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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 9, 2000

Benutzerschulung

Konzept und Erfahrungen an der Zentral- und Landesbibliothek Berlin

Christa Bunke

 

1. Die ZLB – eine "Bibliothek für jedermann"

Die ZLB (Zentral- und Landesbibliothek Berlin) wurde kürzlich von einer Berliner Zeitung als "Bibliothek für jedermann" bezeichnet und ich meine, dies ist sehr zutreffend. Sie wird sowohl von Menschen aller Altersstufen (etwa ab 5 Jahre bis ins hohe Alter) als auch von allen Bevölkerungsschichten genutzt. Das Haus Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) in Berlin-Kreuzberg erfreut sich zudem bei der dort ansässigen vorwiegend ausländischen Bevölkerung großer Beliebtheit.

Unsere Leserschaft zeigt somit ein sehr heterogenes Profil; auch muss von einem unterschiedlichen Kenntnisstand und von unterschiedlichen Lernzielen ausgegangen werden. Eine Zielgruppenanalyse ist daher nur bedingt möglich.

Die ZLB ist ein stark frequentiertes Haus. Wenn man der Statistik glauben darf, hatten wir 1999 knapp 88.000 aktive Benutzer; die Besucherzahl lag jedoch weitaus höher.

Unsere Mitarbeiter haben im täglichen Benutzungs- und Auskunftsdienst enorme Leistungen zu erbringen, von den Anforderungen oft etwa gleichzusetzen mit einem Kaufhaus in Schlussverkaufszeiten.

 

2. Schulungsangebot der ZLB

In beiden Häusern - der AGB und der BStB (Berliner Stadtbibliothek) - gab es schon immer Bibliotheksführungen, beide Häuser waren beliebtes Ziel von Schülern und Lehrern bei der Materialsuche für Vorträge und Hausarbeiten sowie bei der Prüfungsvorbereitung.

Neben dem täglichen Routinebetrieb und ohne zusätzliche, extra für diese Aufgaben zur Verfügung stehende Mitarbeiter, bietet die ZLB ein verschiedenartiges Schulungsangebot: während die Kinder- und Jugendbibliothek die 5- bis 18jährigen betreut, widmen sich andere Bereiche vorwiegend der Projektarbeit mit Schulklassen sowie der Erwachsenenschulung. Unsere Schulungen sind begrenzt auf 1-2 Stunden sowie auf 10 – 12 Personen und haben einen Erklärungs- und einen Übungsteil. Eine Ausnahme bildet die Arbeit mit Schulklassen.

 

2.1 Die Kinder- und Jugendbibliothek

vermittelt Kindern und Jugendlichen Medienkompetenz auf verschiedene Weise:

Im Computerclub können die Kenntnisse dann weiter vertieft werden (Erarbeiten von Homepages, Grafiken etc.).

 

2.2 Schulungsangebot im Erwachsenenbereich

2.2.1 OPAC

Seit der Einführung des OPAC im Jahre 1993 gibt es einen verstärkten Beratungs- und Betreuungsbedarf der Nutzer bei der Handhabung des hauseigenen Katalogsystems. Zahlreiche Schulungen zunächst während, später außerhalb der Öffnungszeiten sollen Abhilfe schaffen und dem Leser Kenntnis im Umgang mit dem neuen Medium vermitteln.

Die Unterweisungen erfolgen in jedem Haus einmal wöchentlich. Der Betreuungsbedarf ist nach wie vor groß. Um möglichst viele, auch potentielle Leser mit dem OPAC bekannt zu machen, gibt es außerdem bei jeder Bibliotheksführung auch eine kurze Einweisung in die OPAC-Bedienung sowie – wenn nötig – auch beim Auskunftsdienst im Schnellverfahren.

Die Kenntnisse in der Computerbedienung sind dabei höchst unterschiedlich (mangelhafte Rechtschreibung, mangelnde Kenntnis der Buchstaben, Ungeübtheit mit der Tastatur, Angst vor dem Computer etc.), so dass auf jeden Teilnehmer oftmals individuell eingegangen werden muss.

Ein speziell dafür verfasster Flyer über "Suchstrategien im OPAC" liegt für jeden Interessierten aus; ob er immer gelesen wird, ist schwer zu sagen. Zeitweise können wir aber doch Leser beobachten, die das Gelernte mit Hilfe dieses Textes noch einmal nachzuvollziehen versuchen.

 

2.2.2 Einweisung in CD-ROM-Datenbanken

Der vermehrte Einsatz von CD-ROM-Datenbanken in die Auskunftstätigkeit machte es erforderlich, dafür ebenfalls Schulungen anzubieten.

Geplant war, Fachdatenbanken in den Fachbereichen vorzustellen, während die Informationsabteilung Datenbanken mit allgemeinem bibliothekarischen Charakter präsentieren sollte. Vorgestellt wurden daher die am meisten interessierenden Datenbanken wie VLB, NaBi, ZDB, Munzinger. Die Schulung gab Hinweise über Aufgabe, Aufbau und Benutzung der jeweiligen Datenbank, verbunden mit einer Reihe von praktischen Beispielen sowie der Ausgabe eines Merkzettels.

Zunächst war das Interesse groß, die Zahl der Teilnehmer ließ aber nach einem halben Jahr spürbar nach, so dass wir von weiteren Schulungen absahen.

Der Fachbereich Recht hingegen stellt seit einigen Jahren einmal wöchentlich die Juris-Datenbank vor, was besonders von angehenden Juristen dankbar angenommen wird.

 

2.2.3 Projektarbeit für Schulklassen

Gern werden von Lehrern und Schulklassen die Möglichkeiten der Projektarbeit in Anspruch genommen.

Erwähnt werden soll hier nur am Rande die Zusammenarbeit von Schule und Bibliothek in unserem "Zentrum für Berlin-Studien", dessen Mitarbeiter mit den Schülern berlinspezifische Themen behandeln. In dem vor kurzem beim DBI erschienenen Titel "Schüler in wissenschaftlichen Bibliotheken" wird darüber berichtet.1

Bei anderen Projekten werden Schülern (bes. der 9.-10. Klassen, aber auch Berufsschülern) neben einer Führung mit OPAC-Erklärung Themen aus verschiedenen Fachgebieten genannt, nach denen recherchiert werden soll. Bei solchen themenorientierten OPAC-Recherchen stehen unsere Fachlektoren den Schülern hilfreich zur Seite und weisen sie in die unterschiedlichen Recherchemöglichkeiten ein.

Die Zusammenarbeit mit den Lehrern hat sich in letzter Zeit sehr gut entwickelt. Bekundeten sie zunächst meist nur Interesse an einer Bibliotheksführung, so herrscht jetzt der Wunsch nach themenorientierten Führungen und Projekten vor.

So werden wir ab dem nächsten Schuljahr bes. für die 11. und 12. Klassen Projektarbeit mit Literaturrecherchen zu verschiedenen Themen zur Erreichung von Informationskompetenz als erster Stufe des wissenschaftlichen Arbeitens und als Vorbereitung auf das mögliche Studium anbieten.

 

2.2.4 Recherche in Verbundkatalogen

Da die Zahl der Fernleihbestellungen stetig steigt (1999: knapp 18.000), gibt es seit April Einführungen in bibliothekarische Recherchemöglichkeiten, für die wir zwei Stunden einplanen. Wir wollen damit unsere Leser befähigen, die Verbundkataloge selbstständig zu bedienen, um so die gewünschte Literatur zu finden. Es gibt bereits eine größere Anzahl an Vormerkungen dafür, selbst von Studenten, obwohl auch die Universitätsbibliotheken so etwas anbieten. Wir müssen jedoch feststellen, dass die Kenntnis des Umgangs mit Verbundkatalogen nicht in ausreichendem Maß vorhanden ist und dass auch elementare Kenntnisse des Quellenmaterials keinesfalls vorliegen (Unterschied Zeitschriftenartikel – Buchtitel etc.).

 

2.2.5 Senioren-Schulungen

Speziell für Senioren gibt es im Haus BStB die Einführung in den OPAC. Einmal im Monat lernen die Teilnehmer den Umgang mit dem Computer kennen und erlangen hierbei eine gewisse Sicherheit.

Im November 1999 führten wir eine Senioren-Woche unter dem Titel: "Medienkompetenz für Senioren" durch, bei der nicht nur der OPAC erläutert wurde, sondern man konnte auch CD-ROM-Datenbanken und vor allem das Internet mit fachlicher Unterstützung des Bibliothekspersonals kennen lernen. Die Einführungen dauerten ca. eine Stunde und beinhalteten grundlegende Fragen der elektronischen Recherche wie auch die Handhabung der Maus. Aus den Themen, die dabei angeschnitten wurden, erarbeitete das Referat Information eine Linksammlung, die auf unserer Homepage zu finden ist.

Die Senioren waren überaus zahlreich erschienen und viele mussten wegen der nicht ausreichenden Geräte auf spätere Termine vertröstet werden.

Seit diesem Jahr gibt es nun auch Internet-Stunden für Senioren. Zumindest bis zum Sommer werden diese Termine ausgebucht sein, und es kam auch schon vor, dass der Enkel seinen Opa dazu anmeldete!

Auch jüngere Leser und Berufstätige sind sehr an Internet-Einsteiger-Seminaren interessiert. Deshalb haben wir vor, diese Schulungen auf die gesamte Leserschaft auszuweiten.

 

3. Resümee

Für alle zum Schulungspersonal gehörenden Kollegen ist Benutzerschulung eine neue Aufgabe und eine echte Herausforderung, bei der sie vieles dazulernen. Gehört doch nicht nur das Beherrschen des Schulungsthemas, sondern auch die Art und Weise der Darbietung dazu. Die vertiefenden Kenntnisse von OPAC und Datenbanken werden den Mitarbeitern vom Referat Information vermittelt. Um das nötige pädagogische Wissen zu erwerben, sind für uns Seminare "Train the trainer" geplant.

Wir haben weiter festgestellt, dass nicht jeder, der sich angemeldet hat, dann auch wirklich zum Termin erscheint. Erfahrungen aus anderen Bereichen sind ähnlich: 50% der angemeldeten Interessenten sind also schon ein gutes Ergebnis. Die Ursachen dafür können vielfältiger Natur sein. Senioren bilden da eine rühmliche Ausnahme.

Von unseren Schulungsangeboten machen besonders Kinder und Jugendliche Gebrauch. Die arbeitende Bevölkerung ist an Schulungen, sicher aus Zeitmangel, weniger interessiert. Erst im Alter steigt dann wieder das Interesse, Neues zu erlernen und auszuprobieren. Auf jeden Fall macht es aber allen Spaß und viele stellen fest, dass Bibliothek gar nicht langweilig ist!

 

1 Schüler in wissenschaftlichen Bibliotheken. Hrsg. Karen Wien. Berlin : DBI, 1999 (Arbeitshilfen)


Stand: 01.09.2000
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