Rückmeldungen und die meisten Kunden akzeptieren auch, daß es in der Pilotphase noch zu Problemen kommen kann.

Wenn derzeit große Teile der normalen Fernleihe über die DOD-Station abgewickelt werden sollten, kämen die Lieferbibliotheken schnell an Kapazitätsgrenzen, sowohl personell als auch technisch.

Kostenpflichtige Dokumentlieferung und Fernleihe sind Dienstleistungen der Bibliotheken, die sich nicht ausschließen, sondern ergänzen.

* Die beiden Vorträge wurden auf einer Veranstaltung der VdDB-Kommission Neue Technologien im Rahmen des 88. Bibliothekartages am 4. Juni 1998 in Frankfurt/M. gehalten.


Stand: 09.12.98
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