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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 5, 99

 

Bedarfsgerechter Bestandsaufbau?

Angebote und ihre Nutzung - Ergebnisse der zweiten Zusatzerhebung zur Deutschen Bibliotheksstatistik 1)

Günter Beyersdorff
 
In welch engem Rahmen sich der Bestandsaufbau in Öffentlichen Bibliotheken derzeit bewegen muß, hat die erste Zusatzerhebung zur Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) nachgewiesen: Nur 9% bis 11% der gesamten Ausgaben standen 1996 für die Medienbeschaffung zur Verfügung (s. dazu Beyersdorff, Günter: Woher kommt das Geld und wo fließt es hin? In: BIBLIOTHEKSDIENST 33[1999]4, S. 600 ff.).

Angesichts dieser Rahmenbedingungen und bei zudem auch absolut sinkenden Etats sollten die Medienbestände optimal genutzt werden können: Größere Bestandsanteile sollten möglichst nicht nur selten und andere nicht zu häufig ausgeliehen werden.

Ob diese Ziele beim Bestandsaufbau erreicht werden konnten, beantwortet die zweite Zusatzerhebung zur DBS. Für das Berichtsjahr 1997 wurden detaillierte Angaben zur Verteilung des Bestandes und der Entleihungen auf Sachliteratur, Schöne Literatur, Fremdsprachige Literatur und Non-book-Medien erhoben. Diese sind jeweils unterschieden nach Medien für Erwachsene und für Kinder bzw. Jugendliche. Sie verteilen sich auf Öffentliche Bibliotheken in hauptamtlicher Leitung unterschiedlicher Trägerschaft (Kommunen, katholische Kirche, evangelische Kirche, sonstige Trägerschaft).

Bei den kommunalen Bibliotheken blieb die Gliederung nach Größenklassen aus der ersten Zusatzerhebung erhalten (über 500.000 Einwohner (Ew), 200.000 - 500.000 Ew., 100.000 - 200.000 Ew, 50.000 - 100.000 Ew, 20.000 - 50.000 Ew, 10.000 - 20.000 Ew., 5.000 - 10.000 Ew., weniger als 5.000 Ew.). Der Rücklauf liegt je nach Fragenkomplex zwischen 70 und 80%, weshalb hier auf die Angabe der absoluten Werte verzichtet wird. Aufgrund des relativ hohen Rücklaufs sind die gebildeten Relationen jedoch repräsentativ und geben die derzeit herrschenden Trends wieder.

 

1. Bestandsanteile

Bei den kommunalen Bibliotheken nehmen die Non-book-Medien durchschnittlich einen Anteil von 6,6% ein. Sie haben ihren niedrigsten Wert in der Klasse ab 500.000 Einwohner (Ew) mit 2,2% und steigen dann an bis auf 8,5% in der Klasse 5.000 Ew und weniger. Bei Bibliotheken der beiden Kirchen liegen die entsprechenden Werte nahe beim Mittelwert; die Bibliotheken der sonstigen Träger kommen auf 7,9%.

Den höchsten Bestandsanteil nimmt bei allen Bibliotheken die Sachliteratur für Erwachsene ein. Sie liegt bei Bibliotheken der öffentlichen Hand bei durchschnittlich 50,2%, hat den Spitzenwert bei Bibliotheken in der Gruppe 500.000 Ew und mehr und sinkt dann ab auf 32,8% in der Klasse 5.000 und weniger Ew. Bibliotheken der katholischen Kirche haben 42,0% der Medienbestände bei der Sachliteratur für Erwachsene, die der ev. Kirche 32,0% und die der sonstigen Träger 45,7%.

Der Anteil der Sachliteratur für Kinder ist über alle Größenklassen und Träger etwa gleich verteilt mit 4,5% des Gesamtbestandes.

Die Schöne Literatur für Erwachsene nimmt durchschnittlich 24,9% bei den kommunalen Trägern ein. Mit abnehmender Größe steigt dieser Anteil von 24,7% in der größten zu 33,3% in der kleinsten Größenklasse. Bei den Bibliotheken der Kirchen entfallen 27,6% bzw. 26,3% auf diese Bestandsgruppe. Der Wert für die sonstigen Bibliotheken liegt nahe beim Durchschnittswert.

Noch größer ist die Spannweite bei der Schönen Literatur für Kinder und Jugendliche. Der Bestandsanteil bei Bibliotheken der öffentlichen Hand erreicht durchschnittlich 11,5% mit einem Minimum bei 500.000 Ew und mehr mit 4,9% und einem Maximum von 17,3% bei 5.000 und weniger Ew. Bibliotheken der katholischen Kirche weisen einen entsprechenden Anteil von 19,6% nach, die der evangelischen Kirche von 30,8%. Die sonstigen Bibliotheken liegen auch hier wieder nahe beim Durchschnittswert der kommunalen Bibliotheken. (Der Anteil der Bestände für Kinder (6-15 Jahre) entspricht fast exakt dem Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung mit 10,1%)

Unangemessen niedrig ist der Anteil der fremdsprachigen Literatur. Für Erwachsene kommt er bei der öffentlichen Hand gerade einmal auf 0,8% und für Kinder auf 0,1%, obwohl 1997 der Anteil der Ausländer an der deutschsprachigen Bevölkerung 9,93% betrug (Quelle: http://www.statistik-bund.de/basis/d/bevoe01.htm).

 

Aufgliederung des Bestandes bei den Non-book-Medien

Trotz des relativ geringen Anteils dieser Gruppe am Gesamtbestand (6,6% im Durchschnitt bei der öffentlichen Hand) lohnt hier eine genauere Analyse, weil beim Vergleich Bestand/Benutzung interessante Trends deutlich werden.

Im Durchschnitt nehmen Tonkassetten und Schallplatten für Erwachsene bei Bibliotheken der öffentlichen Hand noch immer 33,9% aller Non-book-Medien ein. Sie sind am geringsten mit 22,6% bei den Bibliotheken der Größenordnung 500.000 Ew und mehr vertreten und erreichen ihr Maximum mit 50,1% bei den Bibliotheken der Gruppe 5.000 Ew und weniger. Ähnliches gilt bei den Kassetten und Schallplatten für Kinder: der Durchschnittswert beträgt 21,4%, der niedrigste 11,7 und der höchste 24,6%.

Diese Tonträger werden gefolgt von den CDs. Ihr Anteil erreicht durchschnittlich 23,3%, wobei in Bibliotheken mit 5.000 Ew und weniger erst 9,5% am Gesamtbestand der Non-books vorhanden sind.

Videos nehmen im Durchschnitt der Kommunen 12,0% am gesamten Bestand ein (Videos für Kinder 3,2%). Die Maximalwerte liegen hier bei den mittleren Großstädten mit 12,0% und 11,2% (bei den Videos für Erwachsene). In Bibliotheken der katholischen Kirche stehen 11,6% als Videos zur Verfügung; in denen der ev. Kirche nur 1,3%.

 

Software

Sehr gering ist noch der Anteil der Software mit durchschnittlich 2,5% bei den Kommunen (Anteil der Software für Kinder 0,3%). Nahezu alle Bibliotheken liegen bei diesem Wert, nur diejenigen der kleinsten Klasse weisen 0,5% nach.

Spiele für Erwachsene mit durchschnittlich 3,3% und für Kinder mit 2,4% sind etwa gleich über alle Bibliotheken verteilt. Den höchsten Wert haben hier Einrichtungen der ev. Kirche mit 6,8% bzw. 7,8%.

 

2. Anteil der Entleihungen pro Bestandsgruppe an der Gesamtnutzung

Von der Größenordnung her folgen die Entleihungen den Bestandsanteilen: der höchste Wert wird bei der Sachliteratur erreicht, der niedrigste bei der fremdsprachigen. Dies gilt mit einer Ausnahme: der Anteil der Non-books am Gesamtbestand ist der vierthöchste Wert, der der entsprechenden Entleihungen aber der dritthöchste. Dies gilt für Bibliotheken aller Größenordnungen und Träger. Trotz dieser scheinbaren Übereinstimmung zwischen Bestand und Entleihungen ergeben sich bei der Einzelanalyse aufschlußreiche Unterschiede. Sie lassen sich wie folgt darstellen:
 
 
 
Bestandsgruppe
durchschnittlicher Anteil am Gesamtbestand durchschnittlicher Anteil an Gesamtentleihungen
  der kommunalen Öffentl. Bibliotheken
Sachliteratur für Erwachsene
50,2 %
36,0 %
Sachliteratur für Kinder
4,4 %
5,2 %
Schöne Literatur für Erwachsene
24,9 %
25,9 %
Schöne Literatur für Kinder
9,4 %
13,4 %
Non-Book-Medien insgesamt
6,6 %
15,8 %
Dieser Trend zieht sich durch alle Bibliotheken aller Träger.
Ähnlich interessant ist die Gegenüberstellung von Bestand und Nutzung der Non-book-Medien.
 
 
 
Bestandsgruppe
durchschnittlicher Anteil am Bestand Non-books durchschnittl. Anteil an Entleihungen Non-books
  der kommunalen Öffentl. Bibliotheken
Schallplatten und Kassetten für Erwachsene
33,9 %
16,5 %
Schallplatten und Kassetten für Kinder
21,4 %
27,5 %
CDs insgesamt
23,3 %
29,3 %
Videos insgesamt
12,0 %
17,1 %
Software insgesamt
2,5 %
2,7 %
Spiele insgesamt
5,7 %
4,0 %
Hier geht also der Trend weg von den "traditionellen" hin zu den "modernen" Medien, wobei deren Anteil spürbar ausgebaut werden sollte.

 

1) Die Daten der Sondererhebung, Deutsche Bibliotheksstatistik (DBS)/Öffentliche Bibliotheken: Angebote und Nutzung 1997, werden auf einer 3,5-Zoll-Diskette in einer Datei im CSV-Format angeboten, s. dazu BIBLIOTHEKSDIENST 33(1999)1, S. 147 ff.


Stand: 20.05.99
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