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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 5, 98

Informationen der Rechtskommission des DBI:

Kopieren aus Datenbanken

Zur Handhabung des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes (IuKDG) in Bibliotheken

Gabriele Beger

Am 1. Januar 1998 traten die Änderungen im Urheberrechtsgesetz zum Schutz von Datenbanken in Kraft. Dies ist Anlaß für eine Vielzahl von Anfragen an die Rechtskommission des DBI, die Handhabung in der täglichen Bibliotheksarbeit insbesondere im Hinblick auf das zustimmungsfreie Kopierrecht zu beschreiben. Die nachfolgenden Erläuterungen heben deshalb vor allem die veränderten Tatbestände hervor.

Eine tatsächliche Änderung ist bei elektronischen Datenbanken zu beachten. Es sind hier zwei Schutzgegenstände zu unterscheiden, die nebeneinander bestehen:

Was bedeutet dies für die tägliche Bibliothekspraxis?

Wesentliche Teile von Datenbankwerken (§ 4 UrhG) dürfen nach § 53 Abs. 5 UrhG ohne Zustimmung des Berechtigten nur noch für den wissenschaftlichen Gebrauch kopiert werden, soweit damit keine gewerblichen Zwecke verfolgt werden. Jede andere Vervielfältigung von wesentlichen Teilen, auch zum privaten Gebrauch, ist nur noch mit Zustimmung des Berechtigten zulässig.

Dabei stellt sich die Frage: Müssen zukünftig die Nutzer in Öffentlichen Bibliotheken, die keinen wissenschaftlichen Gebrauch nachweisen können, ihre Recherche in elektronischen Datenbanken oder Datenbankwerken mit dem Abschreiben der benötigten Einzelelemente beenden (z. B. ein Aufsatz in einem Zeitschriften-Datenbankwerk oder die Ausführungen zur Stadt Berlin in einem elektronischen Universallexikon)? Nein.

Die Kopie von unwesentlichen Teilen, um die es sich dabei handelt, unterliegt nicht den Bestimmungen zum Schutz der gesamten Datenbank und/oder des Datenbankwerks, sondern die Einzelelemente sind unabhängig von der gesamten Datenbank bzw. dem Datenbankwerk immer einzeln geschützt, so daß ihr Schutz sich nach den bisherigen und bekannten Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes regelt - unabhängig davon, ob sie gedruckt oder elektronisch vorliegen. Damit ist das zustimmungsfreie Kopieren dieser Einzelelemente weiterhin nach den Ausnahmetatbeständen des § 53 UrhG zulässig, auch wenn sie aus einem elektronischen Datenbankwerk entnommen werden.

Für den neuen Schutzgegenstand Datenbank wird dieses in § 87 e UrhG explizit geregelt, indem es den Datenbankherstellern untersagt ist, in Verträgen das zustimmungsfreie Kopieren von unwesentlichen Teilen den Berechtigten zu untersagen oder einzuschränken. Obwohl sich weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung eine ausdrückliche Definition des Begriffes "unwesentlicher Teil" befindet, läßt sich diese aus den Definitionen Datenbankwerk (§ 4 UrhG) und Datenbank (§ 87 a UrhG) ableiten:

Um einen unwesentlichen Teil handelt es sich danach, wenn dieser nicht geeignet ist, die Systematik, den Aufbau oder die Auswahl der Datenbank bzw. des Datenbankwerkes abzubilden. Zur Verdeutlichung sei nochmals auf das Kopieren eines Zeitschriftenaufsatzes aus einem Zeitschriften-Datenbankwerk zurückgegriffen. Die Kopie des Einzelelementes Aufsatz spiegelt in keiner Weise das Gesamtwerk wider, in dem sich regelmäßig stets mehrere Zeitschriftenaufsätze nach einer bestimmten Systematik und Auswahl befinden müssen. Somit wird weder in den Urheberrechtsschutz an dem gesamten Datenbankwerk noch in den Investitionsschutz an der Datenbank eingegriffen.

Da davon auszugehen ist, daß der überwiegende Teil aller Bibliotheksbenutzer lediglich unwesentliche Teile kopiert, sollte beim Abschluß von Verträgen sehr genau geprüft werden, ob es notwendig ist, die Zustimmung zum Kopieren wesentlicher Teile zu erwerben. Sollte dies für eine Bibliothek zutreffen, so wäre weiterhin zu prüfen, ob z. B. Landeslizenzen, Beitritt in Konsortien etc. diesen Bedarf nicht bedeutend effektiver gestalten als Einzelverträge.

Anders gestaltet sich die Rechtslage bei elektronischen Datenbankwerken, die der Öffentlichkeit ausschließlich über Lizenzverträge angeboten werden. Der Lizenzvertrag erfüllt nicht die Kriterien "durch Veräußerung in Verkehr gebracht" (Kauf, Tausch, Geschenk), so daß nach § 17 UrhG nicht der Erschöpfungsgrundsatz zur rechtmäßigen Weiterverbreitung eintritt. Mit dem Lizenzvertrag werden dem Berechtigten lediglich konkret benannte Nutzungsrechte eingeräumt, die nach Vertragsabschluß für beide Seiten bindend sind. Es gilt dann immer nur das ausdrücklich vom Vertrag bestimmte Nutzungsrecht. Wird in einem Lizenzvertrag das Recht zur Ausleihe oder zum zustimmungsfreien Kopieren nicht geregelt, so ist lediglich eine Präsenznutzung statthaft. § 55 a UrhG stellt dagegen sicher, daß in Verträgen, so auch in Lizenzverträgen, aber die "übliche Benutzung" durch den Bibliotheksbenutzer (Handlungen im Rahmen des Zugangs) nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden dürfen.


Stand: 13.05.98
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