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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 9, 97

Citrix WinFrame/NCD WinCenter im CD-ROM-Netz der Zentralbibliothek der Forschungszentrum Jülich GmbH


Rafael Ball, Dirk Wolters

1. Einleitung

Die Zentralbibliothek der Forschungszentrum Jülich GmbH ist eine der größten Spezialbibliotheken Deutschlands und versorgt die rund 5.000 Mitarbeiter des Zentrums mit sämtlicher wissenschaftlicher Literatur und sonstigen Informationsangeboten. Der Sammel-Fokus der Zentralbibliothek ist auf die Bereiche Naturwissenschaft und Technik gerichtet.

Neben den traditionellen Beständen (rund 800.000 Bände) wie Monographien, Dissertationen, Reports und ca. 2.000 laufenden Zeitschriften bietet die Zentralbibliothek ein umfangreiches elektronisches Informationsangebot wie OPAC, CD-ROM-Netz, Fachinformationen im WWW, E-Journals und Online-Recherchen.

Ein Element im Rahmen des Electronic-Library-Konzepts der Bibliothek ist die campusweite Versorgung mit bibliographischen Fakten und Volltextdatenbanken auf CD-ROM. Dies geschieht über ein entsprechendes CD-ROM-Netz, das von der Bibliothek betrieben wird.

Der nachfolgende Beitrag berichtet über die Umstellung der Netz-Software vor dem Hintergrund der sich etablierenden Windows-NT-Umgebung.

2. Bedingungen

In den letzten Jahren hat sich Windows NT mehr und mehr als ernstzunehmendes Server-Betriebssystem und auch als Betriebssystem für den Arbeitsplatz des Endanwenders etabliert. Hinzu kommen die detaillierte Benutzer-, Gruppen- und Profilverwaltung, sowie die sehr gute Integrationsmöglichkeit in bestehende Netzwerke.

Die von der Fa. Citrix entwickelte Service-Erweiterung für Windows NT, WinFrame genannt, erlaubt über den normalen Funktionsumfang von Windows NT hinaus die mehrfache Benutzung der NT-Konsole über normale PC-Arbeitsplätze.

Hierbei ist jede Session, die ein Benutzer auf einem NT-Server ausführt, von anderen Sitzungen getrennt. Somit stehen Ressourcen und Laufwerke sessionrelativ zur Verfügung.

Das für die Remote-Bedienung des Servers mit Hilfe eines PC-Client-Programms verwendete Protokoll wird von Citrix als Integrated Console Architecture (ICA) bezeichnet.

Hierbei werden vom Client Tastatur- und Bildschirminformationen über das Netzwerk auf den NT-Server übertragen. Die sogenannten ICA-Clients zeigen dann die NT-Session auf dem Arbeitsplatz an. Als Netzwerkprotokoll wird TCP/IP, IPX, SPX und Netbios unterstützt.

Der Vorteil des ICA-Protokolls liegt in der hohen Performance auch bei schmalbandigen Netzwerkverbindungen, der Daten-, Keyboard- und Mausdatenkompression, sowie in der minimalen Anforderung an die Client-Arbeitsplätze. ICA-Clients können von Arbeitsplätzen unter DOS, Windows 95, Windows NT, OS/2 und Mac genutzt werden.

Neben der Bedienung von ICA-Clients aus, kann mit der von Tektronix und NCD für den Citrix-Server entwickelten Erweiterung WinCenter auch von beliebigen X-Displays bedient werden. Hierzu werden die Bildschirminformationen in X-Calls umgewandelt und über das Netzwerk übertragen. Keyboardmappings sowie notwendige Fonts werden auf dem Server abgelegt.

Citrix WinFrame und NCD WinCenter sind Produkte, die das Problem der Integration von DOS- und Windows-Anwendungen in heterogene Netzwerke lösen können. Es wird ein zentraler NT-Server bereitgestellt, der mehrere Sessions parallel bedienen kann und auch von beliebigen X-Clients bedienbar ist.

3. Das "alte" CD-ROM-Netz

Der Nutzen von CD-ROM-Datenbanken und anderer elektronischer Informationsmedien wurde von der Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich frühzeitig erkannt. Seit 1991 wurden mehrere Datenbanken als Einzelplatzversionen an PCs im Lesesaal den Bibliotheksbenutzern zur Verfügung gestellt. Die große Nachfrage nach bestimmten Datenbanken, sowie langfristige Planungen zur Verbesserung des Informationsangebots für die Wissenschaftler innerhalb des Forschungszentrums führte zu dem Beschluß, eine größere Anzahl elektronischer Informationsmedien im Netz anzubieten.

Hierzu wurde mit der Fa. Dr. Holthaus + Heinisch (jetzt H+H) ein Installationskonzept erarbeitet und im März 1994 realisiert, so daß CD-ROM-basierte Informationsdienste allen Mitarbeitern des Forschungszentrums an deren Arbeitsplätzen und in der Zentralbibliothek angeboten werden konnten.

Als zentrales Verwaltungssystem, sowohl für die Zugriffsverwaltung als auch für die Programmausführung, wurde der CD-Manager/5 der Fa. H+H auf dem Novell 3.12-Server der Bibliothek installiert.

Der Zugriff auf die einzelnen CD-ROMs wurde über zwei LanCD/FastCD-Server realisiert. Hierbei werden die notwendigen CD-ROMs mit Hilfe des CD-Managers/5 dynamisch der jeweiligen Anwendung zugeordnet.

Bedingt durch die Netzwerkpolitik, ausschließlich TCP/IP über den Backbone zu routen, kann innerhalb der Zentralbibliothek Novell eingesetzt, ein Zugriff außerhalb der Bibliothek mit IPX aber nicht realisiert werden.

Die Besonderheit dieses Installationskonzepts liegt also in der Integration der meist DOS- oder Windows-basierten elektronischen Informationsdienste in die heterogene Netzlandschaft des Forschungszentrums Jülich, oder anders ausgedrückt, die Protokollumsetzung von TCP/IP, zum Teil mit X, auf IPX. Diese Umsetzung wurde durch den Einsatz von acht OmniWare-Servern realisiert.

Zugriff auf die elektronischen Informationsdienste
Innerhalb der Zentralbibliothek erfolgt der Zugriff auf den CD-Manager über ein Novell-Netzlaufwerk. Dem Benutzer stehen alle lokalen Laufwerke und die im Netzwerk angebotenen Ressourcen zur Verfügung.

Der Zugriff auf die elektronischen Informationsdienste außerhalb der Zentralbibliothek geschieht über Einwahl auf den Unix-File-Server, der einen der acht OmniWare-Server via Bootp-Daemon startet. Dieser ist im Novell-Netz bekannt und setzt mit Hilfe seiner OmniWare-Adapter-Karte sowie der auf dem Unix-Server installierten OmniWare-Software eingehende IP-Calls in IPX-verständliche Calls um. Rechercheergebnisse können vom Benutzer nicht lokal gespeichert werden, auch lokale Ressourcen stehen ihm nicht zur Verfügung. Aus diesem Grund wurde die Möglichkeit geschaffen, in Dateien gespeicherte Ergebnisse per E-Mail zu versenden.

4. Das "neue" CD-ROM-Netz

Durch den vermehrten Einsatz von Windows-basierten Retrieval-Systemen und dem dadurch bedingten Performanceverlust beim Zugriffsverfahren über OmniWare, der Etablierung von Windows NT als Server-Betriebssystem, sowie der Entwicklung von WinFrame und WinCenter, wurde ein neues Installationskonzept erarbeitet und mit der Fa. H+H realisiert.

Das "neue" CD-ROM-Netz der Zentralbibliothek im Forschungszentrum Jülich ist voll Windows NT-basiert. Zentrale Verwaltungssoftware ist der CD-Manager III der Firma H+H, der die Konfiguration sowohl der Menüstruktur als auch der Zugriffsverwaltung erlaubt. Der Zugriff auf die einzelnen CD-ROMs erfolgt weiterhin über die LanCD/FastCD-Server.

Als Windows-Anwendung kann der CD-Manager III auch von einem Windows NT-Client aufgerufen werden. Aus diesem Grund kann ein Citrix-Server mit WinCenter in die bestehende Installation integriert werden. Der sessionrelative dynamische CD-ROM-Zugriff auf dem Citrix-Server wird durch den von Logicraft entwickelten Citrix-Service für den Zugriff auf die LanCD-Server gewährleistet.

Als Citrix-Server wird der FS500-Server der Fa. H+H eingesetzt, der folgende Merkmale aufweist: AMI Titan II-Hochleistungsboard mit zwei Pentium 150 MHz-Prozessoren, 128 MB RAM, 4 GB Festplattenspeicher.

Um das "neue" CD-ROM-Netz zu realisieren wurde ein Update des CD-Manager/5 auf den CD-Manager III vorgenommen, und es wird nun die Version 3.2 von Logicrafts LanCD/FastCD eingesetzt.

Der CD-Manager III ist zentral auf einem Windows NT-Server installiert und wird per Share der allgemeinen Benutzung freigegeben. Die einzelnen Retrieval-Programme werden ebenfalls zentral abgelegt und während der Ausführung dem zugreifenden Arbeitsplatzrechner zugewiesen.

Die Verwaltung und Zugriffsberechtigung der elektronischen Informationsdienste erfolgt ausschließlich über den CD-Manager III, Datei- und Verzeichnisrechte werden mit Windows NT verwaltet.

Zugriff auf die elektronischen Informationsdienste
Der Zugriff auf die elektronischen Informationsdienste ist nun nicht mehr geprägt durch die über den Backbone gerouteten Protokolle, sondern wird unterschieden nach der Art des Betriebssystems des zugreifenden Arbeitsplatzes: Betriebssysteme mit DOS/Windows, Windows 95 oder Windows NT und andersartigen Betriebssystemen.

Durch die Verfügbarkeit von LanCD-Treibern für DOS/Windows und Windows 95 können Arbeitsplatzrechner mit diesen Betriebssystemen ohne Umweg über den Citrix-Server direkt auf die einzelnen elektronischen Informationsdienste zugreifen.

Für den einzelnen Arbeitsplatz bedeutet dies die lokale Installation des LanCD-Treibers. Nach erfolgter Installation wird der CD-Manager III über das freigegebene Share mit einem freien Laufwerk verbunden. So findet die Ausführung der Programme quasi lokal statt.

Der Vorteil bei dieser Variante ist die Möglichkeit zur Nutzung lokaler Ressourcen. So können Rechercheergebnisse beispielsweise lokal abgespeichert werden oder aber auch direkt auf einen lokal angeschlossenen oder im lokalen Netz des Benutzers verfügbaren Drucker ausgegeben werden.

Arbeitsplatzrechnern mit anderen Betriebssystemen wird der Zugriff auf die elektronischen Informationsdienste durch den Einsatz des Citrix-Servers ermöglicht. Diese Clients nutzen den WinCenter-Aufsatz und müssen dementsprechend X-fähig sein.

Um den Verwaltungsaufwand auf Seiten des Servers so gering wie möglich zu halten, wurde auf dem Citrix-Server nur ein Benutzerkonto CDPUBLIC angelegt. Dieses Benutzerkonto ist so definiert, daß als Shell der CD-Manager III gestartet wird. Durch die Möglichkeit des Citrix-Servers, Laufwerke sessionrelativ zuzuweisen, hat jeder Benutzer sein "eigenes" Laufwerk C. Dieses wird für die Speicherung der Rechercheergebnisse genutzt.

Auf die Möglichkeit der Druckumleitung auf lokale Drucker wurde bei dieser Zugriffsvariante bewußt verzichtet, da bei der Verwendung von nur einem Benutzerkonto Schwierigkeiten in diesem Bereich auftreten können. Diese äußern sich derart, daß bei mehreren gleichzeitigen Sessions nur der Drucker-Treiber der als zuletzt angemeldeten Arbeitsstation zur Verfügung stehen kann.

Um dem Anwender jedoch die Möglichkeit zu bieten, an seine recherchierten Ergebnisse zu gelangen, wurde für Benutzer des Citrix-Servers die Möglichkeit geschaffen, die in Dateien gespeicherten Rechercheergebnisse per E-Mail zu versenden.

5. Vergleich des "alten" und "neuen" CD-ROM-Netzes

Der Vergleich der beiden Installationskonzepte spiegelt die allgemeine Entwicklung im Bereich der Datenverarbeitung der letzten Jahre wider.

Wurden 1994 fast ausschließlich DOS-basierte Produkte angeboten, so haben im Laufe der Zeit immer mehr Windows-basierte Produkte auf dem Markt Fuß gefaßt.

Dabei birgt die Windows-typische Installationsthematik, die darin besteht, daß meist Teile der Retrieval-Software in das lokale Windows-Verzeichnis kopiert werden, einige Probleme. So müssen diese Dateien auch auf den OmniWare-Server oder den lokalen Arbeitsplätzen installiert werden.

Intelligente Installationsüberwachungsprogramme, die für diese Problematik entwickelt wurden, können dem Administrator hierbei hilfreich sein. Sie erstellen Installationsscripte und können vom CD-Manager vor dem eigentlichen Aufruf der Retrieval-Software ausgeführt werden, um so die lokal erforderlichen Dateien auf dem Arbeitsplatz zu installieren.

Der Zugriff mit OmniWare-Servern ist jedoch nicht für Windows-Programme konzipiert. OmniWare-Server können wie normale Arbeitsplätze verwaltet werden, jedoch ist der Performanceverlust über dieses Zugriffsverfahren im Prinzip inakzeptabel.

Das Installationskonzept von 1994 mußte also vor allem im Hinblick auf dieses Problem überdacht werden.

Die Entwicklung von WinFrame und WinCenter konnte dieses Problem beseitigen. Mag das Konzept auch an die gute alte Zeit der Hostsysteme erinnern - es laufen auf dem Server mehrere parallele Sessions - , so kann der Einsatz eines solchen Systems jedoch sehr komfortabel die verschiedenen Rechnerwelten miteinander verbinden.

Der Unterschied der "alten" OmniWare-Server zu dem "neuen" Citrix-Server fällt dementsprechend deutlich aus.

Wurden früher für n Zugänge auch n OmniWare-Server gebraucht, so kann der Zugang heute über einen Server zentral konfiguriert und verwaltet werden. Zudem unterstützt der Citrix-Server den heutigen Standard X11R6, wohingegen OmniWare-Server keinen Standard unterstützten.

Des weiteren ist kein zusätzlicher Unix-Server für die zentrale Softwareinstallation notwendig, und es brauchen keine aufwendigen Keyboard-Mappings durchgeführt werden.

Im Zeitalter von leistungsstarken PCs und Workstations sollte die fehlende Unterstützung von VT-Terminals des Citrix-Servers keine Rolle mehr spielen.

Ein zusätzlicher Aspekt für den Einsatz eines Citrix-Servers ist die unkomplizierte Erweiterbarkeit. Mußte früher für einen zusätzlichen Zugang ein weiterer OmniWare-Server angeschafft werden, so kann man heute weitere Lizenzen erwerben und den Server unter Umständen mit zusätzlichem Hauptspeicher ausrüsten.

Im Zeitalter des boomenden Internets kann der Citrix-Server zusätzliche Dienste übernehmen. Über einfache Scripts kann der Zugriff über das WWW auf die elektronischen Informationsdienste geschaffen werden.

Mögliche Zukunftsperspektiven zeigen mittlerweile deutlich die gestiegene Bedeutung von Windows NT im Bereich der CD-ROM-Netzwerke.

Aus diesem Grund kann ein Wechsel von Novell als Träger des CD-Manager III zu Windows NT ein möglicher Weg in die Zukunft sein.

Für die Zentralbibliothek der Forschungszentrum Jülich GmbH sind dies Gründe genug für den Einsatz von WinFrame/WinCenter. Die Akzeptanz der neuen Lösung durch die Benutzer zeigt deutlich, daß die Überarbeitung des Installationskonzeptes und dessen Realisierung ein richtiger Schritt in die zukunftsweisende Organisation von Informationsnetzen war.


Stand: 04.09.97
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