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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 1, 99

Zur dritten Auflage der RSWK

Friedrich Geißelmann

Im Dezember erschien die seit längerem angekündigte dritte Auflage der RSWK. Dies ist Anlaß, über einige Grundprinzipien bei der Überarbeitung des Regelwerks zu berichten. Aufgabe war es, alle Bestimmungen auf den Prüfstand zu stellen und eine durchgehende Revision anzugehen. Damit war die Expertengruppe RSWK des DBI betraut. Sie konnte sich in ihrer Arbeit auf den Abschlußbericht der Expertengruppe Online-Kataloge1) stützen, der 1994 erschienen war.

Die Gesichtspunkte der Revision des Regelwerks lassen sich insgesamt unter den Anforderungen des Online-Katalogs zusammenfassen. Gleichzeitig war ein wesentliches Ziel, die breite Akzeptanz des Regelwerks zu erhalten und die nationale Dienstleistung weiterzuführen. Die Bedingungen dafür sollten verbessert werden, indem im Regelwerk die Standards festgeschrieben wurden, die von Der Deutschen Bibliothek und den an der SWD mitarbeitenden deutschen und ausländischen Bibliotheksverbünden angewandt werden. Mit dieser einheitlichen Regelwerksanwendung wurde zugleich die Voraussetzung geschaffen für eine völlig neue Struktur der Online-Kommunikation zwischen den Verbünden und den Normdateien. Im Zusammenhang mit der Neuentwicklung eines Verbundsystems soll sie anstelle des bisherigen Datenaustausches auf Magnetband treten. Trotz der relativ starken Änderungen sollten andererseits nicht die bestehenden Kataloge der einzelnen Bibliotheken und Der Deutschen Bibliothek abgebrochen werden müssen, sondern es sollte eine Umarbeitung möglich sein. Gleichzeitig war es Aufgabe, die Entwicklung mit MAB abzustimmen. Dies ist in der Zwischenzeit geschehen.

Die Aufgabe der bibliothekarischen Sacherschließung

Die Notwendigkeit einer bibliothekarischen Sacherschließung wird heute immer wieder bezweifelt. Am Anfang sollen daher einige Überlegungen über den bibliothekspolitischen Sinn einer Weiterentwicklung der RSWK stehen.

Von manchen wird behauptet, der Arbeitsaufwand für Sacherschließung in den Bibliotheken sei heute nicht mehr leistbar. Von anderen wird argumentiert, maschinelle Verfahren könnten an Stelle der intellektuellen Erschließungsverfahren treten.2) Teilweise wird auch die Meinung vertreten, es sei erforderlich, in wesentlich stärkerem Maße Fremdleistungen zu nutzen. Dabei wird aber manchmal übersehen, daß nationale Dienstleistungen und Normdateien erst einmal aufgebaut werden müssen, damit sie anschließend genutzt werden können.

Setzt man sich mit diesen Argumenten auseinander, so ist zunächst auf die zentrale Bedeutung der wissenschaftlichen und technischen Information für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung hinzuweisen, die häufig mit dem Schlagwort einer "Informationsgesellschaft" bezeichnet wird. So wird beispielsweise im Programm der Bundesregierung 1996-2000 "Information als Rohstoff für Innovation"3) hervorgehoben: "Wissen ist der entscheidende Rohstoff für Innovationen. Grundlage für dieses Wissen sind Informationen in den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft und Staat. ... Erstes Ziel dieses Konzeptes ist es, dazu beizutragen, den effizienten Zugang zu den weltweit vorhandenen elektronischen und multimedialen Volltext-, Literaturhinweis-, Fakten- und Software-Informationen vom Arbeitsplatzrechner zu eröffnen. ... Es wird in Zukunft immer wichtiger, diese Informationen zu jeder Zeit, an jedem Ort, gezielt, schnell, aktuell, vollständig, qualitativ hochwertig und entgeltlich verfügbar zu haben."

Fragt man sich, was unter "effizienter Zugang" zu verstehen ist, so ist neben der Frage der Verfügbarkeit im Kontext der Erschließung sicherlich primär die inhaltliche Erschließung gemeint. Die eigentlichen Herausforderungen liegen in den inhaltlichen Erschließungsverfahren sowie den damit korrespondierenden Retrievalmethoden. Hier gibt es noch erheblichen Entwicklungsbedarf. Dies ist das Ergebnis der Diskussion der Fachwissenschaftler, Informationswissenschaftler, Dokumentare und Bibliothekare im Programm Global-Info,4) das auf dem erwähnten Programm der Bundesregierung aufbaut. Dies gilt auch und besonders für die elektronische Publikation. Für den Bereich der bibliothekarischen Sacherschließung wurde dies schon früher von der Deutschen Forschungsgemeinschaft festgestellt. Die Feststellung gilt trotz einiger mittlerweile durchgeführter Projekte unverändert weiter.

Bei der Weiterentwicklung wird von manchen ausschließlich auf maschinelle Verfahren gesetzt.5) Probleme ergeben sich hierbei jedoch zum einen durch die geringe Datenmenge, die eine Titelaufnahme enthält, wodurch statistische Verfahren der maschinellen Indexierung problematisch werden. Zum anderen sind die Probleme, die sich aus der Mehrsprachigkeit des im Bibliothekskatalog erschlossenen Materials ergeben, bis heute nicht gelöst. Aus diesen Gründen werden sich maschinelle Verfahren vor allem im Bereich der Volltexterschließung oder von Abstracts durchsetzen. Wesentlich wäre jedoch die Verbindung verschiedener Verfahren z.B. durch eine Unterstützung der maschinellen Indexierung durch die Schlagwortnormdatei (SWD) oder umgekehrt durch die Möglichkeit, maschinelle Verfahren zur Unterstützung des Benutzers bei der Formulierung der Suchanfrage an die SWD anzuwenden.6)

Daß intellektuelle und maschinelle Verfahren der Erschließung entgegen der verkürzten Sichtweise mancher Bibliothekare keinen Gegensatz bilden, sondern sich ergänzen und ergänzen sollten, ist auch das Ergebnis von Retrievalstudien, die von den Informationswissenschaften im Rahmen der Text Retrieval Conference kontinuierlich angestellt werden. Dabei zeigte sich, daß unterschiedliche Verfahren - intellektuelle und maschinelle - keineswegs die gleichen Ergebnisse erbringen, sondern mit verschiedenen Verfahren unterschiedliche Treffermengen gefunden werden. Optimal ist also die Verwendung mehrerer Verfahren. Die Entwicklung und Verwendung maschineller Verfahren bedeutet daher nicht, daß man auf bisherige Bibliotheksdienstleistungen einfach verzichten kann.

Ein zweiter Gesichtspunkt ist die zunehmende Veränderung der Informationsstruktur. So wurde in der Kooperationsvereinbarung der Fachgesellschaften für die IuK-Kommission 1995 gefordert: "Neue IuK-Strukturen im akademischen Bereich sind nur verteilt zu organisieren. Das gegenwärtige, vornehmlich zentral organisierte elektronische Informationsangebot soll durch dezentrale Informationen ergänzt und bereichert werden."7) Im Bereich der elektronischen Publikation kann schon heute festgestellt werden, daß der Dokumentenraum hochgradig dezentralisiert und heterogen ist. Um zu verhindern, daß daraus keine anarchische Struktur entsteht, gilt es neue Organisationsmodelle zu schaffen. Jürgen Krause hat dies mit einem Schalenmodel getan, bei dem die hochrelevanten Dokumente auch tief und hochwertig erschlossen werden sollen, weniger relevante Dokumente jedoch außerhalb des Bereichs der intellektuellen Erschließung bleiben können.8) Ein solches Modell bietet eine gute Rechtfertigung für die qualitativ hochstehenden Dienstleistungen eines Fachinformationssystems. In gleicher Weise sollten sich aber auch Bibliotheken verstehen, die genau so einen hochrelevanten Teil der Informationen - die von ihnen in Auswahl erworbenen Dokumente - präsentieren.

Die bibliothekarische Erschließung ist eine fachübergreifende Erschließung. Die Notwendigkeit einer fachübergreifenden Suche wird trotz aller Betonung der Fachinformation sogar von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften anerkannt. So hat der Arbeitskreis "MetaDaten und Klassifikation" der IuK-Initiative betont, "daß für eine fächerübergreifende Verwendung von MetaDaten und Klassifikation von Dokumenten die Entwicklung von Konkordanzen (sog. Crosswalks) zwischen Fach- und Allgemeinklassifikationsschemata notwendig ist."9) Daß bibliothekarische Sacherschließung kein Gegensatz zur dokumentarischen sein muß, sondern beide aufeinander abgestimmt werden sollten, ist unter diesen Gesichtspunkten eine Forderung der Zukunft. Mit der seit einiger Zeit begonnenen Kooperation der SWD mit Spezialbibliotheken und Fachinformationssystemen ist dieser Weg auch schon beschritten. Man kann jedoch feststellen, daß bei Schnittstellen zwischen verschiedenen Erschließungsverfahren, und damit der Integration der Fachinformation in die fachübergreifende Erschließung, noch erhebliche Arbeiten notwendig sind.

Man kann jedoch daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß die bisherigen Instrumente keineswegs überflüssig geworden sind, sondern deutlich im Hinblick auf die veränderten Strukturen weiterentwickelt werden sollten.

Der Einfluß des Online-Katalogs auf das Regelwerk

Mit dem Übergang vom Listenkatalog (oder noch vom Zettelkatalog) zum Online-Katalog ändern sich die Erwartungen und Ansprüche der Benutzer und damit auch die Arbeit der Bibliothekare. Dies hat auch wesentliche Auswirkungen auf die verbale Erschließung.

Der erste dafür maßgebliche Gesichtspunkt ist: Im Online-Katalog wird der vielfältige Zugriff auf mehr Datenelemente einer Titelaufnahme als bisher möglich und es können die verschiedenen Zugriffspunkte leicht miteinander kombiniert werden. Dies unterscheidet sich ganz wesentlich von der geringen Anzahl der Einstiegspunkte, die im Zettelkatalog möglich waren, aber auch im Listenkatalog in gleich sparsamer Weise realisiert wurden. Diese Tatsache macht es zunächst erforderlich, daß die Erschließungsverfahren von RAK und RSWK besser als bisher aufeinander abgestimmt werden. Darüber hinaus sollten sie mit neuen Datenelementen wie Codes für Literaturtypen, Sprachen u.ä. verbunden werden. Dies gilt ebenso für verschiedene Formen der Sacherschließung, die aufeinander abgestimmt werden sollten.

Auf den zweiten wesentlichen Gesichtspunkt, daß die Sacherschließung insgesamt an Bedeutung gewinnt, wurde bereits oben hingewiesen.

Ein dritter wesentlicher - ganz anders gearteter - Gesichtspunkt für den Online-Katalog ist die Frage der Vernetzung: Bei Online-Katalogen geht es nicht allein darum, den OPAC der einzelnen Bibliothek zu betrachten. Vielmehr macht die zunehmende Vernetzung verschiedener Systeme im Bereich der Bibliotheken eine Vereinheitlichung der Erschließung noch dringender als bisher erforderlich. Die Verbesserung der Nutzung von Fremdleistungen ist ein wichtiges bibliothekspolitisches Ziel, gerade auch unter den Bedingungen der Online-Katalogisierung.

Fragt man sich, welche Schlußfolgerungen aus diesen Anforderungen des Online-Katalogs für die RSWK zu ziehen sind, so kann man feststellen, daß es dazu unterschiedliche Meinungen gab. Von verschiedener Seite wurde diskutiert, ob nicht ein grundsätzlich neues Regelwerk notwendig sei.10) Ein Bruch in der Entwicklung sei bedingt durch das völlig neue Medium OPAC. Die Anwender waren jedoch in ihrer ganz eindeutigen Mehrheit der Meinung, daß ein Abbruch die falsche Lösung wäre. Wie ein solches völlig anderes Regelwerk aussehen könnte, ist bisher nicht dargelegt worden; nach meiner Meinung nicht einmal in Ansätzen. Die Diskussion hat vielmehr ergeben, daß ein Reformbedarf deutlich erkennbar ist. Über die Zielrichtung der Reform besteht weitgehend Konsens: Klarere Definition der als semantische Bausteine geltenden Vokabularelemente, klarere Orientierung an der postkoordinierenden Verknüpfung, Reduzierung der an den Listenkatalogen orientierten Regelwerksbestimmungen. Mit dem eindeutigen Votum des Kolloquiums in Weimar 1995, die Belange des OPAC in den Vordergrund zu stellen und Bestimmungen für den Listenkatalog nur noch als fakultative aufzuführen, war der Weg gewiesen. Eine Überarbeitung der SWD und der vorhandenen Kataloge ist prinzipiell möglich und sinnvoll im Hinblick auf die Konsistenz der Erschließung der vorhandenen Materialien. Andererseits ist es sicherlich auch notwendig, den Umarbeitungsaufwand zu bedenken und Veränderungen auf die Punkte zu konzentrieren, an denen der Benutzer wirklich deutliche Vorteile verspüren kann. Es war also keinesfalls sinnvoll, die Entwicklung anzuhalten und dann neu anzusetzen.

Wesentlicher Gesichtspunkt der Veränderungen der 3. Auflage war die Verbesserung des Retrievals des Benutzers. Das entscheidende Hilfsinstrument ist dabei die Integrierung der SWD in das Retrieval und die Ausrichtung dieser Datei auf die Anforderungen des Benutzers. Dieses Ziel dient der klaren Trennung von Ansetzung und Verknüpfung und die terminologischen Änderungen, die in den Grundbegriffen erforderlich waren. Wesentliche Schritte dazu enthielt auch schon die 2. Auflage der RSWK von 1991.

Die SWD hat daher für die weitere Entwicklung der Sacherschließung in Deutschland und im deutschsprachigen Ausland eine ganz zentrale Bedeutung. Zu zitieren ist hier aus der Stellungnahme des Südwestverbunds zu "Sacherschließung in Online-Katalogen": "Die Zukunft der RSWK liegt in der SWD."

Hingegen kann man feststellen, daß die Benutzerführung, die Präsentation der verbalen Erschließung im OPAC, noch nicht hinlänglich gelöst ist. Hinzuweisen ist auf die Ausführungen im Bericht der Expertengruppe Online-Kataloge, die die prinzipiellen Schwierigkeiten aufzeigen.11) Kritisch ist insbesondere die Relation zwischen Schlagwortketten und Titeldaten, ebenso das Verhältnis von Verweisungen und Titeldaten. Man sollte jedoch gerechterweise darauf hinweisen, daß nicht allein die Benutzeroberfläche der Beschlagwortung im OPAC problematisch ist, sondern daß die Einbindung der Klassifikation in den OPAC noch weniger weit gediehen ist. Ebenso ist unklar, wie verschiedene Sacherschließungsformen in der Benutzerführung miteinander verbunden werden können.

Grundprinzipien der dritten Auflage der RSWK

Ein wesentliches Ziel der dritten Auflage war, die Prinzipien für den Einsatz der Datenverarbeitung im Bereich der verbalen Sacherschließung im Regelwerk zu verankern. Ein solches Verfahren ist im Rahmen der Regelwerke ein Novum. Es ist insbesondere deshalb notwendig, weil für das Regelwerk das einzelne Schlagwort im Vordergrund steht. Dieses wird in der SWD geführt; deren Beschreibung ist daher unvermeidlich.

Gegen die erste Auflage des Regelwerks war der Vorwurf erhoben worden, es sei wie schon bei RAK erneut ein Regelwerk ohne Rücksicht auf die DV-technische Realisierung geschaffen worden.12) Dies ist zwar nicht ganz zutreffend, da den Verfassern als technische Realisierungsform der Listenkatalog vorschwebte. In diesem sind - wenn auch nicht ganz einfach - alle Regelwerksbestimmungen abzubilden. Dennoch war von den Möglichkeiten der Datenverarbeitung damit nicht hinlänglich Gebrauch gemacht worden. Dieses Manko wurde schon bald nach der Schaffung des Regelwerks schrittweise behoben. Die wesentlichen Elemente waren die Schaffung eines Datenformats zunächst für die Standardschlagwortliste, das auch als Internformat der DB verwendet werden konnte sowie eines Internformats für das Segment Schlagwortketten in den Titeldaten.13) Später wurde dies in MAB verankert. Damit war im Grunde genommen ein zweiter, für die Beschlagwortung wesentlicher Teil des Regelwerks geschaffen, ohne daß er in diesem verankert worden wäre. Beide Bereiche, Regelwerk und Datenformat, waren auch nicht hinlänglich aufeinander abgestimmt, was sich u.a. daran zeigte, daß in den Praxisregeln grundlegende Definitionen zum Regelwerk nachträglich eingeführt werden mußten, z.B. die Unterscheidung von Ansetzungskette und Verknüpfungskette (heute mehrgliedriges Schlagwort und Schlagwortkette).

Für die dritte Auflage wurde daher beschlossen, das bisherige inkonsequente Verfahren aufzugeben, d.h. zum einen Regelwerk und Datenformat aufeinander abzustimmen, und zum anderen im Regelwerk die wesentlichen Bestimmungen des Datenformats zu beschreiben. Dies ist deswegen notwendig, weil im Bereich der Sacherschließung die Datenhaltung und die Möglichkeit des Retrievals durch den Benutzer die Regeln für die Erschließung zutiefst beeinflussen. Das im Regelwerk normierte Verfahren besteht nicht nur aus Vorschriften über die Ansetzung und über eine bibliographische Beschreibung, sondern stellt zusammen mit dem Retrieval ein Ganzes dar. Allerdings beschränkt man sich im Regelwerk weiterhin auf die Definition der verschiedenen in MAB benötigten Felder und Indikatoren ohne auf Details der Umsetzung im Format (z.B. Wiederholungsfaktoren, technische Ausgestaltung) einzugehen. Lediglich im Bereich des Retrievals verfuhr man anders, indem in § 20 nur Hinweise zur Gestaltung der Schlagwort-Recherche im Online-Katalog aufgenommen wurden, insbesondere zu Punkten, an denen die Regeln für die Erschließung und der Gestaltung des Retrievals zusammenhängen. Maßgeblich dafür war, daß man den technischen Fortschritt nicht behindern wollte. Die Gestaltung des Retrievals hängt im starken Maße von den Möglichkeiten des einzelnen DV-Systems ab und zur Führung des Benutzers sind verschiedene Konzepte denkbar.

Das zweite wesentliche Ziel der Überarbeitung der RSWK war, die Schlagwortnormdatei für den Benutzer nutzbar zu machen und ihre Struktur zu verbessern. Die Idee der Schaffung einer Datei normierter Ansetzungen geht auf das Münchner Kolloquium 1978 zurück. Die Anforderungen an die SWD wurden seit 1987 schrittweise heraufgesetzt und auf die vielfältigen Bedürfnisse an eine Normdatei abgestimmt. Zurecht wurde daher im Vorwort zur Mikrofiche-Ausgabe der SWD festgestellt, daß die SWD "in hohem Maße den Anforderungen, die nach DIN 1463 an einen Thesaurus gestellt werden," entspricht. Diese Qualifizierung ist verschiedentlich scharf kritisiert worden, sie entspricht jedoch der Realität. Von einem Thesaurus unterscheidet sich die SWD nur dadurch, daß in der Regel von vorhandenen Dokumenten ausgegangen wird (mit Ergänzungen, soweit die Struktur der SWD dies erfordert) und daß die Relationierung des Vokabulars teilweise weniger intensiv als in einem Thesaurus ist. Häufig wurde von Kritikern der RSWK ein Gegensatz zwischen den RSWK und der Thesaurus-Norm DIN 1463 gesehen. Dies ist, was die SWD-Praxis anbetrifft, durchaus falsch. Es gab vielmehr eine gegenseitige Beeinflussung, die auch durch personelle Verflechtungen zwischen den jeweiligen Entscheidungsgremien bedingt ist.

Für die Neuauflage der RSWK kam es zum einen darauf an, die Struktur der SWD zu verbessern, zum anderen, die bisher im wesentlichen intern verwendete Datei für den Benutzer nutzbar zu machen. Das erstere geschah durch eine klarere Abgrenzung von Ansetzungen und Verknüpfungen, Integrierung aller Ansetzungen (z.B. auch der Formschlagwörter) in die SWD, durch einen größeren Umfang der hierarchischen Verweisungen und der Verweisungen von mehrgliedrigen Oberbegriffen sowie durch weitere Strukturierung wie Zeitcodes, reziproke Struktur aller Verweisungen usw. Ergänzt wird dies künftig voraussichtlich durch eine maschinelle Relationierung aller Verweisungsformen in der SWD. Prinzipiell wird die Menge der Sucheinstiege über die Datensätze deutlich erhöht (insbesondere durch Erfassung synonymer bzw. äquivalenter Formen, etwa die zerlegte Form bei Komposita), soweit dies nicht die Sauberkeit der Begriffsrelationen beeinträchtigt.

Ein praktisches Problem bei der Verbesserung der SWD ist andererseits, daß die Arbeitsbelastung der SWD-Redaktionen nicht erheblich gesteigert werden darf. Dennoch kann man schon heute sagen, daß die Qualität der SWD, verglichen mit ausländischen Normdateien, sehr positiv zu bewerten ist. Die meisten der in der SWD enthaltenen Informationen sind dabei auch für den Benutzer relevant. Daher sollten die Formulierungen auch so gewählt werden, daß sie für Außenstehende verständlich sind.

Ein drittes wesentliches Ziel der dritten Auflage war, das in den Bibliothekskatalogen enthaltene Material vollständiger sachlich zu erschließen. Ein Punkt dabei ist der Versuch, die bisherige starre Orientierung der Erschließung an den Monographien aufzugeben. Die wesentlichste Neuerung ist dabei die Möglichkeit, bei mehrbändigen Werken sowohl das Gesamtwerk wie den Einzelband zu erschließen. Dabei wird bei mehrbändigen begrenzten Werken i.d.R. das Gesamtwerk erschlossen, der Einzelband in bestimmten Fällen zusätzlich, bei Schriftenreihen in der Regel der Einzelband, die Schriftenreihe hingegen nur bei speziellen Themen, die durch die Erschließung der Einzelbände nicht abgedeckt werden. Bei Zeitschriften, Zeitungen und zeitschriftenartigen Reihen mit einzelnen Stücktiteln werden beide Ebenen erschlossen. Festgehalten wird hingegen am Prinzip, daß ein Dokument als Ganzes, nicht einzelne Teile oder besonders relevante Aspekte erschlossen werden (§ 6,1). Doch gibt es dazu immerhin Ausnahmen und durch die Definition von mehreren Gegenständen in einem Dokument (§ 13,4) wird ebenfalls die Möglichkeit geschaffen, in klar definierten Fällen auch Teile eines Werks zu erschließen. Die Möglichkeit einer Aufnahme nach RAK-UW und damit einer detaillierten Erschließung ist daneben natürlich jederzeit zusätzlich gegeben. Damit ist der früheren Kritik, die RSWK richten sich zu formalistisch nach der Formalerschließung, Rechnung getragen. Allerdings sollten die neuen Möglichkeiten in normierter und kontrollierter Form gehandhabt werden, um willkürliche Entscheidungen zu vermeiden.

Ein weiterer Punkt war die Einbeziehung von Materialien in die Beschlagwortung, die bisher nicht beschlagwortet wurden. Nachdem sich die RSWK primär an der klassischen Sekundärliteratur orientierten, blieben in der Vergangenheit größere Bereiche ohne Erschließung. Je nach Bibliothekstyp sind dies 40 - 60 % der Erwerbungen (wobei ein Teil auch unter den Begriff der minder wichtigen Literatur fällt). Dies wurde vielfach als Defizit empfunden. Es war notwendig, auf diese Bedürfnisse zu reagieren, da immer wieder für spezielle Materialien neue Regeln diskutiert oder geschaffen werden. Als Beispiele sind hier zu nennen Altkarten und die Erschließung von Altbeständen (VD 17). Solche Sonderregeln sind jedoch insofern problematisch, als jeweils eigene Erschließungsmethoden für verschiedene Gruppen von Materialien im OPAC schlecht darstellbar sind. Nachdem die Erschließung in den meisten Fällen verbal sein soll, bietet sich an, dies im Schlagwortkatalog zu tun. Dieser ist auch ein hinreichend flexibles Instrument, das geeignet ist, sehr unterschiedliche Materialien aufzunehmen. Allerdings setzt dies auch entsprechende Regelwerksbestimmungen in den RSWK bzw. entsprechende Ansetzungen der SWD voraus.

Die Schaffung von Sonderregeln für spezielle Materialien war schon in den letzten Jahren ein Arbeitsschwerpunkt der Expertengruppe RSWK bzw. früher der Kommission für Sacherschließung. Audiovisuelle Materialien, Sekundärliteratur zu musikalischen Werken, Schöne Literatur, Kinder- und Jugendliteratur, soweit deren Inhalt thematisch erschließbar ist, sowie Schulbücher und Berufsschulbücher; Erschließung von Musikdrucken, von Wiedergaben musikalischer Werke auf Tonträgern und Musikvideos. In der dritten Auflage folgt auf dieser Ebene noch die Erschließung elektronischer Publikationen, die einen zunehmenden Anteil am Bibliotheksbestand ausmachen und eigene, an den spezifischen Inhalten dieses Materials orientierte Bestimmungen erfordern.

Von wesentlich anderer Natur ist hingegen die Erschließung mit Gattungsbegriffen, die in § 5 fakultativ zugelassen wird. Hiernach kann nach den Bedürfnissen einer Bibliothek die Erschließung der gesamten Schönen Literatur, Kinder- und Jugendliteratur, von Musikdrucken, Musiktonträgern, Musikvideos, Kunstwerken und deren Reproduktionen sowie audiovisuellen und elektronischen Publikationen und Altbeständen mit Gattungsbegriffen erfolgen. Dafür werden Entstehungsgebiet/Sprache, Gattung und Zeit vorgeschlagen oder Gattung, literarische/künstlerische Strömung und Literaturtyp. Gattungsbegriffe als Erschließungsinstrument waren immer wieder gefordert worden (z.B. früher für audiovisuelle Materialien oder Belletristik). Zielrichtung sind jetzt sowohl öffentliche Bibliotheken wie Spezialbibliotheken. Bisher waren diese Verfahren bewußt in den RSWK abgelehnt worden, da es sich bei der Erschließung mit solchen Begriffen nicht um Inhalt im Sinne der RSWK handle. Wenn eine solche Feststellung getroffen wird, liegt jedoch wohl ein verengter Begriff von Inhalt vor. So wird an Bibliotheken, die auch klassifikatorische Sacherschließung betreiben, ein derartiger Inhalt sehr wohl erschlossen, z.B. indem Werke der Schönen Literatur oder der Musik nach Epochen aufgestellt werden.

Man könnte daraus den Schluß ziehen, die Erschließung mit Gattungsbegriffen sei eher der Systematisierung zuzurechnen als der Beschlagwortung. Dafür spricht auch, daß bei der Verwendung von Gattungsbegriffen zumeist nicht das "enge" Schlagwort, sondern an Listen von "weiten" Begriffen gedacht wird. Dennoch handelt es sich um eine verbale Erschließung, die lediglich in ihrem Charakter gekennzeichnet werden muß. Dies geschieht nach § 5 mit Hilfe eines Formschlagworts (z.B. 'Text').

Ebenfalls in die gleiche Richtung der Einbeziehung neuer Materialien geht die Ausweitung der Liste der Formschlagwörter. Dabei wird alles Material einbezogen, das erschließbar ist (z.B. Kalender, Bildliche Darstellungen, Flugblätter), ohne daß die Erschließung andererseits vorgeschrieben wird. Die Bibliotheken haben hier notwendigerweise Freiräume, um spezifischen Bedürfnissen zu entsprechen.

Ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt für die 3. Auflage der RSWK war die redaktionelle Überarbeitung des gesamten Regelwerks. Dies betrifft zuerst die bessere Abstimmung von Regelwerk, MAB-Format, Beispielsammlung, Praxisregeln und Begleitheft zur Mikrofiche-Ausgabe der SWD. Zum anderen betrifft dies aber auch terminologische Fragen und die Präsentation des gesamten Regelwerks, das für Anfänger oft kompliziert erscheint und zahlreiche Ausnahmen und Ausnahmen von der Ausnahme enthielt. Insgesamt ist bisher auch zu wenig von bestimmten Grundprinzipien aus gearbeitet worden; es wurden zu pragmatisch Einzelfälle gelöst.

Daher mußten insbesondere die Grundregeln überarbeitet werden. Bei diesen ist eine völlig neue Gliederung entstanden. Dies betrifft nicht nur die Äußerlichkeit, daß die bisherige doppelte Gliederung mit detaillierter Einteilung in Kapitel neben der Paragraphenzählung aufgegeben worden ist, sondern vor allem die Grundstruktur der Grundregeln. Angestrebt ist jetzt eine wirkliche Grundlegung des Regelwerks. Die hat zur Folge, daß der Umfang wesentlich erweitert werden mußte. Die Gliederung, d.h. die Reihenfolge der Paragraphen und die Terminologie, wurde stark überarbeitet, wobei grundlegende Bestimmungen aus Beispielsammlung und Praxisregeln eingearbeitet wurden. Dies betrifft z. B. die deutliche Unterscheidung von Begriff, Gegenstand und Dokumenteninhalt, dem Schlagwort, Schlagwortkette und Dokument entsprechen. Ein ganz zentraler Punkt ist die klare Trennung des in der Schlagwortnormdatei verwendeten Vokabulars und die Verknüpfung dieses Vokabulars in Schlagwortketten. Die bisher fehlende Trennung von Schlagwörtern und Schlagwortketten, die terminologisch durch die Begriffe Ansetzungs- und Verknüpfungskette nachträglich überdeckt wurde, hat sicherlich mangelnde Klarheit im Regelwerk und damit Probleme für die Anwendung durch den Fachreferenten mit sich gebracht. Weitere Punkte sind die Abgrenzung der Schlagwortkategorien von den Indikatoren u.ä.

In anderen Kapiteln ist redaktionell mit dem Regelwerk ganz anders verfahren worden. Es wurde in allen Teilen außer den Grundregeln versucht, die bisherige Paragraphenzählung möglichst beizubehalten. Neue Paragraphen sind mit a) eingeschoben, nicht mehr vorhandene Paragraphen sind übergangen. Insgesamt ist der Text deutlich gestrafft worden. Praxisregeln, die Regelwerkscharakter haben, wurden eingearbeitet und werden dort gestrichen. Dabei wurde versucht, den Anweisungscharakter, der letztlich aus RAK herkommt, aufzugeben und mehr die verschiedenen Möglichkeiten bei der Erschließung darzulegen.

Einzelne Entscheidungen der Überarbeitung

Die Bildung von Schlagwortketten war eine der umstrittensten Entscheidungen der RSWK. Vielfach wurde geschlossen, bei den Schlagwortketten handle es sich um präkombinierte Begriffe. Dies ist unzutreffend; es handelt sich um präkoordinierte Indexate, die mit einem postkoordinierenden Retrieval gut vereinbar sind. Mit der Überarbeitung der RSWK war eindeutig, daß das Schlagwort - nicht die Schlagwortkette - Ausgangspunkt der Erschließung sein müßte. Damit stellen sich jedoch zwei Fragen:

Zur Frage von Aufwand und Nutzen: Die relativ komplizierten Syntaxregeln beim Sachschlagwort (§§ 322, 323 RSWK) lösten bei vielen potentiellen Anwendern Abwehrreaktionen aus. Diese Paragraphen wurden teilweise nicht angewandt oder erwiesen sich nicht als eindeutig anwendbar. Andererseits wird der Aufwand für die Kettenbildung insgesamt von den meisten Anwendern als relativ gering eingeschätzt. Trotz der Kritik wird der Nutzen von Schlagwortketten bei den Anwendern überwiegend positiv eingeschätzt.14) Ihre möglichen Funktionen sind:

  1. Anzeige der Kette bei der Titelsuche und damit Verdeutlichung des Inhalts in einer Art Abstract.
  2. Hilfe bei der Suche mit Schlagwörtern oder Stichwörtern durch ein Kettenlisting
    a) bei zu hoher Trefferquote
    b) bei zu niedriger Trefferquote
    c) Hilfe bei der Formulierung von Suchanfragen
    d) Optimierung des Verhältnisses von Recall und Precision.
  3. Erleichterung bei der Suche nach Allgemeinbegriffen, die nicht eingegrenzt werden können.
Wesentlich ist dabei, wie man die möglichen Probleme des Benutzers einschätzt. Wenn man argumentiert, die RSWK führten zu einer starken Vereinzelung von Sachverhalten, so gilt dies allenfalls für die Ebene der Schlagwortketten. Auf der Ebene der Begriffe wird man in der Regel von großen Treffermengen ausgehen können. Man sollte nicht den Recall erhöhen, ohne an die Precision zu denken.

Bei der Überarbeitung der RSWK wurden die Schlagwortketten prinzipiell beibehalten, ihre Funktion gegenüber dem bisherigen Regelwerk jedoch deutlich reduziert. Sie werden für Listenkataloge und Kettenlisten im OPAC und in Bibliographien verwendet (zusammenfassend als Listenfunktionen bezeichnet). Die Permutationen werden jedoch nur noch als fakultativ angesehen. Wesentlich ist insbesondere, daß die Kettenbildung keinen Einfluß auf die Ansetzung der Begriffe und das verwendete Vokabular haben darf.

Die Syntax der Schlagwortketten wurde gegenüber der 1. Auflage deutlich vereinfacht.

Eine weitere zentrale Frage Kompositumbildung und Zerlegungskontrolle war unter den Anwendern der RSWK in den letzten Jahren intensiv diskutiert worden. Zunächst wurde sie unter dem Schlagwort "Begrenzung des Wachstums der SWD" erörtert, später noch grundsätzlicher als Bestandteil der terminologischen Kontrolle. Um so erfreulicher ist, daß im Kern Einigkeit über eine stärkere Zerlegung von Komposita erzielt wurde.

Die Gründe für die Änderungen liegen zunächst im OPAC. Dessen Vorteil ist das postkoordinierende Retrieval. Dieses setzt voraus, daß im Vokabular nicht zu viele komplexe Begriffe als zusammengesetzte Wörter präkombiniert enthalten sind. Hilfsargumente sind die Verringerung der Spezifität des Vokabulars und eine stärkere Orientierung an Begriffen statt an Titelfassungen. Ein zweiter wesentlicher Punkt ist die Verbesserung der terminologischen Kontrolle. Für einen Thesaurus ist es existenzbedrohend, wenn sein Vokabular fortgesetzt und unkontrolliert wächst und er dadurch unübersichtlich wird. Dazu kommt, daß die bisherigen Regelungen nicht eindeutig sind. In diesem Zusammenhang hat jeder den bisherigen § 305,2 mit der Vorzugsreihenfolge

  1. Kompositum,
  2. Adjektivische Wendung,
  3. Hauptschlagwort/Unterschlagwort,
  4. Homonymenzusatz
im Gedächtnis, ohne daß bedacht wird, daß dies im einleitenden Satz stark relativiert wird.

Zur Verdeutlichung wurden Regelungen über die Zerlegungskontrolle, die dieser Reihenfolge vorausgeht, eingeführt. Dies war auch deswegen nötig, weil die Zerlegung eines Kompositums kein Problem der Ansetzung, sondern der Verknüpfung ist.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist wohl auch, daß ein Zusammenhang zur Frage der Kettenbildung besteht. Diese erlaubt es, auf sehr spezifische Komposita zu verzichten. Wo es keine Schlagwortketten gibt, müssen, wie bei den LCSH zu beobachten ist, stark präkombinierte Begriffe verwendet werden.

Der Umarbeitungsbedarf ist in diesem Punkt nicht gering, da man rückwirkend neue Prinzipien einführt. Die Stellen für Änderungen sind zwar bekannt; es muß aber jeweils neu mit mehreren Begriffen verknüpft werden. Andererseits erscheint der Aufwand im Hinblick auf die Verbesserung des Retrievals lohnend.

Enges Schlagwort, Pleonasmus: Der Begriff des engen Schlagworts war in der Vergangenheit einer der umstrittenen Begriffe. Von manchem wurde er als zentraler Punkt des Regelwerks angesehen. Dies entspricht jedoch nicht den Intentionen der Urheber. In der Kommission für Sacherschließung wurde vielmehr diskutiert, den Begriff überhaupt nicht mehr zu verwenden. Er wurde dann letztlich doch belassen, weil man annahm, daß das Fehlen eines in der bibliothekarischen Diskussion so etablierten Begriffs zu Irritationen führe. In der 3. Auflage hat man auf diesen Begriff jedoch verzichtet. Dies ändert allerdings nichts am Grundsatz der möglichst spezifischen Beschlagwortung und an der Deckungsgleichheit von Dokument, Inhalt und vergebenen Schlagwörtern. Angesichts dessen, daß im Schlagwortkatalog sehr heterogene Materialien erschlossen werden müssen, wesentlich heterogenere als in Fachinformationsystemen, ist ein anderes Vorgehen nicht denkbar. Allerdings ist durch Bestimmungen, die die Verwendung von Individualbegriffen einschränken, sowie durch die Ausnahme von mehreren Gegenständen in einem Dokument, die Möglichkeit gegeben, negativen Auswirkungen zu entgehen.

Mit der Frage des engen Schlagworts hängt die Frage des Pleonasmus zusammen. Lebhaft diskutiert wurde die These, die Bestimmungen über den Pleonasmus seien nicht benutzerorientiert; sie seien eine Behinderung der Information. Diese These hat bei den Anwendern so global keine Zustimmung gefunden. Wenn Oberbegriffe bei der Beschlagwortung verwendet werden, stellt sich doch die Frage, ob dies nicht beliebig wird und wie dies kontrolliert werden könnte. Der Ausschluß des Pleonasmus kann auch durch die Verweisung vom Oberbegriff jederzeit aufgehoben werden, wenn dies (wie in PICA/ ILTIS) durch das Retrievalsystem abgefangen wird.

Wie oben dargelegt, erfordert der Online-Katalog eine stärkere Abstimmung, da Formal- und Sacherschließung nicht mehr in getrennten Katalogen, sondern nur als differenzierte Sucheinstiege auf demselben Bildschirm angeboten werden.

Die Forderung ist daher, in beiden Fällen die gleiche Ansetzung zu verwenden.15) Dieses Problem wurde seit langem diskutiert; schon vor dem Erscheinen der 1. Auflage gab es einen Vorstoß Der Deutschen Bibliothek, die absehbaren unterschiedlichen Ansetzungen zu verhindern. Dies betraf vor allem die Körperschaften, wo mit der ortsgebundenen Körperschaft eine völlig neue Kategorie der Körperschaften geschaffen wurde. Auch die prinzipiell deutschsprachige Ansetzung von Körperschaften war eine Abweichung. Im Gewicht vergleichbar, in der tatsächlichen Bedeutung noch gewichtiger waren die Personennamen, u.a. bei den Namen des Altertums, Namen aus nichtlateinischen Schriften, Fürsten, Päpsten. Von geringerer Bedeutung sind hingegen die Abweichungen beim Einheitssachtitel.

Die Bemühungen der letzten Jahre für eine Vereinheitlichtung zielten vor allem auf den Bereich der Personennamen. Die Schaffung der PND machte eine Überarbeitung des Gesamtbestands der Personennamen (in dem in einem Projekt der DFG definierten Umfang) notwendig. Sinnvoll erschien es insbesondere, dabei die Personennamen der Formalerschließung und der Sacherschließung in einer gemeinsamen Datei zu führen. Im Hinblick darauf wurden verschiedene Gruppen von Personennamen in RAK und RSWK vereinheitlicht, wobei zum größten Teil RAK-Formen gewählt wurden. Als Hauptproblem stellte sich jedoch heraus, daß RAK und RSWK im Hinblick auf die Trennung gleichnamiger Personen sehr unterschiedlich verfuhren. Während RSWK in jeder Kategorie von Begriffen verschiedene Gegenstände unterschiedlich ansetzt, also individualisiert, tut dies RAK für den wichtigsten Bereich der Personennamen (moderne Personennamen aus europäischen Sprachen) bisher nicht. Individualisiert werden nur Personen des Altertums, des Mittelalters, Fürsten und geistliche Würdenträger angesetzt - wie übrigens auch Körperschaften, wohingegen gleichnamige Sachtitel nur in Ausnahmefällen individualisiert werden. Erst in jüngster Zeit wurde diese Praxis durch eine Kompromißlösung, eine teilweise Individualisierung auch der modernen Namen, an RSWK angenähert.16) Insgesamt ergab sich damit die paradoxe Situation, daß in Bereichen, in denen die Ansetzung nach RAK und RSWK gleich ist, der Grad der Individualisierung unterschiedlich war; in Fällen, in denen beide Regelwerke individualisieren, war hingegen die Ansetzung teilweise unterschiedlich. In der PND wurde eine Form gefunden, wie dies in der Normdatei technisch abgebildet werden kann. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die unterschiedlichen Sichten auf die Normdatei, die für die Mitarbeiter der Formal- und der Sacherschließung realisiert wurden, auch im OPAC abgebildet werden können oder sollen.

Der zweite wichtige Fragenkomplex einer Vereinheitlichung ist die Ansetzung der Körperschaften. Hier liegen die Probleme deutlich schwieriger als im Bereich der Personennamen. Ein gravierender Punkt ist dabei, daß - vergleichbar dem Problem der fehlenden Individualisierung bei Personennamen - Abweichungen in der Definition der Entitäten bestehen. Dies betrifft die Frage, was als Körperschaft anzusehen ist, und die stärkere Normierung auf die jüngste Namensform in den RSWK. Daneben gibt es eine Fülle von Abweichungen in der konkreten Ansetzung der Körperschaften, die sehr differenzierte Regelwerksänderungen erfordern würden. Daher kann eine Herausnahme von Körperschaftsnamen aus der SWD und die Integrierung in die GKD, die von manchen diskutiert wurde, kurzfristig nicht in Frage kommen. Mittelfristig ist es allerdings notwendig, zunächst eine Verknüpfung beider Normdateien vorzunehmen. Die Voraussetzungen dafür sind in den RSWK und in MAB mittlerweile geschaffen.

Fragt man sich, welchen Aufwand eine Vereinheitlichung verursachen würde und wie der Nutzen zu bewerten ist, so sind zwei gewichtige Feststellungen zu treffen: bei der GKD handelt es sich um eine sehr umfangreiche Datei, die mit erheblichem Aufwand gepflegt wird. Die Datei ist weit umfangreicher als die Zahl der Körperschaften der SWD. Die Möglichkeit einer Umarbeitung der GKD ist schon von den Realisierungsmöglichkeiten her sehr skeptisch zu beurteilen. Zum anderen wird nach allgemeiner Meinung der Bereich der Körperschaften in der Formalerschließung vom Benutzer wenig genutzt. Ob dies mit benutzerfreundlicheren Regeln als den derzeitigen Bestimmungen von RAK zu verbessern wäre, ist nicht bekannt. Daher ist der Nutzen von Änderungen in der Ansetzung auch als eher gering einzustufen.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der kurzfristig gegen Änderungen spricht, liegt darin, daß derzeit nur schwer einzuschätzen ist, welche Auswirkungen die Diskussion um eine Annäherung von RAK an AACRII auf die Ansetzung und Verwendung von Körperschaften hat.

Aus all diesen Gründen wurden für die dritte Auflage der RSWK keine tiefgreifenden Änderungen vorgesehen. Diese erfolgten nur dort, wo Verbesserungen im Retrieval des Benutzers zu erkennen waren.

Ausblick

Mit der dritten Auflage der RSWK ist eine Basis geschaffen, auf der das Regelwerk und die Erschließungspraxis der DB und der Verbünde klarer und einheitlicher weitergeführt werden können. Die neue Auflage wird ab Januar 1999 in der DNB angewandt werden. In manchen Verbünden wurden Teile auch schon früher angewandt. Sicherlich werden die erforderlichen Umarbeitungen der SWD auch noch eine gewisse Zeit erfordern. Die Anpassungen der RSWK an den Online-Katalog haben aber gezeigt, daß die verbale Erschließung durch die leicht mögliche Anpassung an unterschiedliche Bedürfnisse auch für Wandlungen im Umfeld offen ist.

Im Rahmen dieses Berichts können natürlich nicht alle Aspekte der Änderungen dargestellt werden. Wichtig erscheint mir jedoch, daß sich die bibliothekarische Öffentlichkeit klar wird, wie die verbale Erschließung in neue Informationsstrukturen integriert werden kann. Hier liegen andererseits noch wesentliche Aufgaben der Zukunft. Ein zweites ebenso wichtiges Feld ist, die Änderungen in den RSWK in den OPACs umzusetzen.

1) Sacherschließung in Online-Katalogen / Kommission des Deutschen Bibliotheksinstituts für Erschließung und Katalogmanagement, Expertengruppe Online-Katalog. Hrsg. von Friedrich Geißelmann. - Berlin: Dt. Bibliotheksinstitut, 1994.
Einen Abriß der Geschichte und der Rezeption der RSWK enthalten das Vorwort zum Regelwerk von Fritz Junginger. 2., erw. Aufl. 1991, S. XII-XVII sowie der Bericht des Verfassers; "Von der ersten zur dritten Auflage der RSWK" in: Schritte zur neuen Bibliothek. München: Saur 1998, S. 195-212.

2) Lepsky, Klaus: RSWK - und was noch? in: Bibliotheksdienst 29 (1995), S. 500-518.

3) Bonn: BMBF, 1996. Hier S. 6-8.

4) http://www.global-info.org

5) Lepsky, Klaus: Maschinelles Indexieren zur Verbesserung der sachlichen Suche im OPAC. in: Bibliotheksdienst 28 (1994), S. 1234-1242.

6) So im Projekt OSIRIS vgl. auch § 20 RSWK (3. Aufl.).

7) http://elfikom.physik.uni-oldenburg.de/IuK/iuk.html

8) Krause, Jürgen: Polyzentrische Informationsversorgung in einer dezentralisierten Informationswelt. in: nfd : Information - Wissenschaft und Praxis 49 (1998) S. 345-351

9) http://www.mathematik.uni-osnabrueck.de/projects/slot3/workshop98/akmeta2.html

10) Lepsky a.a.O.
Winfried Gödert: Grundsätzliche Überlegungen zur Aufbereitung verbaler Dokumentationssprachen für ein Online-Retrieval und Gestaltung sachlicher Online-Suchkomponenten. (Paper vorgetragen auf dem Kolloquium in Weimar 25./26. April 1995).

11) Sacherschließung in Online-Katalogen S. 61.

12) Boßmeyer, Christine: RSWK-Anwendung und Schlagwortnormdatei unter Einsatz der Datenverarbeitung. in: ZfBB 35 (1988), S. 113-121. Hier S. 121

13) Weidemüller, Hans Ullrich: RSWK-Anwendung in der Deutschen Bibliothek: Kettenbildung und Permutationsverfahren. in: Bibliotheksdienst 20 (1986), S. 941-954

14) Eine Zusammenfassung der Argumente enthält Gerhard Stumpf: RSWK - wirklich ein Relikt? in: Bibliotheksdienst 29 (1995), S. 670-682.

15) Vgl. Geißelmann, Friedrich: Probleme der Vereinheitlichung von RAK und RSWK. in: Bibliotheksdienst 26 (1992), S. 1676-1687

16) Wiechmann, Brigitte: Individualisierungstest in Der Deutschen Bibliothek. in: ZfBB 1999, voraussichtlich Heft 2.


Stand: 08.01.99
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