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Bibliothekswesen international in den Zeitschriften des DBI
Frankreich

Universitätsbibliotheken leiden unter Platzmangel

Gernot U. Gabel

Die französischen Universitätsbibliotheken klagen seit Jahren über Raummangel. Angesichts der ständig wachsenden Studentenzahlen -gegenwärtig sind an den rund 70 Universitäten unseres Nachbarlandes mehr als 1,5 Millionen Studierende eingeschrieben - haben die Direktoren der Universitätsbibliotheken vor der Presse erneut auf ihre Raumprobleme hingewiesen. Sie beklagen, daß zwischen 1975 und 1990 keine Erweiterungen an Bibliotheksbauten erfolgt sind. Erst der 1989 publizierte Bericht der Miquel-Kommission hatte das Augenmerk nachhaltig auf diese Problematik gelenkt und damit bewirkt, daß im zuständigen Ministerium ein Mehrjahresplan für den Bibliotheksbau genehmigt wurde. Doch von den als erforderlich angesehenen 270.000 m2 wurden seither nur 95.000 m2 gebaut. Damit standen an den Universitätsbibliotheken ingesamt Nutzflächen in einer Größenordnung von 727.000 m2 zur Verfügung. Doch in Anbetracht des weiter wachsenden Studentenberges sank die statistisch verfügbare Nutzfläche pro Student von 0,65 m2 im Jahre 1989 auf 0,5 m2 im Jahre 1996.

Die vom Ministerium eingesetzte Kommission Fauroux, die in diesem Frühjahr ihren Bericht ablieferte, empfahl den Bau von weiteren 900.000 m2 Nutzfläche in einem Zeitraum von sieben Jahren. Dieses Ziel scheint allerdings unrealistisch hoch angesetzt, zumal die französische Regierung sich unter einem generellen Sparzwang sieht und kaum die Mittel für ein derartiges Mammutbauprogramm aufbringen dürfte. Sie kann allerdings mit einer gewissen Befriedigung darauf verweisen, daß allein in diesem Jahr 35.000 m2 Nutzfläche erstellt wurden und im nächsten Jahr weitere 57.000 m2 hinzukommen.

Die sicherlich vorzeigbaren Bemühungen der Pariser Regierung vermögen allerdings nicht zu verdecken, daß gerade in der Landeshauptstadt die bibliothekarische Raumsituation alles andere als befriedigend ist. Der Bericht der Miquel-Kommission hatte für Paris einen Bibliotheksbau mit rund 6.000 Leserplätzen empfohlen, der bisher nicht realisiert wurde. Die Universitätsbibliotheken sind dem Ansturm der stetig zunehmenden Studentenzahlen seit langem nicht mehr gewachsen, und selbst elektronische Platzzuweisungsverfahren für den Lesesaal (z.B. Bibliothèque St. Geneviève) sind letztlich nur ein Mittel zur besseren Verwaltung des Mangels. Als Negativbeispiel wird von Kennern die Bibliothek der Universität Paris VII (Jussieu) angeführt, die für ihre 12.000 potentiellen Benutzer in der Sektion Lettres einen Lesesaal mit gerade 40 Plätzen bereithält und jetzt wegen Asbestverseuchung sogar geschlossen werden muß.