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WIR BRAUCHEN KEINE
SPRACHPOLIZEI
Die deutsche Sprache ist beständig im Fluss. Was bleibt gleich, was
verändert sich? Muss sie geschützt werden oder dürfen die Worte
laufen wie sie wollen? Ein Gespräch mit Professor Armin Burkhardt,
Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache.
INTERVIEW: ULRICH ERLER FOTOS: ALEX HABERMEHL
Herr Professor Burkhardt, glaubt man Kulturpessimis-
ten, ist durch nachlässige Formulierungen und immer
mehr Fremdwörter der Niedergang der deutschen Sprache
kaum noch aufzuhalten.
Von einem Niedergang der deutschen Sprache kann ja über­
haupt keine Rede sein. Ihr Stellenwert im Ausland hat in den
letzten Jahren wieder deutlich zugenommen. Außerdem geht
es gar nicht darum, die deutsche Sprache als etwas Statisches
zu bewahren. Sonst müssten wir ja heute noch Alt- oder Mit­
telhochdeutsch sprechen. Sprache ist etwas Lebendiges. Verän­
derungen sind notwendig. Das Problem ist nicht, dass sich die
Sprache verändert, sondern dass mehrere Nutzer-Generationen
gleichzeitig leben.
In Frankreich verlangt das Gesetz zum Schutz der fran-
zösischen Sprache („Loi Toubon“), dass – beispielsweise
in der Werbung – grundsätzlich Französisch zu benut-
zen ist. Außerdem sind alle französischen Unterhaltungs-
musikprogramme verpfichtet, mindestens 40 Prozent
französischsprachige Lieder zu senden. Was halten Sie
von einem vergleichbaren deutschen Gesetz?
Die Sprache gehört keiner Regierung, sondern allen, die sie
sprechen. Im Übrigen ist die deutsche Sprache stark genug
und benötigt kein Schutzgesetz. Deshalb brauchen wir auch
keine Sprachpolizei.
Sind Sie denn überhaupt nicht beunruhigt über die
vielen englischen Begrife wie Burnout, downloaden
oder performen?
Ich rate in dieser Diskussion zu mehr Gelassenheit. Zumal
die Entleihungen aus dem Englischen ja dekliniert und kon­
jugiert und damit in die deutsche Sprache integriert werden.
Einfüsse aus anderen Sprachen gab es schon immer. Früher
war es Latein. Aber auch mit französischen Fremdwörtern
haben wir uns bestens „arrangiert“, ohne dass die deutsche
Sprache Schaden genommen hätte. Im Übrigen ist dieser
Vorgang ja keine Einbahnstraße. Es gibt viele Wortexporte
aus dem Deutschen, beispielsweise Gemütlichkeit, Heimat
oder Kindergarten. Bei einer internationalen Ausschreibung
„Wörterwanderung“ suchte der Deutsche Sprachrat vor einigen
Jahren Wörter deutschen Ursprungs, die in alle Welt „ausge­
wandert“ sind und eine neue Heimat in anderen Sprachen
gefunden haben. Dabei gab es sehr schöne Ergebnisse. Interes­
santerweise ist Japan einer der größten Importeure von deut­
schen Wörtern, beispielsweise bedeutet „arubaito“, in Anleh­
nung an „Arbeit“, so viel wie „Nebenbeschäftigung“.
Die gesprochene Sprache ist sehr vielfältig. Es gibt
unter anderem Jugendsprache, Politikersprache, Busi-
nesssprache und Sportsprache. Schriftsprachlich scheint
es hierzulande aber nicht allzu weit her zu sein. Einer
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