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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 8, 97

IuKD-Gesetz verabschiedet


Helmut Rösner

Der deutsche Bundestag hat am 13. Juni 1997 in 2. und 3. Lesung das "Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste" (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz - IuKDG) verabschiedet (Bundestags-Drucksache 13/7934 vom 11.6.1997). Auch der Bundesrat hat mittlerweile (4.7.1997) dem Gesetz zugestimmt, so daß es wie vorgesehen zum 1. August 1997 in Kraft treten kann; lediglich der Artikel 7 soll erst am 1. Januar 1998 in Kraft treten. Der Gesetzestext ist im Internet wiedergegeben unter der URL: http://www.iid.de/rahmen/iukdgbt.html.

Das IuKDG besteht aus elf Artikeln, unter denen vor allem der Artikel 7 "Änderung des Urheberrechtsgesetzes" für Bibliotheken von besonderer Bedeutung ist. Es ist folgendermaßen gegliedert:

Artikel 1:Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz - TDG)
Artikel 2:Gesetz über den Datenschutz bei Telediensten (Teledienstedatenschutzgesetz - TDDSG)
Artikel 3:Gesetz zur digitalen Signatur (Signaturgesetz - SigG)
Artikel 4:Änderung des Strafgesetzbuches
Artikel 5:Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten
Artikel 6:Änderung des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften
Artikel 7:Änderung des Urheberrechtsgesetzes (dieser Artikel dient der Umsetzung der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (Abl. EG Nr. L 77 S. 20)
Artikel 8:Änderung des Preisangabengesetzes
Artikel 9:Änderung der Preisangabenverordnung
Artikel 10:Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang
Artikel 11:Inkrafttreten.

Die ursprüngliche Fassung des IuKDG-Entwurfs vom Dezember 1996, die vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie am 18. April 1997 in den Bundestag eingebracht worden ist, war Gegenstand mehrerer Beratungen und Anhörungen beim Bundesjustizministerium, an denen auch die Rechtskommission und die Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BDB) teilgenommen haben, um die Interessen der Bibliotheken zu vertreten, insbesondere im Hinblick auf problematische Änderungen der urheberrechtlichen Bestimmungen (Artikel 7). Darüber hinaus wurde die Position der Bibliotheken nochmals ausführlich präzisiert in der BDB-Denkschrift "Bibliotheken in der Informationsgesellschaft - Urheberrechtsschutz kontra Informationsfreiheit?" (DBI 1997, ISBN 3-87068577-8).

Der im April eingebrachte Regierungsentwurf des IuKDG hat allerdings kurz darauf entscheidende Änderungen erfahren durch "Formulierungshilfen" des Bundestagsausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung (A-Drs. 13-611 vom 22. April 1997), die sich das Bundesjustizministerium zu eigen gemacht hat. Die jetzt verabschiedete Fassung des IuKDG folgt nun weitgehend wortgleich diesen "Formulierungshilfen".

Die zunächst ins Auge springende Änderung gegenüber dem Regierungsentwurf ist der Verzicht auf die Einfügungen §§ 69 h - l, womit die EG-Datenbank-Richtlinie umgesetzt werden sollte. Stattdessen werden in der endgültigen Fassung unter § 4 die "Datenbankwerke" als ein Unterfall von urheberrechtlich geschützten "Sammelwerken" definiert, während die Begriffsbestimmung der "Datenbank", die den sui-generis-Rechtsschutz des gewerblichen Eigentums begründet, in § 87 a das von der EG-Richtlinie vorgegebene Kriterium der "wesentlichen Investition" berücksichtigt.

Eine in ihren Konsequenzen noch nicht ganz abzuschätzende Gefahr stellt die harmlos erscheinende Bestimmung zu § 53 (Vervielfältigungsrecht) dar, womit die Kopierfreiheit zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch für Datenbankwerke untersagt wird; dies soll nach dem neuen Abs. 5 nur noch zum wissenschaftlichen, nichtgewerblichen Gebrauch erlaubt sein. Zu dieser Problematik hat die Rechtskommission in der BDB-Denkschrift detaillierte Ausführungen gemacht.

Hervorzuheben ist schließlich der § 55 a, in dem der mißverständliche Begriff des "rechtmäßigen Benutzers" (§ 69 k des Regierungsentwurfs) vermieden wird. An seiner Stelle wird mit den scheinbar umständlichen Formulierungen "in sonstiger Weise ... Berechtigten" und "dem ein Datenbankwerk auf Grund eines ... Vertrages zugänglich gemacht wird" der Adressat einer rechtmäßig vorgenommenen (distributorischen) Verwertungshandlung, also der "Endverbraucher", sprich: der Bibliotheksbenutzer verstanden. Dies legt jedenfalls die vom BMJ ausgegebene Begründung zur "Formulierungshilfe" nahe.

Eine eingehende Prüfung des neuen Gesetzes braucht Zeit, die Rechtskommission wird in einem der nächsten Hefte ausführliche Kommentare dazu geben. Als aktuelle Vorausinformation soll jedoch schon jetzt der Wortlaut des Artikels 7 im folgenden wiedergegeben werden.

Gesetz
zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste
(Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz - IuKDG)
in der Fassung des Beschlusses des Deutschen Bundestages
vom 13. Juni 1997
(BT-Drs. 13/7934 vom 11.06.1997)

Artikel 7: Änderung des Urheberrechtsgesetzes

Das Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch ............ (BGBl............), wird wie folgt geändert:

  1. § 4 wird wie folgt gefaßt:
    "§ 4 Sammelwerke und Datenbankwerke

    (1) Sammlungen von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung sind (Sammelwerke), werden, unbeschadet eines an den einzelnen Elementen gegebenenfalls bestehenden Urheberrechts oder verwandten Schutzrechts, wie selbständige Werke geschützt.

    (2) Datenbankwerk im Sinne dieses Gesetzes ist ein Sammelwerk, dessen Elemente systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind. Ein zur Schaffung des Datenbankwerkes oder zur Ermöglichung des Zugangs zu dessen Elementen verwendetes Computerprogramm (§ 69 a) ist nicht Bestandteil des Datenbankwerkes."

  2. § 23 Satz 2 wird wie folgt geändert:

    a) Nach dem Wort "Künste" wird das Wort "oder" durch ein Komma ersetzt.

    b) Nach dem Wort "Baukunst" werden die Wörter "oder um die Bearbeitung oder Umgestaltung eines Datenbankwerkes" eingefügt.

  3. § 53 wird wie folgt geändert:

    a) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 5 eingefügt:
    "Absatz 1 sowie Absatz 2 Nr. 2 bis 4 finden keine Anwendung auf Datenbankwerke, deren Elemente einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich sind. Absatz 2 Nr. 1 findet auf solche Datenbankwerke mit der Maßgabe Anwendung, daß der wissenschaftliche Gebrauch nicht zu gewerblichen Zwecken erfolgt."

    b) Die bisherigen Absätze 5 und 6 werden Absätze 6 und 7.

  4. Nach § 55 wird folgender § 55 a eingefügt:
    "§ 55 a Benutzung eines Datenbankwerkes

    Zulässig ist die Bearbeitung sowie die Vervielfältigung eines Datenbankwerkes durch den Eigentümer eines mit Zustimmung des Urhebers durch Veräußerung in Verkehr gebrachten Vervielfältigungsstücks des Datenbankwerkes, den in sonstiger Weise zu dessen Gebrauch Berechtigten oder denjenigen, dem ein Datenbankwerk aufgrund eines mit dem Urheber oder eines mit dessen Zustimmung mit einem Dritten geschlossenen Vertrags zugänglich gemacht wird, wenn und soweit die Bearbeitung oder Vervielfältigung für den Zugang zu den Elementen des Datenbankwerkes und für dessen übliche Benutzung erforderlich ist. Wird aufgrund eines Vertrags nach Satz 1 nur ein Teil des Datenbankwerkes zugänglich gemacht, so ist nur die Bearbeitung sowie die Vervielfältigung dieses Teils zulässig. Entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen sind nichtig."

  5. In § 63 Absatz 1 wird nach Satz 1 folgender Satz 2 eingefügt:

    a) "Das gleiche gilt in den Fällen des § 53 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 für die Vervielfältigung eines Datenbankwerkes."

    b) Die bisherigen Sätze 2 und 3 werden Sätze 3 und 4.

  6. Nach § 87 wird folgender Abschnitt eingefügt:
    "Sechster Abschnitt: Schutz des Datenbankherstellers
    § 87 a Begriffsbestimmungen

    (1) Datenbank im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, sofern die Änderung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert.

    (2) Datenbankhersteller im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige, der die Investition im Sinne von Absatz 1 vorgenommen hat.

    § 87 b Rechte des Datenbankherstellers

    (1) Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.

    (2) § 17 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden.

    § 87 c Schranken des Rechts des Datenbankherstellers

    (1) Die Vervielfältigung eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils einer Datenbank ist zulässig

    In den Fällen der Nummern 2 und 3 ist die Quelle deutlich anzugeben.

    (2) Die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils einer Datenbank ist zulässig zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht, einem Schiedsgericht oder einer Behörde sowie für Zwecke der öffentlichen Sicherheit.

    § 87 d Dauer der Rechte

    Die Rechte des Datenbankherstellers erlöschen fünfzehn Jahre nach der Veröffentlichung der Datenbank, jedoch bereits fünfzehn Jahre nach der Herstellung, wenn die Datenbank innerhalb dieser Frist nicht veröffentlicht worden ist. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen.

    § 87 e Verträge uuml;ber die Benutzung einer Datenbank

    Eine vertragliche Vereinbarung, durch die sich der Eigentümer eines mit Zustimmung des Datenbankherstellers durch Veräußerung in Verkehr gebrachten Vervielfältigungsstücks der Datenbank, der in sonstiger Weise zu dessen Gebrauch Berechtigte oder derjenige, dem eine Datenbank aufgrund eines mit dem Datenbankhersteller oder eines mit dessen Zustimmung mit einem Dritten geschlossenen Vertrags zugänglich gemacht wird, gegenüber dem Datenbankhersteller verpflichtet, die Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank zu unterlassen, ist insoweit unwirksam, als diese Handlungen weder einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen noch die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen."

  7. In § 108 Abs. 1 wird nach Nr. 7 folgende Nummer angefügt:
    "8. eine Datenbank entgegen § 87 b Abs. 2 verwertet,"

  8. In § 119 Abs. 3 werden nach dem Wort "Lichtbilder" das Wort "und" durch ein Komma ersetzt und nach dem Wort "Tonträger" die Wörter "und die nach § 87 b Abs. 2 geschützten Datenbanken" eingefügt.

  9. Nach § 127 wird folgender § 127 a eingefügt:
    "§ 127 a Schutz des Datenbankherstellers

    (1) Den nach § 87 b gewährten Schutz genießen deutsche Staatsangehörige sowie juristische Personen mit Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes. § 120 Abs. 2 ist anzuwenden.

    (2) Die nach deutschem Recht oder dem Recht eines der in § 120 Abs. 2 Nr. 2 bezeichneten Staaten gegründeten juristischen Personen ohne Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes genießen den nach § 87 b gewährten Schutz, wenn

    (3) Im übrigen genießen ausländische Staatsangehörige sowie juristische Personen den Schutz nach dem Inhalt von Staatsverträgen sowie von Vereinbarungen, die die Europäische Gemeinschaft mit dritten Staaten schließt; diese Vereinbarungen werden vom Bundesministerium der Justiz im Bundesgesetzblatt bekanntgemacht."

  10. Nach § 137 f wird folgender § 137 g eingefügt:
    "§ 137 g Übergangsregelung bei Umsetzung der Richtlinie 96/9/EG

    (1) Die §§ 23 Satz 2, 53 Abs. 5, 55 a und 63 Abs. 1 Satz 2 sind auch auf Datenbankwerke anzuwenden, die vor dem 1. Januar 1998 geschaffen wurden.

    (2) Die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Zweiten Teils sind auch auf Datenbanken anzuwenden, die zwischen dem 1. Januar 1983 und dem 31. Dezember 1997 hergestellt worden sind. Die Schutzfrist beginnt in diesen Fällen am 1. Januar 1998.

    (3) Die §§ 55 a und 87 e sind nicht auf Verträge anzuwenden, die vor dem 1. Januar 1998 abgeschlossen worden sind."


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