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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 9, 2000

Notwendige Eigeninitiative

Zur Gründung der "Initiative Fortbildung für wissenschaftliche Spezialbibliotheken und verwandte Einrichtungen e.V."

Christiane Schaper, Hans Bohrmann, Leyla Schön

 

Seit Bekanntwerden der Pläne zur Schließung des Deutschen Bibliotheksinstituts und damit auch des Beratungsdienstes Wissenschaftliche Spezialbibliotheken hat sich die "Initiative fachspezifischer Arbeitsgemeinschaften wissenschaftlicher Spezialbibliotheken" (APBB, AjBD, AKthB, VkwB, Initiative Designbibliotheken, AKMB) unter Federführung der AKMB für den Erhalt bzw. für die Schaffung von Alternativen zur Weiterführung des Beratungsdienstes Wissenschaftliche Spezialbibliotheken eingesetzt. Mehrfache Stellungnahmen und Nachfragen dieser Initiative zu den geplanten Entwicklungen waren immer wieder Ausdruck der Sorge um die Sicherung und Weiterentwicklung spezialbibliothekarischer Professionalität, nicht zuletzt durch maßgeschneiderte und qualitativ hochwertige Fortbildungsangebote.

Nach den Vorgaben des Abwicklungsplans für das DBI wird der Beratungsdienst jedoch im Februar 2001 eingestellt. Klar wurde inzwischen auch, dass von dem unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz neu einzurichtenden "Deutschen Institut für Bibliotheksinnovation und –entwicklung" keinesfalls die von uns als unverzichtbar angesehenen Dienstleistungen zu erwarten sein werden. Für die auf Kontinuität angelegte und angewiesene Arbeit der fachspezifischen Arbeitsgemeinschaften ist eine Alternative aber erforderlich.

Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur Berlin (Staatssekretär Dr. Alard von Rohr) antwortete im Februar 2000 auf die eindringliche Nachfrage der "Initiative fachspezifischer Arbeitsgemeinschaften wissenschaftlicher Spezialbibliotheken" nach Perspektiven für eine Serviceleistung im Sinne des Beratungsdienstes des DBI: "Ich kann daher nur an alle Nutzer des früheren DBI appellieren, nichts unversucht zu lassen, Dienstleistungen des früheren DBI in eigene Regie oder eine andere, auch kollektive Trägerschaft (z. B. Konsortien, Arbeitsgemeinschaften u. ä.) zu überführen."

Diesem Aufruf nach Eigeninitiative sind wir gefolgt, da wir eine zentrale Beratungsstelle für Fortbildungsbelange für in wissenschaftlichen Spezialbibliotheken und verwandten Einrichtungen arbeitende Informationsspezialisten für unerlässlich halten. So haben sich Vertreter verschiedener spezialbibliothekarischer Zusammenhänge, aber auch aus dem Archiv- und Museumsbereich – erneut unter Federführung der Arbeitsgemeinschaft der Kunst- und Museumsbibliotheken (AKMB) – zusammengetan, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Das Ergebnis war die Gründung der "Initiative Fortbildung für wissenschaftliche Spezialbibliotheken und verwandte Einrichtungen e.V." am 30.6.2000 in Berlin. Die Gründung ist die konsequente Antwort auf die Schließung des DBI. Sie wurde notwendig, da die vom Beratungsdienst in der Vergangenheit angebotenen Dienstleistungen von anerkannt hoher Qualität künftig entfallen müssen und nicht erkennbar ist, dass diese an anderer Stelle erbracht werden können oder sollen. Insofern sieht sich die "Initiative Fortbildung ..." in der Pflicht, zumindest partiell die Nachfolge des DBI-Beratungsdienstes anzutreten.

Zu den Zielen des Vereins heißt es in der Satzung:

Die "Initiative Fortbildung..." will also dem wachsenden Stellenwert von Fortbildung in einer sich schnell – und oft unvorhersehbar – verändernden Arbeitswelt Rechnung tragen. Eine solide Ausbildung garantiert inzwischen keine ein für alle Mal gesicherte Berufsperspektive mehr. Flexibilität am Arbeitsplatz lautet das Gebot der Stunde. Die Zukunft der Arbeit wird überwiegend mit Eigeninitiative und Selbstverantwortung zu tun haben (Stichwort: employability versus employment).

Der Dialog mit ihren Zielgruppen und eigene Marktbeobachtung sollen die "Initiative Fortbildung ..." in die Lage versetzen, aus der oft unspezifischen Menge von Themen und Fragestellungen exakt diejenigen herauszufiltern, deren Behandlung in Form von maßgeschneiderter und qualitativ herausragender Fortbildung Nutzen stiftet.

Das innovative Potential, das jeder Umbruchsituation innewohnt, gedenken wir zu nutzen: entsprechend wollen wir den traditionellen Begriff der Fortbildung sehr viel weiter fassen. Ebenso erweitern wir das Spektrum der Zielgruppen erheblich, indem wir uns gleichermaßen an Mitarbeiter von Archiven, Dokumentationsstellen, Museen, Spezialbibliotheken, Informationsvermittlungsstellen usw., wie auch an arbeitslose Kollegen, die sich für eines oder mehrere der genannten Arbeitsfelder qualifizieren wollen, wenden.

Dieses angestrebte erweiterte Spektrum ist auch bei der Zusammensetzung der Gründungsmitglieder erkennbar. Dazu gehören Roland Bertelmann (Bibliothek und wissenschaftliche Information Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin), Prof. Dr. Hans Bohrmann (Institut für Zeitungsforschung Dortmund), Petra Hauke (Bibliothek des Archivs zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft Berlin), Monika Lübcke (Verwaltungsinformationszentrum Charlottenburg), Dr. Gerd Paul (Bibliothek und Dokumentation des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung), Christiane Schaper (Bibliothek des Historischen Museums Frankfurt a.M.), Leyla Schön (Bibliothek des Behandlungszentrums für Folteropfer Berlin), Henriette Senst (Bibliothek des Robert-Koch-Instituts Berlin), Monika Steffens (Bibliothek des Stadtmuseums Oldenburg) und Dr. Christof Wolters (Institut für Museumskunde Berlin). Darüber hinaus gibt es weitere Personen, die sich schon in der Gründungsphase zur Mitgliedschaft bekannt haben.

In den Vorstand wurden Christiane Schaper (Vorsitzende), Prof. Dr. Hans Bohrmann (Stellvertretender Vorsitzender) und Leyla Schön (Schatzmeisterin) gewählt.

Für den Beirat konnten bisher Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Paul Raabe (Franckesche Stiftungen Halle/Saale), Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard (Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt und Berlin), Dr. Claudia Lux (Zentral- und Landesbibliothek Berlin) und Guy St. Clair (SMR International New York) gewonnen werden.

Außerdem hat sich Evelin Morgenstern (Beratungsdienst Wissenschaftliche Spezialbibliotheken des EDBI, noch bis Mitte Februar 2001) bereit erklärt, die künftige Geschäftsführung zu übernehmen.

Die "Initiative Fortbildung..." hat ihren Sitz in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin.

Das mit diesen bisherigen Ergebnissen gezeigte Maß an Eigeninitiative hat die Senatsverwaltung Berlin positiv aufgenommen. Gemeinsam wurde verabredet, dass – begleitet vom Wohlwollen des Senats - versucht werden soll, dem Verein, über eine sogenannte Ausgründung zwei Jahre lang (nämlich bis zur endgültigen Schließung des DBI), die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Bewahrheitet hat sich jedenfalls schon jetzt, dass es richtig war, die Gründung des Vereins zu forcieren. Viele Fragen sind auch jetzt noch offen, insbesondere die langfristige Finanzierung. Die Basis für weitere Entscheidungen ist jedoch nun gelegt.


Stand: 01.09.2000
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