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"Schulbibliothek aktuell" 3/2000

 

"Schifffahrt" und "Kennnummer"

Ken Nein

 

Das Info-Labor der Berliner J.-P.-Hebel-Grundschule stellt einen neuen Bibliothekstyp dar, bei dem der Schwerpunkt auf den digitalen Nachschlagewerken liegt (1). Es dient als Keimzelle für verschiedene Schulaktivitäten, z. B. als Jahrbuch-Redaktionsbüro oder als Raum für den English-Club und wird betreut durch ehrenamtliche oder Honorarkräfte und Schulpersonal. Es wird mitbetreut von sog. Labor-Assistenten aus den höheren (5. und 6.) Klassen. Seit März 2000 gehört die Grundschule wegen des Modellprojekts "Info-Labor" zum Microsoft-Partnerschulen-Projekt; zurzeitzur Zeit wird dafür eine neue Webseite aufgebaut (http://www.hebelschule.de). Im Folgenden wird nun von einer Aktivität berichtet, die wir erstmals durchführten und die auf übergroße Resonanz bei den Schülern und Lehrern stieß.

Der "Welttag des Buches" ist in unserem Info-Labor ein besonderer Tag, nicht nur weil wir immer dann eine große Aktion in unserer Grundschule durchführen, sondern weil er auch der Gründertag des Labors ist. Nun fiel in diesem Jahr der 23. April auf den Ostersonntag. Deshalb fingen wir mit dem großen Ereignis vor den Osterferien an und schlossen es erst nach den Ferien ab, nämlich den Buchstabiene-Wettbewerb 2000.

"Spelling Bees" haben eine lange Tradition in meiner amerikanischen Heimat. Warum man es "Bee" (dt.: Biene) genannt hat, ist mir schleierhaft - genauso bekannt sind inzwischen auch die Geo-Bees, die die wohl bekanntewohlbekannte Zeitschrift "National Geographic" jährlich in den USA für Schulkinder sponsert. Eine Spelling Bee ist nichts anderes als ein Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer Wörter buchstabieren müssen. Es gibt immer wieder eine neue Runde bis schließlich nur eine Person übrig ist. Ich kann mich immer noch gut daran erinnern, wie ich damals in der Schule "Mississippi" buchstabieren musstemußte. So kam mir die Idee, zum Welttag des Buches 2000 eine Spelling Bee zu veranstalten. Glücklicherweise ließ sich meine deutsche Übersetzung dafür leicht in eine lustige Formulierung schmelzen: Buchstabieren-Biene = Buchstabiene.

(Foto: Autor)

Mein erstes Problem war, das unbekannte Konzept dieses Wettbewerbs den Schülern schmackhaft zu machen, aber auch dabei hatte ich Glück: Kein anderer als Charles M. Schulz’s Comicfigur Charlie Brown nahm auch an einer Spelling Bee teil. Diese Episode verkaufte das Konzept viel besser als jeder andere sicherlich klägliche Versuch, den Schülern beizubringen, dass buchstabieren auch Spaß machen kann. (Falls Sie es nicht wissen sollten: Charlie landete immerhin auf dem zweiten Platz des Wettbewerbs, weil er ausgerechnet das Wort "beagle", zu deutsch: Jagdhund, falsch buchstabiert hatte!)

Was ist ein Wettbewerb ohne Preise? Unsere Gesamtelternvertretung hat das Info-Labor immer wieder großzügig mit Spenden unterstützt. Diesmal aber wollte ich die "Zuständigen" erstmals ansprechen. Auch wenn man der Meinung ist, dass die neue Rechtschreibung einen Sinn hat, muss man zugeben, dass manchmal eine neue Schreibweise zu lernen einfach lästig ist. Welcher Erwachsene freut sich deshalb nicht, dass er nicht mehr in der Schule ist. Mit den "Zuständigen" meine ich u. a. die netten Kollegen im Duden-Verlag, die sich sicherlich große Mühe geben, damit unsere Schüler die neuen Regeln doch auf die Reihe kriegen. So fragte ich in meinem Bettelbrief an den Verlag, ob man Preise für diese Aktion, bei der "die Kinder auch eine lustige Seite des Schreibens erleben und vielleicht noch stärker dazu motiviert werden, die neuen Regeln zu beachten" spenden könnte.

Wunder gibt es immer wieder. Ein paar Wochen nach diesem Schreiben kam ein Paket voll gestopftvollgestopft mit Duden-Büchern und -Software im Wert von über DM 500,-. Zusätzlich bekam ich noch 20 Exemplare des Taschenbuches zum Welttag "Ich schenk dir eine Geschichte 2000" von der Kiepert-Buchhandlung in Berlin, die uns oft unterstützt. So konnte der Wettbewerb beginnen.

Der Buchstabiene-Wettbewerb fand in allen 3. – 6. Klassen statt. Die Wörter wurden von der jeweiligen Klassenlehrerin mehr oder weniger nach dem Zufallsprinzip aus "Das Grundschulwörterbuch" und/oder "Schülerduden Rechtschreibung und Wortkunde" ausgewählt. Ein Schüler - immer der Reihe nach - musstemußte das jeweilige Wort buchstabieren. Wenn es richtig war, kam er in die nächste Runde, wenn nicht, schied er aus. Auch wenn in den meisten Klassen einer der Klassenbesten den ersten Platz einnahm, kam es öfter zu Überraschungen, welche Schüler in den letzten Runden noch übrig bliebenübrigblieben.

Das machte allen sehr viel Spaß! Unerwartet war zudem die Stimmung in vielen Klassen, die mehr zu einer Sportveranstaltung gepasst hätte: anfeuern, zurufen, jubeln und klatschen waren an der Tagesordnung. Vergessen werde ich nie, wie ein Junge aus einer 3. Klasse mit seinem vorgegebenen Wort gerungen hat. Sicherlich achtmal korrigierte er sich mittendrin beim Buchstabieren, fing nochmal an und gab nicht auf, bis er das Wort doch geschafft hat. Man sah schon dabei den Rauch aus seinen Ohren kommen und er war nicht der Einzige, der geschwitzt hat! Nach dieser Vorentscheidungsrunde kam es nach den Osterferien zur Endrunde, wobei die Gewinner aller Klassen je nach Klassenstufe zusammen auftraten.

Eine Auswahl der Wörter, die unsere
Schüler richtig buchstabierten ...

... und einige, die nicht
ganz
richtig waren

Akkord

Aubergine

Brennnessel

Frechdachs

Champignon

habgierig

Eichhörnchen

Häuptling

fleißig

Hieroglyphe

Flüchtigkeitsfehler

Hubschrauber

Hartnäckigkeit

hygienisch

Ingenieur

Kassettenrekorder

Keuchhusten

Nektarine

Missverständnis

Portemonnaie

mucksmäuschenstill

Satellitenfernseher

Reißzwecke

Umwälzung

 

Töne aus dem Kollegium

Klopfende Herzen, feuchte Hände, Buchstaben schwirren durch das Info-Labor. Buchstabiene – ein Wettbewerb, der es in sich hat. An den Gesichtern der Kinder ist eindeutig abzulesen, dass hier durch die Initiative von Ken Nein eine schöne Idee Einzug gehalten hat. Eine Aktion der leisen Töne, aber nicht minder spannend und aufregend. Ähnlich wie beim Vorlesewettbewerb stecken die Schülerinnen und Schüler der Klassen 3-6 eifrig ihre Nasen in die Bücher, befassen sich mit Texten und untersuchen einzelne Worte. Eine Rechtschreibmotivation, die unterstützt werden sollte! Daher hoffen wir, dass die Buchstabiene auch im nächsten Jahr wieder durch die Hebel-Schule summt. Danke Ken!

Petra Lewerenz, Raglind Lauch-Funken, Lehrerinnen der Johann-Peter-Hebel-Grundschule, Berlin

Meine Bedenken, ob diese Veranstaltung bei den Lehrkräften wohlwollend aufgenommen wäre, löste sich bald in Luft auf. Genau wie den seit Jahren durchgeführten Vorlesewettbewerb für die 6. Klassen, möchte man diesen Buchstabier-Wettbewerb im Schuljahr verankern (s. Text im Kasten). Es ist sicherlich das Ziel jeder Grundschulbibliothek oder anderen bibliothekarischen Einrichtung, dass man einen festen Termin im Schulkalender hat, der dazu beiträgt, das Profil dieser Einrichtung zu stärken und ihre Bedeutung im Schulleben zu bestätigen.

 

(Ken Nein, Dipl.-Bibl. und Leiter des Info-Labors der Johann-Peter-Hebel-Grundschule, Berlin)

 

(1) s. Sba, Heft 2, 1999. Obwohl das Info-Labor voll integriert im Schulalltag ist, bleibt das Ziel, eine längerfristige Finanzierung durch den Schulsenat oder einige Sponsoren aus der Wirtschaft zu finden, noch unerfüllt. Dennoch sind wir guter Hoffnung, dass das Konzept Feuer fängt. Schon in diesem Sommer werden einige Veranstaltungen zum Thema "Multimedia" sowie bei der "Multimedia-Woche" im Herbst 2000 in verschiedenen Berliner Bibliotheken vom Info-Labor durchgeführt.
Zurzeit besteht der CD-Bestand aus: Brockhaus: Multimedial 2000, Deutsche Telekom: Das Telefonbuch für Berlin 2000/2001, Duden: Bilderwörterbuch, Duden: Mein erstes Lexikon, Goldmann: Lexikon, LexiROM 3.0 (enthält Duden: Rechtschreibung, Langenscheidt: Deutsch-Englisch und Englisch-Deutsch, Meyer: Lexikon), Meyer: Meine erste Reise um die Welt, Microsoft Encarta: Enzyklopädie: Premium 2000 und Weltatlas 2000, Ultimus: Musiklexikon.


Stand: 10.10.2000
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