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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 2000

Zeitschriftenmanagement III

Virtueller Bibliotheksetat

Oliver Obst

 

Einführung

Im letzten Teil der Artikelreihe "Zeitschriftenmanagement"1 wurde die Evaluation von Zeitschriften durch Analyse von Zeitschriftenwünschen und Berechnung von Preis/Nutzungs-Faktoren beschrieben. Dabei waren hunderte Titel sozusagen 'durch das Raster' gefallen. Obwohl es nun nahegelegen hätte, diese abzubestellen, entschied sich die Bibliothek letzten Endes doch dagegen. Warum? Zum einen wurden größere atmosphärische Verstimmungen in der Fakultät befürchtet, da dies die dritte große Abbestellungsrunde in den letzten drei Jahren gewesen wäre. Zum anderen konnte durch ein neues Zeitschriftenkonzept, das eine langfristige Lösung der durch die Zeitschriftenpreiskrise verursachten finanziellen Probleme in Aussicht stellte, Sondermittel eingeworben und damit eine Aufschiebung der Abbestellung um ein Jahr erreicht werden.

 

Konzept

Die neu gewählte Bibliothekskommission ließ in ihrer ersten Sitzung im Protokoll vermerken, "dass die Sammel- und Vorhaltepraxis der Bibliothek für Zeitschriften bestimmter Forschungsgebiete bereits defizitär sei. Da die Möglichkeiten der Institute und Kliniken, weitere finanzielle Lasten zu schultern, nicht vorhanden sind, seien Reduzierungs- und Umschichtungsentscheidungen erforderlich." Das zu erarbeitende Konzept sollte also bei unverändertem Etat ein besseres Zeitschriftenspektrum ermöglichen – mit anderen Worten: die Quadratur des Kreises.

Die Bibliothek verfolgte von Anfang an mit diesem Konzept ihre eigenen Ziele.

 

Konzept

Das gemeinsam mit der Bibliothekskommission erarbeitete Konzept sah vor, die Auswahl aller Zeitschriften der Zweigbibliothek Medizin komplett in die Hände der geschäftsführenden Direktoren der medizinischen Fakultät zu legen. Dazu sollte der Zeitschriftenetat der Bibliothek unter den 66 Instituten und Kliniken 'aufgeteilt' werden. Mit diesem - virtuellen - Etat, der je nach Einrichtung zwischen 5.000 und 34.000 DM betrug, sollten die Direktoren Zeitschriften 'kaufen' können. Der auf diese Weise den medizinischen Einrichtungen zur Verfügung gestellte finanzielle Entscheidungsrahmen wurde als "Virtueller institutsbezogener Bibliotheksetat" (ViB) bezeichnet.2 Innerhalb des ViB war den Direktoren vollkommen freigestellt, welche Titel sie in der Bibliothek haben wollten. Sie konnten sowohl laufende Zeitschriften als auch ganz neue Titel nominieren.

Abbildung 1: Der Zeitschriftenetat der Bibliothek wurde den einzelnen medizinischen Einrichtungen zugeordnet

Eine der schwierigsten und spannendsten Entscheidungen bei der Zuordnung von Zeitschriften (oder Etats) zu Fachbereichen ist, nach welchem Schlüssel dies geschehen kann, ohne dass sich jemand ungerecht behandelt fühlt. Welchen ‚Schlüssel der Weisen' hat die Bibliothek nun gefunden?

Eine naheliegende Idee wäre es gewesen, die laufenden Zeitschriften nach fachlichen Gesichtspunkten auf die Institute und Kliniken zu verteilen. Wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten (Welche Klinik hat welches Forschungsprofil? Welche Zeitschrift hat welche fachliche Abdeckung? Wer trifft diese fachspezifischen Entscheidungen? Was wird mit den Desideraten?) wurde dieser Gedanke schnell wieder verworfen.

Die zweite Variante war die Orientierung am so genannten "Bibliotheksabzug". Dieser Etatposten wurde seit Gründung der Bibliothek vor sieben Jahren alljährlich dem Budget jeder medizinischen Einrichtung abgezogen. Der Schlüssel, nach dem dieser Bibliotheksabzug sich errechnete, war altbewährt und wurde - spätestens seitdem die letzte Bibliothekskommission an der Ausarbeitung eines 'gerechteren' Schlüssels gescheitert war - nicht mehr in Frage gestellt. Die Summe des Bibliotheksabzugs aller Einrichtungen betrug 360.000 DM, der Zeitschriftenetat der Bibliothek ca. 830.000 DM, so dass jeder Einrichtung das 2,2fache ihres Bibliotheksabzugs als ViB ‚zugewiesen' werden konnte. (Eine stille Reserve von 30.000 DM behielt die Bibliothek vorerst ein.) Hier wird ein zweiter Vorteil dieses Systems deutlich: Die Einrichtungen bekommen ein Mehrfaches für ihr Geld zurück, das sie 'investiert' haben.

Nachdem das Konzept durch die Bibliothekskommission beschlossen worden war, wurden alle geschäftsführenden Direktoren der Fakultät informiert und um folgende Angaben gebeten:

Zur Unterstützung der Entscheidung wurde ihnen nicht nur eine Liste aller laufenden Zeitschriften der Bibliothek zur Verfügung gestellt, sondern auch aller in den letzten drei Jahren abbestellten sowie gewünschten Titel. Darüber hinaus wurden sie mit folgenden Informationen zu jedem Titel versorgt:

Entsprechend der angegebenen Rangfolge konnten nur so viele Titel abonniert werden, wie es der ViB zuließ. Wenn ein Titel auch von anderen Institutionen genannt worden war, wurde jeder Institution nur der anteilige Preis angerechnet. Ein Titel wurde abonniert, wenn er so weit oben in der Rangfolge mindestens einer Einrichtung stand, dass er aus dem ViB bezahlt werden konnte. Im umgekehrten Fall wurde ein Titel abbestellt, wenn er nicht aus dem ViB mindestens einer Einrichtung abdeckt, d. h. bezahlt wurde.

Tabelle 1: Beispiel für eine Nominierungsliste

Rank

Institut Nr. 1

Nr. 2

Nr. 3

Nr. 4

1

Journal A

Journal C

Journal A

Journal A

2

Journal B

Journal E

Journal C

Journal B

3

Journal C

Journal F

Journal F

Journal D

4

Journal D

Journal G

Journal H

Journal H

Beispiel: In der obigen Tabelle hat jedes der vier Institute vier Zeitschriften nominiert. Es können aber nur jeweils drei Titel aus dem ViB bezahlt werden. Obwohl die Zeitschrift D bei Institut 1 auf dem nicht ausreichenden vierten Platz steht, wird sie trotzdem abonniert, da sie bei Institut 4 auf Platz 3 steht, d. h. von diesem bezahlt wird. Dagegen würden die Journale G und H nicht bzw. abbestellt werden. Den Preis für Journal A teilen sich die Institute 1, 3 und 4, den Preis für Journal B die Institute 1 und 4, usw. Streicht Institut 1 im darauffolgenden Jahr das Journal A aus seiner Nominierungsliste, erhöht sich dadurch für die Institute 3 und 4 der anteilige Preis um 50%. Deshalb sieht das Konzept in einem solchen Fall rechtzeitige Konsultationen mit den betroffenen Institutionen vor.

Zur Vereinfachung der Auswahl wurden diejenigen 28 Titel, die am häufigsten nachgefragt und schlichtweg nicht disponibel waren, als unverzichtbarer Kernbestand deklariert und den Einrichtungen nicht zugeordnet, sondern vorab aus dem Gesamtetat der Bibliothek bezahlt. Hierunter fielen Titel wie British Medical Journal, Cancer, Cell, Journal of Biological Chemistry, Lancet, Nature, Science, usw.

Die Ranglisten aller Einrichtungen wurden in einer Access-Datenbank eingegeben, die eigens für diesen Zweck programmiert worden war. Abbildung 2 zeigt den anonymisierten Datensatz eines der Institute.

Abbildung 2: ACCESS-Datensatz der nominierten Titel eines Instituts (PO = print/online, Ab 96 (f) = laufender Titel - (1) = 1996 abbestellt - (20) = Desiderat, Preis einzeln = Abonnementspreis p.a., Bestell man = Titel wird aus ViB des Instituts bezahlt, Anz = Anzahl der teilhabenden Einrichtungen, Preis umgeleg = Anteiliger Preis für jede Einrichtung)

Nachdem die aus dem ViB bezahlbaren Titel für alle Einrichtungen berechnet worden waren, wurde jeder Institution ein Berichtsbogen zugeschickt, der die Ergebnisse für ihre Nominierungen enthielt (Tab. 2). Damit sollte ihnen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Nominierungen und deren Rangfolge vor dem Hintergrund der Gesamtnominierungen der Fakultät noch ändern zu können. Es kam daraufhin auch zu einzelnen Änderungswünschen, die befürchtete Flut von rein 'strategischen' Änderungen bei Titeln und Rangfolge blieb jedoch aus.

Tabelle 2: Berichtsbogen mit den Ergebnissen für ein Institut

Institut für N.N.

Professor Müller

 

Rank

Titel

Institutionen, die diese Titel nominiert haben

Bestellt?

Abopreis

Anzahl
beteiligter Institute

Anteiliger
Preis

1

Audiology
Institut für N.N.
Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde

ja

1.075

2

538

2

Ear and hearing
Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie
Institut für N.N.
Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde

ja

384

3

128

3

Neuroreport
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Institut für N.N.
Institut für Anatomie

ja

3.530

3

1.177

4

Nature neuroscience
Institut für Experimentelle Pathologie
Institut für Neuropathologie
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Institut für N.N.

ja

1.600

4

400

5

Human brain mapping
Institut für N.N.

ja

1.229

1

1.229

6

NeuroImage
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Institut für N.N.

ja

960

2

480

7

European journal of neuroscience
Institut für Physiologie
Institut für N.N.

ja

3.191

2

1.595

8

Biomedizinische Technik
Institut für N.N.

ja

705

1

705

9

Journal of cognitive neuroscience
Institut für N.N.

ja

550

1

550

10

Cerebral cortex
Institut für N.N.

ja

960

1

960

11

Hearing research

nein

7.925

0

7.925

12

Brain research

nein

37.044

0

37.044

Ihr 'Virtueller Bibliotheksetat': 10.942

Kosten:

7.762

 

Differenz:

3.180

 

Ergebnis

Bei einem solchen Konzept ist es unabdingbar, eine Rückmeldung von allen Instituten und Kliniken zu bekommen. Dies ist erfreulicherweise gelungen – auch wenn es dazu mehrerer Monate und einiger Hartnäckigkeit bedurfte. Von den insgesamt 66 Einrichtungen gaben 4 keine Titelwünsche an, 60 listeten die Titel in der vorgegebenen Form und 2 benutzten ein anderes Rangschema. Eines dieser beiden Institute konnte sich nur zu einer Unterteilung der Zeitschriften in A, B und C-Prioritäten durchringen, das andere listete alle Titel einfach alphabetisch auf. Nach Rücksprache konnten die angegebenen Reihenfolgen als Rangfolgen gewertet werden. Alles in allem wurden 1.284 Zeitschriften nominiert, davon 28% in Print-, 38% in Online- und 34% sowohl in Print- als auch in Online-Form. Jede Einrichtung nominierte durchschnittlich 19,5 Titel (das Maximum betrug 121 Titel). Von diesen Zeitschriften konnten über 80% (1.027) aus den ViBs bezahlt werden. Diese Titel entsprechen 583 verschiedenen Zeitschriften, von denen 249 von der Bibliothek bisher nicht laufend geführt worden waren. Diese Titel wurden neu abonniert - ein in dieser Größenordnung einmaliger Vorgang. Weitere 178 Titel standen über Konsortialverträge online zur Verfügung. Von den restlichen 79 Titeln blieben letztendlich 12 aufgrund ihres großen Wertes (s.u.) abonniert, weitere 17 waren dezentral abonniert, so dass letztendlich nur 50 der nominierten Zeitschriften (3,9%) nicht an der Fakultät zugänglich waren. Damit waren über 96% aller gewünschten Titel im darauffolgenden Jahr an der Fakultät zugänglich. 10% des ViBs wurde nicht ausgeschöpft, mit diesem verbliebenen Etat wurden die Kernzeitschriften bezahlt.

Abbildung 3: Abbestellte Titel waren wesentlich kostspieliger in der Benutzung

Berechnet man den durchschnittlichen Preis/Benutzungs-Faktor für die nominierten Titel, die bereits abonniert waren (laufende Titel), so ist er mit 18,80 DM pro Benutzung relativ moderat. Für jede Benutzung einer Zeitschrift aus dem Kernbestand fallen durchschnittlich gar nur 6,90 DM an. Dagegen musste die Bibliothek bei den abbestellten Zeitschriften 97,70 DM pro Benutzung bezahlen (Abb.3).

Über die Hälfte aller laufenden Titel (399) wurde nicht nominiert oder war nicht aus den ViBs bezahlbar. Bei genauer Überprüfung dieser Zeitschriften stellte sich heraus, dass hierunter überdurchschnittlich häufig benutzte und/oder zum Grundbestand gehörende Titel zu finden waren wie z. B. das Bundesgesundheitsblatt, Deutsche medizinische Wochenschrift, usw. Diese Titel waren von den Direktoren offensichtlich schlichtweg übersehen oder aber nicht als Zeitschriften erkannt worden. In Absprache mit der Bibliothekskommission wurde daraufhin das Konzept geändert, um diese 'Fehler' korrigieren zu können. Mit der Reserve von 30.000 DM sollten die wichtigsten dieser 399 Titel weiterabonniert werden. Dazu wurden anhand der Bewertungskriterien einer früheren Studie3 84 besonders wertvolle Titel ausgewählt. Dieser Bestand wurde als 'Erweiterter Kernbestand' bezeichnet. Wie überzeugend bei dieser Auswahl die Trennung zwischen 'preis-werten' und nicht 'preis-werten' Zeitschriften gelang, macht Tab. 3 deutlich: Während die Titel des erweiterten Kernbestands durchschnittlich 9,86 DM pro Benutzung kosteten, verursachten die abbestellten Titel mit 97,65 DM fast die zehnfachen Kosten. Der verbleibende Rest von 315 nicht aus den ViBs bezahlbaren, nicht nominierten oder nicht 'preis-werten' Zeitschriften wurde abbestellt.

Tabelle 3: Kennzahlen der einzelnen Zeitschriftengruppen

 

Kern-
bestand

Erweiterter Kernbestand

Weiter-
laufend

Abbestellt

Neu

Zahl der Titel

28

84

334

315

249

Gesamtpreis

81.700

50.300

419.200

473.600

278.000

Durchschnittspreis pro Titel

2.918

599

1.255

1.503

1.116

Benutzung p.a.

11.820

5.100

22.270

4.850

-

Preis/Benutzung

6,90

9,86

18,82

97,65

-

Somit betrug die Gesamtzahl der Abonnements vor Umsetzung des Konzepts 761 Titel mit einem Gesamtpreis von 1.024.800 DM, nachher 695 Titel für 829.000 DM.

 

Diskussion

Wenn es gelingt, 66 Zeitschriften einvernehmlich durch die Direktoren zur Abbestellung auswählen zu lassen, dabei 200.000 DM einzusparen und trotzdem noch 96% aller Wünsche zu erfüllen, scheint die Quadratur des Kreises gelungen zu sein. Und tatsächlich hat das Verfahren der fachlichen Zuordnung der Zeitschriften mittels ViB zu einem Selektionsprozess für häufig benutzte und 'preis-werte' Zeitschriften geführt. Das vorliegende Konzept erlaubt zudem schnelle und flexible Reaktionen auf Veränderungen in der Forschung oder im Publikationsverhalten der jeweiligen Fachgebiete, da die Institute und Kliniken jederzeit die Gelegenheit haben, ihre Zeitschriftenauswahl neu treffen zu können.

Da der Fakultät zum ersten Mal die Möglichkeit gegeben wurde, in großem Umfang Neuabonnements zu tätigen, konnten die - oft kritisierten - Abbestellungen von 19964 rückgängig gemacht werden, was auch bei 71 der 300 stornierten Titel geschah.

Interessant ist der Vergleich mit dem bisherigen Zeitschriftenspektrum der Bibliothek: Von den 761 laufenden Kaufzeitschriften waren lediglich 424 (56%) nominiert worden. Dieser geringe Prozentsatz deutet daraufhin, dass trotz der beiden Abbestellungsrunden keine Entwicklung des Zeitschriftenspektrums in Richtung der Zeitschriftenbedürfnisse stattgefunden hatte. Dies liegt vermutlich an dem beobachteten Phänomenen, dass Direktoren, wenn sie aus dem Vollen schöpfen können, Titel nach Gutdünken ankreuzen; wenn dagegen ein Budget limitierend wirkt, vergessen sie wichtige Titel einfach. Man sollte also eine Titelauswahl nicht ausschließlich den Direktoren überlassen, sondern sich mittels eines nachgeschalteten Verfahrens die Option behalten, die Auswahl noch korrigieren zu können.

Positiv ist zu nennen, dass etliche Direktoren die Sparmentalität bereits so sehr verinnerlicht hatten, dass sie die Bibliothek von sich aus auf nicht oder selten benötigte Titel ihres Fachgebietes aufmerksam machten, die abbestellt werden könnten. Negativ ist die bei diesem Konzept bestehende Gefahr zu erwähnen, dass manche Einrichtungen Appetit bekommen könnten, über den ihnen gleichermassen 'frei' zur Verfügung gestellten Etat auch in der Realität frei (d. h. nicht im Bibliothekssinne) zu verfügen.

 

Resümee

Da eine Medizinbibliothek auch nicht annähernd alle Titel im Abonnement anschaffen kann, die von den Wissenschaftlern vor Ort benötigt werden, muss die Bibliothek eine Abwägung im Sinne von access versus holding treffen. Dabei gibt es auf dem Kontinuum zwischen access und holding vier Etappen, die für eine optimierte und langfristig bezahlbare Literaturversorgung wesentlich sind. Je nach Informationsbedürfnissen und finanzieller Situation werden Titel mal zu der einen, mal zu der anderen Angebotsform gehören:

  1. Die allerwichtigsten Zeitschriften mit weit überdurchschnittlicher Bedeutung und Benutzungsintensität. Sie werden sowohl in Print- als auch in Online-Form abonniert. Zum einen bedeutet es einen enormen Vorteil für Therapie und Forschung, durch Online-Abos schneller und einfacher auf Forschungsergebnisse zugreifen zu können. Zum anderen gestattet bisher nur die Print-Version das nicht-zielgerichtete, kreative ‘Stöbern' sowie die verlässliche und dauerhafte Archivierung.5 Beispiele für diese Kategorie sind die Titel des Kernbestands.
  2. Wichtige Zeitschriften werden - je nach Benutzerwunsch - entweder in Print- oder in Online-Form abonniert. Zur Zeit werden viele dieser Titel noch in beiden Formaten angeboten, was zum einen daran liegt, dass Verleger die Online-Version kostenfrei zum Print-Abo mitliefern, zum anderen wegen der Nominierung der Benutzer. Dies ist mittelfristig nicht zu bezahlen und wirtschaftlich nicht zu vertreten. Die Doppelung sollte lediglich während einer Übergangsphase möglich sein, um Erfahrungen zu sammeln und um die Entscheidungsfindung für eines der beiden Formate zu unterstützen. Hierunter fallen die meisten laufenden Titel. Bei Preisanstiegen werden diese in die Form Nr. 3 übergehen.
  3. Weitere wichtige, aber weniger benutzte und/oder kostspielige Zeitschriften bzw. deren Artikel werden kostenfrei über subito angeboten.6 Die Lieferzeit ist mit 1-3 Tagen schnell genug, um ein Äquivalent zu Zeitschriftenabos darzustellen, auch wenn man Abstriche an die Lesbarkeit und Qualität von Abbildungen machen muss. Angesichts der kurzen Halbwertszeit der Zeitschriftenbenutzung gerade im medizinischen Bereich muss nicht jeder Titel über Jahrzehnte hinweg abonniert und aufbewahrt werden. Form 2 und 3 werden zusammenwachsen, je mehr Zeitschriften per pay-per-view verfügbar sind.
  4. Weniger wichtige, seltene oder nicht so dringende Artikelwünsche müssen von den Kunden selber per Fernleihe (subito, Jason oder Roter Leihschein) befriedigt werden.

 

1 O. Obst: "Zeitschriftenmanagement II - Zeitschriftenbedürfnisse und Bewertungskonzepte" In: Bibliotheksdienst 34(7/8):1194-1210 (2000)

2 Die Idee, Zeitschriften den medizinischen Einrichtungen zuzuordnen, verdanken wir Dr. Ulf Paepcke von der medizinischen Bibliothek des Benjamin-Franklin-Klinikums Berlin-Steglitz.

3 Obst, Zeitschriftenmanagement II, a.a.O.

4 O. Obst: "Zeitschriftenmanagement I - Preissteigerungen und Abbestellungen" In: Bibliotheksdienst 34(5) S.783 (2000)

5 Zimmer, D.E.: Je neuer die Medien, desto kürzer ist ihre Lebenserwartung. In: Die ZEIT, 18.11.1999.

6 O. Obst: "Können Dokumentlieferungen Zeitschriftenabos ersetzen? Subito kostenfrei für Endnutzer - ein Projekt" Vortrag auf der Sitzung der AGMB auf dem Bibliothekartag am 22.3.2000 in Leipzig [Online im Internet erhältlich unter der URL: http://www.agmb.de/00_leipzig/]


Stand: 10.10.2000
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