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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 11, 2000

Multimedia in deutschen Bibliotheken

Aspekte von Zusammenarbeit und Integration1

Monika Cremer

 

Einleitung

"Multimedia" ist heute vielleicht das "coolste" Medium. Das Wort ist in aller Munde!

Wir befinden uns im Multimedia-Zeitalter, wir benutzen Multimedia-PCs, wir kennen Multimedia-Stars und -Experten, Multimedia-Designer werden von den Multimedia-Produzenten gebraucht, Multimedia-Talente werden gesucht und es besteht Bedarf an Multimedia-Wissenschaftlern und -Bibliothekaren! Bücher mit dem Begriff "Multimedia" im Titel scheinen sich gut zu verkaufen. In unserem Bibliotheksnetz fand ich mehr als 4.000 Eintragungen mit dieser Bezeichnung.

Aber was ist eigentlich unter dem Begriff "Multimedia" zu verstehen?

Allgemein gesprochen bedeutet er eine Kombination von Text, Ton und Bildern, einschließlich bewegter Bilder, z. B. Video-Sequenzen oder Computersimulationen.

Einige Definitionen des Begriffes, die ich gefunden habe:

Das "Free On-Line Dictionary of Computing"2 gibt folgende Definition:
"Mensch-Computer-Interaktion, die Text, Graphik, Stimme und Video umfasst, häufig auch unter Einbeziehung des Grundgedankens von Hypertext. Dieser Begriff ist nahezu zu einem Synonym geworden für CD-ROM in der PC-Welt, weil die großen Datenmengen gegenwärtig am besten auf CD-ROM zu speichern sind."

Diese Aussage stammt vom Dezember 1994. Heute dürfte das Internet den Platz von CD-ROMs eingenommen haben.

Mary A. Burke3 gibt in ihrem Buch "Organization of Multimedia Resources (1999) folgende Definition: "Integrierte Speicherung, Retrieval und Bildschirmanzeige von Wörtern, Zahlen, Bildern und Tönen durch ein Computersystem".

Neben dieser Form von Multimedia, die im Allgemeinen in einer einseitigen Datenübermittlung verwendet wird, kennen wir auch interaktive Multimedia.

Die Encyclopedia Britannica4 gibt folgende Definition:
"Interaktive Multimedia: ein Computer-gestütztes elektronisches System, das es dem Benutzer erlaubt, unterschiedliche Arten von Medien, wie Text, Ton, Video, Computergraphiken und Animation zu steuern, zu kombinieren und zu bearbeiten."

Dies ist selbstverständlich eine weiter entwickelte Form von Multimedia und wird zweifellos künftig sehr erfolgreich sein, da Speicherkapazität und Computertechnologie immer billiger werden.

 

Derzeitige Situation in der Bundesrepublik Deutschland

In Deutschland gibt es zahlreiche Universitäten und Bildungseinrichtungen, die Lern- und Lehr-Software für die Forschung und Ausbildung mit hohen persönlichen und finanziellen Anstrengungen entwickeln. Die meisten dieser Hilfsmittel werden allerdings nur von ihren Urhebern und von Kollegen im gleichen Fachbereich genutzt, selbst wenn die Nutzung kostenlos ist. Da es keinen systematischen Informationsdienst für diese Produkte gibt, erreichen sie nur eine kleine Gemeinschaft. Bereits 1997 organisierte die Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen ein Symposium zum Thema "Informations-Infrastruktur im Wandel",5 das einige der von Universitäten entwickelten Multimedia-Modelle vorstellte, z. B. "Der Aufbau von lernförderlichen Infrastrukturen", Musik-Vorlesungen über Internet oder Modellbildung und Simulation - Multimedia-Toolboxes im Physikunterricht. Alle diese Projekte wurden in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt.

Der Deutsche Wissenschaftsrat veröffentlichte seine Empfehlungen6 für die Multimedia-Nutzung im Mai 1998 und betonte, dass Multimedia ein Teil der modernen Hochschulstruktur ist, die nicht mehr vernachlässigt werden darf. Ihre rasche Einführung ist unentbehrlich, und neue Strategien für die notwendigen Kompetenzen und die Ausstattung sind erforderlich. Der Wissenschaftsrat stellte außerdem fest, dass die allgemeine Nutzung in den möglichen Anwendungsbereichen unzureichend ist und es nur wenig Anreiz gibt. In den Universitäten ist Multimedia noch nicht "alltäglich" geworden. Vielerorts gibt es keine Institutionsprogramme, um die Nutzung von Multimedia in der Ausbildung zu fördern.

Die deutsche Regierung immerhin ist sich der neuen Möglichkeiten von Multimedia-Anwendungen bewusst und fördert Multimedia-Projekte durch verschiedene Ministerien. Das Multimedia-Programm des Bundeswirtschaftsministeriums etwa zielt darauf ab, moderne Informations- und Kommunikationsdienstleistungen unter Nutzung von Multimedia zu entwickeln. Die geförderten Projekte beziehen Vorhaben von Firmen, Universitäten und Forschungseinrichtungen mit ein.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert Projekte für die Entwicklung von Multimedia-Ausbildungshilfsmitteln sowohl für Schulen wie für Universitäten. Außerdem fördert es Projekte, die Wissen in digitaler Form zugänglich machen, z. B. digitale Bibliotheken, die den schnellen und umfassenden Zugang zu wissenschaftlichen Informationen verbessern. Dieses Programm umfasst auch Maßnahmen für das elektronische und multimediale Publizieren.

Eines der Projekte ist die "Image Library der biologischen Makromoleküle" an der Universität Jena.7

Diese Image Library des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMB) in Jena strebt eine bessere Datenübermittlung der Informationen über dreidimensionale Biopolymer-Strukturen mit Hauptgewicht auf Sichtbarmachung und Analyse an. Sie bietet Zugriff auf alle Struktureinträge, die in der Proteindatenbank (PDB) oder in der Nukleinsäuredatenbank (NDB) gespeichert sind. Zusätzlich sind grundlegende Informationen über die Architektur der Biopolymer-Strukturen verfügbar. Die Image Library des IMB Jena will dabei sowohl die wissenschaftlichen als auch die pädagogischen Erfordernisse zu erfüllen.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) brachte ihre strategische Forschungsinitiative "V3D2" ("Verteilte Verarbeitung und Vermittlung digitaler Dokumente") Ende 1997 auf den Weg. Rund 23 Forschungsprojekte werden zur Zeit in folgenden Schwerpunkten gefördert:

Die DFG hat kürzlich eine weitere Initiative für die Verbesserung der "Informations-Infrastrukturen für Netzwerk-basierte Zusammenarbeit der Forschung und digitale Publikationen"8 eingeleitet.

Ausdrücklich werden in dieser Initiative erwähnt: Weiterentwicklung des benutzerfreundlichen Zugangs und Forschungsmethoden für multimediale Publikationen unter Nutzung internationaler Standards, sowie Kompetenzerwerb für die Beratung über elektronische und multimediale Publikationen.

 

Projekte der Länder

Es wird also eine Menge gefördert, aber was ist bereits verwirklicht? Ein umfassender Überblick kann hier nicht gegeben werden, aber lassen Sie uns einige der Resultate näher betrachten. Da Deutschland eine Bundesrepublik ist, fördern die Länder vielfach eigene Multimedia-Projekte, und in der Tat, einige von ihnen haben eigene Initiativen ergriffen.

Beginnen wir mit Baden-Württemberg. Dort legte die Regierung das Programm "Zukunftsoffensive Junge Generation"9 auf zur Förderung der neuen Technologien. Ein Teil dieser Initiative ist das "Multimedia-Projekt".10 Es soll Multimedia-Dienste aller Art als "alltäglichen" Service von Bibliotheken schaffen.

Das Bibliothekservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) betreut ein Teilprojekt. Seine Aufgabe ist die Entwicklung eines unabhängigen Servers für digitale Audiodokumente der Zeitgeschichte. Diese Audiodokumente stellt das Deutsche Rundfunkarchiv zur Verfügung, das die Dokumente in digitaler Form gespeichert hat. Die im Archiv gespeicherten Dokumente stellen eine umfangreiche Sammlung von Ton- und Filmdokumenten dar, die von den Rundfunkanstalten produziert wurden. Die Aufgabe des BSZ ist es, relevante zeitgenössische Dokumente über geeignete digitale Massenspeicher-Medien zugänglich zu machen. Der virtuelle Medien-Server erlaubt eine tiefe Sacherschließung, da jedes Dokument bereits Abstracts enthält.

Das Audioformat für die Darstellung im Internet ist "Real Audio", womit Urheberrechtsverletzungen vermieden werden. Die Sicherheit der archivierten Objekte wird nicht angetastet, da die zur Verfügung gestellten Objekte auf einem speziellen Server gespeichert werden. Die Aufgabe des Projektes, diese Objekte für Bildungseinrichtungen des Landes Baden-Württemberg kostenlos zugänglich zu machen, ist erfüllt. Sie können von den Arbeitsplätzen, von den Leseräumen und von den Fachbereichen der Universitäten genutzt werden. Zur Zeit sind 25 Zugriffe gleichzeitig möglich. Im Februar dieses Jahres enthielt das Archiv 181 "RealAudio"-Dateien, die mit der Anwendung RealPlayer 7 genutzt werden können, die in einer kostenlosen Basis-Version verfügbar ist.

Hierzu einige technische Aspekte:

Ein anderes Projekt in Baden-Württemberg, an der Universitätsbibliothek Karlsruhe, ist "DIVA", das Digitale Videoarchiv11 der Universität. Es soll die Nutzungsmöglichkeiten audiovisueller Ressourcen durch Digitalisierung verbessern. Durch Digitalisierung von Videos können diese Materialien an den Arbeitsplätzen der Forscher und der Studenten zugänglich gemacht werden, jederzeit und ohne auf die Unterstützung durch Bibliotheksmitarbeiter angewiesen zu sein.

Da Videos nicht zu den archivalischen Materialien gehören und gleichermaßen bei Nutzung wie bei Nichtnutzung leiden, scheint die Speicherung in digitalisiertem Format ein Weg zu sein, um einige der Probleme zu beheben. Die Verwendbarkeit in digitalisierter Form steigt beträchtlich, das Master leidet nicht unter den abgezogenen Kopien, häufige Nutzung schadet dem Medium nicht und ist sogar durch mehrere Nutzer gleichzeitig möglich. Das Projekt möchte das Problem der Digitalisierung sehr großer Datenmengen bewältigen und übertragbare Lösungen finden.

Da die urheberrechtlichen Fragen auf diesem Gebiet erhebliche Probleme aufwerfen können, bietet das Archiv gegenwärtig nur selbstproduzierte Materialien und einige Aufnahmen vom Fernsehen an, die für spezielle Institute oder Abteilungen der Universität zu Lehrzwecken produziert wurden.

Alle digitalisierten Videos existieren in analoger Form als VHS-Bänder. Die Universitätsbibliothek Karlsruhe benutzt eine Digitalisierungsausstattung auf der Grundlage von Apple-Macintosh-Computern. Die Videos werden als MPEG1-Dateien digitalisiert, das noch ein globaler Standard ist (mit Kodierkarte "mediapress" von WIRED). Die beiden Internet-Formate Quicktime und RealG2 werden mit der Kodierkarte "Media 100" von Terran produziert. Das Archivformat ist schließlich MPEG2.

Die Metadaten für die digitalisierten Videos werden im Südwestdeutschen Bibliotheksverbund gespeichert und sind selbstverständlich über den lokalen OPAC, aber auch über die Homepage der Universitätsbibliothek verfügbar.

Dies sind, könnte man sagen, klassische Digitalisierungsprojekte. Sie wandeln Quellen in ein neues Format um, das die Zugänglichkeit und die Nutzbarkeit erhöht. Dieses ist zweifellos notwendig, aber es schöpft noch nicht alle Möglichkeiten der Multimedia-Angebote aus.

Gehen wir vom Südwesten in den Nordwesten Deutschlands, nach Nordrhein-Westfalen, eines der Länder mit besonders hoher Anzahl von Universitäten und Fachhochschulen.

1997 gründeten die Landesuniversitäten das Kompetenznetzwerk Universitätsverbund MultiMedia (UVM) NRW.12 Sein Ziel ist es, Multimedia-Lehrmodule zu entwickeln und auszutauschen, um die Qualität der Lehre und des Lernens in den Universitäten zu verbessern.

Der Kern dieses Netzwerkes ist eine Arbeitsgruppe, die aus 15 Lektoren der Universitäten und aus Vertretern des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Bildung und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung besteht. Diese Gruppe wählt die Projekte für die Förderung aus.

Die aktuellen Projekte umfassen die Bereiche Geisteswissenschaften, Technik, Mathematik und Naturwissenschaften, Sport, Wirtschaft und Recht. Das Förderungsprogramm läuft zum vierten Mal. Für die Jahre 2000 bis 2001 stehen rund 2 Millionen DM für 8 - 10 Projekte zur Verfügung. Die meisten Projekte haben bereits begonnen. Ein Fernziel ist die Einbindung der Ergebnisse in die "Digitale Bibliothek" Nordrhein-Westfalen, aber bekanntlich sind Urheberrechtsfragen nicht einfach zu lösen. Im Augenblick ist die Zusammenarbeit mit den Bibliotheken nicht noch überall eindeutig definiert.

Die Digitale Bibliothek Nordrhein-Westfalen13 ist das Portal für elektronische Quellen in diesem Bundesland. Sie ermöglicht den Zugriff auf viele deutsche und internationale Bibliothekskataloge oder zu Bibliotheksverbünden sowie zu elektronischen Quellen für Universitäten, soweit sie die erforderlichen Lizenzen erworben haben, z. B. für Faktendatenbanken oder elektronische Fachzeitschriften von Verlegern wie Elsevier, die den Zugriff auf Volltexte erlauben. Auch die Online-Bestellung von Zeitschriftenartikeln ist Teil dieses Portals. Fremdnutzer können freie elektronische Quellen nutzen, während der Rest nur für zugelassene Nutzer der Universitäten zugänglich ist. Innerhalb dieser Digitalen Bibliothek finden auch Multimedia-Ressourcen ihren Platz.

 

Projekte in den Universitäten

Eines der bekanntesten Multimedia-Projekte in Nordrhein-Westfalen ist MILESS - der "Multimediale Lehr- und Lernserver Essen".14

Das Ziel von MILESS ist es, die breite Nutzung von Multimedia-Technologien als zusätzliche Hilfsmittel für Studium und Lehre zu fördern, indem es eine Infrastruktur für alle Interessenten (Lehrer und Studenten) zur Verfügung stellt, unbelastet von technischen Problemen (Speicherung, Zugriff).

Die Universitätsbibliothek Essen unterzieht sich der Aufgabe, alle relevanten elektronischen und Multimedia-Publikationen und -Produkte in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen herauszufinden und für Katalogisierung, Zugriff und auch Archivierung zu sorgen. Alle MILESS-Dienstleistungen sind auch über die allgemeinen elektronischen Dienste der Bibliothek, wie OPAC oder Datenbankrecherchen usw. zugänglich.

MILESS arbeitet als Archiv für Bilder, Töne und Videos, bietet aber auch Software-Hilfsmittel für Kurse, wie Simulationsprogramme oder Verzeichnisse an. Es stellt darüber hinaus Kursmaterialien für Seminare, Primär- und Sekundärbibliographien usw. zur Verfügung. Innerhalb des Konzeptes von MILESS ist es auch möglich, die individuellen Zugangsrechte (schreibender oder nur lesender Zugriff) zu verwalten oder die Ressourcen nur für eine klar definierte Gemeinschaft zugänglich zu machen.

Für die Nutzung von MILESS hat die Universitätsbibliothek 55 Multimedia-PCs installiert, aber selbstverständlich ist das System von jedem beliebigen Computer aus zugänglich, der Zugang zum Hochschulnetz hat.

Einige Details zur Hard- und Software:

MILESS-Hardware:
2 Server, die als 2 Knotenpunkte innerhalb eines IBM RS/6000 SP mit 2 mal MB 256 Hauptspeicher integriert sind (UNIX-System AIX 4.3) und eine Tape Library IBM 3494 als automatisches Band-Archiv mit einer Speicherkapazität von 8 Terabyte.

Software: IBM DB2 Digital Library V2.4 und IVM ADSTAR verteilter Speichermanager (ADSM) als Backup- und Archiv-System. Daneben ist eine spezielle MILESS-Software auf der Grundlage von JAVA und XML entwickelt worden (für das Dublin Core Metadata Element Set).

Um das MILESS-Projekt zum Erfolg zu führen, muss es innerhalb der Universität weithin bekannt gemacht werden. Das ist nicht so einfach, wie es wie aussieht. Die potentiellen Nutzer von MILESS sind eine heterogene Gruppe, die nicht von vornherein von Multimedia-Projekten begeistert ist, meist wegen einer Unsicherheit gegenüber dem Internet und der Multimedia-Anwendungen. Neben der technischen und Dienstleistungs-Infrastruktur ist also die Entwicklung von Multimedia-Fertigkeiten für die Nutzung zwingend. MILESS hat eine graphische Schnittstelle entwickelt, um es den Autoren einfacher zu machen, ihre Arbeiten über MILESS zu verbreiten. Dies geschieht fast ohne irgendwelche Einweisung in die Nutzung des Systems. Beteiligte können eine Maske für die Metadaten (Dublin Core) benutzen und dabei auch die Zugangsrechte definieren, d.h., ob die Arbeit für jedermann über das Internet frei verfügbar oder nur für den Campus oder eine noch kleinere Benutzergruppe zugänglich ist. Sie können auch die Zeitdauer definieren, für die ihre Publikation verfügbar sein soll.

Diese Informationen werden durch die Bibliothek verwendet, um die Verteilung und das Archivieren der Quellen sicherzustellen oder einzuschränken. Darüber hinaus hilft die Bibliothek auch bei der Klassifikation der Arbeiten. Für das Fach Physik kann gebrowst oder über die PACS-Klassifikation (Physik- und Astronomie-Klassifikation) in MILESS gesucht werden.

MILESS ist somit auch der erste Schritt in Richtung zu einer - nicht nur digitalen - University Press für die Universität Essen. Noch ist MILESS nicht in die Digitale Bibliothek von NRW integriert, aber dies scheint bald zu kommen.

Es laufen noch eine Menge anderer Projekte, die nicht alle beschrieben werden können. Doch nicht nur große Universitäten wie die Universität Bielefeld haben damit begonnen, "Digitale Semesterapparate" (digitale Textbücher für Studenten, einschließlich Vorlesungen und Skripten) über das Internet zu veröffentlichen, die auch über die Homepage der Universitätsbibliothek zugänglich sind.

Die Bibliotheken bieten auch Multimedia-Räume für die Nutzung dieser Ressourcen an. Die Nutzung solcher Multimedia-PCs ist üblicherweise auf eingetragene Studenten/Nutzer beschränkt.

An der Universität Göttingen haben wir gerade ein Projekt begonnen, um ein kooperatives lokales und regionales Kompetenzzentrum aufzubauen für die Entwicklung der Multimedia-Ressourcen und des Zugriffs darauf.

Die Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung Göttingen (GWDG),15 das Rechenzentrum der Universität, das Institut für wissenschaftlichen Film (IWF)16 und die Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen17 beabsichtigen, einen gemeinsamen Dienst für Multimedia-Ressourcen zu schaffen. In einem ersten Schritt wird ein Standardarbeitsplatz für Multimedia eingerichtet und ein Prototyp im Medienlesesaal der Universitätsbibliothek installiert (in diesem Raum stehen auch Arbeitsplätze für Internet-Nutzung und für CD-ROMs, Videostationen und ein Arbeitsplatz für Sehbehinderte). In der Startphase sind auf diesem Multimedia-Arbeitsplatz zwei CD-ROM-Publikationen des Instituts für wissenschaftlichen Film verfügbar:

Beide Publikationen verwenden den Multimedia-Ansatz, um neue Wege zum Verständnis komplexer Vorgänge zu eröffnen. Zahlreiche Filme, 3D-Modelle, Computeranimationen sowie interaktive Experimente, die in virtuellen Labors durchgeführt werden, helfen dem Lernenden, die Prozesse besser zu begreifen. Neben der CD-ROM existiert auch eine Internet-Version der "Zelle": http://www.cells.de/cellseng/medienarchiv/index_medien.htm.

Da die Kombination von Animation und Ton nicht von gleich hoher Qualität ist wie auf der CD-ROM, wollen wir eine Intranet-Version dieser Quelle anbieten, die auf dem Campus die gleiche Qualität wie die CD-ROM bietet. Wenn sich diese Intranet-Anlage als zuverlässig erweist, sollen andere Ressourcen entsprechend angeboten werden. Für später ist ein interaktives Multimedia-Lernzentrum innerhalb der Bibliothek geplant, sowohl für Hochschulvorträge als auch für private Studien.

 

Zukünftige Entwicklungen

Alle an der Einführung von Multimedia an Universitäten und Hochschulbibliotheken Beteiligten heben die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit hervor, um die damit verbundenen technischen, rechtlichen und organisatorischen Hürden zu überwinden. Allgemein gesagt: leichter Zugang ist die erste Voraussetzung, einschließlich der einfachen Bedienung der Systeme für die Urheber der Quellen. Breite Akzeptanz innerhalb der Gemeinschaft der Lernenden wird sich als Ergebnis aus diesem Grundsatz entwickeln.

Zum Schluss sei noch kurz ein neues Projekt erwähnt, dessen Förderung soeben im Bundesministerium für Bildung und Forschung geprüft wird: "Physik multimedial: Lehr- und Lernbausteine für das Physikstudium als Nebenfach."

Dieses Projekt ist ein gemeinsames Vorhaben eines Zusammenschlusses norddeutscher Universitäten, z. B. Bremen, Greifswald, Hamburg, Oldenburg und Rostock in Zusammenarbeit mit der San Diego State University, den Universitäten Potsdam und Düsseldorf, der Technischen Universität Berlin und der Technischen Fachhochschule Gelsenkirchen.

Sein Ziel ist es, gut strukturierte Ressourcen an Multimedia-Bausteinen herzustellen, die hinsichtlich Didaktik und Methoden der Forschung, der Lehre und des Studiums der Physik als Nebenfach koordiniert werden (Physik für Chemiker, Medizinstudenten, Studenten der Elektrotechnik etc.). Die Module bestehen aus multimedialen Skripten, Visualisierungen, Lehreinheiten für das Selbststudium, virtuellen Labors; sie können von den Dozenten sehr flexibel für unterschiedliche Vorlesungs- und Unterrichtskonzepte verwendet werden. Gleichzeitig stehen sie für das Selbststudium der Studenten zur Verfügung.

Jeder Baustein soll eine didaktisch-methodische Beschreibung für die Nutzung in einer Lehr-Lern-Situation erhalten, einschließlich der konkreten Vorschläge für Hausarbeiten und Klausuren mit den Studenten. Der Zugang wird über ein zentrales Internet-Portal auf der Grundlage lokaler Netze ihrer Hochschul- und Landesserver gewährleistet. Workshops sollen die gesamte Projektphase begleiten, wobei Studenten und Lehrer über die Module und ihre Tauglichkeit diskutieren können. Die Laufzeit des Projektes beträgt drei Jahre.

Ich hoffe sehr, dass dieses Projekt realisiert werden kann und Gelegenheit bietet, die noch immer bestehende Zurückhaltung bei der Nutzung von Multimedia in der Lehre abzubauen. Die Bibliotheken werden diese Bemühungen nach Kräften unterstützen, aber es ist noch ein langer Weg, bis Multimedia-Ressourcen überall in der Hochschulwelt breit genutzt werden.

 

1 Referat im Rahmen des Workshops "Cooperation between Institutions concerning access to audiovisual and multimedia material" der IFLA Section on Audiovisual and Multimedia, Jerusalem, 17. August 2000. Die Veröffentlichung der deutschen Übersetzung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der IFLA.

2 URL: http://www.de.easynet.net/resources/foldoc/index.html

3 Burke, Mary A.: Organization of Multimedia Rescources, 1999.

4 URL: http://www.britannica.com/

5 Die Beiträge zum größtenteils nachzulesen in "Bibliothek - Forschung und Praxis" 22.(1998), S. 13-96, außerdem online zugänglich über URL: http://webdoc.sub.gwdg.de/edoc/aw/bfp/t8022001.htm

6 URL: http://www.wrat.de/drucksachen/drs3536-98/drs3536-98.htm

7 URL: http://www.imb-jena.de/

8 URL: http://www.dfg.de/foerder/formulare/1_53.htm

9 URL: http://www.baden-wuerttemberg.de/zukunftsoffensive/

10 URL: http://www.bsz-bw.de/diglib/agmm/mmprojbesch.html

11 URL: http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/allg/projekte/multimedia/projektantrag.html

12 URL: http://www.uvm-nw.de

13 URL: http://www.hbz-nrw.de/DigiBib/

14 URL: http://miless.uni-essen.de

15 URL: http://www.gwdg.de

16 URL: http://www.iwf.de

17 URL: http://www.sub.uni-goettingen.de/nojava_home.htm


Stand: 03.11.2000
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