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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 3, 2000

Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken

Alice Keller, Arlette Piguet

 

Elektronische Informationsressourcen, also Datenbanken und elektronische Zeitschriften, sind teuer, und der Aufbau und die Betreuung eines bedarfsgerechten elektronischen Angebotes erfordern innerhalb einer wissenschaftlichen Bibliothek ein erhebliches Maß an Verhandlungsgeschick und Expertise im Bereich Informationstechnik. Längst nicht alle Bibliotheksbenutzer in der Schweiz verfügen über den Zugang zu einem adäquaten elektronischen Informationsangebot. Viele, vor allem kleinere Bibliotheken von Hochschuleinrichtungen sind nicht in der Lage, mit eigenen Ressourcen und ohne finanzielle und technische Unterstützung, ein umfassendes elektronisches Angebot aufzubauen. Insbesondere kleinere Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen haben entsprechend ihren Bedürfnissen oft völlig unzureichende elektronische Informationsangebote. Aber auch die großen Universitäten sind angesichts finanziell begrenzter Ressourcen bei gleichzeitig steigendem Produktangebot und zunehmender Nachfrage von Benutzerseite nicht in der Lage, ihr Angebot bedarfsgerecht weiter auszubauen.

Aus diesen Gründen befasst sich die Kommission für Universitätsbibliotheken (KUB) der Schweizerischen Hochschulkonferenz (SHK) seit Mitte des Jahres 1998 intensiv mit dem Thema des elektronischen Informationsangebotes in Schweizer Bibliotheken. Auf der Basis des damaligen Diskussionsstandes zu diesem Thema hat die KUB im Herbst 1998 eine Projektstudie "Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken" in Auftrag gegeben, die die landesweite Lizenzierung elektronischer Informationsprodukte zum Inhalt hat. Diese Projektstudie wurde von Alice Keller im November 1998 verfasst; ein umfassendes Detailkonzept wurde im Mai 1999 von Alice Keller und Maja Werfeli der KUB vorgelegt.1

Die Vorstellung des nationalen Konsortiums geht davon aus, dass einerseits gewisse Dienstleistungen und Daten zentral durch projektgebundene Sondermittel des Bundes finanziert werden und andererseits organisatorische und finanzielle Eigenleistungen durch Bibliotheken erbracht werden. Bibliotheken sollen sich hierbei vor allem an den laufenden Abonnementskosten beteiligen (ca. 50%). Die Höhe dieser Beiträge für die einzelne Bibliothek richtet sich nach einem noch zu erarbeitenden Kostenschlüssel. Durch dieses differenzierte Finanzierungsmodell soll verhindert werden, dass Hochschulbibliotheken in eine allzu starke Abhängigkeit von Sondermitteln geraten. Ein staatlich organisiertes "Gießkannenmodell" stößt in der Schweizer Bibliotheksszene allgemein auf Widerstand. Anstatt dessen ist das Projekt als Impulsprogramm konzipiert, in dem Bibliotheken von Beginn an aufgefordert sind, in erheblichem Umfang Eigenleistungen zu erbringen.

Die Gesamtkosten des Projektes für die Jahre 2000-2003 werden sich auf rund 29,5 Mio. Franken belaufen. Die Eigenleistungen der kantonalen Universitäten betragen rund 9,9 Mio. Franken. Gestützt auf das Universitätsförderungsgesetz2 wurde Ende des Jahres 1999 eine entsprechende Mitfinanzierung von rund 11 Mio. Franken über projektgebundene Beiträge des Bundes beantragt. Als Projektbeitrag von Seiten zusätzlicher Konsortialpartner (ETH-Bereich, Fachhochschulbereich, Schweizerische Landesbibliothek) ist von einem Gesamtbetrag von 8,6 Mio. Franken auszugehen. Der Finanzierungsentscheid wird spätestens für Juni 2000 erwartet.

Vorgesehen ist die Einrichtung einer zentralen Geschäftsstelle für die Lizenzierung und Verwaltung des gemeinsamen elektronischen Angebotes. Auf der Grundlage eines im Herbst 1999 durchgeführten Ausschreibeverfahrens wurde der Aufbau und Betrieb dieser Geschäftsstelle der ETH-Bibliothek Zürich übertragen, die am 1. Juli 2000 die Arbeit aufnehmen wird.

Die strategische Ausrichtung des Konsortiums wird von einem Koordinationsausschuss definiert. Wichtig bei der Zusammensetzung dieses Ausschusses ist die angemessene Vertretung der deutsch- und französischsprachigen Schweiz, der kantonalen Universitäten, der Eidgenössichen Technischen Hochschulen sowie der Fachhochschulen.

Um die Durststrecke zwischen Projektantrag und -realisierung zu überbrücken, werden seit Januar 2000 die Datenbanken Historical Abstracts und Dissertation Abstracts im Schweizer Konsortium angeboten. Demnächst soll auch das Produkt STATWEB (Datenbank des Bundesamtes für Statistik) hinzukommen. Wichtigstes Vorprojekt stellt allerdings das Angebot Springer LINK Schweiz dar, das landesweit mehr als 20 Bibliotheken den Zugang zu 400 elektronische Zeitschriftentiteln des Springer Verlags ermöglicht.

Seit kurzem bietet die Website "Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken" http://www.ethbib.ethz.ch/konsortium/ aktuelle Informationen zum Projekt.

 

1 Keller, Alice: Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken. Projektstudie zuhanden der Kommission für Universitätsbibliotheken. Zürich: ETH-Bibliothek, 1998. http://www.ethbib.ethz.ch/pub/k_projekt.pdf
Keller, Alice; Werfeli, Maja: Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken. Detailkonzept zuhanden der Kommission für Universitätsbibliotheken.Zürich: ETH-Bibliothek, 1999. http://www.ethbib.ethz.ch/pub/k_detail.pdf

2 Art. 46 Abs. 1 des Entwurfs der Verordnung zum Universitätsförderungsgesetz vom 20.10.1999 sieht in der Regel 50% Eigenleistungen vor.


Stand: 29.02.2000
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